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2.4. Die alimentäre Beeinflussung der Harnacidität

2.4.2. Mechanismen der alimentären Harnansäuerung

Zur Verständlichkeit des Mechanismus der alimentären Harnansäuerung ist es von Bedeutung, sich die Grundlagen der Regulation des Säure-Basen-Haushaltes noch einmal vor Augen zu führen. Denn die Konstanthaltung des Blut-pH-Wertes bei ca. pH 7,4 (Referenz-wert für das Schwein: pH 7,42, KRAFT u. DÜRR 1995) ist für den Organismus von großer Wichtgkeit, da u.a. die Molekülformen von Proteinen und somit die physiologische Struktur der Zellbestandteile sowie die optimale Wirksamkeit der Enzyme von diesem konstanten Wert abhängig sind (CHAN 1974). Der Regulation zur Schaffung eines konstanten Blut-pH-Wertes liegen drei Mechanismen zu Grunde. Diese sorgen für die Entfernung von Kohlendioxid (CO2) und Protonen (H+), welche laufend als Produkte des Stoffwechsels gebildet werden (MÜLLER-PLATHE 1982; FORTH 1992) und somit aus dem Körper entfernt werden müssen.

Mechanismen zur Konstanthaltung des Blut-pH-Wertes:

1.) Bindung oder Abgabe von H+ durch Puffersysteme

2.) Regulation des Partialdruckes von CO2 durch die Atmung 3.) Regulation der renalen H+- bzw. HCO3--Ausscheidung

Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt des Körpers werden entweder durch die Aufnahme von Säure- bzw. Basenäquivalenten mit der Nahrung hervorgerufen oder entstehen durch Störungen der Regulationssysteme im metabolischen oder respiratorischen Bereich, die z.B.

durch eine Beeinträchtigung der Ventilation, der Bildung abnormer Mengen endogener Säureäquivalente oder durch renale und extrarenale Verluste von Säure- oder Basen-äquivalenten verursacht werden können.

1.) Regulation des Säure-Basen-Haushaltes über körpereigene Puffersysteme

In der Sparte der körpereigenen Puffersysteme spielt das Bikarbonatpuffersystem eine ent-scheidende Rolle. Denn die HCO3--Ionen nehmen im Organismus H+- Ionen auf und die daraus entstandene Verbindung zerfällt sofort wieder in die zwei neu erzeugten Stoffe CO2

und H2O. Während das entstandene Wasser im Körper verbleibt, gelangt das Kohlendioxid über den Blutkreislauf zur Lunge, in der es daraufhin abgeatmet wird. Bei einer vermehrten Anflutung von H+-Ionen im Körper sorgen dessen Regelmechanismen für eine Verstärkung

der Atmung und somit gleichzeitig für eine vermehrte Abatmung von CO2 (THEWS 1995) und dadurch sekundär für eine Entsorgung der überschüssigen H+- Ionen.

Das Phosphatpuffersystem, welches aus dem primären (Säure) und dem sekundären (kor-respondierende Base) Phosphat besteht, spielt im extrazellulären Medium aufgrund seiner geringen Konzentration eine untergeordnete Rolle. Das anorganische Phosphat ist aber an der H+-Ausscheidung über den Harn beteiligt (SCHEID 1994).

Bei der Regulation des intrazellulären pH-Wertes haben Proteine eine große Bedeutung, denn sie binden H+-Ionen reversibel an die endständigen Amino- und Carboxylgruppen sowie an die Seitengruppen. Der Imidazolring des Histidins, die Sulfhydrylgruppe des Cysteins und die terminale NH2-Gruppe sind hier Beispiele für die physiologische Wirksamkeit (SCHEID 1994; THEWS 1995).

2.) Regulation der Säure-Basen-Haushaltes über die Atmung

An der Aufrechterhaltung eines konstanten pH-Wertes im Körper ist die Lunge maßgeblich beteiligt, da diese den Körper durch die Abatmung von Kohlendioxid zu einem offenen System macht und auf diese Weise das Blut von der äquivalenten Menge an H+-Ionen befreit.

Außerdem kann der Organismus durch die Regulation der Atmung Störungen im Bereich des Säure-Basen-Haushaltes in gewissem Maße kompensieren, indem bei einer zunehmenden Acidität des Blutes die Atmung verstärkt wird, während diese bei einer Zunahme des Basengehaltes zum Teil eingeschränkt werden kann. Somit ist es dem Organismus möglich über die Stärke der Ventilation regulartorisch auf den physiologischen pH-Wert einzuwirken (THEWS 1995).

3.) Regulation des Säure-Basen-Haushaltes über die Nieren

Die Nieren sind ein sehr wichtiges Organ zur Regulation des Säure-Basen-Haushaltes des Organismus, da sie durch ihre Filtrationsfunktion, durch Vorgänge der Reabsorption und der Sekretion den Körper ähnlich wie die Lunge zu einem offenen System machen, das mit seiner Umwelt in einen regen Stoffaustausch steht. Ihnen kommen somit über die tubuläre H+ -Sekretion (primär-aktiv oder sekundär-aktiv im Austausch gegen Na+) zwei bedeutende

Funktionen zu, erstens die Ausscheidung nichtflüchtiger („fixer“) Säuren und zweitens die Rückresorption des filtrierten Bikarbonats (MÜLLER-PLATHE 1982).

Im Organismus anfallende H+-Ionen werden an ihrem Entstehungsort abgepuffert und müssen daraufhin, um die Puffersysteme zu regenerieren, aus dem Körper verbracht werden (SILBERNAGL 1994). Im Fall einer Acidose wird deshalb in den Nieren vermehrt sekundäres Phosphat filtriert, um im Tubulussystem sezernierte H+-Ionen aufzunehmen. Das so entstandene primäre Phosphat wird nun als Träger einer sauren Valenz über den Harn ausgeschieden, da das Tubulusepithel für diese Verbindung impermeabel ist (HIERHOLZER u. FROMM 1995). Die indirekte Ausscheidung von H+-Ionen über die Niere erfolgt in Form von Ammonium-Ionen (NH4+), deren Harnkonzentration während einer Acidose auf das 10-fache ansteigen kann (HIERHOLZER u. FROMM 1995). Unter physiologischen Bedingungen werden Ammonium-Ionen, die im Aminosäurestoffwechsel anfallen, in der Leber mit äquimolaren Mengen an Bikarbonat zu Harnstoff umgewandelt, welcher dann über die Nieren ausgeschieden wird. Im Falle einer metabolischen Acidose fallen allerdings so viele NH4+-Ionen an, dass diese in der Leber an Glutamin gekoppelt und so zu den Nieren transportiert werden. Hier erfolgt eine Hydrolyse, aus der NH4+ und Glutamat hervorgehen, welches seinerseits weiter in NH4+ und α-Ketoglutarat2- gespalten wird. Das so entstandene NH4+ dissoziiert in den Tubulusepithelzellen zu NH3 und H+, die sich nach der Diffusion in die Tubuli in deren Lumen erneut zum NH4+ verbinden und dann in dieser Form ausgeschieden werden. Das α-Ketoglutarat wird in Verbindung mit 2 H+-Ionen, die auf diesem Wege zusätzlich eliminiert werden, zu Glukose verstoffwechselt (SILBERNAGL 1994). Das filtrierte Bikarbonat, das die wichtigste Puffersubstanz im Organismus darstellt, wird schon bei physiologischen pH-Werten zu 90% im proximalen Bereich des Tubulussystems reabsorbiert (HIERHOLZER u. FROMM 1995). Verschiebt sich aber die Stoffwechselsituation in den Bereich einer Acidose werden hier auch noch die letzten 10%

dieses Stoffes reabsorbiert. Dieser Vorgang, der im distalen Anteil des Tubulussystems lokalisiert ist, sorgt so dafür, dass mit dem Harn kein Bikarbonat mehr ausgeschieden wird. In der Stoffwechselsituation einer Alkalose kommt es dagegen in diesem Bereich zu einer nettomäßigen Sekretion von Bikarbonat (HIERHOLZER u. FROMM 1995).

Im Falle einer Acidose erfolgt die Senkung des pH-Wertes im Harn somit durch eine gesteigerte Säureausscheidung und eine ebenfalls gesteigerte Rückresorbtion von Bikarbonat.

Dabei sind für die Säureausscheidung mengenmäßig nicht die frei ausgeschiedene H+-Ionen sondern die „titrierbaren Säuren“ und die Ammoniumionen von Bedeutung (HIERHOLZER u. FROMM 1995).