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Archiv "Arzneimittelstudien: Empört euch!" (10.06.2011)

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A 1328 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 23

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10. Juni 2011

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

P SY CHOTHER A PIE

Von einer Reform der Psychothera- peutenausbildung wären auch Ärzte betroffen (DÄ 14/

2011: „Psychothera- peutische Versor- gung: Auch Ärzte machen Psychothera- pie“ von Petra Bühring).

Nicht alle Arztgruppen erwähnt

In dem Artikel zur Situation der ärztlichen Psychotherapie wird zen- tral auf die Bedeutung der STÄKO (Ständige Konferenz ärztlicher psy- chotherapeutischer Verbände), ver- treten durch Prof. Fritz Hohagen, abgehoben. Wie der Name es schon sagt, beansprucht diese Konferenz für sich die Interessen der unter- schiedlichen ärztlichen Fachgrup- pen mit Ausübung von Psychothe- rapie zu vertreten. Dabei pflegt sie einen engen Kontakt zum Vorstand der Bundesärztekammer und kann derart an exponierter Stelle ihre Vorstellungen zur psychotherapeu- tischen Versorgung einbringen. Da- mit bildet die STÄKO ein Gegen- gewicht zur Bundespsychothera- peutenkammer (BPtK), die exklusiv die Interessen der psychologischen Psychotherapeuten vertritt.

In dem Artikel wird unter anderem ein Überblick über den Anteil der verschiedenen ärztlichen Fachgrup- pen an der psychotherapeutischen Versorgung gegeben, so zum Bei- spiel der derzeit 843 Kinder- und Jugendpsychiater in Deutschland.

Nicht erwähnt werden aber die Ärz- te mit Zusatzweiterbildung Psycho- therapie und/oder Psychoanalyse aus somatischen Disziplinen wie der Allgemeinärzte, der Gynäkolo-

gen oder auch der Kinder- und Ju- gendärzte mit dem Zusatz „Psycho- therapie“. Diese Arztgruppen bieten ein niedrigschwelliges Therapiean- gebot, eingebettet in die somatische Versorgung und damit durch ein vorbestehendes Vertrauensverhält- nis gestärkt. Dieser Bereich ist kei- ne Konkurrenz für die „hauptberuf- lichen“ ärztlichen Psychotherapeu- ten, sondern ergänzt die Versorgung an einem wichtigen Angelpunkt der Behandlung. So sind an der psycho- therapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen auch mehr als 224 Pädiater im niederge- lassenen Bereich beteiligt. Dieser Bereich der Ärzte mit Zusatzweiter- bildung Psychotherapie und/oder

Psychoanalyse wird entgegen dem Anspruch der STÄKO übergangen und ausgegrenzt. So wurde jüngst ein Antrag auf Mitgliedschaft der psychotherapeutisch tätigen Pädia- ter in der STÄKO aus fadenscheini- gen Gründen abgelehnt. Damit muss auch der Bundesärztekammer klar sein, dass die STÄKO ein Or- gan ist, das einseitig die sogenann- ten P-Fächer (Psychiatrie, FA für Psychosomatische Medizin und Psychiatrie u. a.) vertritt, aber nicht die ärztliche Psychotherapie in der praktizierten Breite somatischer Disziplinen.

Dr. med. Harald Tegtmeyer-Metzdorf, Sprecher des Ausschusses für Psychosomatik und Psycho- therapie im Berufsverband der Kinder- und Ju- gendärzte (BVKJ), 88131 Lindau

S C O

V d p w b 2 p gung: Auch Ärzte ma

A RZNEIMITTELS TUDIEN

Wer Studiendaten zurückhält, schädigt Patienten, Ärzte und Beitragszahler (DÄ 12/2011: „Selektive Publikation in der klinischen For- schung“ von Natalie McGauran, Daniel Fleer und Anna-Sabine Ernst).

Empört euch!

Es sind Ungeheuerlichkeiten, die dieser Beitrag in wissenschaftlich zurückhaltender Sprache („selekti- ve Publikationspraxis“) benennt.

Ergebnisse klinischer Studien wer- den unterdrückt und manipuliert, meist dann, wenn deren Ergebnisse nicht den wirtschaftlichen Erwar- tungen entsprechen. Akademische Zentren tragen dazu bei, indem sie Industriesponsoren in ihren Koope- rationsverträgen weitgehend Ein- fluss auf Inhalte und Zeitpunkt der

Veröffentlichung einräumen. Phar- mafirmen verweigern Instituten wie dem IQWiG ihre nicht publizierten Studien, die diese zur Erfüllung ih- res gesetzlichen Auftrages bei der Bewertung von Arzneimitteln benö- tigen.

Die Autoren nennen die potenziel- len Folgen dieser „selektiven Publi- kationspraxis“: irreführende Infor- mation über die Wirkung und Ne- benwirkungen von Arzneimitteln für Arzt und Patient, nichtvalide Leitlinien, falsche und fehlgeleitete Information für Entscheidungsträ- ger im Gesundheitswesen, Gefähr- dung von Studienteilnehmern und Vergeudung von Forschungsmit- teln, wenn klinische Studien aus Unkenntnis wiederholt werden, da sie nicht veröffentlicht wurden. Fi- nanzieller Schaden für die Versi- cherungsgemeinschaft, die für un- nütze und schädliche Arzneimittel bezahlt. Das alles ist Irrsinn!

Wo bleibt der öffentlich vernehm- W

z P B 1 P k schung“von Natalie

B R I E F E

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Deutsches Ärzteblatt

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10. Juni 2011 A 1329 bare Aufschrei der deutschen Ärzte-

schaft? Wie verträgt es sich mit un- serem Berufsethos, zu solchen Praktiken zu schweigen, wo doch der Kernbestand unserer Tätigkeit davon berührt wird? Sind wir in- zwischen schon so sehr Teil eines ökonomistischen Systems gewor- den, dem Gewinnstreben und Profi- lierung über alles geht – oder schon so resigniert –, dass wir an solcher Praxis (öffentlich) kaum noch An- stoß nehmen?

Wo bleiben der Beschluss des Deut- schen Ärztetages, der eine umfas- sende gesetzliche Regelung auf eu- ropäischer Ebene zur Registrierung aller klinischer Arzneimittelstudien und deren zeitnahe Veröffentlichung nach deren Abschluss – wie in den USA realisiert – fordert, und die Ärztekammern, die diese Forderung dann im Schulterschluss mit ande- ren europäischen Ärzteverbänden, Patienten- und Verbraucherorgani- sationen politisch durchsetzten? Die Offenlegungspflicht muss auch für zurückliegende Studien und für sol- che gelten, für die keine Zulassung gewährt beziehungsweise keine be- antragt wurde. Die Regelungen des AMNOG greifen da viel zu kurz . . . Mit Argumenten allein . . . ist es nicht mehr getan. Es bedarf zusätz- lich der öffentlichen Empörung und gezielter Aktion, um solche Prakti- ken zu ändern!

Dr. med. Dieter Lehmkuhl, 13467 Berlin

Neue Transparenz durch Studienregister

Ein aktuelles Beispiel für eine un- terlassene Publikation ist die JASAP-Studie (Japanese Aggrenox Stroke Prevention vs. Aspirine Pro- gramme). Die vom Hersteller durchgeführte Phase-III-Studie, die im März 2009 abgeschlossen wur- de, aber bis heute unveröffentlicht blieb, hat die Evidenzlage zur Se- kundärprävention von Schlaganfäl- len verändert. Im Vergleich von 200 mg retardiertem Dipyridamol plus 25 mg ASS (zweimal täglich) mit 81 mg ASS (einmal täglich) wurde der primäre Endpunkt verfehlt: die Nichtunterlegenheit der Kombina - tion in der Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls. Tatsächlich traten unter ASS/Dipyridamol 1,47-mal häufiger Schlaganfälle auf. Die Kopfschmerzrate war wie in frühe- ren Studien unter der Kombinati- onstherapie erhöht (45 Prozent vs.

29 Prozent), was unter Alltagsbe- dingungen die Compliance vermin- dern dürfte.

Bislang stützte sich der Nutzenbe- leg der ASS/Dipyridamol-Kombi- nation auf die ESPS-2- und die ESPRIT-Studie. Beide haben ent- scheidende methodische Schwä- chen. In ESPS-2 wurde Dipyrida- mol/ASS mit zweimal 25 mg ASS verglichen. Die Gleichwertigkeit dieser niedrigen Dosis zu der gut

dokumentierten Wirkung von ASS 75 mg oder mehr ist nicht ausrei- chend belegt. Andernfalls hätte sich die Niedrigdosis als Standardthera- pie etabliert. Für ESPRIT wurde ein offenes Design verwendet. Zudem konnte die ASS-Dosis zwischen 30 und 325 mg frei gewählt werden.

Im Monotherapie-Arm erhielten 46 Prozent der Patienten eine Dosis von unter 50 mg ASS. Durch die hohe Abbruchrate von 34 Prozent im Arm Dipyridamol plus ASS ist die Aussagekraft der Studie weiter eingeschränkt.

Das als Aggrenox vermarktete Di- pyridamol/ASS-Präparat kostet in Deutschland pro Tag 1,60 Euro, während 100 mg ASS ab drei Cent erhältlich ist. Aufgrund der bisher publizierten Datenlage empfiehlt die Leitlinie der Deutschen Gesell- schaft für Neurologie die Kombi- nationstherapie mit ASS/Dipyrida- mol zur Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls bei Patienten mit ho- hem Rezidivrisiko. Wir hoffen, dass die neue Transparenz durch Studienregister zu einer revidier- ten Bewertung von ASS/Dipyrida- mol beiträgt, auch wenn der Her- steller die Publikation weiter zu- rückhält.

Literatur bei den Verfassern Prof. Dr. med. Thomas Lempert, Dr. med. Enrico Völzke,

Neurologische Abteilung, Schlosspark-Klinik, 14059 Berlin

MORPHIUM

Morphin dient zur Schmerztherapie, nicht zum Sterben (DÄ 12/2011: „Der Einsatz von Morphi- um: Zwischen Pflicht und Strafe“ von Mi- chael Zenz).

Keine Hürden aufbauen

. . . Die notwendige Steigerung der bisher unzureichend angewendeten palliativen Sedierung als „schiefe Bahn “ zu charakterisieren, ist ein Affront gegenüber allen human denkenden Kollegen, die versu- chen, extrem leidenden Patienten

gerecht zu werden und ihnen wirk- sam zu helfen . . .

Im DÄ 7/2011 hat der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Hop- pe, zu Recht die palliative Sedierung als Alternative zum ärztlich beglei- teten Suizid genannt. Prof. Dr. Hop- pe gehört zweifellos zu den Kolle- gen, die es sich nicht leicht machen, humane Lösungen zu finden.

Unsere Patienten brauchen wirkliche Hilfe und nicht die gnadenlose Moral konservativer Päpste (zum Beispiel Pius XII), durch die sich alle Verant- wortlichen bequem vom Schicksal der Patienten distanzieren können.

Es ist unverantwortlich, bei den nach wie vor in unserem Land er- heblichen Defiziten in der notwen-

digen Anwendung von Morphium und der palliativen Sedierung Hür- den aufzubauen und Ängste gegen die Anwendung von Morphium und die palliative Sedierung zu schüren.

Im europaweiten Vergleich erreich- te Deutschland bei der Verfügbar- keit von palliativmedizinischen Leistungen lediglich den dürftigen 18. Platz, ermittelte die britische Zeitschrift „The Economist“.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Arzt die Verpflichtung hat, die professio- nelle Anwendung (u. a. Umgang mit Nebenwirkungen) von Morphium und der palliativen Sedierung zu beherrschen . . .

Dr. med. Wolfgang Strecker, 56841 Traben-Trarbach

O U

M S n ( E u u c

B R I E F E

Referenzen

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