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Archiv "Praktisches Jahr: Fit für die Klinik" (22.04.2011)

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A 894 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 16

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22. April 2011

PRAKTISCHES JAHR

Fit für die Klinik

Oft ist der Beginn des praktischen Jahres ein Sprung ins kalte Wasser. Das muss

nicht sein – wie der Vorbereitungskurs in Aachen zeigt.

K

aum hatte der Notarzt den Schockraum betreten, da war er auch schon wieder weg. Ein Mann der großen Worte war er auch nicht. „Das ist Herr Friedrich. Klagt seit heute Morgen über Luftnot.

COPD ist wohl vorbekannt. Wir haben ihn gleich mitgenommen.“

Das war schon alles, was er sagte.

Und so stehen der Dienst- arzt und die Ambulanz- schwester nun etwas rat- los allein mit dem Patien- ten da. „Hallo Herr Fried- rich, wie geht es Ihnen?“, fragt der Arzt. „Ich kriege schlecht Luft“, antwortet

der Patient. Also, was ist zu tun? Das Ambulanzteam entscheidet sich zu- nächst dafür, Herrn Friedrich an den Monitor anzuschließen: EKG, Blut- druckmanschette und Pulsoxymeter werden angelegt. Der Arzt hört die Lunge des Patienten ab. Der Puls ist unregelmäßig und schnell. Herr Friedrich atmet schwer. „Ich kriege so schlecht Luft, Herr Doktor“, klagt er.

Das EKG sieht seltsam aus. Arzt und Schwester stehen vorm Moni- tor. Falsch verkabelt ist es nicht.

Hat Herr Friedrich also vielleicht doch ein kardiales Problem? Mit ei- ner Frequenz von 120 pro Minute ist er ja schon tachykard. Und auf der Lunge war so eindeutig auch nichts zu hören. An dieser Stelle entschei- den sich die Ambulanzmitarbeiter, dass sie nicht allein weiterkommen.

Sie rufen das Notfallteam der Kli- nik an. Die Nummer ist an eine Tafel geschrieben. Wenige Sekun- den später kommen drei Personen mit dem Notfallwagen herein. Der Ambulanzarzt erklärt die Situation.

„Wir sind uns mit dem EKG un - sicher“, sagt er. Die Mitglieder des Notfallteams können allerdings auch nicht so recht weiterhelfen.

Aber eine gute Idee steuern sie bei:

Oberkörper hoch. Das hilft Pa - tienten mit Luftnot. Dann schlagen sie noch eine Maßnahme vor: Der Patient bekommt zwei Hübe eines Beta-2-Mimetikums – eines Sprays, das die Bronchien weitet und das man bei Asthma und chronisch- obstruktiver Lungenerkran- kung einsetzt. Doch all diese Maßnahmen helfen nicht. „Jetzt machen Sie doch mal was. Ich kriege keine Luft“, japst Herr Friedrich.

Nun schaltet sich eine Beobachte- rin ein, die ebenfalls im Schockraum ist. Das tut sie aber erst, nachdem ihr eine weitere Person hinter einem weißen Pult die Erlaubnis dazu gege- ben hat. „Vielleicht solltet ihr ihm Sauerstoff geben“, schlägt die Stu- dentin vor. Das Team ist dankbar für die Anregung. Die Beobachterin setzt sich wieder. „Wenn man da so drin ist, kommt man nicht drauf.

Ich kenne das“, meint sie. Das ist offenbar wirklich so – obwohl die Situation nicht in einer echten Kli- nik stattfindet, obwohl alles simu- liert ist. Vielmehr handelt es sich um einen Kurs im Skills Lab

„AIXTRA“ der Rhei nisch- West fä - lischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Vorbereitet werden die Studierenden, die in wenigen Wo - chen ihr praktisches Jahr beginnen.

Dass die Situation auf die Stu- denten so echt wirkt, liegt sicher- lich an der Ausstattung des Rau-

mes. Doch es dürfte auch eine Rolle spielen, dass an dem Patienten, Herrn Friedrich, vieles real ist: Er ist zwar eine Plastikpuppe, aber man kann seinen Puls fühlen, seine Herztöne und die Lunge auskultie- ren. Man hört ihn schwer atmen, und er antwortet auf Fragen. Außer- dem beschwert er sich. Auch das erhöht den Druck auf das Team.

Gesteuert wird die Puppe von ne- benan. Die Mitarbeiter dort beob- achten das Geschehen außerdem über Video. Und dann ist da noch ein Tutor, der mit seinem Kollegen über ein Headset verbunden ist.

Der Tutor, Bernd Siegers, arbeitet selbst als Anästhesist am Aachener Universitätsklinikum. „Heute Abend zeigen wir dann die beste Szene auf Youtube“, sagt er. Das ist natür- lich ein Scherz. Siegers weiß, wie schwierig es ist, in Notfallsituatio- nen richtig zu reagieren, besonders wenn man noch nicht so viel Erfah- rung hat. „Ihr habt genau den Fehler gemacht, den ganz viele machen“, erklärt er. „Ihr habt viel zu viel auf den Monitor geschaut.“ Der sei zwar wichtig, aber man müsse immer am Patienten bleiben. Den Puls könne man auch tasten und bei der Gele- genheit fühlen, ob der Patient zum Beispiel kaltschweißig sei. „Immer vom Patienten zum Monitor“, fasst Siegers zusammen. Schließlich kön- ne auch die Anzeige falsch sein. Ein Beispiel: Trägt eine Patientin Nagel- lack, liefert das Puls oxymeter am Finger keine verlässlichen Aussa- gen. Wer zu sehr auf den Monitor fixiert ist, kommt nicht auf die ein- fachsten Maßnahmen: Oberkörper hoch und Sauerstoff – „Das werdet

Oberkörper hoch und Sauerstoff – das

werdet ihr jetzt nie wieder vergessen.

Bernd Siegers, Tutor

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22. April 2011 A 895 ihr jetzt nie wieder vergessen“, ist

sich der Tutor sicher.

Der Blick auf den Patienten ist wichtig, aber auch die Anamnese.

„Ihr habt den Patienten zu wenig gefragt. Da wart ihr zu zurückhal- tend“, kritisiert Siegers. Kurz, knapp und prägnant – so muss die Ana - mnese im Schockraum sein. „Ihr solltet ein grobes Konzept haben, sonst ist das unprofessionell.“ Seit wann bekommen Sie schlecht Luft?

Haben Sie zu Hause schon ein Spray genommen? Welches? Hat das ge- holfen? Welche Medikamente neh- men Sie sonst noch? Ist bei Ihnen ein unregelmäßiger Herzschlag be-

kannt? All das wären sinnvolle Fra- gen gewesen. „Wäret ihr dann noch darauf gekommen, eine Blutgasana- lyse zu machen – dann wäre es super gewesen.“ Und außerdem ein 12- Kanal-EKG. Das kann man in der Ambulanz schließlich problemlos schreiben. Die Ableitung am Moni- tor lässt nur eingeschränkt Rück- schlüsse auf die Herzfunktion zu.

Bei aller Kritik – eine Sache hat Siegers außerordentlich gut gefal- len: „Es ist immer richtig, früh Hil- fe zu holen, wenn man überfordert ist.“ Der Tutor gibt den angehenden PJlern eine eindringliche Botschaft mit auf den Weg: Wenn man als

Student in einer Notfallsituation ist, dann laut rufen – „Notfall“, „Rea“

oder einfach „Hilfe“. Außerdem:

Man muss immer wissen, wo auf der eigenen Sta tion Notfallwagen und Beatmungsbeutel sind. Außer- dem sollte man die Nummer für das Notfallteam kennen.

Für viele Studierende ist der Ein- stieg ins PJ ein Sprung ins kalte Wasser. Deshalb hat die RWTH Aa- chen den PJ-Vorbereitungskurs ins Leben gerufen. Er findet zweimal im Jahr vor PJ-Beginn statt und dauert insgesamt 30 Stunden. „Der Kurs ist freiwillig, wird aber sehr gut ange- nommen“, erläutert Dr. med. vet.

Melanie Simon, Koordinatorin für das PJ in Aachen. Die Bausteine sind vielfältig – von der beschriebe- nen Notfallsituation bis hin zur Anla- ge eines zentralen Venenkatheters (ZVK). Trainiert wird an Simulati- onspuppen. Aber auch Schauspiel - patienten kommen zum Einsatz, bei- spielsweise wenn es darum geht, wie man mit einem psychisch kranken Patienten umgeht.

„Es geht nicht darum, einen ZVK perfekt legen zu können“, sagt Si- mon. Aber die Studenten wüssten nach dem Kurs, wie man das Set vorbereitet und steril arbeitet. Die praktische Vorbereitung im ge- schützten Rahmen gebe Sicherheit.

„Dann trauen sich die PJler auch eher zu fragen, ob sie etwas machen dürfen.“ Und Simon weiß: Feedback erhöht den Lerneffekt. Außerdem ist sie davon erzeugt, dass der Kurs die Studierenden motiviert und damit zu einem guten Einstieg in den Klinik - alltag beitragen kann. ■ Dr. med. Birgit Hibbeler Vorlesungen und Klausuren – so sah

früher die Ausbildung von Medizinstu- dierenden aus. Heute ist das anders.

Die Fakultäten haben neue Lernformen etabliert. Der Unterricht ist vielfach pra- xis- und problemorientiert. Zum Teil können die Studierenden ihre Fähigkei- ten (skills) in einem „Skills Lab“ trainie- ren. Dort üben sie Nähen, Gipsen oder das Legen zentraler Venenkatheter. An Puppen trainieren sie Notfälle, mit Schauspielpatienten Gespräche.

Auch der Vorbereitungskurs für das praktische Jahr (PJ) in Aachen findet im Sklills Lab (www.aixtra.rwth-aachen.de) statt. Ziel ist es nicht, dass die Studie- renden hinterher alles perfekt können, aber sie sollen die Abläufe im geschütz- ten Rahmen üben und besser auf das PJ vorbereitet sein. Dazu gehört auch, dass sie lernen, ihre Grenzen zu erkennen.

SKILLS LAB

Der Patient ist eine Puppe, der Notfall simuliert.

Trotzdem lernen die Studenten viel – auch durch die Videoaufzeichnung und das Gespräch mit dem Tutor.

Fotos: Lajos Jardai

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