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Die Orthographie der Dresdener Handschrift

Die Handschrift ist bis auf einige Ausnahmen nicht vokalisiert: Die Zitate aus dem Koran, die arabischen Sätze und einige Wörter wurden teilweise vokalisiert. Da die arabischen Sätze für einen ungebildeten Türken nicht lesbar sind, ist Vorgehens-weise verständlich. Der Schreiber wollte scheinbar durch die Vokalisierung einiger von ihm für problematisch gehaltenen Wörter eine Lesehilfe schaffen. Wir können uns aus den folgenden Beispielen ein Bild über seine Vorgehensweise verschaffen.

Während die Mehrheit der Verse mit arabischem Inhalt, z.B. a innaka lā-anta Yūsuf 4506, ana Yūsuf wa hāzā axī 4510, vokalisiert wurde, ist das bei einigen weni-gen nicht der Fall, beispielsweise fe-ekelehu-z-zi’bu 652, hāzā biżāсatunā 3782.

Der Schreiber hat ferner einzelne Wörter mit Vokalzeichen versehen: z.B.

mürüvvet 26, münevver 60, olur 64, muсayyen 749, kem 989, yüzin 1071, xulqıng 2288, bellü 2592, Yūsufa 3201, yalnına 3445, ümīdvār 3449, ekdigimizden 3512, dişing 3889, evvel 4143, büti 4344, soruban 4668.

Das Tenvinzeichen kommt öfters vor: Xālıqdan 437, andan 1228, kesen 3128, asısarven 4483, cemālin 497, qandalıġın 1118, yüzin 1128, özin 1816, birin birin 2285, ahvālin 3995, kėlsün 2203, qalsun 3712, cümlesün 3930.

Es ist noch zu bemerken, dass oldem nur in den Versen 1843, 2567 getrennt geschrieben wird. Die Wörter mi iken werden im Vers 613 kontrahiert um den Vers eine Silbe kürzer zu machen, und ergeben somit miken.

Vokale:

Die Vokale in Wörtern werden nicht immer plene geschrieben. Sogar ein und dasselbe Wort tritt im Text einmal plene einmal defektiv geschrieben auf.

 

kösterem 594,



kösterem 4552,

⌦

songra 594,

⌦ 

songra 1344,



ėseli 4574,



ėseli 4576,



qul 1051,



qul 1052,



qıldı 1167,



qıldı 2751,



telim 3328



telim 3541,



bilezük 3849,



bilezük 3900,



qızıl 2930,



qızıl 2932,



bėgler 1254,



bėgler 3276,



vėrdi 1143,



vėrdi 1392.

Einige Wörter, die mit dem Vokal a beginnen, werden in unserem Text manchmal mit langem Elif (

  )

geschrieben, z.B. āfāt 956, āxiret 772 oder bei türki-schen Wörtern āġlayu 694, ārpa 956, āltun 3283, āçı (



) 477. A und e im Auslaut werden sowohl mit Elif

(  )

als auch mit He

( ⌦ )

wiedergegeben: qurta (

⌫

) 730, (



) 732, songra (

⌦ )

4875, (

 )

591, toqunsa (

⌫ )

2473, (

 )

1162. Diese Schwankung können wir auch bei den Inlautvokalen beobachten: derin

(  )

477, (

 )

621, tutmaz (

 )

2466, körmez (



) 2819, döşekleri (

 )

3141, düşer (

 )

1354, (

 )

1365, (

 )

1534.

Labialvokale im Anlaut werden mit (

 )

geschrieben, selten tritt jedoch (



) am Wortende auf, wie in folgenden Beispielen: tileyinmü (

 )

47, qarşu (

 )

694, alqışlaşu (

 )

1456, bėrü (

 )

2259.

Konsonanten:

Einige Konsonanten werden miteinander verwechselt, was mit falscher Ab-schreibung oder mit Dialektdifferenzen zu erklären ist.

b↔p: Diese Verwechselung findet selten statt, der wahre Grund dafür ist womöglich die graphische Ähnlichkeit (

,

) der beiden Buchstaben in arabischer Schrift: öbe 299, öper 1004, bend 517, pend 1296, tabu 3077, tapu 1628, buşub 3035, puşar 3370, pıraq 3439, bıraq 469.

c↔ç: Die (

,

) Verwechselung ist öfters zu treffen, wobei der Grund so-wohl graphisch (beide sehen sehr ähnlich aus) als auch sprachlich (ç ist ost- und c ist südtürkisch) sein könnte: boruclı 2385, boruçlu 2386, qanca 3816, qança 2848, qarınca 2381, qarınça 2372, dilçe 3167, dilce 4448, сarabça 3809, сibrānīce 3833, yıġac 2177, yıġaç 2872.

d↔z: Nur bei dībā (



) tritt diese Ortographieinkonsequens auf, indem die-ses Wort fast immer zībā (



) geschrieben wird. Das lag nicht am Dialekt oder Schreibfehler der Abschreiber, sondern geht auf die vom Mittelpersischen entlehnte Form zībā “Brokat” (



)64 zurück.

t↔t: Dies ist ein willkürlicher Wechsel, der uns die Schwierigkeit des Unter-scheidens zwischen t und t, für das türkische Ohr zeigt: ġalat 212 statt ġalat, qatır 3223, qatır 1747, tolun ay 2260, tolun ay 3421, taġ 4070, taġ 2898.

h↔h↔x: Die Mehrheit der h,x-Schwankungen können durch die vergessenen oder zu viel gesetzten Punkte erklärt werden Zelīhā statt Zelīxā, uçmah statt uçmax, xased statt hased, hayqır- neben xaqır- und haqır-, xāżır 403 statt hāżır.

s↔s: Für diese Verwechselung bei den arabischen Wörtern ist wohl die Bil-dung des Abschreibers verantwortlich, bei türkischen Wörtern aber muss man den wahren Grund in unbefestigter Orthographie der Zeit oder in der Kollision der zwei unterschiedlichen (tschagataischen und ogusischen) Schrifttraditionen suchen: sāс 4463, sāġ 4097, songra 1344, songra 4875, hasad 380, hased 597.

с↔ġ: Den Wechsel  >  kennen wir von den nordwestlichen Turksprachen (Tatarisch, Kasachisch u. a.), die Ursache der wechselhaften Schreibung liegt im Dialekt der Abschreiber (des Autors?): ġār 184 für сār, Ġādī 476 für сĀdī, muġallaq 557 für muсallaq, ġaraba 2909 für сaraba, taġahhud 3564 für taсahhud, sāġ 4151 für sāс, ġayb 3934 für сayb.

v↔w: Die Schwankung v↔w ist uns bei den frühtschagataischen Dichtern bekannt. Der Grund war für diese Schwankung, dass das alttürkische b im In- und Auslaut zu w bzw. zu v wurde, wobei die erste Aussprache für die chorasmischen Dichter typisch war. Den Wechsel

ۋ

sehen wir sehen wir in unserem Gedicht mehrheitlich bei den türkischen Wörtern: sawçı “Prophet” 3508, 3527, 4165 und savçı id. 3670, 4136, 4137, yavlaq “übermäßig” 331, 1038, 1168 und yawlaq id. 218, 987, 2060, sev- “mögen” 454, 1635, 1638 und sew- id. 220, 988, 2307, ew “Haus”

64 сAlī Akbar Dexxodā, Luġat-nāma, Teheran 1329 (1950), Bd. 20.

605, 626, 4607 und ev id. 3747, 4023, 4586, deve “Kamel” 1062, 1156, 1210 und einmal wird im Vers 1747 tewe id. mit

ۋ

geschrieben. Eine Ausnahme ist für unser Werk, dass auch ein vom Arabischen entlehntes Wort schwankend mit

und

ۋ

ge-schrieben wird: devlet “Staat, Reich, Glück” 1919, 1954, 2341 und dewlet id. 152, 595, 767.

Der nasal ŋ wird überwiegend mit



wiedergegeben, während

weniger in Anspruch genommen wird. Die Schreibung mit

ist bekanntlich ogusisch, jene mit



tschagataisch.

tritt nur in seltenen Fällen auf und bezeichnet g (ėygü 176) oder ŋ (diŋle 315, qīmetiŋ 2009).

Suffixe:

Die Suffixe werden in der Regel mit dem Stamm verbunden geschrieben, sieht man von einigen Sonderfällen ab, z.B. vom Pluralsuffix -lar bei balıqlar 1438, qullar 1464. Die Fragepartikel wird wie ein Suffix behandelt, das heißt, auch sie werden der Regel mit dem Wortstamm zusammen geschrieben, sofern die Trennung nicht von den EDRO-Buchstaben erzwungen wird. Es gibt aber auch hier Ausnah-men: z.B. ay mu 614, rāst mu 939 ėrdüng mü 2604.

Der Verfasser beziehungsweise der Abschreiber hatte offenbar Schwierigkei-ten mit der Schreibung der Endung –ŋ, die er oftmals mit dem Genitiv -niŋ zu ver-wechseln scheint. So schreibt er satmanıng 873 statt satmang “ihr sollt nicht verkau-fen”, Xālıqnıng 1143 statt Xālıqıng “dein Schöpfer”, buyursanıng 1298 statt buyursang “wenn du befiehlst”.

DIE SPRACHE DER DRESDENER HANDSCHRIFT