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Zusammenhang zwischen dem puerperalen Krankheitskomplex und der unspezifischen Form der Harnwegsinfektion bei der Sau

Das Auftreten des puerperalen Krankheitskomplexes der Sau steht in einem recht engen Zusammenhang mit dem Vorhandensein einer meist unspezifischen Form der Harnwegs-infektion. Dieses Phänomen ist durch die anatomische Lage der Harnorgane bzw. im Besonderen der Harnblase und den Organen des Geschlechtsapperates zu erklären. Dabei fungiert die Harnblase als Keimreservoir, von dem aus die Erreger aszendierend den Genital-trakt besiedeln. Im Zeitraum des Puerperiums, in dem der Verschluss des Uterus und die Mechanismen der Keimabwehr herabgesetzt sind, funktioniert dieser Weg der Infektion sehr gut, so dass in dieser Zeit das Krankheitsbild einer Endometritis leicht zu erzeugen ist. Ein anderer Infektionsweg, der den Weg über das Gesäuge nimmt, kommt zustande, indem die Tiere beim Absetzen des Harnes, der mit Erregern angereichert ist, die Liegeflächen kontaminieren. Beim Ablegen der Sau kommt dann das Gesäuge mit dieser kontaminierten Liegefläche in Kontakt und die Erreger können ebenfalls aszendierend über den Strichkanal das Gesäuge bzw. einzelne Gesäugekomplexe besiedeln, um hier das Krankheitsbild einer Mastitis zu erzeugen. Puerperale Erkrankungen, die mit stark erhöhter Körpertemperatur einhergingen, wurden somit verstärkt bei Sauen diagnostiziert, die vorher an einer Harnwegsinfektion litten. Außerdem konnten bei diesen Tieren Erreger, die zuvor im entzündeten Harntrakt gefunden wurden, später im Puerperium aus Proben isoliert werden, die aus den Genitalorganen oder sogar aus veränderten Gesäugekomplexen entnommen

wurden (BERNER 1971, 1988). Chronische Zystitiden werden von WENDT (1998) ebenfalls als wichtiger und prädisponierender Faktor für das Ausbrechen des MMA-Syndroms gesehen, indem von diesen eine aszendierende Infektion des puerperalen Uterus und über die bakterielle Kontamination der Liegeflächen mit Urin eine Besiedelung des Gesäuges mit Erregern ausgehen, die eine Mastitis verursachen können. BERNER (1984) kam nach seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass es bei Sauen, die an einer Infektion der Harnorgane litten, in Abhängigkeit von den exogenen und endogenen Faktoren, den Arten der Erreger und deren Infektionsdosis nach der Geburt in 13% der Fälle zu keiner Erkrankung im Sinne des MMA-Komlexes kam, in 58% der Fälle kam es zu einer leichten bis mittelschweren Form und bei 29% der Tiere entwickelte sich eine akute und schwerwiegende Ausprägung des puerperalen Krankheitskomplexes. Außerdem fand BERNER (1971) heraus, dass der Keimgehalt im Harn bei Sauen, die schon weit vor der Geburt an einer Infektion ihrer Harnwege litten, in den letzten Wochen der Gravidität erheblich ansteigt. In einigen Fällen wurde beobachtet, dass die Keimzahl bei solchen Tieren kurz vor, während oder aber kurz nach der Abferkelung in die Höhe schnellte. Diese zeitliche Nähe der unspezifischen Harnwegsinfektion zur Geburt erklärt BERNER (1988) mit einigen Faktoren, die zeitlich mit der Geburt in Verbindung stehen und welche die Pathogenese einer Cystitis begünstigen. So kommt es während der Spätgravidität und auch kurz nach der Geburt zur Erschlaffung der Blasenmuskulatur, was einerseits dazu führt, dass ein erhöhtes Restharnvolumen in der Harnblase verbleibt und andererseits die Funktion des M. sphinkter vesicae eingeschränkt ist.

Außerdem kommt es in der Spätgravidität seltener zur Blasenentleerung, woraus sich eine geringere Keimverdünnung ergibt, und, durch das erhöhte Restharnvolumen bedingt, steht den Keimen immer ein geeignetes Milieu zur Verfügung. Außerdem tritt eine Resistenzminderung der Mukosa, teils bedingt durch Traumatisierungen im Urogenitalbereich während der Geburt, teils bedingt durch die allgemein herabgesetzte Immunitätslage des Muttertieres um den Geburtszeitraum herum ein. Zusätzlich begünstigen Nachgeburts-verhaltungen, abgehende Lochien und ein mangelhafter Schamschluss eine aszendierende Keimbesiedlung des Urogenitaltraktes. STIRNIMANN (1984) stellte in seinen Untersuchungen fest, dass nur 18% der Infektionen der Harnwege während der Trächtigkeit vorliegen, in die ersten zwei Wochen nach der Geburt fallen dagegen 40% der Erkrankungen der Harnwege. BOLLWAHN et al. (1984) fanden vor allem bei Sauen mit einem gestörten Puerperium ebenfalls eine postpartale Häufung an Bakteriurien und Zystitiden. Auch subklinische Harnwegsinfektionen, bei denen keinerlei klinische Symptome vorliegen, aber die einen positiven Befund bei der bakteriologischen Untersuchung der Harnproben

erbrachten, wirken sich laut THORNTON et al. (1998) förderlich auf eine höhere Erkrankungsrate am MMA-Syndrom und somit auf höhere Ferkelverluste bis zum Absetz-termin aus. BOTH et al. (1980) zeigen in ihren statistischen Untersuchungen, dass ein relativ enger Zusammenhang zwischen einer Infektion des Harnapparates und Störungen des Puerperiums bzw. der Fruchtbarkeit in Sauenbeständen besteht. In Sauenherden mit Puerperalstörungen lag die Prävalenz für Harnwegsinfektionen bei 44%, in Betrieben ohne Auffälligkeiten im Puerperium lag diese Zahl dagegen deutlich niedriger bei 3%. Sogar 23%

der gesunden Tiere wiesen in den Problemherden erhöhte Keimgehalte im Harn auf, während dieser Befund in den Kontrollbeständen lediglich bei 4% der gesunden Sauen erhoben werden konnte. Diese Tiere stellen für BERNER (1984) so genannte „Indikatortiere“ dar, die eine bestandsweise auftretende Kumulation bestimmter fakultativ pathogener Keime anzeigen und somit als Vorboten für das Auftreten von Endometriden und Mastitiden fungieren.

PETERSEN (1979) bezeichnet das Vorliegen einer Harnwegsinfektion deshalb als

„Vorfeldsyndrom“ des MMA-Krankheitskomplexes und gibt die Empfehlung, vor der Abferkelung eine Spontanharnprobe zu untersuchen, um Tiere zu identifizieren, die für das Auftreten des MMA- Syndroms prädisponiert sind. Darüber hinaus gibt sie zu bedenken, dass diese Sauen eine mögliche Infektionsquelle für gesunde Tiere darstellen.

Bekräftigt werden diese Aussagen auch durch die Arbeit von BERNER und JÖCHLE (1988), die Proben von sterilen Zuchtsauen mit unspezifischen Infektionen der Geschlechtsorgane untersuchten und dabei nahezu die gleichen Erreger isolierten wie bei einer unspezifischen Infektion des Harnapparates. In den meisten Fällen handelte es sich bei diesen Infektionen um so genannte Monoinfektionen. Im isolierten Keimspektrum nahm E. coli (50%) den ersten Rang ein, gefolgt von Streptokokken (39,1%) und Staphylokokken (15,1%). Bei den Tieren, die wegen einer unspezifischen Genitalinfektion an Fruchtbarkeitsproblemen mit Sterilitäts-folge litten, wurden in 89% der Fälle gleichzeitig eine unspezifische Infektion der Harnwege festgestellt. In 32% der Fälle wurden sogar die gleichen Erreger isoliert.

Somit kann abschließend festgestellt werden, dass ein Vorliegen einer unspezifischen Infektion des Harnapparates in einem engen Zusammenhang mit dem späteren Ausbruch des puerperalen Krankheitskomplexes der Sau steht und dass deshalb eine Verminderung dieser Infektionen der Harnwege auch eine prophylaktische Wirkung gegen das Auftreten des MMA-Komplexes hat. Deshalb soll im weiteren Verlauf auf die Problematik der Harnwegs-infektionen und deren Vermeidung näher eingegangen werden.