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Archiv "Die praxisnahe Ausbildung zum Arzt ist gefährdet: Referat zu Tagesordnungspunkt 6 „Ärztliche Ausbildung“" (02.06.1977)

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noch nicht voll durchgeführt. Trotz einiger Vermittlungsstellen bei ver- schiedenen Landesärztekammern liegt das Problem in der mangeln- den Koordination.

Alternativ zu den Vermittlungsstel- len auf Landesebene könnte bei Er- richtung einer bundeseinheitlichen Vermittlungsstelle unnötiger Paral- lellauf vermieden werden.

Hinzu kommt, daß damit sicherge- stellt werden kann, daß die Studie- renden ausreichende Informationen darüber erhalten können, welcher Arzt Famulaturstellen zur Verfügung stellt."

Ausbildungsplätze für

Famuli

❑ „Die Ärztekammern werden drin- gend aufgefordert, eine ausreichen- de Zahl geeigneter niedergelasse- ner, insbesondere praktischer Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin zur Ausbildung der Famuli zu gewinnen, damit das Ausbildungsziel erreicht werden kann.

Begründung:

Die Einbeziehung des niedergelas- senen Arztes in die Ausbildung zum Arzt setzt voraus, daß

1. eine ausreichende Zahl ausbil- dungsbereiter Ärzte zur Verfügung stehen und

2. diese auf ihre Aufgabe entspre- chend vorbereitet werden."

Akademische Lehrkrankenhäuser

❑ „Die Ärztekammern mögen auf Fakultäten und Fachbereiche ein- wirken, daß die mit der Studenten- ausbildung betrauten Akademi- schen Lehrkrankenhäuser entspre- chend ihrem Lehranteil angemessen in den Akademischen Gremien der Universität vertreten sind."

Im Jahre 1959, als der 62. Deutsche Ärztetag in Lübeck über das Thema

„Reform des Medizinstudiums" be- riet, als die heute gültige Approba- tionsordnung erstmalig in der ärztli- chen Öffentlichkeit diskutiert wurde, begann der damalige Referent, Prof.

Dr. Sewering, sein Referat mit dem Satz: Wenn der Deutsche Ärztetag in diesem Jahr über ein Programm zur Reform der ärztlichen Ausbildung in Deutschland berät, so könnte das wie ein Alarmruf in der deutschen Öffentlichkeit wirken und Befürch- tungen auslösen, die letzten Endes wohl unter der völlig verdrehten Fra- gestellung stünden: Ist der Patient bei uns in Gefahr?

Heute, etwa 18 Jahre später, ist die aus dieser Diskussion schließlich hervorgegangene neue Approba- tionsordnung sieben Jahre gültig, und die ersten Ärzte, die aufgrund ihrer Bestimmungen Medizin stu- diert haben, werden in Kürze appro- biert sein.

Nach Meinung vieler, auch vieler Sachverständiger, ist schon jetzt wieder die Frage berechtigt: Sind die nach der neuen Approbations- ordnung ausgebildeten Ärzte schlechter als ihre Vorgänger? Oder anders ausgedrückt: Hat die Ände- rung der Ausbildungsordnung, die im Jahre 1970 in Kraft trat, ihr Ziel nicht erreicht?

Sewering kritisierte 1959 an der al- ten Bestallungsordnung: „Die Aus- bildung ist viel zu weitgehend im Theoretischen verfangen, sie ver- mittelt viel zu viel Wissen, aber nicht

annähernd das notwendige prakti- sche Können. Der Student ist im weitesten Umfange sich selbst über- lassen. Es fehlt der ständige persön- liche Kontakt mit dem Lehrer, die Betreuung, die Leistungskontrolle."

Ein wesentliches Ziel der Änderung der Ausbildung war somit, „dem Studierenden theoretisches Wissen und praktische Ausbildung in leben- diger Verbindung zu vermitteln", das heißt, die Ausbildung praxis- orientierter zu gestalten, den jungen approbierten Arzt mit ausreichen- dem ärztlichen Wissen, aber mehr ärztlichem Können in seine beruf- liche Tätigkeit aus dem Studium zu entlassen.

Um es schon vorweg zu sagen, das gesteckte Ziel der Reform des Medi- zinstudiums wurde nicht erreicht, es konnte auch nicht erreicht werden, weil sich die Verhältnisse unvorher- sehbar geändert haben — und des- halb müssen wir jetzt auf diesem Ärztetag über diese Thematik erneut sprechen.

Nach 1959 in Lübeck haben noch die Ärztetage 1963 in Mannheim und 1964 in Augsburg die Reform des Medizinstudiums diskutiert, wobei sich das Grundkonzept des Deut- schen Ärztetages herausschälte, welches die Vertreter der Bundes- ärztekammer in einer Sachverstän- digen-Kommission vertraten, der außerdem der Wissenschaftsrat, der Westdeutsche Medizinische Fakul- tätentag, die Deutsche Kranken- hausgesellschaft, die Gesundheits- und Kultusminister der Länder und

Die praxisnahe Ausbildung zum Arzt

ist gefährdet

Referat zu Tagesordnungspunkt 6 „Ärztliche Ausbildung"

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,

Vorsitzender des Ausschusses „Approbationsordnung"

der Bundesärztekammer

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Die Information:

Bericht und Meinung

Vertreter der Studentenschaft ange- hörten.

Aufgrund der am 7. Februar 1970 in Kraft getretenen Bundesärzteord- nung hat dann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die Approbationsordnung erlassen.

Sie trat am 28. Oktober 1970 in Kraft.

Diese Approbationsordnung war ein Kompromiß zwischen widerstreiten- den praktischen und politischen In- teressen. Sie enthielt folgende we- sentliche materielle Änderungen ge- genüber der Bestallungsordnung früherer Jahre:

1. Die ärztliche Ausbildung wurde von 7 1/2 Jahren auf 6 Jahre verkürzt.

2. Die Medizinalassistentenzeit fiel weg, an ihre Stelle trat das sog.

Praktische Jahr — das letzte Jahr des Studiums der Medizin.

3. Die Fächer „medilinische Psy- chologie" und „medizinische Sozio- logie" sowie Sozialmedizin, Psycho- somatik und Psychotherapie wurden in Unterricht und Prüfung neu ein- geführt; andere Fächer wurden neu zugeordnet.

Als besonders wichtige Fortentwick- lungen waren gedacht:

4. An die Stelle der alten Pflichtvor- lesungen sollten praktische Übun- gen treten, wobei man sich vorstell- te, daß diese praktischen Übungen in kleinen Gruppen am Krankenbett

— praxisnäher also — durchgeführt werden sollten.

5. Das ärztliche Staatsexamen wurde in drei Abschnitte geteilt: der erste Teil findet jetzt nach dem er- sten klinischen Studienjahr, der zweite nach dem dritten klinischen Studienjahr — das heißt vor dem Ein- tritt in das sog. Praktische Jahr — statt, der letzte Teil nach dem Ende des Praktischen Jahres.

6. Sämtliche Prüfungen, mit Aus- nahme des letzten Teils der ärztli- chen Staatsprüfung, werden nur noch schriftlich und im ganzen Bun- desgebiet einheitlich durchgeführt nach dem Antwort-Wahlverfahren, auch Multiple-choice-Verfahren genannt.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe bei sei- nem Referat zum Thema „Ärztliche Ausbildung"

Zur Definition des zu erreichenden Wissens für das Ausbildungsziel wurden zur Orientierung Prüfungs- stoffkataloge, an denen sich auch die Prüfungsfragen auszurichten haben, entwickelt.

Der dritte Teil der ärztlichen Staats- prüfung enthält einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Die mündliche Prüfung darf nur noch in Form einer Kollegialprüfung stattfin- den. Das bedeutet, daß mehrere Prü- fer den Prüflingen gegenübersitzen.

Als wesentliche organisatorische Folge ergab sich zum einen die Gründung des Instituts für medizini- sche Prüfungsfragen (heute: Institut für medizinische und pharmazeuti- sche Prüfungsfragen), die aufgrund eines Staatsvertrages zwischen den Bundesländern möglich wurde. Ent- sprechend ist jedes Bundesland durch einen Vertreter im Aufsichts- rat dieses Instituts vertreten.

In diesem Institut werden die ge- nannten Prüfungsstoffkataloge — oder auch Lernzielkataloge bezie- hungsweise Gegenstandskataloge genannt — erarbeitet und veröffent- licht. Wie schon gesagt, enthalten diese Kataloge leitfadenähnlich den Wissensstoff, der in den schriftli- chen Examina durch das Multiple- choice-Verfahren abgefragt werden kann.

Die andere organisatorische Folge war die Einrichtung sogenannter Lehrkrankenhäuser. An diese Kran- kenhäuser werden — anders als frü- her bei der Zulassung zur Ausbil- dung von Medizinalassistenten — be- sondere Anforderungen personeller und einrichtungsmäßiger Art ge-

stellt. Diese Lehrkrankenhäuser sind bestimmten Universitäten zugeord- net. Die mit der Lehre befaßten Ärzte dieser Häuser bekommen von ihrer Universität, deren Lehrkörper sie da- mit angehören, einen Lehrauftrag.

Obwohl also vom rein gedanklichen Aufbau her die Approbationsord- nung funktionstüchtiger hätte sein müssen als die alte Bestallungsord- nung, ist die Diskussion um die Re- form des Medizinstudiums aber nie zur Ruhe gekommen. Heute befin- den wir uns schon wieder in einem Stadium durchaus emotional ge- führter Auseinandersetzungen.

Es werden Denkschriften verfaßt, Wochenendtagungen durchgeführt und zu Streik- beziehungsweise Boykottmaßnahmen aufgerufen, wie wir sie zur Zeit erleben.

Auch in den parlamentarischen Gre- mien von Bund und Ländern ist die Ausbildung der Ärzte immer wieder Beratungsthema, und schließlich befinden wir uns zur Zeit in der Phase der zweiten Novellierung der Approbationsordnung, die gerade erst sieben Jahre alt ist.

Die Ursache für diese enttäuschen- de Entwicklung wird weitgehend einmütig gesehen in den rapide an- gewachsenen Studentenzahlen, mit denen die Väter der Approbations- ordnung nicht gerechnet haben.

Erst kürzlich veröffentlichte das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT in Heft 16, daß eben diese Väter der Approba- tionsordnung damals von 3000 Stu- dienanfängern im Jahr ausgegan- gen waren. Diese Schätzungen wa- ren verfehlt. Man hatte nicht mit den hochmotivierten Bildungspolitikern in unserem Land gerechnet, die ei- ner immer größeren Zahl von jungen Menschen das Studium ermögli- chen wollen — die uns als Folge da- von aber auch neben arbeitslosen Akademikern anderer Sparten in Kürze auch arbeitslose Ärzte in stei- gender Zahl liefern werden. Heute ist es fast schon schwieriger, einen Studienplatz in der Medizin zu be- kommen, als das Medizinstudium selbst durchzustehen und die Prü- fungen zu bestehen. Mittlerweile zeigen sich zigtausend zur Hoch-

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schulreife gelangte Menschen in un- serem Staat am Medizinstudium in- teressiert, manche von ihnen sind auch bereit, viele Jahre geduldig auf einen Studienplatz für dieses Fach zu warten. Erst unlängst wurde ein Taschenbuch veröffentlicht, in dem ein Rechtsanwalt Studierwilligen Rezepte aus einer großen juristi- schen Trickkiste unter dem Titel „In Sachen Numerus clausus — Wege zum Wunschstudium" an die Hand gibt.

Bevor ich jedoch auf das sogenann- te Numerus-clausus-Problem einge- he, muß ich betonen, daß sowohl Professoren als auch Studenten noch andere Gründe für das Schei- tern der Approbationsordnung angeben.

Die Universitätslehrer führen insbe- sondere die Finanzmisere der öf- fentlichen Hände und die daraus fol- genden Sparmaßnahmen an den Universitäten an, während die Stu- denten viele ihrer Lehrer in dem Ver- dacht haben, gegenüber der Appro- bationsordnung eine ablehnende Einstellung zu haben und entspre- chend wenig Engagement für ihre ordnungsgemäße Durchführung aufzubringen.

Zahlreiche Professoren und Lehrer des sogenannten akademischen Mittelbaus halten die Abschaffung der scheinpflichtigen Pflichtvorle- sung zugunsten der praktischen Kurse — allerdings auch aus Grün- den der Studentenzahlen — für eine Verschlechterung des Studiums, da die systematische Erarbeitung eines medizinischen Grundwissens nicht mehr gesichert sei. Zudem wird dar- auf hingewiesen, daß die vorge- schriebene Mindeststundenzahl bei der Ableistung der Kurse lediglich den Zeitaufwand von einer Stunde pro Tag für das Studium der Medizin erforderlich mache. Die Studenten meinen zu diesem Themenkomplex, daß die meisten sogenannten prakti- schen Übungen in Form der alten Hauptvorlesung oder allenfalls un- zulänglich modifiziert abgehalten würden. Und derartige Lehrveran- staltungen lehnen sie bis auf Aus- nahmen ab.

Es mag noch viele mehr oder weni- ger bedeutsame Aspekte für die Be- gründung des nicht eingetretenen Erfolges der Reform des Medizinstu- diums geben. Hauptursache ist und bleibt zweifellos die den Kapazitäten unserer Universitäten und dem Ver- ständnis von einem Studium der Me- dizin, das in unserem Lande bis vor kurzem Gültigkeit hatte, nicht adäquate Zahl von Medizinstuden- ten.

Erst vor kurzem hat die Vereinigung der Anatomen anläßlich ihrer Jah- resversammlung in Aachen als erste für die Öffentlichkeit hörbar mitge- teilt, daß die gewachsene Studen- tenzahl auf die Qualität des Medizi n- studiuns eine nachteilige Auswir- kung habe, das heißt, daß die zu- künftigen Ärzte schlechter ausgebil- det sein müßten.

War die neue Bildungspolitik

nur ein Betrugsmanöver?

Ich schätze, daß es anderen gleich- artigen sachverständigen Organisa- tionen bisher an Mut gefehlt hat, sich entsprechend klar in der Öffent- lichkeit zu äußern. Eine solche Äu- ßerung wird zwar keinen potentiel- len Bewerber für einen Studienplatz der Medizin abschrecken, die Öf- fentlichkeit jedoch darüber unter- richten, daß aufgrund der Fehllei- stungen unserer neueren Bildungs- politik Massen von Menschen unse- res Staates die Hochschulen zwin- gen, sich auf die Lehre zu konzen- trieren und die Forschung zu ver- nachlässigen, ohne Rücksicht dar- auf, daß es heute abzusehen ist, daß zumindest im Fach Medizin bereits in wenigen Jahren approbierte Ärzte nicht nur in der Bundesrepublik, sondern wahrscheinlich im gesam- ten EG-Raum keinen adäquaten Ar- beitsplatz mehr finden werden.

Das erst recht, nachdem das Bun- desverfassungsgericht mit seinem Urteil zum Numerus-clausus-Pro- blem vom 8. Februar 1977 die Hoch- schulen verpflichtete, zunächst ein

Maximum an Kapazität für die Lehre zur Verfügung zu stellen, um die

Auswirkungen des Numerus clausus abzubauen.

Ich bin sicher, daß wir alle hier im Raum und viele mit uns außerhalb die Ergebnisse der sogenannten Bil- dungspolitik der auslaufenden 60er Jahre und der 70er Jahre für ein gi- gantisches Betrugsmanöver gegen- über den jungen Menschen in unse- rem Staate halten. Diese Bildungs- politik hat für viele Bürger ganz indi- viduell und für das Zusammenleben in unserer Gemeinschaft nahezu nur nachteilige Folgen gehabt.

Es ist nicht meine Aufgabe, die bil- dungspolitische Maxime zu analy- sieren. Offenbar ließen sich die Bil- dungspolitiker aber davon leiten, daß Bildung ein Wert an sich sei und daß sie jedem mit gleicher Chance zugänglich sein müsse. Bei diesen Gedankengängen wurde offenbar die berufliche Ausbildung unbe- rücksichtigt gelassen. Das führte konsequent in das derzeitig herr- schende Ausbildungschaos.

Gut gemeint ist bekanntlich das Ge- genteil von gut gemacht.

Der praktische Erfolg dieser Politik bestand im wesentlichen in der Sen- kung des Niveaus des Abiturs; die Zahl der Abiturienten eines Jahr- gangs wurde massiv erhöht, ohne Rücksicht darauf, ob diesen Abitu- rienten der ersehnte Lohn ihrer Mühe auf der Schule — ein Studien- platz — erteilt werden kann. Seit lan- gem schon ist deshalb das Abitur keine Bescheinigung mehr, die ohne weiteres den Eintritt in eine Hoch- schule eröffnet. Um eine Auswahl unter den eigentlich Berechtigten zu treffen, kam man auf die Idee, die Besten unter ihnen auszusuchen.

Durch dieses Verfahren wurden dann zynischerweise konsequent dieselben Personen für ein Studium ausgewählt, die früher mit einer schlechteren Abiturdurchschnitts- note als 1,5 oder 2,0, eben mit einer Durchschnittsnote, zu einem Stu- dium an der Universität gekommen wären. Daß hierbei nunmehr jeder Klassenprimus aus reinen Prestige- gründen — gleichsam weil er es sei-

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Bericht und Meinung

ner Durchschnittsnote schuldig ist — das Studium der Medizin beginnen will, ist schon anderenorts und frü- her als eine große Gefahr der Fehl- entwicklung durch ungewünschte Umformung des Arztbildes in unse- rer Gesellschaft aufgezeigt worden.

Alle anderen, die durch das Sieb der Auswahl nach Abiturdurchschnitts- note gefallen sind, werden von un- seren Bildungspolitikern hängenge- lassen, entweder, weil man ihnen Wartezeiten bis zu 10 Jahren zumu- tet, die sich bestimmt nicht förder- lich auf die Entwicklung der Persön- lichkeit der Betroffenen auswirken, oder weil sie schlichtweg in Berufe verwiesen werden, die man vordem mit denselben persönlichen Voraus- setzungen auch ohne den Schul- streß hätte zur eigenen und anderer Zufriedenheit ausfüllen können.

Das einzige, was an Wünschen in Erfüllung gegangen ist, ist der Traum der Bildungspolitiker, die Abiturientenquote eines Jahrgangs von 5 auf 25 Prozent) zu erhöhen, ein reiner Selbstzweck, in rück- sichtsloser und in gewisser Hinsicht auch menschenverachtender Weise von den Verantwortlichen durchge- setzt.

Die Rückwirkungen auf Schule und Elternhäuser werden viele von uns am eigenen Leibe verspürt haben.

Die Ausbreitung der Unkamerad- schaft, ja des scharfen Gegeneinan- der, insbesondere in den höheren Schulen, teilweise aber auch schon in der Grundschule, führen unsere Jugendlichen in ein Konkurrenz- kampfdenken, das zu Rücksichtslo- sigkeit und brutalem „Jeder-gegen- Jeden" erzieht.

Um diese Fehlentwicklungen zu kor- rigieren, ergab sich die Notwendig- keit, neue Gesetze zu schaffen.

Hier stoßen wir übrigens auf eines der in den letzten Jahren überhaupt häufig geübten Beispiele, daß — aus welchen Motiven auch immer — ver- abschiedete Gesetze wegen der dar- aus folgenden Fehlentwicklungen durch neue Gesetze korrigiert oder in ihren verheerenden Auswirkun-

gen abgemildert werden müssen. Da der Fleiß unserer Parlamentarier be- kanntlich am Schluß der Legislatur- perioden an der Zahl der verab- schiedeten Gesetze gemessen wird, ist der statistische Nachweis der Qualitätssteigerung unserer parla- mentarischen Gremien von Legisla- turperiode zu Legislaturperiode leicht und überzeugend zu führen.

Die Korrektur des uns heute be- schäftigenden Problems erfolgte durch das Hochschulrahmengesetz, welches unter anderem ein anderes als nur das Abiturnotendurch- schnitt-Auswahlverfahren als not- wendig festlegte.

Die „zweite Hürde"

bei der Zulassung ist nicht zu umgehen

Nach Meinung der Experten — der zwar die bisherige Erfahrung eines Auf und Ab in der Zahl der Studien- anfänger in der Medizin entgegen- steht — ist noch auf Jahre hinaus mit einer dreimal so hohen Bewerber- zahl gegenüber dem Platzangebot für das Medizinstudium zu rechnen.

Deshalb ist nunmehr ein weiteres Auswahlverfahren als zweite Hürde für die Zulassung zum Medizinstu- dium vorgesehen. Grundsätzlich sind alle Abiturienten gleicherma- ßen hochschulzugangsberechtigt.

Über die besagte zweite Hürde wird mittlerweile in der Öffentlichkeit dis- kutiert, in einer Tageszeitung völlig zutreffend unter der Überschrift

„Auf der Suche nach dem kleinsten Übel". Hierbei sind Verantwortli- chen und Nichtverantwortlichen bis- her mehrere Ideen gekommen, die jedoch nicht alle ohne weiteres zu verwirklichen sind.

Grundsätzliche Voraussetzungen für eine solche zweite Hürde sind nach der Situation unseres Verfas- sungsrechts:

1. Der Schutz der Persönlichkeits- sphäre. Das beinhaltet, daß die Er- mittlung der Berufseignung weitge- hend unmöglich ist.

2. Die rechtliche Nachprüfbarkeit des Zulassungsverfahrens in jedem Einzelfall.

3. Die administrative und die finan- zielle Machbarkeit.

4. Die Plausibilität für die Betrof- fenen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind daher bislang — wie man übrigens auch dem Artikel des für dieses Gebiet im Bundesministe- rium für Bildung und Wissenschaft zuständigen Ministerialdirektors Dr.

Böning in Heft 48/1976 des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES entnehmen konnte — folgende Möglichkeiten geprüft worden:

1. Eine innere Gewichtung des Abiturs.

Damit ist gemeint, daß bestimmte Noten des Abiturzeugnisses im Hin- blick auf das Medizinstudium spezi- fisch unterschiedlich stark gewich- tet werden sollen, wodurch sich eine andere Abiturdurchschnittsnote er- geben würde als bisher bei unge- wichtetem Abitur. Dieses Verfahren ist mit den Vorschriften des Hoch- schulrahmengesetzes durchaus konform. Es wurde aber verworfen, weil damit die gerade erst in mehre- ren Bundesländern bereits durchge- führte Oberstufenreform der Gym- nasien ad absurdum geführt werde.

(Was diese Oberstufenreform an- geht, so hält man offenbar die Zeit noch für zu früh für ein Korrekturge- setz!)

2. Ein Praktikum im Sinne einer Er- probungsphase für die Eignung zum Mediziner, in verschiedenen Modifi- kationen, zum Beispiel von Jacob (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 19/1977, Seite 1288) auch als propä- deutisches Studienjahr vorgestellt.

Hier handelt es sich sicher um das für Ärzte am ehesten akzeptable Auswahlverfahren. Diese Einstel-

lung ist demnach auch von uns ent- sprechend publiziert worden. Dabei könnte man seine Hoffnung wahr- scheinlich mit Recht im großen Maße darauf richten, daß die poten-

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tiellen Bewerber im Rahmen eines solchen Praktikums eine Selbstprü- fung über ihre Eignung vornehmen könnten.

Trotzdem wurde dieses Verfahren von den Politikern verworfen, weil im Zweifelsfall wegen der Schwie- rigkeiten bei der objektiven Bewer- tung die rechtliche Nachprüfbarkeit problembeladen sei. Außerdem sei dieses Verfahren teuer und verwal- tungsmäßig nur schwer zu ge- stalten.

3. Das Interview.

Wie wir wissen, ist in den Vereinig- ten Staaten von Amerika das Inter- view neben anderen Auswahlverfah- ren ein gern geübtes und nach Mei- nung Sachverständiger erfolgrei- ches Mittel der Auswahl von Hoch- schulbewerbern für das Medizinstu- dium. Allerdings können wir dieses Verfahren kaum übernehmen. In den Vereinigten Staaten bestehen im Unterschied zu uns nahezu keine Rechtsgrundlagen für die Aufnahme in eine Hochschule; und es ist dort den Verantwortlichen an den Hoch- schulen selbst weitgehend freige- stellt, welche Bewerber zu akzeptie- ren sind und welche nicht. Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland muß ein derartiges Verfahren recht- lich nachprüfbar sein, und an dieser Forderung wird die Auswahlmetho- de scheitern.

Zudem ist es unerwünscht, daß psy- chologische Momente, die bei einer derartigen Interviewsituation entste- hen (man erinnere sich an Prüfun- gen anderer Art, zum Beispiel soge- nannte Vorstellungsgespräche), eine Chancenungleichheit unter den Bewerbern hervorrufen könnten.

4. Ergänzende_ Gutachten wurden diskutiert, wobei man an Gutachten von Persönlichkeiten dachte, die im bisherigen Lebensweg des Bewer- bers eine Rolle gespielt haben, z. B.

Lehrer oder andere Ausbilder, bis- herige Arbeitgeber usw.

Auch diese Idee hielt der Nachprü- fung durch die Politiker nicht stand, da man wiederum Schwierigkeiten

bei der Objektivierbarkeit sieht und zudem befürchtet, daß Korruption Tür und Tor geöffnet werde.

Losverfahren und/oder

psychologischer Test

So blieben schließlich von allen Vor- schlägen nur zwei übrig, die zur Zeit noch die Chance haben, entweder als Alternativen oder als kombinierte Methoden beim Auswahlverfahren verwirklicht zu werden: das Los oder der psychologische Test.

Hierzu muß man wissen, daß es Auf- gabe des psychologischen Tests ist, ausschließlich festzustellen, welcher Bewerber möglichst schnell und möglichst gut das Studium der Me- dizin zurücklegt. Die Testung, wel- cher Bewerber mutmaßlich ein guter Arzt wird, ist nicht zulässig, nach Meinung der Psychologen auch nur in einem geringen Umfange mög- lich. Hier ist — und da möchte ich jeden einzelnen von Ihnen persön- lich bitten, an sich selbst zu prüfen, wieweit man dieser Meinung zustim- men kann — die Auffassung maßge- bend, daß die ärztliche Persönlich- keit wesentlich erst während des Medizinstudiums und der daran an- schließenden ersten Jahre ärztlicher Tätigkeit geprägt wird. Ich glaube, hier handelt es sich um ein gewichti- ges und ernst zu nehmendes Argu- ment, dem ich mich selbst zumin- dest nicht verschließen kann.

Zur Ausarbeitung der psychologi- schen Tests ist der Ordinarius für Psychologie an der Universität Mannheim, Herr Prof. Dr. Lothar Mi- chel, beauftragt worden, dem ein Beirat aus Ärzten, dem ich anzuge- hören das Vergnügen habe, zur Un- terstützung beigegeben worden ist.

Ohne mich im Detail mit den Proble- men und Einzelheiten des psycholo- gischen Tests beschäftigen zu wol- len, darf ich zur Andeutung seines Inhalts mitteilen, daß in diesem Test Prüfungen zur differenzierten Wahr- nehmungsfähigkeit, die Beobach- tungsgabe eines Menschen also, das schnelle Erkennen von Hand-

lungsabläufen und auch die schnelle Detailerkenntnis geprüft werden, wobei allerdings die visuel- len Fähigkeiten bevorzugt unter- sucht werden.

Weiter werden das räumliche Vor- stellungsvermögen, die Merkfähig- keit, die Arbeitshaltung, die Intellek- tualität und das naturwissenschaft- liche Verständnis sowie, besonders bei Zahnmedizinern, sensomotori- sche Eigenschaften getestet.

Man ist dabei so vorgegangen, daß man Fachleute regelrechte Arbeits- platzanalysen von Medizinstudenten durchführen ließ, aufgrund derer Er- gebnisse die zur Meisterung der An- forderungen notwendigen Fähigkei- ten ermittelt wurden. Bei diesen Ar- beiten haben auch Ärzte mitgewirkt.

Das Verhängnisvolle an den psycho- logischen Tests ist es, daß die Er- mittlung einer großen Spitzengrup- pe und die Ermittlung einer großen sogenannten Versagergruppe wenig Schwierigkeiten bereiten. Jedoch ist es besonders diffizil, die engste Mit- telgruppe zu differenzieren, das heißt zum Beispiel: Wenn von 4000 Bewerbern 2000 angenommen wer- den, so ist es nicht weiter schwierig, die besten 1000 und die schlechte- sten 1000 zu ermitteln. Jedoch ist es nur schwer oder gar nicht möglich, den 1995sten und den 2005ten von- einander zu unterscheiden. Hier liegt auch nach dem Eingeständnis der Psychologen selbst ein Problem, dessentwegen der psychologische Test zum jetzigen Zeitpunkt auf kei- nen Fall als alleiniges Auswahlkrite- rium eingeführt werden darf.

Aus der internen Kenntnis der Pro- jektgruppe um Herrn Prof. Michel möchte ich hier vor Ihnen betonen, daß dieses Team mit einem sehr gro- ßen Ernst, im vollen Bewußtsein der großen Verantwortung und mit dem Bemühen um saubere wissenschaft- liche Arbeit an die gestellte Aufgabe herangegangen ist.

In Konkurrenz zum Auswahlverfah- ren durch den psychologischen Test steht das Losverfafiren, das zum ei- nen als einfache Lotterie oder zum

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Das Interesse der Öffentlichkeit an den Beratungen und Entschließungen des 80. Deutschen Ärztetages in der zweiten Maiwoche in Saarbrücken war außeror- dentlich groß: 117 Journalisten der Ta- ges- und der Fachpresse, von Rundfunk und Fernsehen waren akkreditiert

Immer wieder im Blickpunkt: Die ge- wählten Repräsentanten des Deut- schen Ärztetages und der Bundesärzte- kammer. So gut wie jede ihrer Handlun- gen während der gesamten Ärztetags- woche wurde gefilmt, fotografiert, so gut wie jede ihrer Ausführungen auf Tonband genommen, notiert

Die Bilder zeigen: Prof. Dr. Sewering (links) und Dr. Bourmer (oben links) bei Interviews; Dr. Vilma r (oben rechts), von einem Kameramann bis hinter das Red- nerpult „verfolgt"; die Pressestelle des 80. Deutschen Ärztetages (unten) be- wältigte mit 170 000 Blättern hektogra- fierter Referate, Entschließungen, Be- richte die Informationsflut und die Infor- mationsbedürfnisse

Die Information:

Bericht und Meinung

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anderen im sogenannten gewichte- ten oder Kaskaden-Losverfahren diskutiert wird. Letzteres bedeutet, daß bei der Auslosung Abiturienten mit guten Durchschnittsnoten höhe- re Chancen haben, einen Studien- platz zu erhalten, als solche mit schlechteren Durchschnittsnoten.

Ich nehme an, daß jeden von uns ein ungutes Gefühl beschleicht bei dem Gedanken, daß das Schicksal eines Menschen ja nicht nur in beruflicher Hinsicht durch ein Los bestimmt werden soll.

Ohne abstreiten zu wollen, daß das Losverfahren im Vergleich zu den anderen diskutierten Methoden ein hohes Maß an Gerechtigkeit zusi- chert, bin ich der Meinung, ein der- artiges Verfahren ist intellektuell un- würdig.

Es wird nach dem derzeitigen Stand der Kenntnisse zumindest für eine Weile eine Kombination von Abitur- notendurchschnitt, Losverfahren und psychologischem Testverfahren für die Auswahl zum Studium der Medizin gelten müssen. Politisch besteht die Neigung, das Losverfah- ren sukzessive durch Verfeinerung des psychologischen Tests in seiner Bedeutung zurückzudrängen.

Der Vorstand der Bundesärztekam- mer ist der Meinung, daß zur Zeit noch keine abschließende Stellung- nahme des Deutschen Ärztetages zur einen oder zur anderen Form des Auswahlverfahrens abgegeben werden sollte, da die innerärztliche Diskussion dieses Themas noch nicht weit genug gediehen ist. Die Darstellung des Problems vor die- sem Ärztetag soll bewirken, daß wir Ärzte als wichtige gesellschaftliche Gruppierung und vom Auswahlver- fahren künftiger Ärzte natürlich be- sonders betroffene Gruppe diese Meinungsbildung vorantreiben.

Ausschuß und Ständige Konferenz Approbationsordnung haben sich auf der Sitzung am 12. Februar 1977 mit Mehrheit für das gewichtete Los- verfahren ausgesprochen. Der Medi- zinerbeirat, der von der Kultusmini- sterkonferenz gebildet wurde, favo-

risiert nahezu einmütig das psycho- logische Testverfahren. Ähnlich sieht es im politischen Raum aus, wo die Bundesländer je nach Cou- leur ihrer Regierung die eine oder die andere Methode bevorzugen.

Es muß jedenfalls erreicht werden, daß die verheerenden Rückwirkun- gen der geltenden Auswahlmethode auf das Lernverhalten und das Zu- sammenleben der jungen Menschen in der Schule soweit wie möglich ausgemerzt werden.

Das Ausbildungsziel muß endlich

definiert werden

Nicht zuletzt durch die Problematik des Hochschulzugangs wird es allen bewußt geworden sein, daß wir— wie gerechnet wurde etwa bis 1990 — hohe Zulassungsquoten für das Me- dizinstudium erwarten müssen.

Auch die Politiker sehen keine An- zeichen dafür, daß das Interesse am Studium der Medizin nachläßt. Bis vor kurzer Zeit wurde ja auch von uns die Öffentlichkeit in der falschen Meinung belassen, als sei die ärzt- liche Versorgung unserer Bevölke- rung eine Verwaltung des Mangels.

Wir müssen auch wissen, daß poli- tisch relevante Gruppierungen in

unserer Gesellschaft sich geradezu ein Überangebot an Ärzten herbei- sehnen, um auch diese Berufsgrup- pe — wie man sagt — „in den Griff zu kriegen". Hierin folgt man ganz of- fensichtlich dem Vorbild Schwe- dens, wo uns anläßlich einer Stu- dienreise diese strategisch-takti- sche Überlegung unverblümt als Zielsetzung zumindest der damals in diesem Land politisch Verantwortli- chen mitgeteilt wurde.

Nun ist es nicht meine Aufgabe, im Rahmen dieses Tagesordnungs- punktes auf die Fragen der ärztli- chen Versorgung oder der Arbeits- platzbeschaffung für die zukünfti- gen Ärzte einzugehen. Ausschuß und Ständige Konferenz Approba- tionsordnung hatten vielmehr die Aufgabe, Vorschläge für eine Ver- besserung der Ausbildung zum Arzt

gerade im Hinblick auf die großen Studentenzahlen zu prüfen oder zu erarbeiten. Bevor nun die Einzelhei- ten der Approbationsordnung be- sprochen werden sollen, müssen wir uns meines Erachtens erneut Ge- danken darüber machen, ob die De- finition des Ausbildungsziels des Deutschen Ärztetages von 1959 heute noch vollständig und gültig sein kann. Bekanntlich enthält die Approbationsordnung keine Defini- tion des Ausbildungszieles, was heute überwiegend bedauert wird.

Ich darf in Ihre Erinnerung zurückru- fen, daß der unveröffentlichte Refe- rentenentwurf des zuständigen Bun- desministeriums vom September 1969 das Ausbildungsziel so umriß:

„Ziel der ärztlichen Ausbildung ist die wissenschaftliche Heranbildung zu einem Arzt, der mit den Grundla- gen und den Methoden des ärztli- chen Denkens, Wissens und Han- delns so weit vertraut ist, daß er zur selbständigen Ausübung des ärztli- chen Berufs im Dienste der Gesell- schaft befähigt ist."

Der Deutsche Ärztetag 1959 in Lü- beck hatte in einer langen Debatte auf Antrag von Herrn Dr. Jungmann in Abänderung des ursprünglichen Vorschlags folgende Definition be- schlossen:

„Aufgabe des medizinischen Stu- diums ist die Vermittlung des für den ärztlichen Beruf notwendigen Grundwissens und Könnens".

In der amtlichen Begründung zur Approbationsordnung ist lediglich zu lesen, daß

„Umfang und Inhalt der Ausbildung auf das Maß gebracht werden müs- sen, das den Arzt zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufs all- gemein befähigt."

Eine neue, allerdings recht weit ge- faßte Umschreibung des Ausbil- dungsziels legte unlängst der Wis- senschaftsrat in seinen Empfehlun- gen zu Aufgaben, Organisation und Ausbau der medizinischen For- schungs- und Ausbildungsstätten vom 9. Juli 1976 vor.

(8)

Empfang in der Staatskanzlei:

Ministerpräsident Dr. Röder (v.l.) im Gespräch mit Prof. Dr. Sewering, Dr. Paulus, Dr. Odenbach — Mitte: Sitzung des Fortbildungsfilm- Ausschusses und der Jury des Filmpreises der Bundes- ärztekammer unter Vorsitz von Prof. Dr.

Kreienberg — Unten: Am Rande des Ärztetags,

„Gegen- kundgebung"

zum Thema Abtreibung

Die Information:

Bericht und Meinung

Hier heißt es:

„Die Ausbildung muß die zur Dia- gnose und Therapie der bedeu- tungsvollen Krankheiten erforderli- chen grundlegenden wissenschaftli- chen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln. Bedeutungsvoll sind die- jenigen Krankheiten, die besonders häufig oder für das Verständnis der wesentlichen pathogenetischen Zu- sammenhänge beispielhaft sind oder bei denen ein unverzügliches ärztliches Handeln notwendig ist.

Zum Zeitpunkt der Approbation muß der Arzt das Maß an Wissen, Ver- ständnis und Selbstkritik gewonnen haben, das es ihm erlaubt, die den Umständen entsprechenden ärztli- chen Maßnahmen selbständig vor- zunehmen bzw. verantwortlich zu entscheiden, wann und in welcher Form er sich im Interesse der Kran- ken der Hilfe erfahrener bzw. fach- lich speziell weitergebildeter Ärzte bedienen muß. Der approbierte Arzt soll durch seine Ausbildung die Fä- higkeit und Bereitschaft erworben haben, sich in ein bestimmtes Pra- xisfeld einzuarbeiten und fachlich weiter- bzw. fortzubilden."

Ich bin ziemlich sicher, daß schon aus Gründen der Justitiabilität und wegen der durchaus gestiegenen Prozeßfreudigkeit über kurz oder lang eine Definition des Ausbil- dungszieles in die Approbationsord- nung aufgenommen werden muß.

Da mir nun unsere gültige, vom Deutschen Ärztetag 1959 in Lübeck beschlossene Fassung, zumindest als erweiterungsbedürftig erscheint, möchte ich vorschlagen, daß dieser Ärztetag den Komplex „Definition des Ausbildungszieles" erneut dis- kutiert, damit der Vorstand der Bun- desärztekammer und der Ausschuß sowie die Ständige Konferenz Ap- probationsordnung für den näch- sten oder einen der nächsten Ärzte- tage eine novellierte Fassung auf- grund der Diskussionsbeiträge erar- beiten können. Die Definition des Ausbildungszieles hat natürlich auch weitreichenden Einfluß auf die vom Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen herausgegebenen Prüfungsstoffka- talogen, deren zweite Generation zur Zeit in Bearbeitung ist. I>

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Zwischen Bundesärztekammer und diesem Institut besteht ein regelmä- ßiger Informationsaustausch, der auch durch die regelmäßige Teil- nahme eines Vertreters des Instituts an unseren Ausschußsitzungen ge- währleistet ist.

Es würde den Umfang dieser Be- richterstattung sprengen, auf die Entstehung der Prüfungsstoffkata- loge und der Prüfungsfragen im ein- zelnen einzugehen. Eine ausführ- liche Selbstdarstellung durch Mitar- beiter des Instituts wurde übrigens in Buchform veröffentlicht. Ich will nur kurz darauf eingehen, daß der Direktor dieses Instituts nach eige- ner Entscheidung die Sachverstän- digen berufen kann und daß ihn bei dieser Auswahl lediglich der zur Ver- fügung stehende Etat einengt.

So wurden in der ersten Zeit aus- schließlich Hochschulprofessoren im Ordinarienrang zu dieser Sach- verständigentätigkeit herangezo- gen. Für die Erarbeitung der zweiten Generation der Prüfungsstoffkatalo- ge wurden dann auch Ärzte für All- gemeinmedizin beteiligt, wodurch hoffentlich die unsinnige Überla- dung der Gegenstandskataloge mit Spezialistenwissen zurückgedrängt werden kann.

Auch der Wissenschaftsrat wünscht, daß zur praxisnäheren Ausgestal- tung der Gegenstandskataloge eine engere Kooperation zwischen dem IMPP, den Fachbereichen der Hoch- schule und den medizinischen Fachgesellschaften hergestellt werde.

Ich befürchte, daß die Zusammenar- beit dieser Gruppierungen noch keine Garantie dafür ist, daß nicht auch die zukünftigen Kataloge Wis- sensstoff aufführen, der allenfalls für eine Facharztprüfung angängig wäre.

Der Deutsche Ärztetag sollte meines Erachtens deshalb fordern, daß auch in freier Praxis und in außer- universitären Krankenhäusern tätige Ärzte an der Formulierung dieser Lernzielkataloge mitwirken müssen.

Die Benennung der Sachverständi-

gen sollte überdies in partnerschaft- licher Zusammenarbeit mit den Ärz- tekammern beziehungsweise mit ih- rer Arbeitsgemeinschaft, der Bun- desärztekammer, erfolgen.

Dies halte ich für besonders wichtig im Hinblick auf die Formulierung ge- rade der Teile der Lernzielkataloge, bei denen die Verfasser durch die Auswahl des Stoffs und durch die Art der Fragestellung auf die Be- wußtseinsbildung der in der Ausbil- dung Befindlichen Einfluß nehmen können.

Kaum noch möglich:

Unterricht

in kleinen Gruppen

Wenn ich noch einmal erinnern darf an die Formulierung des Ausbil- dungsziels des Medizinstudiums im Referentenentwurf der Approba- tionsordnung aus dem Jahre 1969, werden Sie diese Forderung verste- hen und begrüßen.

Am 18. Januar 1977 wurde nun die schon angesprochene zweite Novel- le der Approbationsordnung im Bundesministerium für Jugend, Fa- milie und Gesundheit diskutiert, wo- bei vorher in den Referentenentwurf im wesentlichen Vorschläge und An- regungen, die vom Westdeutschen Medizinischen Fakultätentag ka- men, aufgenommen worden waren.

Die zentralen Punkte betreffen die Gewichtung der Vorlesungen, die Famulatur, die Plazierung der Allge- meinmedizin und die schriftliche Prüfung nach dem Praktischen Jahr, also den dritten Teil der ärztlichen Staatsprüfung.

Zwischen Studenten und Professo- ren liegt in der Einstellung zur Vorle- sung alter Prägung ein tiefer Gra- ben. Während die Professorenschaft

— wie schon erwähnt — forderte, daß die alte Pflichtvorlesung als schein- pflichtige Veranstaltung wieder ein- geführt werde, lehnen die Studenten schon die Erwähnung des Wortes Vorlesung in § 2 der Approbations- ordnung, die nunmehr vorgesehen ist, strikt ab.

Bei der Diskussion dieses Fragen- komplexes muß die Situation der Universitätskliniken beleuchtet wer- den: Es sind ja schließlich nicht nur die Kapazitäten an Lehrern und technischen Hilfen, die den Unter- richt in kleinen Gruppen begrenzen, es ist besonders die mittlerweile un- zumutbare Belastung, man darf sa- gen Belästigung, der Patienten, die in diesen Kliniken eine strikte An- wendung der Vorschriften der Ap- probationsordnung verbieten.

Als Auswege bieten sich an:

— die Einbeziehung von nichtuni- versitären Krankenhäusern zum Un- terricht in kleinen Gruppen bereits während des klinischen Teils des Studiums oder

— die Abschaffung des Unterrichts in kleinen Gruppen am Krankenbett bzw. dessen Reduzierung zugun- sten einer Vortragsveranstaltung al- ter Prägung.

Schon in den 50er Jahren wurde dis- kutiert, ob andere organisatorische Formen des Unterrichts, wie zum Beispiel der sogenannte Blockun- terricht, der vielleicht noch eher in außeruniversitären Krankenhäusern durchgeführt werden könnte, eine Rationalisierung und Erhöhung der Effizienz bedeuten würden.

Es ist einzuräumen, daß die Verwirk- lichung dieser Überlegungen insbe- sondere angesichts der Schwierig- keiten bei der Durchführung des Praktischen Jahres, zu denen wir gleich noch kommen müssen, einst- weilen unüberwindlich sein werden.

Als Kompromiß-, vielleicht auch Übergangslösung, halten Ausschuß und Ständige Konferenz die jetzt ge- fundene Formulierung, daß die praktischen Übungen von Vorlesun- gen begleitet sein können, gerade noch für angängig.

Die Ausbildung in der Allgemeinme- dizin war bisher in der Approba- tionsordnung nicht ausdrücklich fi- xiert. In der Novellierung ist vor- gesehen, durch Aufnahme eines Kurses zur Einführung in die Allge-

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Die Information:

Bericht und Meinung

meinmedizin und durch Anfügung von Prüfungsfragen über allgemein- medizinische Probleme im Rahmen des Stoffgebietes Ökologie dieses Fach in der Approbationsordnung zu verankern.

Die Verbände der Allgemeinmedizi- ner und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin haben dieser Regelung zugestimmt. Herr Prof.

Häussler, der an den Beratungen des Ausschusses und der Ständigen Konferenz Approbationsordnung der Bundesärztekammer zur Vorbe- reitung dieses Tagesordnungspunk- tes teilnahm, war ebenfalls einver- standen.

Ich rechne aber damit, daß es zu Diskussionen darüber kommen kann, ob es richtig ist, die Prüfungs- fragen aus dem allgemeinmedizini- schen Bereich in das Stoffgebiet Ökologie aufzunehmen.

Nachdem die Famulatur in der ur- sprünglichen Fassung der Approba- tionsordnung für die Dauer von zwei Monaten bei einem niedergelasse- nen Allgemeinarzt oder praktischen Arzt oder im öffentlichen Gesund- heitsdienst, werksärztlichen Dienst oder bei truppenärztlichen Einrich- tungen der Bundeswehr abgeleistet werden sollte, mußte bereits in einer ersten Novellierung der Approba- tionsordnung die Famulaturmög- lichkeit beim niedergelassenen Arzt auf alle Arztpraxen erweitert wer- den, da bei den praktischen Ärzten und den Ärzten für Allgemeinmedi- zin nicht genug Famulaturplätze ge- funden werden konnten.

Die nunmehr in der zweiten Novel- lierung vorgesehene Einführung der Möglichkeit einer Krankenhausfa- mulatur — ergänzend oder alternativ zur Praxisfamulatur gedacht — ist als Kompensationsmöglichkeit für den während des klinischen Teils des Studiums entgangenen Unterricht am Krankenbett zu sehen und des- halb zu begrüßen.

Allerdings hat die Krankenhausfa- mulatur nur dann Sinn, wenn sie zu- sätzlich zur Praxisfamulatur durch- geführt werden würde, wobei sich

die Famulaturdauer insgesamt um mindestens einen, wenn nicht zwei Monate verlängern müßte.

Nun weisen die Studenten darauf hin, daß zusätzliche Zeit für die Ab- leistung von Famulaturen wegen der Notwendigkeit von Ferienarbeit zur Finanzierung des Lebensunterhaltes nicht mehr zur Verfügung stehe.

Vorrangig ist jedoch die Qualitäts- verbesserung der Ausbildung zum Arzt, und deshalb kann meines Er- achtens nur die sogenannte additive Lösung, das heißt Famulatur in freier Praxis und den entsprechen- den medizinischen Einrichtungen plus Krankenhausfamulatur, befür- wortet werden. Als Kompromißlö- sung wäre allenfalls eine dreimona- tige Famulaturdauer mit je sechs Wochen Praxis und sechs Wochen Krankenhaus akzeptabel.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, daß nach anfänglichen Schwierigkeiten vornehmlich durch die Aktivitäten der Ärztekammern, mehr und mehr niedergelassene Ärzte Famulanten in ihre Praxen auf- nehmen. Auf diesem Wege sollte mit verstärkten Kräften weiter fortge- schritten werden.

Die „50-Prozent"-Regelung muß geändert werden

Eine wesentliche Forderung des Ausschusses und der Ständigen Konferenz Approbationsordnung der Bundesärztekammer, gleichfalls aufgestellt vom Westdeutschen Me- dizinischen Fakultätentag, von der Bundesregierung bei der Novellie- rung der Approbationsordnung aber nicht berücksichtigt, ist die „Beste- hensregelung" bei den schriftlichen Prüfungen. Zur Zeit gilt eine schrift- liche Prüfung nach dem Antwort- wahlverfahren als bestanden, wenn der Anteil der von dem Prüfling rich- tig beantworteten Fragen nicht mehr als 18 Prozent unter der durch- schnittlichen Prüfungsleistung aller Prüflinge des Bundesgebietes liegt oder wenn der Prüfling mindestens 50 Prozent der Fragen richtig beant- wortet hat.

In der Praxis hat das die Möglichkeit eröffnet — von der unseres Wissens auch Gebrauch gemacht worden ist

—, ganze Fächer bei der Vorberei- tung der Prüfung auszusparen und die entsprechenden Fragen nicht zu beantworten. Leidtragendes Fach in der Vorklinik ist hier besonders die Anatomie, ohnehin in der Ausbil- dung zum Arzt schon deutlich re- dressiert, auf die manche Studen- ten zugunsten zum Beispiel der me- dizinischen Psychologie und der- medizinischen Soziologie verzich- teten.

Ich glaube, Ihre Phantasie nicht wei- ter anregen zu müssen, um die Ge- fahren dieser Bestehensregelung zu verdeutlichen.

Als Lösung bieten sich vier Alternati- ven an:

1. Es müssen 50 Prozent der Fragen eines jeden Stoffgebietes zutreffend beantwortet werden.

2. Es müssen 60 Prozent sämtlicher Fragen richtig beantwortet werden.

Dann wäre die Aussparung eines Stoffgebietes nicht mehr möglich, da zumindest einige Fragen aus je- dem Stoffgebiet mit Sicherheit be- antwortet werden müßten.

3. Die Fragenzahl wird insgesamt erhöht, und zusätzlich müssen 60 Prozent aller Fragen beantwortet werden.

4. Dem IMPP wird es gestattet, für die einzelnen ausgewiesenen Fä- cher eine von Prüfung zu Prüfung variable Fragenanzahl aufzuführen, so daß der Kandidat ungewiß dar- über ist, aus welchem Stoffgebiet die Masse der Fragen stammt.

Der Ausschuß und die Ständige Konferenz kamen zu dem Ergebnis, daß die Forderung, 60 Prozent aller Fragen müßten zutreffend beant- wortet sein, die liberalste und trotz- dem wirksamste Neuregelung be- deutet.

Ganz offensichtlich aus politischen Gründen konnte sich das Bundesmi- nisterium für Jugend, Familie und

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Gesundheit bislang als Verord- nungsgeber zu einer Änderung die- ser Bestehensregelung aber nicht entschließen.

Es gibt weitere, mehr oder weniger eingreifende Vorschläge für Ände- rungen der Approbationsordnung, die vom Ausschuß und der Ständi- gen Konferenz erarbeitet worden sind, z. B. Fragen nach der Plazie- rung der medizinischen Psychologie und der Biomathematik innerhalb des Studiums, oder die durchaus verschieden gehandhabte Messung des Erfolges bei der Teilnahme an Kursen und Praktika. Letztere Über- legung bietet übrigens die Möglich- keit einer begrenzten Wiedereinfüh- rung von mündlichen Prüfungen, die als Ergänzung schriftlicher Prü- fungen von vielen Sachverständigen als dringend wünschenswert be- zeichnet werden.

Die generelle Wiedereinführung mündlicher Prüfungen für alle Prü- fungsabschnitte ist angesichts der Studentenzahlen und, weil münd- liche Prüfungen nur noch kollegial zugelassen sind, unmöglich.

Der letzte Abschnitt meiner Bericht- erstattung ist dem Problem der Durchführung des sogenannten Praktischen Jahres gewidmet.

Hierzu haben die Deutschen Ärzteta- ge in Berlin, Hamburg und Düssel- dorf bereits Entschließungen gefaßt, deren Forderungen aber nur teilwei- se erfüllt worden sind.

Jedenfalls ist die erstmals am 1. Ok- tober 1976 begonnene Durchfüh- rung des Praktischen Jahres unbe- friedigend, stellenweise sogar kata- strophal. Viele von Ihnen hier im Raume werden kasuistische Beiträ- ge liefern können und teils über gute, teils schlechte Erfahrungen berichten.

Aus der Sicht des Ausschusses und der Ständigen Konferenz Approba- tionsordnung ist die ordnungsge- mäße Durchführung des Prakti- schen Jahres die einzige und im Ab- lauf der Ausbildung auch letzte Chance, dem Medizinstudenten so

viel Rüstzeug wie möglich für seine spätere ärztliche Tätigkeit zu vermit- teln. Das Praktische Jahr wird die Aufgabe zu übernehmen haben, das während des klinischen Teils der Ausbildung in der Universität nicht Erreichte nachzuholen. Deshalb ist es völlig inakzeptabel, daß die bishe- rigen organisatorischen Vorausset- zungen in der Bundesrepublik so unterschiedlich sind, daß die prakti- sche Ausbildung an der einen Stelle einer qualifizierten ärztlichen Tätig- keit, woanders aber nur einer Krankenpflegerhilfstätigkeit gleich- kommt. Es ist unverantwortlich, daß sechs Jahre zwischen dem Zeit- punkt des Inkrafttretens der Appro- bationsordnung und dem erstmali- gen Beginn des Praktischen Jahres nicht genutzt wurden, um alle für die Durchführung dieses Ausbildungs- abschnittes erforderlichen Vorberei- tungen zu treffen, obwohl viele, dar- unter Studenten, Universitäten und ganz besonders wir Ärzte, auf diesen Mißstand mehrfach, rechtzeitig und sehr eindringlich hingewiesen ha- ben. Unvertretbar ist auch die trö- stend gemeinte Beruhigung, das werde sich alles schon einspielen.

Es mag sein, daß es sich eines Tages einspielt, dann jedoch auf dem Rük- ken von Tausenden von Patienten, die sich in die Obhut von Hunder- ten schlampig ausgebildeter Ärzte begeben.

Gründe der Finanzierbarkeit kann ich nicht als Entschuldigung akzep- tieren, schließlich beschäftigen wir Legionen von geschulten Planern in den Behörden des Bundes, der Län- der und der Kommunen, die schon im Stadium der Diskussion eines neuen Gesetzes die finanziellen Auswirkungen geprüft haben müssen.

Das Praktische Jahr

belastet auch die Patienten Die auch vom Deutschen Ärztetag immer wieder erhobene Forderung nach Ausarbeitung eines Rahmen- Kurrikulums, welches verbindlich die Ausbildung im Praktischen Jahr umreißt, wurde im Jahre 1976 vom Wissenschaftsrat ebenfalls aufge-

stellt. Es soll sich dabei selbstver- ständlich nicht um einen detaillier- ten Ausbildungsplan handeln. Es ist aber notwendig, daß Lehrenden und Lernenden ein Leitfaden für die Ge- staltung der Ausbildung an die Hand gegeben wird. Zur Zeit ist es einfach dem Zufall überlassen, welcher PJ- Student wo, zu welcher Tages- oder Nachtzeit und wie er etwas lernt oder auch nicht.

Bekanntlich ist der schriftliche Teil der Prüfung nach dem Praktischen Jahr bundeseinheitlich. Deshalb bin ich sicher, daß, falls derartige Rah- menrichtlinien nicht zustande kom- men, die ersten Prozesse wegen Chancenungleichheit der Ausbil- dung zu erwarten sind.

Ausschuß und Ständige Konferenz Approbationsordnung sind davon überzeugt, daß mehr Krankenhäuser als bisher vorgesehen in die Durch- führung des Praktischen Jahres ein- bezogen werden müssen, ja, daß die Durchführung des Praktischen Jah- res in der Regel außerhalb der Uni- versitäten stattfinden soll, weil, wie früher schon erwähnt, die Belastung der Patienten in den Universitätskli- niken ein Übermaß erreicht hat.

Sehr eingehend diskutiert wurde die Frage, ob während des Praktischen Jahres ein Ausbildungsabschnitt in ambulanter Medizin — in Polikliniken oder in Lehrpraxen — eingeschaltet werden solle. Vom Wissenschaftsrat wurde eine solche Ausbildung bejaht.

Unser Ausschuß der Bundesärzte- kammer war mehrheitlich der Mei- nung, daß unter den obwaltenden Umständen wegen der minimierten Durchführung der Ausbildung am Krankenbett die Zeit des Prakti- schen Jahres im Krankenhaus nicht verkürzt werden dürfe.

Sollte eine Vertiefung des Einblicks in die ambulante Medizin unbedingt gewünscht werden, so könnte das nur über eine Verlängerung der Stu- diendauer auf 6 1/2 oder 7 Jahre ge- lingen, mit einer Verlängerung der Ausbildung im Praktischen Jahr auf 18 Monate oder zwei Jahre. Das

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würde aber eine Änderung der Bun- desärzteordnung notwendig ma- chen.

Die Ausgestaltung des Praktischen Jahres wird den örtlichen Gegeben- heiten der Ausbildungsstätte anzu- passen sein. Als sehr diskutabel ist meines Erachtens die in Ulm gefun- dene Lösung eines ganztägigen dreimonatigen Unterrichts im Kran- kenhaus während eines Ausbil- dungsabschnittes anzusehen, wäh- rend der vierte Monat dieses Ausbil- dungsabschnittes voll der theoreti- schen Aufarbeitung des Erlernten zur Verfügung steht. Durch eine der- artige Organisation wäre auch ge- währleistet, daß die PJ-Studenten durch ganztägige Anwesenheit im Krankenhaus während eines Viertel- jahres voll in die Arbeitsgruppen auf den Stationen integriert wären.

Kurz muß ich noch eingehen auf die Diskussion der Prüfung nach dem Praktischen Jahr, die zur Zeit be- kanntlich aus einem bundeseinheit- lichen schriftlichen und einem mündlichen Teil besteht. Die zweite Novellierung der Approbationsord- nung sieht die Reduzierung des schriftlichen Teils der Prüfung vor.

Sowohl im Lager der Lehrenden als auch bei den Studenten gibt es Stimmen, die die vollständige Ab- schaffung des schriftlichen Teils der Prüfung fordern, damit die Studen- ten sich voll der praktischen Tätig- keit widmen können.

Andererseits wird aber befürchtet, daß bei einer solchen Abschaffung bzw. Vorverlegung des schriftlichen Prüfungsteiles die Qualität der Aus- bildung im Praktischen Jahr durch Nachlassen der Motivation bei Leh- rern und Lernenden sinken könne.

Eine Vorverlegung des Prüfungs- stoffes in den zweiten Abschnitt der ärztlichen Staatsprüfung würde hier auch zu einer wahrscheinlich unver- tretbaren Erhöhung der Fragenzahl führen.

Bei einer orientierenden Abstim- mung im Ausschuß und der Ständi- gen Konferenz ergab sich eine kei-

neswegs überzeugende, aber im- merhin knappe Mehrheit für die Ab- schaffung bzw. Vorverlegung des schriftlichen Teils der Prüfung.

Ich denke, daß bei der Gestaltung des Praktischen Jahres nach dem Ulmer Modell das angerissene Pro- blem viel von seiner Relevanz verlie- ren dürfte und daß so mit der ge- planten Novellierung ein funktions- fähiger Kompromiß erreicht wäre.

Volles Verständnis für die Proteste der PJ-Studenten

Zur wirtschaftlichen und sozialen Si- tuation der PJ-Studenten hat der Deutsche Ärztetag wiederholt Stel- lung genommen. Gerade in diesen Tagen erleben wir heftige Proteste und sogenannte Streikmaßnahmen der Studenten an den Universitäten.

Ich selbst habe volles Verständnis dafür, daß die Studenten zum Mittel des Unterrichtsboykotts greifen, um die Öffentlichkeit über ihre mißliche und zukunftsgesehen auch gefähr- liche Situation zu unterrichten.

Ich darf dazu auf die Entscheidun- gen der gerade beendeten Haupt- versammlung des Marburger Bun- des verweisen, der hier auch als Ge- werkschaft angesprochen ist. Des- halb versucht der Marburger Bund auch zur Zeit, eine Solidaritätserklä- rung aller mit dem Praktischen Jahr befaßten Organisationen und Grup- pierungen herbeizuführen, zu denen ja auch die Ärztekammern gehören.

Dankenswerterweise haben fast alle der angeschriebenen Adressaten die formulierte Erklärung mit einem Mi- nimalkonsens unterschrieben, so daß wir nach diesem Ärztetag über die quer durch alle Gruppierungen gehende einheitliche Meinung das Bundesministerium für Jugend, Fa- milie und Gesundheit unterrichten können.

Ein wesentlicher Punkt der Forde- rung ist die finanzielle Absicherung der PJ-Studenten. Ich bin sicher, daß die Verantwortlichen in der Bundesregierung die Richtigkeit

dieser Forderung von der Sache her längst eingesehen haben, daß sie die daraus zu ziehende Konsequenz lediglich verweigern, um irgendwel- chem Nachdenken über Finanzie- rungsprobleme vorzubeugen.

Da ich weiß, daß von mehreren Sei- ten Entschließungen zu diesem Fra- genkomplex mit ausführlicher Be- gründung, teilweise auch von betei- ligten Studenten, abgegeben wer- den, kann ich diesen Teil meiner Be- richterstattung mit diesen kurzen Bemerkungen abschließen.

Ich bin sicher, daß ich nur einen Teil der Probleme, die mit der Ausbil- dung unseres ärztlichen Nachwuch- ses zusammenhängen, habe anspre- chen können. Die nachfolgende Dis kussion wird sicherlich — und des- halb hat der Vorstand der Bundes- ärztekammer dieses Thema ja auf die Tagesordnung gesetzt — noch eine Menge neuer Aspekte freile- gen.

Ebenso wie der Wissenschaftsrat und der Westdeutsche Medizinische Fakultätentag sehen auch Ausschuß und Ständige Konferenz Approba- tionsordnung der Bundesärztekam- mer die Zeit noch nicht als reif, eine völlig neue Ausbildungsordnung für Ärzte in Gang zu setzen. Wir wissen aber, daß darüber bereits nachge- dacht wird, auch bei uns.

Es ist unausweichlich, daß wir, die Führungsgremien der deutschen Ärzte, gerade in der Frage der Aus- bildung unseres Nachwuchses wie- der die Leitfunktion übernehmen müssen. Ich darf daran erinnern, daß heute einflußreiche Gruppen unse- rer Gesellschaft versuchen, sich des medizinischen Nachwuchses zu be- mächtigen, um damit ihren Einfluß auch auf unseren noch freien Beruf und seine Selbstverwaltungseinrich- tungen auszudehnen.

Zweifellos ist es diesen Gruppierun- gen bereits gelungen, an den Uni- versitäten für Verwirrung zu sorgen.

Es ist unsere Aufgabe, diesen, unse- ren jungen Kollegen in der Universi- tät inkubierten, Bazillus während ih- rer späteren Tätigkeit als Arzt im Krankenhaus nicht virulent werden

zu lassen.

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