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2.6.1. Die Funktion des Knochengewebes

Seine Hauptfunktion erfüllt der Knochen als passiver Teil des Bewegungsapparates, indem er den Muskelaktivitäten und Bewegungsabläufen als mechanisches Fundament dient, welches den Sehnen und Bändern einen festen Ansatz bietet. Um sich den daraus resultierenden Belastungen möglichst optimal anzupassen, finden im Knochengewebe ständig aufbauende und abbauende Stoffwechselprozesse statt. Deshalb handelt es sich hier aus physiologischer Sicht um ein dynamisches Gewebe, in dem Hormone und andere Faktoren für einen geregelten Ablauf zwischen Aufbau und Resorption sorgen.

Weitere bedeutende Aufgaben erfüllt das Knochengewebe mit der Hämatopoese, der Regulation des Calciumstoffwechsels und der Speicherung von anorganischen Ionen. Diese Aufgaben werden dabei von den ständig ablaufenden Auf- und Abbauprozessen beeinflusst (DUCY et al. 2000).

2.6.2. Die Struktur des Knochengewebes

Außen wird der Knochen fast vollständig von einer bindegewebige Hülle, dem Periost (Knochenhaut), überzogen, das zur Versorgung des Knochens ein dichtes Geflecht an Blut- und Lymphgefäßen und zahlreiche sensible Nervenfasern enthält (LIEBICH 1993).

Das Knochengewebe selbst besteht außen aus der Substantia compacta bzw. Substantia corticalis (80% des Knochengewebes) und im Inneren aus der Substantia spongiosa (ca. 20%

des Knochengewebes). Die Substantia compacta ist zu 80- 90% mineralisiert und weist einen typischen Aufbau im Sinne des Haverschen Systems auf, während die Substantia spongiosa lediglich zu 5- 20% mineralisiert ist und überwiegend aus poröser Knochenmatrix besteht (MARKS u. HARMEY 1996). Die Substantia compacta bildet die Metaphyse der Röhren-knochen und überzieht als dünne Substantia corticalis deren Enden. Im Inneren der Knochenenden befindet sich die Substantia spongiosa als ein Netzwerk aus kleinen Knochen-bälkchen, deren Struktur so ausgerichtet ist, dass Druck- und Zugkräfte, die auf den Knochen wirken, optimal abgefangen werden. Die Substantia spongiosa zeichnet sich im Gegensatz zu der Substantia compacta in ihrer Funktion als Calciumspeicher des Organismus durch eine große metabolische Aktivität aus (CHRISTENSON 1997).

2.6.3. Die zelluläre Grundlage des Knochengewebes

Um seine differenzierten Funktionen zu erfüllen, besteht das Knochengewebe aus vier verschiedenen Zelltypen: Den Osteoblasten, den Osteozyten, den Osteoklasten, und den

„bone lining cells“, die hier allerdings eine untergeordnete Rolle spielen und somit nicht weiter von Interesse sind.

A) Osteoblasten

Die Osteoblasten entstehen aus pluripotenten mesenchymalen Stammzellen und wandeln sich nach einem dreiphasigen Entwicklungsprozess zu Osteozyten. In der ersten Phase dieser Entwicklung (Proliferationsphase) wird Prokollagen vom Typ I synthetisiert, in der zweiten Phase (Reifungsphase) erhöht sich dann die Aktivität der alkalischen Phosphatase und in der dritten Phase (Mineralisierungsphase) werden von ihnen schließlich calciumbindende Proteine ausgeschieden (STEIN et al. 1990). Die Osteoblasten sind verantwortlich für die Synthese der organischen Bestandteile der Knochengrundsubstanz (JUNQUEIRA u.

CARNEIRO 1991) und sezernieren die Vorstufen des Typ-I-Kollagens (95% der Knochen-matrix) und andere nicht-kollagene Proteine (5% der KnochenKnochen-matrix) (CHARLES et al.

1994). Außerdem regulieren die Osteoblasten die Mineralisation der Knochenmatrix (JUNQUEIRA u. CARNEIRO 1991), wobei hauptsächlich Calcium und Phosphat in Form von Hydroxyapatitkristallen (Ca10(PO4)6(OH)2) in das Osteoid eingelagert werden (MARKS u. HERMEY 1996).

B) Osteozyten

Die Osteozyten entstehen wie beschrieben aus den Osteoblasten und sind verantwortlich für das Fortbestehen des Knochens, denn sie können Osteoid bilden und dieses im begrenzten Maße auch resorbieren. Über den jeweiligen Funktionszustand der Osteozyten gibt dabei ihr morphologischer Aufbau Auskunft. Wenn in erster Linie Knochenmatrix produziert wird, besitzen sie eine für Osteoblasten typische Zellorganellausstattung. Im Falle der Resorption von Knochengrundsubstanz sind sie jedoch mit lysosomalen Vakuolen und anderen phagozytosetypischen Zellbestandteilen ausgerüstet. Obwohl sich jeder Osteozyt in einer eigenen Lakune in der Knochenmatrix befindet, steht er dennoch über filopodienartige Zellfortsätze in Kontakt zu benachbarten Osteozyten, der Knochenmatrix, den versorgenden

Blutgefäßen und der internen und externen Oberfläche des Knochens (DOTY 1981; LIEBICH 1993; CHRISTENSON 1997).

D) Osteoklasten

Osteoklasten sind große, vielkernige Riesenzellen, die durch den Zusammenschluss mehrerer Vorläuferzellen der Monozyten-Makrophagen-Linie entstehen. Die Vereinigung dieser einzelnen Zellen ist ein Reaktionsmechanismus, der durch verschiedene resorptionsfördernde Faktoren ausgelöst wird. Zu diesen zählen das 1,25-dihydroxy-Vitamin D3 (TAKEDA et al.

1999), Parathormon (PTH) (LIU et al. 1998), Prostaglandin E2 (PGE2) (SAKUMA et al.

2000) und Interleukin II (IL- II). Zur Differenzierung der Osteoklasten ist allerdings eine Zell-zu-Zell-Verbindung zwischen den Osteoblasten und den Vorläuferzellen der Osteoklasten notwendig (UDAGAWA et al. 1999), da die Osteoklasten im Gegensatz zu den Osteoblasten selbst keine Rezeptoren für das Parathormon besitzen (LIU et al. 1998; OKADA et al. 2002).

Da die Osteoklasten zur Hauptsache die Funktion des Knochenabbaues erfüllen, besitzen sie in ihrem Inneren zahlreiche mit Enzymen gefüllte Vakuolen. Als beteiligte Enzyme wurden u.a. die tartratresistente, saure Phosphatase (TRAP), Matrixmetalloproteinase (MMP) und Kathepsine (v.a. Kathepsin B, Kathepsin K und Kathepsin L) bei Ratten, Kanninchen und Menschen nachgewiesen (GOTO et al. 1994; INAOKA et al. 1995; SATO et al. 1997;

HALLEEN et al. 1999). Da zur Lösung der Mineralstoffe aus dem Knochen ein saurer pH-Wert notwendig ist (SUNQUIST u. MARKS 1995), befinden in der Resorptionszone der Membran der Osteoklasten Protonenpumpen, die H+-Ionen in diesen Bereich befördern, um so für eine ausreichende Absenkung des pH-Wertes zu sorgen (BLAIR et al. 1989; BEKKER u. GAY 1990; VÄÄNÄNEN et al. 1990).

2.6.4. Die Knochenformation

Für die Knochenformation sind die Osteoblasten das zentrale Element, da diese nach ihrer Entwicklung aus den mesenchymalen Stammzellen für die Synthese der Vorstufen des Kollagens vom Typ I und für die Regulation der Mineralisierung des Knochengewebes verantwortlich sind (JUNQUEIRA u. CARNEIRO 1991). In der folgenden Tabelle wird eine Übersicht der Signalstoffe, die die Formation des Knochens regulieren, und ihrer Wirkungsweisen aufgeführt.

Tab. 1: Übersicht über Signalstoffe der Knochenformation mit ihrer Wirkung

Calcitonin Mensch Osteolyserate ↓ Knochenformationsrate↑

Östrogenen Mensch Erhaltung der

Knochenmasse

OURSLER et al. (1993), RICKARD et al. (1999)

Vitamin D Mensch Mineralisierung

extrazellulärer Matrix ↑

BOYAN et al. (1989), CANALIS (1996)

FGF Maus, Mensch Osteoblastenproliferation ↑

Kollagensynthese ↑ CANALIS et al. (1987)

↑: Förderung des Prozesses

↓: Verlangsamung des Prozesses

PTH: Parathormon GH: Wachstumshormon IGF-1: Insulin-like growth factor 1 TH: Schilddrüsenhormon FGF: Fibroblast growth factor

2.6.5. Der Knochenabbau

Zur Resorption des Knochengewebes sind mehrere Teilschritte notwendig. Im ersten Schritt erfolgt eine lokale Ansäuerung des Knochengewebes durch die Abgabe von H+- Ionen, Cl- -Ionen und lysosomalen Enzymen. Zu diesen Enzymen zählt z.B. die tartratresistente, saure Phosphatase, außerdem werden zusätzlich einige Proteine sezerniert. Durch diese Vorgänge wird das kristalline Hydroxyapatit gelöst und abtransportiert (FALLON et al. 1984; BARON et al. 1985). In den weiteren Schritten der Knochenresorption wird das organische Knochen-material abgebaut, was durch den Einsatz von Proteasen geschieht. Als wichtigste Vertreter dieser Gruppe sind das Kathepsin K und die Matrix-Metalloproteinase 9 (MMP- 9) zu nennen (TEZUKA et al. 1994; INAOKA et al. 1995; DRAKE et al. 1996; LITTLEWOOD- EVANS et al. 1997).

Tab. 2: Übersicht über Signalstoffe des Knochenabbaus mit ihrer Wirkung

Substanz Untersuchte

TGFβ2 Maus Knochenformationsrate ↓ OURSLER et al. (1993), SERRA et al. (1999)

↑: Förderung des Prozesses

↓: Verlangsamung des Prozesses

PTH: Parathormon TGFβ: Transforming growth factor beta