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Genetische Defekte des Auges
Kollagens sind Eisen und Kupfer erforderlich, für die MPS-Synthese Mangan. Die durchsichtige avasku- läre Kornea besteht anatomisch — von außen nach innen gesehen — aus fünf Schichten: Epithel, Bow- manische Membran (modifiziertes Stroma), Stroma, Descemetsche Membran (modifizierte Basalmem- bran) und Endothel. Die sauren Mukopolysaccharide der Hornhaut bestehen zu 50 Prozent aus Kera- tansulfat, zu 45 Prozent aus Chon- droitin und zu fünf Prozent aus Chondroitin-4-Sulfat. Den größten Bestandteil bildet auch hier das Ei- weiß Kollagen.
Elektronenmikroskopische Studien der Hornhautstruktur haben eine strenge Ordnung in der Aneinan- derreihung der Kollagenfasern mit den Mukopolysaccharidmolekülen gezeigt. Sie bedingt die optischen Eigenschaften der Kornea. Sowohl der Durchmesser als auch die An- ordnung der Kollagenfibrillen, die man mit einer Dachziegelstruktur verglichen hat, werden bereits während der Embryonalentwick-
lung festgelegt und dürften für die Durchsichtigkeit ausschlaggebend sein.
Das Keratansulfatmolekül unter- scheidet sich von den anderen
Mukopolysacchariden durch seine stabähnliche schwer biegsame Form und ähnelt in seiner Zusam- mensetzung den Glykoproteinen der Innen- und Außenmembran der Hornhaut, die wahrscheinlich für die immunologische Spezifität die- ser Gewebe verantwortlich sind.
Beim Korneaödem sinkt der Gehalt an Mukopolysacchariden.
Eine erfolgreiche Keratoplastik ist durch ein normales Mukopoly- saccharidmuster gekennzeichnet;
kommt es zur Störung der Trans- parenz, dann wird vermindert Kera- tansulfat gefunden; eine Narbe ent- hält das in der Kornea sonst nicht übliche Dermatansulfat.
Zur Trübung der Kornea können aber auch generalisierte geneti- sche Stoffwechselstörungen füh-
ren, so ist eine Hornhauttrübung häufig Symptom für eine Mukopoly- saccharidose. Die Pathogenese dieser Gruppe von genetisch be- dingten Enzymdefekten im Abbau der Bindegewebsmukopolysaccha- ride konnte in den letzten Jahren weitgehend mit Hilfe der. kultivier- ten Hautfibroblasten aufgeschlüs- selt werden.
Eine Speicherung der verschiede- nen Mukopolysaccharidtypen ist die Folge von Enzymdefekten, die auch sonst noch mit einer vielfältigen klinischen Symptomatik verbunden sind, unter anderem mit der Hur- lerschen Fazies, mit einer genera- lisierten Knochendysplasie, mit pro- gressivem Schwachsinn, mit Hyper- trophie innerer Organe und mit Be- hinderung der Sinnesorgane. Eine Hornhauttrübung entwickelt sich zum Beispiel bereits früh bei Typ I, dem Hurler-Syndrom; der Typ V, die Scheiesche Krankheit oder Spät-Hurler, ist nach diesem Symptom überhaupt begrenzt wor- den.
Hornhauttrübung findet sich auch beim skeletalen Typ VI Maroteaux- Lamy ohne Schwachsinn und ebenfalls beim Typ IV, dem Mor- quio-Syndrom. Sie ist, einige alt ge- wordene Patienten ausgenommen, diagnostisch abwesend beim Typ III Sanfilippo mit schwerem Schwach- sinn und beim einzigen — zum Un- terschied von der autosomal rezes- siven Vererbung der übrigen — X- chromosomal vererbten — Typ II Hunter. Vom biochemischen Ge- sichtspunkt her sollte vermerkt werden, daß die Hornhauttrübung bei der Mukopolysaccharidose durch Ablagerung der nicht abge- bauten Mukopolysaccharide ent- steht, wobei das Dermatansulfat oder die Knorpel-Mukopolysac- charide nicht abgebaut werden können. Stoffwechselblocks im Ab- bau des Heparansulfats, die bei den Typen Sanfilippo und Hunter im Vordergrund stehen, haben meist keine Hornhauttrübung zur Folge. Die Speicherungen können allerdings auch die übrigen Augen- strukturen betreffen, vor allem die Retina.
(Referat eines Vortrages, gehalten im Rahmen einer Veranstaltung der Hessischen Akademie für ärztliche Fortbildung in Bad Nauheim.)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. J. ''vejcar Institut für Humangenetik im Klinikum der
J.-W.-Goethe-Universität (Geschäftsführender
Direktor: Professor Dr. med.
K.-H. Degenhardt) 6 Frankfurt am Main Paul-Ehrlich-Straße 41
ECHO
Zu: Entwicklung und Verlauf des operierten Mammakarzinoms von Dr. med. Bodo Hinningsen in Heft 35/1975, Seite 2401
Konservative Brustkrebschirurgie
„Gegen die pauschale An- wendung von weniger radika- len Eingriffen bei Brustkrebs- operationen hat sich B.
Henningsen von der Chirurgi- schen Universitätsklinik Hei- delberg gewandt. In einem Beitrag im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT (35/75, S. 2401) schreibt Henningsen, daß noch keine statistisch ein- wandfreien Untersuchungen vorliegen, die die Gleichwer- tigkeit oder gar Überlegen- heit von weniger radikalen Eingriffen beweisen. Da die radikale Brustoperation, bei der die Achselhöhlen ausge- räumt und der Brustmuskel entfernt wird, für die Behand- lung der fortgeschrittenen Brustkrebse entwickelt wur- de, ist allerdings die Frage berechtigt, ob die jetzt früh- zeitigere Erkennung der Tu- moren eine Änderung der Operationstechnik erlaubt."
(R. F., Frankfurter Allgemeine Zeitung)
66 Heft 2 vom 8. Januar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT