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Die Prophylaxemaßnahmen gegen das MMA-Syndrom der Sau verhindern diese Erkrankung zwar nicht vollständig, senken aber deren Prävalenz und führen dazu, dass die Krankheit selbst bzw. einzelne Symptome bedeutend milder verlaufen. Zur Senkung der Krankheits-anfälligkeit für den puerperalen Krankheitskomplex der Sau wird zu hygienischen und haltungstechnischen Maßnahmen, zur Chemoprophylaxe und zu prophylaktischen Fütterungs-empfehlungen geraten.

Eine Vorraussetzung auch für andere prophylaktische Maßnahmen stellen die Haltungs-bedingungen der Sauen dar. So fördert z.B. die Möglichkeit zur freien Bewegung im Verlauf der Trächtigkeit, wie sie u.a. in der Gruppenhaltung gegeben ist, die Vitalität der Sauen und wirkt sich somit positiv auf deren Puerperium aus (SCHADE 2000). Außerdem steigert die Bewegung die Darmperistaltik und verhindert so Kotverhaltungen und Toxinresorptionen (RINGRAP 1960). SANDSTEDT und SJORGREN (1982) stellten beim Vergleich verschiedener Haltungsformen fest, das sich eine Weidehaltung über den Zeitraum der Trächtigkeit sehr positiv auf die Inzidenz (2,6% bei Weidehaltung gegenüber 15,9% bei reiner Stallhaltung) des MMA-Komplexes auswirkte. Es wurde schon früh erkannt, dass sich in den letzten Tagen der Trächtigkeit Änderungen der Haltungsgewohnheiten negativ auswirken (RINGRAP 1960; SCHULZE u. BOLLWAHN 1962; PLONAIT et al. 1986). Deshalb wird eine gruppenweise Belegung der Abferkelabteile nach vorangegangener Reinigung und Desinfektion im Rein-Raus-Verfahren empfohlen (MORGENTHUM u. BOLDUAN 1987).

Nur über den Zeitraum einer Gewöhnung an diese neue Umgebung machen die einzelnen Autoren sehr unterschiedliche Angaben. LUTTER (1983) hält drei Tage zur Eingewöhnung für ausreichend, während von LERCH (1987) zehn Tage propagiert werden und andere sogar einen Zeitraum von drei Wochen für angemessen halten (MORGENTHUM u. BOLDUAN 1987). Gerade für Jungsauen, die neu in den Bestand eingegliedert werden, ist eine aktive Immunisierung über den frühzeitigen Kontakt mit älteren Zuchtsauen von Bedeutung, um sich so mit der Keimflora des Bestandes auseinander zu setzen (BOLLWAHN 1980).

Im Zuge der alimentären Prophylaxe gegen das MMA-Syndrom ist nicht nur auf ein ausreichendes Angebot an einwandfreiem Tränkewasser während der Trächtigkeit zu achten, sondern es muss auch dessen ausreichende Aufnahme gewährleistet sein. Dadurch kann nämlich chronischen Harnwegsinfektionen und in diesem Zusammenhang auch sekundär einem gehäuften Auftreten von Endometritiden entgegengewirkt werden. Im Zeitraum um die

Geburt herum sollte den Tieren zusätzlich zu der Wasserversorgung über die Selbsttränke Wasser in ausreichender Menge über den Trog verabreicht werden (FINKENSIEP 1993).

Die Prophylaxe gegen den MMA-Komplex im Bereich der Fütterung beginnt schon in der Phase der Frühträchtigkeit, um eine optimale Körperkondition über die gesamte Trächtigkeit zu erhalten. In der Gravidität sind daher voluminöse und Rfa-reiche Futtermittel von Bedeutung, um die Darmperistaltik und somit auch die Chymuspassage anzuregen (KAMPHUES u. BEENING 1998). Außerdem bereiten diese die Tiere optimal auf die größeren Futtermengen vor, die während der Laktation aufgenommen werden müssen. In der prophylaktischen Wirksamkeit gegen Gesundheitsstörungen und Probleme, die gehäuft im peripartalen Zeitraum auftreten, ist allerdings die Fütterung im letzten Stadium der Trächtigkeit entscheidend (KAMPHUES u. BEENING 1998). Deshalb wird in der Praxis versucht durch die Kombination von mehreren fütterungstechnischen Maßnahmen eine wirksame Prophylaxestrategie zu entwickeln. Zu diesen zählt die Restriktion der Futtermenge kurz vor der Geburt bzw. am Tage der Geburt. Dabei konnte festgestellt werden, dass eine restriktive Fütterung der Sauen ante partum (vom 110. Trächtigkeitstag an) mit einer verkürzten Dauer der Geburt, einer verminderten Zahl an Totgeburten, sowie geringeren Ferkelverlusten an den ersten Tagen post partum und einer geringeren Prävalenz an MMA- Erkrankungen einherging (BILKEI u. BÖLCSKEI 1993). Andere Autoren, die mit einer restriktiven Fütterung schon drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin beginnen, konnten die Prävalenz der Puerperalerkrankungen sogar von 59% auf 8% senken (SANDSTEDT u. SJORGEN 1982). Eine Futterrestriktion von diesem Ausmaß wird allerdings in anderen Arbeiten als nicht unproblematisch eingestuft, da es einerseits zu einer negativen Beeinflussung der Chymuspassage und in einer Phase hohen Bedarfs zu kurz-fristigen Energie- und Nährstoffunterversorgungen kommen kann (KAMPHUES u.

BEENING 1998) und andererseits können diese Tiere dazu neigen stereotype Verhaltens-weisen zu entwickeln (LAWRENCE u. TERLOUW 1993; WELDON et al. 1994). Eine Überfütterung in der letzten Phase der Trächtigkeit ist aber wegen der Gefahr einer Verminderung der Darmperistaltik zu vermeiden, da in diesem Fall eine Resorption von Endotoxinen möglich wäre, die das MMA-Risiko erhöht (CEREZA et al. 1986;

MARTINEAU et al. 1992; KAMPHUES et al. 1998).

Als weitere fütterungstechnische Prophylaxemaßnahme zur Vermeidung von Obstipationen und zur Verringerung des MMA-Risikos wird die Erhöhung des Rohfasergehaltes in der Ration für die hochträchtigen und sehr frisch laktierenden Sauen empfohlen (GÖTZE 1939;

RINGRAP 1960; EHRENTRAUT 1968; LUTTER 1983; MORGENTHUM u. BOLDUAN

1987; GÖRANSSON 1989). Die Rohfaserbestandteile neigen zu einer starken Aufquellung, indem sie Wasser unter der Bildung von Hydrokolloiden binden. Durch diesen Vorgang nimmt das Ingestavolumen zu und führt zu einem Dehnungsreiz, der die Darmperistaltik anregt und so zu einer beschleunigten Chymuspassage führt. Außerdem entstehen beim mikrobiellen Abbau der Rohfaser osmotisch wirksame Bestandteile, die einen laxierenden Effekt haben (LÖSCHER 1994). Bei der Fütterung einer rohfaserreichen Ration wurden im Vergleich zur Verfütterung einer herkömmlichen Ration geringere Zunahmen an Körper-masse während der Gravidität und geringere Gewichtsverluste bei steigender Futteraufnahme in der anschließenden Laktation beobachtet (LOPEZ et al. 1988). Außerdem sollen die Sauen eine höhere Lebenserwartung haben, wenn sie derartig gefüttert werden (POLLMANN et al.

1981; POND et al. 1985; CARTER et al. 1987; NELSON et al. 1992a).

Das gleiche Ziel wie bei der Verfütterung einer rohfaserreichen Ration wird mit der Zugabe von Natriumsulfat (Na2SO4) verfolgt. Denn das Glaubersalz gehört zu der Gruppe der schwer resorbierbaren salinischen Laxatien (LÖSCHER 1994) und verbleibt somit nach oraler Gabe zum größten Teil im Darmlumen. Dort ist es dann osmotisch wirksam und bindet vermehrt Wasser, so dass ähnlich wie bei der Verfütterung von rohfaserreichen Futtermittel ein Dehnungsreiz entsteht, über den die Darmperistaltik anregt wird. Diese Verfütterung von Glaubersalz an hochträchtige Sauen ist in der Praxis weit verbreitet und führt nach 14-20 h zum Abgang von relativ wässrigem Faeces.

Eine weitere Maßnahme aus dem fütterungstechnischen Bereich zur Verhinderung puerperaler Erkrankungen besteht in der Verfütterung von probiotischen Substanzen.

Probiotika sind Kombinationspräparationen aus Bakterien und Hefen, die nach oraler Verabreichung bioregulatorisch in die Darmbesiedelung eingreifen, indem sie die Darmflora stabilisieren (GEDEK 1993). Dabei sollen lebend verabreichte Mikroorganismen wie z.B.

Bacillus-, Lactobacillus- und Streptococcus- Arten (Milchsäurebildner) verhindern, dass eine schädliche Begleit- und Restflora im Darm die Übermacht gewinnt, wenn die intestinale Hauptflora durch Stress, Magen-Darm-Infekte, den Geburtsverlauf oder eine länger andauernde Therapie mit Antibiotika reduziert wurde (WIESSNER u. GOLBS 1991). Als Futterzusatzstoffe finden meistens solche Mikroorganismen Verwendung, die die Innenseite des Darmes mit einem Biofilm überziehen, indem sie sich in dem Mucus verankern, mit dem das Darmrohr in diesem Bereich ausgekleidet ist. Durch eine direkte Konkurrenz um die Nahrung und um die Adhäsionsmöglichkeiten an der Darmwand sollen so Infektionen verhindert werden (SHERMAN et al. 1987). Eine weitere Möglichkeit der alimentären Prophylaxe besteht in der Verabreichung von Substanzen, die innerhalb des Körpers zu einer

Verschiebung des pH-Wertes führen, um dann sekundär auch den pH-Wert im Harn abzu-senken. Die prophylaktischen Maßnahmen und die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen werden in den nachfolgenden Kapiteln näher erläutert.

Von einem prophylaktischen Einsatz von Antibiotika zur Keimreduzierung ist in diesem Fall abzuraten, da diese Maßnahmen zwar kurzfristig zu guten Erfolgen führen, aber nicht für den langfristigen Einsatz geeignet sind. Bei der prophylaktischen Verwendung werden aus Kostengründen oft zu geringe Dosierungen verwendet, so dass sich auf Dauer massive Resistenzen entwickeln können. Der vorschriftsmäßige Einsatz mit ausreichender Dosierung der entsprechenden Medikamente ist nur im Einzelfall interessant, wenn andere pro-phylaktische Maßnahmen versagen, da beim Masseneinsatz die finanzielle Belastung zu stark wäre. Diese Lösung eignet sich also nur für das Einzeltier oder aber in absoluten Problem-betrieben für eine größere Zahl von Tieren.

2.2. Zusammenhang zwischen dem puerperalen Krankheitskomplex und