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Zusammengesetzte Zeiten

DIE SPRACHE DER DRESDENER HANDSCHRIFT A. Phonetik

C. Verbum finitum 1. Personalsuffixe

8. Zusammengesetzte Zeiten

Die zusammengesetzten Zeiten unseres Textes bestehen aus einem Hauptverb und dem Hilfsverb ėr- bzw. i-, wobei beide als Teile des Prädikats gelten. Diese zu-sammengesetzte Verbformen ermöglichen den Turksprachen Tempora und Modi genauer auszudrücken und Irrealis zu bilden. Unser Autor hat vier Kombinationen für verschiedene zeitliche Umschreibung der Handlung verwendet.

Erstens: Die Kombination des Aoristes mit dem Perfekt. Das im Perfekt ste-hende Hilfsverb ėrmiş bzw. imiş gibt dem Verb einen modalen Beisinn von “wohl”

oder “anscheinend”. İmiş kann auch seine temporale Bedeutung in den Satz einwir-ken lassen, so dass diese Kombination eine gewöhnlich stattfindende Handlung in der Vergangenheit ausdrückt. Wie nachstehend zu sehen ist, sind alle Belege in der dritten Person: qul tedbīri revā olmaz imiş “Maßnahmen, die von Menschen getrof-fen sind, sind wohl nicht wirksam” 402, bir perī oġlan doġar imiş “ein Elgetrof-fenjunge wurde geboren” 1267, ulu milket olur imiş “sein Land war groß”1627, satuġımız olmaz imiş “unser Verkauf kommt wohl nicht zustande” 1907, hāl beyle olur ėrmiş

“gewiss wird der Zustand so sein” 2391, aşlıq bolur imiş Mısırda satun “in Ägypten gebe es Getreide zu kaufen” 3515, taсām yėr iken ötmek kizler imiş “er habe wohl beim Essen Brot versteckt” 4178. Dieser Typ der periphrastischen Verba kommt sowohl im Tschagataischen als auch im Osmanischen vor.

Zweitens: Präteritum des Perfektes ergibt eine Vorvergangenheit. Die Kom-bination von Perfekt -miş und dem Hilfsverb idi bzw. ėrdi drückt eine Vergangen-heit aus, die grundsätzlich eine sehr weit zurückliegende Handlung umschreibt. Die-se Art Plusquamperfekt ist dem Ost- und Südtürkischen bekannt. Einige Belege für dieses Plusquamperfekt sind: bir nėçe ferişteler kėlmişidi “einige Engel waren ange-kommen” 793, Yūsufa ėş olmışidi “sie wurden Yūsufs Gefährten” 795, Qudüs meliki düşinde körmiş idi “der Fürst von Jerusalem hatte davon geträumt” 1250, üç kün tamām keçmiş idi “genau drei Tage waren vergangen” 3639, bir vaqıt ol maqāma kirmiş idim “einige Zeit war ich an dem Ort gewesen” 3836, anıng usı kėtmiş idi

“sein Verstand hatte ihn verlassen” 4004, üç сaybı var dėmiş idi “er hatte gesagt, er habe drei Fehler” 4455, ol quyu aşnudan qalmışidi “jener Brunnen war von früheren Zeiten zurückgeblieben” 475, yüzügi yutmış idi “er hatte den Ring verschluckt”

1453, yincü birle murassaс qılmış ėrdi “sie hatte (ihre Haare) mit Perlen ausge-schmückt” 2224, beni dāye qılmış idi “er hatte mich zur Kinderfrau gemacht” 4592.

Drittens: Ein zweites Plusquamperfekt entsteht, wenn man das Präteritum mit idi kombiniert. Dieses Plusquamperfekt hat keine modale Charakteristik, sondern drückt eine rein temporale Vorvergangenheit aus. Wie folgende Belege auch zeigen, hat das zweite Plusquamperfekt eine morphologische Besonderheit gegenüber den anderen zusammengesetzten Zeiten, dass auch das erste Teil die Personalbezeich-nungen trägt: evdeken saqınç qıldım idi “ich hatte mir Sorgen gemacht, als ich Zu-hause war” 407, yā Yūsuf közgüye baqdıngmıydı “oh Yūsuf! hattest du in den Spie-gel geschaut” 817, beli bir kez közgüye baqdım idi “doch, ich hatte einmal in den Spiegel geschaut” 821, sāqī aydur ben zindāna vardım idi “der Mundschenk sagt;

ich war im Kerker gewesen” 3051, bir сaceb düş kördim idi “ich hatte einen seltsa-men Traum gehabt” 3052, ol sebebden müferrah oldım idi “deswegen war ich glück-lich geworden” 3756, oloq sāсat bir develi kėldi idi “in diesem Moment war ein Mann auf dem Kamel gekommen” 3893, Beşīr aydur ol kim beni sattung idi “Beşīr sagt, du hattest mich verkauft” 4613.

Viertens: Die Kombination des Aorists mit dem Hilfsverb idi bzw. ėrdi, das dem Hauptverb die Bedeutung des Andauerns in der Vergangenheit verleiht, z.B.:

Yaсqūb savçı uyluqında uyur idi “er schlief immer im Schoss des Propheten Yaсqūb”

90, bir tācir olur ėrdi “es war ein Kaufmann” 741, düşüm içre Kenсāna varur ėrdim

“ich bin in meinem Traum nach Kanaan gegangen” 746, hiç kimesne birbirini körmez idi “keiner sah den Anderen” 1165, hiç kimse bu sirri bilmez ėrdi “niemand kannte dieses Geheimnis” 1846, kökden quşlar ėner ėrdi körer ėrdim “vom Himmel stiegen Vögel herab, ich sah sie” 2001, Mesālime ġulām dėrler idi “sie nannten Me-sālim Jüngling” 3640, körmege ėver idük “wir haben uns immer beeilt, ihn zu se-hen” 3684, kövdesinden başın cüdā qılur idi “seinen Kopf hat er von dem Körper getrennt” 4335.

9. Voluntativ

Der Voluntativ tritt in den Turksprachen nur in erster Person auf. Die erste Person Singular lautet in unserem Text -AyIm, nach Vokal –yIn, wobei die Lautfor-men mit –m und die LautforLautfor-men mit –n ungefähr gleich häufig benutzt werden.

Formen mit Hiatustilger kommen nicht vor. Einige Beispiele: nazım birle aydayım

“in Gedichtform möchte ich erzählen” 76, bu yėrning qurtlarını men dėreyim “die Wölfe dieses Ortes werde ich versammeln” 714, telim yılġı hasretime qawuşayım

“ich möchte das erreichen, wonach ich mich jahrelang gesehnt habe” 1852, men sening yüküngde sāс kizleyim “lass mich in deiner Ware den Becher verstecken”

4097, Sübhānımdan meded yār tileyinmü “soll ich meinen Gott um Hilfe bitten?” 47, men sabır qılayın sabrun cemīl “ich soll eine schöne Geduld ausüben” 735, bu mihnetden ben nėteg qurtulayın “wie soll ich mich von dieser Schwierigkeit befrei-en” 1134, ben olayın yā bir qarındaşıng “ich bin bereit dir ein Bruder zu sein” 4119, İbniyābini qurtarayın “ich möchte İbniyābin retten” 4207.

Die Form auf –AyIn ist bekanntlich für das Tschagataische typisch, während der Voluntativ auf –AyIm im Osmanischen und Aserbaidschanischen vorkam.

Für die 1. Pluralis wird gewöhnlich das Suffix –Alım benutzt, wobei sein Vokalismus meistens tschagataisch und seltener osmanisch ist, z.B. ne düş körmiş soralım izleyelim “lasst uns fragen und erkunden, was für einen Traum er sah!” 186, cümlemiz aġlaşalım nāliş qılalum “lasst uns alle weinen und schreien!” 276, beni satmang kāfir qulı olmayalım “verkauft mich nicht, ich möchte nicht Sklave der Ungläubigen werden” 873, ikilemiz putxāneye biz kirelim “lasst uns beide in den Tempel gehen” 1312, bātıl işleb Haqġa сāsī olmayalım “wir dürfen nicht Gott unge-horsam werden, indem wir Sünden begehen” 2280, qadrin sening üçün saqlayalım

“wir sind bereit, dessen Wert für dich bewahren” 3905, Yūsuf aydur sāс ketürelüm bir uralım “Yūsuf sagt, lasst uns den Becher holen und läuten!” 4463. Usw.

Zweimal tritt die tschagataische Form –alıŋ auf: kėling barça istiġfār qılalıng

“lasst uns alle unsere Sünden bereuen” 1172, kėling bir iş qılalıng “kommt, lasst uns irgendwas anstellen” 4204.

10. Imperativ

Der Imperativ tritt in der 2. Und 3. Person auf und drückt nicht nur den Be-fehl, sondern auch Wunsch, Rat, Anregung, Empfehlung und Bitte aus.

Die 2. Person Singular wird in unserem Text entweder mit der Endung –ġıl/–

gil gebildet oder mit dem suffixlosen Verbalstamm zum Ausdruck gebracht, z.B.

varġıl сĀdī quyusın körgil dėdi “er sagte, gehe hin und sehe den Brunnen сĀdī an!”

496, ol oġlannı kem bahāya satun alġıl “kaufe den Jungen für einen niedrigen Preis!” 787, bu üç dürlü сayb birle alġıl “kaufe ihn mit diesen drei Fehlern ab!” 908, antımıza sen inan “glaube an unseren Schwur!” 949, yā Yūsuf qudretimi körgil “oh

Yūsuf, siehe meine Macht!” 1384, yā xātūn sabır qıl qatlan “oh Herrin, gedulde dich, ertrage es!” 1797, safā könglüng arut emīn qılġıl “halte dein Herz ganz rein, überzeuge es!” 1964.

Der negative Imperativ wird durch die Anfügung der Negativendung –mA gebildet und vermittelt Verbot oder Rat, um den Angesprochenen von einer Hand-lung abzuhalten, z.B. bu düşüngni hiç kimesne aytmaġıl “erzähle niemandem vom deinem Traum!” 158, hiç kimseden şefāсatiŋ döndürmegil “entziehe niemanden dei-ne Fürbitte!” 3323, bu qul olduġuna hergiz tutma gümān “habe keidei-nen Zweifel, dass er ein Sklave ist!” 950, sen hiç qayurmaġıl “du darfst dich nicht sorgen!” 4093.

Bei der Imperativbildung der zweiten Pluralis werden drei Suffixe benutzt.

Das erste von ihnen ist –ng nach vokalisch auslautenden Verben und –ıng/–ing/–

ung/–üng nach Verben, die konsonantisch auslauten, was im Prinzip mit dem alttür-kischen Imperativ 2. Plural übereinstimmt. Das zweite Suffix –ıngız/–ingiz ist eine Erweiterung des ersteren durch das dem Präteritum entnommene –ız/–iz, welches im Kiptschakischen, Tschagataischen und Ogusischen gleichermaßen vertreten ist. Das dritte Suffix ist –ınglar/–ingler (nach Vokalen -nglar/–ngler) und stellt eine Erwei-terung durch die Pluralendung –lar/-ler dar. Letztere ErweiErwei-terung ist für das Tscha-gataische und Kiptschakische üblich. Die Verneinung wird mit dem üblichen Negati-onssuffix –ma/-me gebildet.

Beispiele für die 2. Person Plural: keldürüng Yūsufı öldürüng “bringt Yūsuf her und tötet ihn!” 356, Tengriden qorqung bātıl сamel qılmang “habt Angst vor Gott, sündigt nicht!” 439, rücūс qılıb istiġfār qılıng “kehrt zurück und bereut es!”

446, ey qardaşlar manga qılmang “oh Brüder, tut es mir nicht an!” 519, qamunguz bu oġlanı hürmetlengler “erweiset diesem Jungen Ehre!” 1275, ekmeng dėyür “er ruft, säet nichts aus!” 3214, cümlengiz bir qapudan kirmengiz “ihr dürft nicht zu-sammen durch das gleiche Tor eintreten!” 3789, ikin ikin bir qapudan kirüng “geht zu zweit hinein!” 3790, bu bitini oqunglar “lest diese Schrift vor!” 4440, kāfirlıġı könglüngüzden kėteringler “vertreibt die Ungläubigkeit aus euren Herzen!” 4920.

Bei der dritten Person fungiert –sun/–sün als Imperativsuffix, das im Plural durch das Pluralsuffix zu –sunlar/–sünler erweitert wird. Die Verneinung wird re-gelmäßig mit -ma/–me gebildet.

Beispiele für die 3. Person Singular und Plural: anlar sanga güneh qılmasunlar “sie sollen dir keinen Schaden zufügen” 159, bizim ile bile varsun “er soll mit uns gehen” 224, hażratınga ināmlıq qılsunlar “sie sollen vor deiner Majestät schwören” 716, hiç ġalat söz olmasun “es darf kein falsches Wort sein” 903, bizim oġlanımız olsun “er soll unser Sohn werden” 2022, ol sarāyı bu sıfatlu eylesünler

“sie sollen jenen Palast mit diesen Eigenschaften bauen” 2183, bengzesün cümle Yūsuf sūretine “alle sollen nach Yūsufs Gesicht gemalt werden” 2193, melik Reyyān hāl nėteligin bilsün “König Reyyān soll von der Sache erfahren” 3130.

11. Optativ

Ein weitere Finitform unseres Textes ist der Optativ, der im Gegensatz zu den vorherigen Modi ein vollständiges Paradigma aufweist. Dieser Modus zeichnet sich in unserem Werk durch seine südtürkische Form -a/-e aus, die sich schon auf den ersten Blick von dem ost- und westtürkischen -ġay/-gey unterscheidet, das in unse-rem Gedicht nicht vorkommt. Bei den Vokalstämmen wird ein hiatustilgendes -y- eingefügt. Die Verneinung erfolgt regelmäßig mit –ma/-me. Zur Flexion werden die pronominalen Personalsuffixe verwendet, die auch beim Aorist zu sehen sind. Ein Satz, dessen Prädikat im Optativ steht, drückt nicht nur den Wunsch, sondern auch eine futurische Handlung aus.

Die erste Person Singular wird mit zwei Morphemen ausgedrückt. Die eine ist –am/-em, die andere –van/-ven, wobei die letztere merkwürdigerweise nur bei Nega-tivverba auftritt. Beispiele: āzād qılam qızım aŋa vėrem “ich werde ihn freilassen und ihm meine Tochter geben” 840, dostları şād düşmānı kör qılam “ich möchte (werde) die Freunde glücklich und die Feinde blind machen” 2514, hiç bahāsız telim aşlıq vėrem “ich möchte (euch) ohne Gegenleistung viel Getreide geben” 3714, cümlengize aġır xılсat ben kėyürem “ich möchte euch alle wertvolle Gewänder schenken” 3720, oġlan aydur ben ġammāzlıq qılmayaven “der Junge sagt, ich möch-te keine Denunziation begehen” 2579, ben atamı vėrmeyeven “ich werde meinen Vater nicht ausliefern” 4870, Yūsuf aydur ol işi revā qılmayaven “Yūsuf sagt, ich halte diese Tat nicht für angebracht” 4197, ben ümīdim kesmeyem “ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben” 4318. In unserem Werk finden sich nur zwei Belege für den positiven Vokalstamm der 1. Person Singular, in denen das ursprüngliche Mor-phem auf –yim reduziert wird: yazuqım anlardan ben dileyim “ich möchte mich bei ihnen entschuldigen” 979, men sening yüküngde sāс kizleyim “ich werde in deinem Gepäck den Becher verstecken” 4097.

Die erste Plularis wird mit dem Personalmorphem –wuz/-wüz/-vuz gebildet und kommt insgesamt in acht Belegen vor, die zumeist futurische Bedeutung aufwei-sen: anlar aydur Yūsufı biz saqlayawuz “sie sagen, wir werden Yūsuf beschützen”

241, qardaşımız qaçan qurda qabdurawuz “welchen Wolf würden wir unseren Bru-der wegnehmen lassen” 242, сālem qurtıng qırawuz öldürewüz “wir werden alle Wölfe der Welt vernichten töten” 243, satu nėte qılavuz dėyür “er sagt, wie wollen wir nun unser Geschäft abwickeln” 916, bular aydur ol işi qılmayavuz “diese sagen, wir möchten uns in jene Affäre nicht einlassen” 921, ol satuya hergiz rāżī olmayavuz

“wir werden mit diesem Verkauf niemals einverstanden sein” 922, qulumuza kāle qumāş almayavuz “wir möchten unseren Sklaven weder gegen Hausgegenstände noch gegen Stoffe tauschen” 923.

Die zweite Person Singular hat als Personalendung entweder –sın/-sin wie im Osmanischen oder das gemeintürkische Morphem -sen, das unmittelbar auf das Per-sonalpronomen sen “du” zurückgeht. Da viele Belege defektiv geschrieben sind,

kann man das Verhältnis zwischen der einen und der anderen Suffixform nicht genau feststellen. Hier einige Belege: ol sebebden ululuqġa deginesen “aus jenem Grund wirst du höhere Stellungen erreichen” 769, ne bahā vėresen köreyim bizge “ich möchte sehen, was du uns als Preis vorschlagen möchtest” 891, pādişāhlıq qılasen telim yėre “du wirst über große Gebiete herrschen” 3329, Mısır meliki olasen “du mögest König Ägyptens werden” 3690, Mısır meliki olasın dėb te’vīl qılmış “er habe (den Traum) so gedeutet, dass du Fürst in Ägypten werden sollst” 3692, Yūsuf aydur omuzuŋa keçüresin “Yūsuf sagt, du sollst ihn an deinem Arm anlegen” 3853.

Die zweite Pluralis trägt das gemeintürkische Personalmorphem –sız/–siz, das dem Personalpronomen siz “ihr” entstammt, z.B.: xurrem birle xoş nigārlar köstere-siz “ich möchte, dass ihr ihm mit Freude die Schönheiten zeigt” 269, emānet Yūsufı saqlayasız “er ist euch anvertraut, ihr sollt ihn beschützen” 303, nevbetleşü ėgningi-ze kötüresiz “ihr sollt ihn der Reihe nach auf euren Rücken tragen” 304, cümle helāk olasız sıhhat içre “ihr werdet bei guter Gesundheit ums Leben kommen” 855, hergiz benim sarāyıma kirmeyesiz “ihr werdet niemals in meinen Palast eintreten” 1516.

Im Vers 3613 wird die Endung -siz als Höflichkeitsform für die zweite Per-son Singular benutzt: bizlere lutf u ihsān qılasız hezār dürlü “Ihr möget uns tausend-fach Güte und Wohltat erweisen”.

Die dritte Person fällt mit dem Optativstamm zusammen und wird demnach mit dem Suffix –a/-e, nach Vokal –ya/-ye zum Ausdruck gebracht. Dieses Suffix wird sowohl für die Einzahl als auch für die Mehrzahl gebraucht, da die Pluralen-dung -lAr wider Erwarten nicht benutzt wird. Beispiele: ümīd var kim Xālıq sanga vėre milket “die Hoffnung besteht, dass Gott dir Herrschaft geben wird” 141, bu iş içre anlar sanga hased qıla “sie werden in dieser Sache dich beneiden” 163, tevbelerimiz Tevvāb qabūl qıla “Gott möge unsere Gebete erhören!” 282, deve yüki harīr dībā ola “es soll so viel Seide und Brokat sein, wie ein Kamel tragen kann”

1730, murādıng meger hāsıl ola “es möge doch dein Wunsch in Erfüllung gehen”

2210, meger beni yarlıqaya Mevlī Celīl “Gott möge doch mir vergeben!” 2981, ol anı öbüben yüzine süre “er soll ihn küssen und an sein Gesicht streichen” 4399.

Die Verneinung des Optativs in dritter Person kommt in unserem Text zwei-mal vor: einzwei-mal mit -maya und einzwei-mal mit kürzerer Suffixvariante -may: ihsānnıng arta tursun olmay noqsān “deine Gunst vermehre sich, sie möge sich nicht verrin-gern” 4382, hiç toġmadı toġmaya benden beşer “es wurde und wird niemals ein bes-serer Mensch als ich geboren” 1363.

Die Vergangenheit des Optativs kommt nur dreimal vor und drückt eine irrea-le Handlung aus. Alirrea-le drei Beirrea-lege drücken den Wunsch des Kaufmanns Melik aus, der aber nicht erfüllt werden kann, da sich die Handlung jeweils auf die vergangene Zeit bezieht: ben seni qaçan kişiye sata idim “hätte ich dich jemals jemandem ver-kauft?” 1940, āzād qılıb ataŋa ėlete idim “ich hätte dich freigelassen und zu deinem Vater zurückgebracht” 1941, müdām qul olayıdım sanga “ich wäre für immer deiner Sklave gewesen” 1942.

12. Konditional

Der Konditional wird in unserem Werk mit dem Morphem -sA und den Per-sonalendungen –m, -ng, -saq, -ngız, -lar gebildet.

Wenn das Konditionalsuffix -sa direkt an den Verbstamm angefügt wird, ist die Bedeutung des Konditionals meistens real, z.B. : xatādan zilletden bīrūn ėrsem

“wenn ich von Fehlern und Fehltritten fern bin” 1150, sen ne buyursang ben anı tutsam “was du befiehlst, möchte ich es tun” 1298, ėşitsem rāhatım artar “wenn ich (dir) zuhöre, verbessert sich mein Zustand” 2322, körmesem hergiz sabrım qalmaz

“wenn ich (dich) nicht sehe, werde ich ungeduldig” 2354, yā İsrā’īl sen tilerseng olur “oh İsrā’īl, es wird geschehen, wenn du es wünschst” 2998, qaçan ėyer ursalar kişner idi “jedes Mal wenn man es besattelt hatte, hatte es gewiehert” 3265, körmesek körmege ėver idük “wenn wir ihn nicht gesehen haben, eilten wir ihn zu sehen” 3684, qaçan ünüm ėşitsengiz hāżır kėling “kommt dann her, wenn ihr meine Stimme hört!” 4209.

Die reale Bedingung in der Vergangenheit wird mit –di ise oder –di ėrse ausgedrückt, z.B. : Melik qaçan Mısır içre kėldiyise “als Melik in Ägypten ankam”

1507, sarāy içre Yūsuf muqīm oldı ėrse “als Yūsuf im Palast ansässig war” 1508, Mevlīden bu işāret kėldi ise “als dieses Zeichen vom Gott kam” 2524, Yūsufa xaber maсlūm oldı ėrse “als Yūsuf die Nachricht erfuhr” 2835, Mesālim ol sarāya kirdi ėrse “als Mesālim in jenen Palast eintrat” 3987. Wie die Beispiele zeigen, ist die Bedeutung derartiger Konditionalsätze in unserem Text zumeist temporal. Die Kom-bination –miş ėrse kommt nur einmal in günāhsız bu belāya düşmiş ėrsem “wenn ich unschuldig von diesem Unheil betroffen wurde” 1151 vor.

Die Kombination –sa idi ergibt einen Irrealsatz, z.B.: atası aydur ben anı körsem idi “wenn ich ihn doch gesehen hätte” 1655, ben anıng qandalıġın bilsem idi “wenn wüsste, wo er ist” 1656, ey dirīġā eger ben bilsem idim “oh weh! wenn doch gewusst hätte” 1939.

In einigen Fällen hat der Konditional desiderative Bedeutung, z.B.: Yūsuf aydur destūr vėrseng öre dursam “Yūsuf sagt, wenn du erlauben würdest, möchte ich aufstehen” 251, her birisi ben alsam dėrler “jeder sagt, ich möchte (ihn) kaufen”

1554, Yūsuf aydur şāh buyursa emr eylese “Yūsuf sagt, der König möge geruhen, befehlen” 1971, sen ne buyursang ben anı tutsam “was du befiehlst, möchte ich es tun” 1298.

Der südtürkische Realis –r –sa, der auf dem Aoriststamm basiert kommt al-lerdings auch vor, obwohl man seine Verwendung nicht als besonders häufig be-zeichnen kann, vgl. ol banga benden songra duсā qıla, ölür isem songumda benim

“er soll nach mir für mich beten, wenn ich sterbe” 1445, 1446. ne dėyürse inanalım

“was auch sagt, wollen wir glauben” 4465, açlıqdan kim baqarsa toyar “wer ihn betrachtet, stillt seinen Hunger” 3246, baŋa rahmet qılur ėrse kengez aŋa “wenn er mir Gnade erweisen würde, würde es ihm leicht fallen” 4319.

Ein Kuriosum ist die Verwendung der Personalendung men in den Versen 657, 658, 659, wo dreimal qılsa men “möchte ich tun” (in desiderativ Bedeutung) steht. Möglicherweise handelt es sich um eine Form (vielleicht –ası ?), die von dem letzten Abschreiber nicht verstanden werden konnte.

13. Fragepartikel

Die Fragesätze werden in der Regel mit dem Fragepartikel mU gebildet, wo-bei deren Orthographie (



) dem Tschagatischen entspricht. In wenigen Fällen, ge-nau gesagt siebenmal, findet sich auch die osmanische, aserbaidschanische und kipt-schakische Schreibung desselben Partikels mI (



). Die Beispiele für mU: inanuban bolurmusen sen müslimān “wirst du glauben und Moslem werden?” 119, Yūsuf aydur qasd banga qıldunguz mu “ Yūsuf sagt: habt ihr beschlossen, gegen mich et-was Böses zu tun?” 371, Yūsuf aydur siz beni satarmusiz “Yūsuf sagt: verkauft ihr mich?” 869, bu künki kün benim hālim bilürmüsen “weißt du, in welcher Lage ich mich befinde?” 1090, ayā dāye bilürmüsen sen anı “oh Kinderfrau, kennst du ihn?”

2128, qadahdaġı şarāb sāfī degülmüdür “ist der Wein im Kelch nicht rein?” 2480, Zelīxā aydur kördüngmü angladıngmu “Zelīxā sagt: hast du es gesehen, hast du es verstanden?” 3443. Die Belege mit mI: Yaсqūb aydur āh dirīġā yetmiş kün miken

2128, qadahdaġı şarāb sāfī degülmüdür “ist der Wein im Kelch nicht rein?” 2480, Zelīxā aydur kördüngmü angladıngmu “Zelīxā sagt: hast du es gesehen, hast du es verstanden?” 3443. Die Belege mit mI: Yaсqūb aydur āh dirīġā yetmiş kün miken