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Zustandseinschätzung des Schutzgutes Seevögel

2.8 Rast- und Zugvögel

2.8.2 Zustandseinschätzung des Schutzgutes Seevögel

Alle in der deutschen AWZ vorkommenden Seevogelarten unterliegen nicht nur dem Einfluss natürlicher, sondern auch anthropogen verursachter Veränderungen der marinen Umwelt. Das Seevogelvorkommen wird im Wesentlichen von Angebot und Verteilung der Nahrung bestimmt.

Direkten Einfluss haben darüber hinaus heftige Sturmereignisse oder die Abnahme der Wasser-temperatur in strengen Wintern/Eiswintern. Zusätzlich beeinflussen anthropogene Aktivitäten sowohl direkt als auch indirekt die Seevogelbestände, u. a. Fischerei, Schifffahrt und Nähr- und Schadstoffeinträge. Viele Seevogelarten, wie Seetaucher, sind aufgrund der Verschlechterung oder Zerstörung ihrer Brutstätten bedroht (GÖTMARK et al., 1989; ERIKSSON et. al., 1992). Bei einigen Arten sorgt auch der Jagdsport noch immer für eine bedeutende Dezimierung der Be-stände.

Bei Betrachtung insbesondere der Rastbestände in der deutschen AWZ ergibt sich ein einheitli-ches Vorkommensbild: So bestätigen Untersuchungen Verbreitungsschwerpunkte bzw. Rast-habitate für mehrere Arten im Bereich des Küstenmeeres bzw. des ausgewiesenen Vogel-schutzgebietes „Pommersche Bucht“, dort insbesondere auf der Oderbank und dem Adler-grund. Bezüglich der Arten des Anhangs I der VRL sind außerhalb des Vogelschutzgebietes und in küstenfernen Bereichen der AWZ im Arkonabecken abnehmende Dichten zu verzeich-nen. Insbesondere nimmt die Dichte von tauchenden Meeresenten (Eisente, Samtente, Trauer-ente) mit der Entfernung von der Pommerschen Bucht und in Richtung des Arkonabeckens ab.

Dagegen kommen Hochseevogelarten wie Trottellumme und Tordalk auch im Bereich von zu-nehmenden Wassertiefen im Arkonabecken vor. Artenspektrum, Abundanz und saisonale Ver-teilungsmuster der dominanten Arten weisen die Bereiche der Pommerschen Bucht und des Adlergrundes als regional sowie überregional bedeutende Nahrungs- und Rasthabitate inner-halb der deutschen AWZ aus.

Die Bedeutung der deutschen AWZ bzw. von besonderen Teilflächen für Seevögel ergibt sich aus der Einschätzung anhand der Kriterien „Seltenheit und Gefährdung“ der vorkommenden Arten sowie der Eigenart, Vielfalt und Natürlichkeit der betrachteten Flächen in ihrer Funktion als Lebensräume. Da die meisten in den deutschen Gewässern der Ostsee rastenden Vogelar-ten biogeographischen Populationen zugeordnet werden, die über sehr weite interkontinentale Rast- und Brutareale verfügen, wird hier der Zustand der jeweiligen Bestände überregional be-trachtet.

Arten nach Anhang I Vogelschutzrichtlinie

Sterntaucher (Gavia stellata) und Prachttaucher (G. arctica)

Sterntaucher (Gavia stellata) und Prachttaucher (Gavia arctica) sind in der nördlichen Hemisp-here weit verbreitete ziehende Seevogelarten mit Brutarealen in borealen bzw. arktischen Ge-bieten Europas, Asiens und Nordamerikas. Beide gehören zu den ziehenden Arten. Nach T U-CKER and HEATH (1994) hatte sowohl die biogeographische Population des Sterntauchers als auch die des Prachttauchers in den Jahren 1970–1990 aufgrund der Verschlechterung oder Zerstörung der Brutstätten, Habitatverlust, Sportjagd, Verschmutzung der Gewässer und die Dezimierung der Fischbestände stark abgenommen. Im anschließenden Jahrzent (1990-2000) wurde jedoch in den meisten europäischen Ländern eine stabile Populationsentwicklung beo-bachtet (BIRDLIFE INTERNATIONAL, 2004a). In der aktuellen europäischen IUCN Roten Liste gel-ten Stern- und Prachttaucher daher als „Ungefährdet“ (BIRDLIFE INTERNATIONAL, 2015). Die Brutpopulation des Sterntauchers in europäischen Ländern wurde auf 42.100 bis 93.000 Paare und die des Prachttauchers auf 53.800 bis 87.800 geschätzt (BIRDLIFE INTERNATIONAL, 2015).

Seetaucher zeigen sehr große Fluchtdistanzen gegenüber Störreizen, bestehende Windener-gieanlagen meiden sie weiträumig. Dabei fliegen sie in geringen Höhen bis max. 50 m.

Ohrentaucher (Podiceps auritus)

Nordeuropa stellt mit 2.000.000 km2 ein Viertel des globalen Brutareals des Ohrentauchers dar.

Die europäische Brutpopulation ist allerdings mit schätzungsweise 6.400-9.200 Brutpaaren sehr

klein. Die Brutpopulation blieb im Zeitraum 1970-1990 stabil. In den folgenden Jahren (1990-2000) blieb sie ebenfalls überwiegend stabil. Rückgänge wurden in diesem Zeitraum aus Finn-land und Schweden berichtet. Auf Grund von starken Bestandsrückgängen in Nordamerika und Europa wird der Ohrentaucher in der aktuellen Roten Liste als „Gefährdet“ (vulnerable) geführt (BIRDLIFE INTERNATIONAL, 2015).

Zwergmöwe (Larus minutus)

Die europäische Brutpopulation der Zwergmöwe hat in der Vergangenheit eine moderate Ab-nahme gezeigt. Im Zeitraum 1990 bis 2000 haben sich die Bestände der Zwergmöwe jedoch im gesamten europäischen Raum sehr positiv entwickelt. Die Entwicklung zeigt einen stabilen bis zunehmenden Trend. Die Art wird daher auch in der IUCN Roten Liste als „Ungefährdet“ einge-stuft (BIRDLIFE INTERNATIONAL, 2016).

Bedeutung von Teilbereichen der AWZ für Seevögel

Der aktuelle Kenntnisstand erlaubt eine vorläufige Einschätzung der Bedeutung und des Zu-standes einiger Teilbereiche der deutschen AWZ als Habitate für Seevögel.

SPA "Pommersche Bucht"

Das SPA „Pommersche Bucht“ hat in der Ostsee eine herausragende Funktion als Nahrungs-, Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- und Rastgebiet für dort vorkommende Arten nach An-hang I der VRL, insbesondere Sterntaucher, Prachttaucher, Ohrentaucher, Zwergmöwe, Fluss- und Küstenseeschwalbe. Eine hohe Bedeutung besitzt das Schutzgebiet darüber hinaus für die regelmäßig auftretenden Zugvogelarten, insbesondere für Rothalstaucher, Eisente, Trauerente, Samtente, Sturm- und Heringsmöwe, Trottellumme, Tordalk und Gryllteiste.

Hinsichtlich der Kriterien „Seltenheit und Gefährdung“ wird der Rastvogelbestand im Schutzge-biet vom BfN insbesondere aufgrund des Vorkommens von zwei Arten des Anhangs I VRL (Stern- und Prachttaucher) als hoch eingestuft. Auch hinsichtlich „Vielfalt und Eigenart“ wird der Bestand als überdurchschnittlich hoch eingeschätzt, da das Artenspektrum alle wesentlichen Seevogelgruppen (Möwen, Seetaucher, Enten, Alken) umfasst und mit elf regelmäßig auftre-tenden, dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 VRL unterliegenden Zugvogelarten repräsentativ für das in der südlichen und westlichen Ostsee zu erwartende Artenspektrum steht.

Im Teilgebiet Pommersche Bucht treten hohe Konzentrationen von regelmäßig regional wie überregional vorkommenden, zu schützenden Seevogelarten auf. Seetaucher nutzen das Teil-gebiet als Rast-, Nahrungs- und DurchzugsTeil-gebiet, Ohrentaucher haben in der Pommerschen Bucht das wichtigste Überwinterungsgebiet in Nordwesteuropa. Auch Meeresenten (Eisente, Samtente, Trauerente) nutzen das Teilgebiet intensiv als Nahrungs-, Mauser-, Rast- und Durchzugsgebiet, Trauerenten sind auf das Teilgebiet in der Mauserphase besonders angewie-sen. Für nahrungssuchende Meeresenten (Eisente, Samtente, Trauerente) ist das Teilgebiet aufgrund der Bodenbeschaffenheit und vor allem der Wassertiefen (geringer als 20 m) ein be-sonders wichtiges Nahrungshabitat. In mäßigen Eiswintern dienen weite eisfreie Teile der Pommerschen Bucht als Ausweichhabitat für Rastbestände aus den nordöstlichen Bereichen der Ostsee. Alkenvögel treten im Gebiet im Winter auf, das Teilgebiet berührt die äußersten Randbereiche ihrer Winterrasthabitate. Silber-, Mantel- und Sturmmöwen kommen zeitweise häufig im Teilgebiet vor.

Im Teilgebiet Adlergrund treten im Winter Gryllteisten, Samtenten und Eisenten in hoher Dichte auf. Das Teilgebiet Adlergrund ist ein besonders wertvolles Nahrungshabitat für Gryllteisten. Für Brutvögel, insbesondere Trottellummen aus der nächstgelegenen Brutkolonie, ist dieses Teil-gebiet – wie dies Sichtungen von Jungvögeln im Sommer erkennen lassen - ebenfalls von Be-deutung.

Die Sedimente des Adlergrundes bieten mit ihrem starken Bewuchs von Miesmuscheln bei ge-ringen Wassertiefen ein reiches Nahrungsangebot für tauchende Meeresenten, insbesondere Eis- und Samtenten. In strengen Eiswintern hat der Adlergrund als besonderes Ausweichhabitat

für Rastbestände aus dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ eine herausragende Be-deutung.

Cluster 1

Alle bisherigen Erkenntnisse weisen auf eine mittlere Bedeutung des Teilgebietes für Seevögel hin. Das Teilgebiet berührt lediglich südlich bzw. südöstlich Randbereiche der ausgedehnten Rasthabitate der Pommerschen Bucht und des Adlergrundes. Insgesamt weist das Teilgebiet ein mittleres Seevogelvorkommen auf. Das Gebiet weist ein mittleres Vorkommen von gefähr-deten und besonders schützenswerten Arten auf. Es gehört nicht zu den Hauptrast-, Nahrungs- und Überwinterungshabitaten von Arten des Anhangs I der VRL oder von schützenswerten Ar-ten des EU-Vogelschutzgebietes „Pommersche Bucht“.

Das Teilgebiet hat eine mittlere Bedeutung als Nahrungs- und Rasthabitat für Hochseevögel und Schiffsfolger. Für Brutvögel ist es aufgrund seiner Küstenentfernung unbedeutend. Auf-grund der Wassertiefe (über 20 m) und der Bodenbeschaffenheit hat das Gebiet nur geringe Bedeutung als Nahrungsgrund für tauchende Meeresenten. Diese nutzen das Teilgebiet im Frühjahr als Durchzugsgebiet. Silber-, Mantel- und Sturmmöwen kommen als häufigste Arten im Gebiet vor. Seetaucher nutzen das Teilgebiet ausschließlich als Durchzugsgebiet. Alkenvögel treten im Gebiet gelegentlich im Winter auf bzw. das Teilgebiet berührt die äußersten Randbe-reiche ihrer Winterrasthabitate. Die Vorbelastungen durch Fischerei und Schifffahrt sind für Seevögel von mindestens mittlerer Intensität.

Cluster 2

Alle bisherigen Erkenntnisse weisen auf eine geringe Bedeutung des Teilgebietes für Seevögel hin. Das Gebiet weist ein geringes Vorkommen von gefährdeten und besonders schützenswer-ten Arschützenswer-ten auf. Es gehört nicht zu den Hauptrast-, Nahrungs- und Überwinterungshabitaschützenswer-ten von Arten des Anhangs I der VRL oder von schützenswerten Arten des EU-Vogelschutzgebietes

„Pommersche Bucht“.

Das Teilgebiet hat eine ebenfalls geringe Bedeutung als Nahrungs- und Rasthabitat für Hoch-seevögel und Schiffsfolger. Für Brutvögel ist es aufgrund seiner Küstenentfernung unbedeu-tend. Aufgrund der Wassertiefe (über 20 m) und der Bodenbeschaffenheit hat das Gebiet keine Bedeutung als Nahrungsgrund für tauchende Meeresenten. Diese nutzen das Teilgebiet fast ausschließlich als Durchzugsgebiet. Silber-, Mantel- und Sturmmöwen kommen als häufigste Arten im Gebiet vor. Seetaucher nutzen das Teilgebiet als Durchzugsgebiet. Die Vorbelastun-gen durch Fischerei und Schifffahrt sind für Seevögel von mindestens mittlerer Intensität.

Cluster 3

Nach der bisherigen Kenntnislage hat das Cluster 3 eine geringe Bedeutung als Nahrungs- und Rasthabitat für Seevögel. Insgesamt weist das Teilgebiet ein geringes Seevogelvorkommen auf. Es gehört nicht zu den Hauptrast-, Nahrungs- und Überwinterungshabitaten von Arten des Anhangs I der VRL oder besonders schützenswerten Arten des SPA „Pommersche Bucht“, das Vorkommen dieser Arten ist sehr gering. Das Teilgebiet ist für Brutvögel aufgrund der Küs-tenentfernung unbedeutend. Aufgrund der Wassertiefe (über 20 m) und der Bodenbeschaffen-heit hat das Gebiet auch keine Bedeutung als Nahrungsgrund für tauchende Meeresenten. Die Vorbelastungen durch Fischerei und Schifffahrt sind für Seevögel von mindestens mittlerer In-tensität.

Schutzstatus

Die deutsche AWZ der Ostsee beherbergt bedeutende Populationsanteile der Eisente, Trauer-ente, Samtente und Gryllteiste. Stern- und Prachttaucher, Ohrentaucher und Zwergmöwe unter-liegen einem besonderen Schutz. Bei den übrigen Arten handelt es sich um ziehende Vogelar-ten, deren Schutz gemäß Artikel 4 Abs. 2 der VRL ebenfalls sicherzustellen ist.

Innerhalb der AWZ wurde ein besonderes Schutzgebiet, SPA „Pommersche Bucht“ gemäß VRL ausgewiesen, welches 2005 unter Naturschutz gestellt wurde. Dieses Schutzgebiet beherbergt

wesentliche Bestandsanteile wichtiger Rastvogelarten, vor allem der Meeresenten (Eisente, Trauerente, Samtente, Ohrentaucher).

In der nachfolgenden Tabelle 9 sind die aktuellen Zuordnungen in Gefährdungskategorien der europäischen Roten Liste (Europa und EU27) und der HELCOM Roten Liste zusammenfassend dargestellt. Abweichungen in den Kategoriezuordnungen ergeben sich aus unterschiedlichen geographischen Bezugsrahmen.

Tabelle 9: Zuordnung der wichtigsten Rastvogelarten der deutschen AWZ in der Ostsee in die Gefähr-dungskategorien der europäischen Rote Liste und nach HELCOM. Definition nach IUCN (gilt auch für HELCOM): LC = Least Concern, nicht gefährdet; NT = Near Threatened, Potentiell gefährdet; VU = Vul-nerable, Gefährdet; EN = Endangered, Stark gefährdet; CR = Critically Endangered, vom Aussterben bedroht). Für die Trottellumme erfolgte eine aktuelle Zuordnung in die europäische Rote Liste nur für die hier nicht relevante Unterat Uria aalge ibericus.

Anh. negativen Populationsentwicklungen in den vergangenen Jahren als „gefährdet“. Der drastische Rückgang der Winterrastpopulation der Eisente in der Ostsee (SKOV et al., 2011) zeigt sich auch in der Roten Liste der HELCOM. Dort wird die Eisente, neben weiteren Meeresentenarten, als „stark gefährdet“ eingestuft. Die Winterrastpopulationen von Stern- und Prachttaucher in der Ostsee gelten sogar als „vom Aussterben bedroht“, obwohl ihr gesamteuropäischer Bestand als

„nicht gefährdet“ eingestuft wird. Die Bestände von Zwergmöwe und Ohrentaucher werden in Gesamteuropa und in der Ostsee (Winterrastpopulation) unter „potentiell gefährdet“ geführt.

Mantel- und Sturmmöwe gelten allgemein als „nicht gefährdet“. Silbermöwe, Trottellumme und Tordalk werden in der gesamteuropäischen Roten Liste als „potentiell gefährdet“ geführt, ihre

Winterrast- und Brutpopulationen in der Ostsee gelten aber als „nicht gefährdet“. Für die Be-stände der Gryllteiste verhält es sich hierbei gegensätzlich.

Gefährdungen

Die Seevogelgemeinschaft der AWZ der Ostsee ist nicht als natürlich anzusehen. Sie unterliegt einer deutlichen anthropogenen Beeinflussung, vor allem durch die Fischerei und den Schiffs-verkehr. Neben anthropogenen Aktivitäten beeinflussen der Klimawandel und die natürliche Variabilität die Seevogelgemeinschaft der südlichen Ostsee. Seevögel sind verschiedenen Ge-fährdungen ausgesetzt.

Fischerei: Es ist davon auszugehen, dass die Fischerei erheblichen Einfluss auf die Zu-sammensetzung der Seevogelgemeinschaft in der AWZ nimmt. Durch die Fischerei kann es zu einer Verringerung des Nahrungsangebots bis hin zur Nahrungslimitierung kommen. Selektiver Fang von Fischarten oder Fischgrößen kann zu Veränderungen des Nahrungsangebots für Seevögel führen. Die Stellnetzfischerei verursacht in der Ostsee alljährlich hohe Verluste an Seevögeln durch Verfangen und Ertrinken in den Netzen (ERDMANN et al., 2005). Insbesondere Seetaucher, Lappentaucher und tauchende Enten gehören zu den Opfern von Stellnetzen (SCHIRMEISTER, 2003; ZYDELIS und DAGYS, 2002). Nach ZYDELIS et al. (2009) liegt der Beifang in der gesamten Ostsee jährlich bei rund 73.000 bzw. 20.000 Vögeln in der südlichen Ostsee. Durch fischereiliche Discards werden für einige Seevogelarten zusätzliche Nahrungsquellen angeboten (CAMPHUYSEN

and GARTHE, 2000). Insbesondere viele Hochseevogelarten wie die Heringsmöwe, die Silbermöwe und die Mantelmöwe profitieren von den Discards.

Schifffahrt: Der Schiffsverkehr hat erhebliche Scheuchwirkung auf störempfindliche Ar-ten, z. B. Seetaucher. Schifffahrt schließt zudem ein Risiko von Ölverschmutzung ein.

Die rasante Entwicklung der Berufsschifffahrt verursachte eine zunehmende Meidung der Hauptverkehrsrouten der westlichen Ostsee durch Wasservögel (BELLEBAUM et al., 2006). Bezogen auf die deutsche AWZ in der Ostsee bedeutet dies, dass diese westlich des Tiefwasserweges DW 17 von Seevögeln nur wenig genutzt wird. Im Bereich des Fehmarnbelts wurde ebenfalls ein Meideverhalten von Seevögeln aufgrund des Schiffs-verkehrs festgestellt (SKOV et al., 1998).

Technische Bauwerke (z. B. Offshore-Windenergieanlagen): Technische Bauwerke können auf störempfindliche Arten ähnliche Auswirkungen haben wie der Schiffsverkehr.

Hinzu kommt eine Erhöhung des Schiffsverkehrsaufkommens z. B. durch Wartungsfahr-ten. Zudem besteht eine Kollisionsgefahr mit solchen Bauwerken.

Jagd: Von der Jagd sind nahezu alle ziehenden Entenvögel im Ostseeraum betroffen.

Von 1996 bis 2001 wurden in Skandinavien jährlich 122.500 Eiderenten erlegt, davon al-lein in Dänemark 92.820 (ASFERG, 2002). Das entspricht bereits 16% des Winterbestan-des von 760.000 Individuen (DESHOLM et al., 2002).

Klimaveränderungen: Mit den Veränderungen der Wassertemperatur gehen u. a. Ver-änderungen in der Wasserzirkulation, der Planktonverteilung und Zusammensetzung der Fischfauna einher, die den Seevögeln als Nahrungsgrundlage dienen.

Das Ökosystem der Nord- und Ostsee weist insbesondere seit Ende der 80er Jahre gravieren-de Verängravieren-derungen auf (ALHEIT et al., 2005). Aufgrund der Unsicherheit bzgl. der Effekte des Klimawandels auf die einzelnen Ökosystem-Komponenten ist die Prognose von Auswirkungen auf Seevögel jedoch kaum möglich. Seit den 1990er Jahren beeinflusst die globale Erderwär-mung das winterliche Rastgeschehen der Seevögel in der westlichen Ostsee: Die Hauptvor-kommen verlagern sich ostwärts, und regelmäßig auftretender saisonaler Sauerstoffmangel bedingt lokal die dauerhafte Abnahme von Muschelvorkommen (z. B. das alte Oderbett in der westlichen Pommerschen Bucht).

Darüberhinaus gehen Gefährdungen für Seevögel von Eutrophierung, Schadstoffanreicherung in den marinen Nahrungsketten und im Wasser treibendem Müll, z. B. von Fischereinetzen und

Plastikteilen, aus. Auch Epidemien viralen oder bakteriellen Ursprungs stellen für die Bestände von Rast- und Seevögeln eine Gefährdung dar.