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2. Empirische Befunde zur Vergletscherungsgeschichte des Rolwaling Himal und des

2.2 Zur rezenten, postglazialen und LGM-zeitlichen Vergletscherung des Kangchenjunga

2.2.3 Zusammenfassung der Befunde über den Kangchenjunga Himal

Die Befunde über die einzelnen Talschaften sind am Ende jedes Kapitels gruppiert worden und zusammenfassend dargestellt.

Die Zusammenschau der Indikatoren für das Ausmaß der Vergletscherung der be-handelten Talschaften des Kangchenjunga Himal zeigt, daß sich vier Vergletscherungs-phasen ausweisen lassen.

1. Die historischen Gletscherstände liegen in der Regel im direkten Vorfeld der Gletscher und zeichnen sich, insbesondere für die großen Gletscher, durch eine gute Formener-haltung der Moränen aus (Photo 92, Photo 121, Photo 111, Photo 10, Photo 149). Die Laterofrontalmoränen sind häufig im niedrigen Dekameterbereich gegliedert und weisen auf kleinere Schwankungen der Ausdehnung der Gletscherzunge hin, die nicht mit älteren Gletscherständen zu verwechseln sind.

2. Ein zweite Gruppe von Indikatoren vermittelt zu Eisrandlagen des Ghunsa Khola Gletschers in ca. 3700m (Photo 128), des Yamatri Gletschers in ca. 3500m (Photo 147)

und des Simbua Khola Gletschers in ca. 3500m (Photo 158). Das Tamur Khola ist in dieser Phase unvergletschert.

Nahe der Lokalität Kyapla belegen die Befunde eine Eisrandlage des Ghunsa Khola Gletschers in ca. 2400m (Photo 137). Eine vergleichbare ERL im Simbua Khola konnten nicht ausgewiesen werden.

3. Deutlich heben sich die Indikatoren für eine hochglaziale Eisfüllung des Ghunsa Khola und des Simbua Khola von den bisher berücksichtigten Befunden ab. Der hochglaziale Gletscher füllte die Talschaften bis zur Konfluenz der Täler mit dem Tamur Khola bis in ein Niveau zwischen mindestens 6000m im Talschluß (wahrscheinlich lag die Eisoberfläche deutlich höher, Photo 100, Photo 150) und ca. 2600m an den Talaus-gängen (Photo 97) aus. Mit hoher Wahrscheinlichkeit vereinigten sich nahe der Siedlung Hellok die Gletscherteilströme des Ghunsa Khola, des Nup Khola und des Simbua Khola zu einer Ablationszunge, die bis auf ca. 650m, d.h. bis in den Bereich der heutigen Siedlung Dobhan herab reichte (Photo 180). Es finden sich keine Hinweise, daß diese Ablationszunge von der Vergletscherung der Talflanken des Tamur Khola profitierte, d.h. im Tamur Khola ein Eisstromnetz bestand.

Von besonderer Bedeutung für die Interpretation der Befunde insbesondere zur hochgla-zialen Gletscherausdehung (Kapitel 3) werden die hohen Pegelbefunde der Lokalität Phale (Photo 135) im Ghunsa Khola und der Alm Nyamgyalama (Photo 161) im unteren Simbua Khola sein.

3. Ergebnisse

Mit Hilfe der im empirischen Teil durchgeführten morphologischen Analysen für die bearbeiteten Talschaften konnte gezeigt werden, daß die vorzeitlichen glazialen Über-prägungsgrenzen im Talquerprofil und die Oberkante glazialgeomorphologischer Formengemeinschaften geeignet sind, Gletscherpegel an verschiedenen Positionen im Längsprofil eines Tales zu rekonstruieren. Die Befunde aus den Haupttälern wurden mit Gletscherpegelbefunden in den Nebentälern in Beziehung gesetzt.

Diese Ergebnisse müssen, wie auch in den obigen Beschreibungen schon vollzogen, in die Überlegungen zur Absenkung der Schneegrenze, insbesondere für ausgedehnte Gletscherstände, eingehen.

Die Verwendung des Begriffes Schneegrenze ist in der Literatur, nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Methoden ihrer Bestimmung, nicht eindeutig (vgl. Kapitel 1.6.4).

Folgende Aspekte sind deshalb für die anschließenden Überlegungen von Bedeutung:

Der Wert, der die Schneegrenze beschreibt, wird als auf die Gletscheroberfläche proji-zierte „Isohypse“ verstanden. Ähnliches gilt für den spezielleren Begriff der Gleichgewichtslinie (GWL, engl. ELA equillibrium line altitude). Eine bessere be-griffliche Beschreibung liefert der Terminus Gleichgewichtsfront bzw. Schneegrenzfront als eine in drei Dimensionen beschriebene, im Gletscher liegende Fläche, die den Null-wertraum zwischen Ablations- und Akkumulationsgebiet beschreibt. Die Schneegrenze kennzeichnet den Austrittsstreifen dieser Front an der Gletscheroberfläche. In dieser Weise wird Schneegrenze im Folgenden verstanden.

Die morphologische Reliefanalyse bietet die Möglichkeit, minimale Gletscherpegel im Tallängsprofil (vgl. Photo 67 oder Photo 161) zu beschreiben und in eine eindeutige Beziehung zum Akkumulationsgebiet zu setzen - die gleiche Eindeutigkeit ist für die Beziehung zwischen Pegel und möglicher Eisrandlage nicht herzustellen. Die Verknüpfung von einer Eisrandlage und einem Gletscherpegel ist in einer im Einzelfall zu fassenden Spanne wahrscheinlich zu machen.

Die Eisoberfläche des Gletschers zwischen Pegelbefund und Akkumulationsgebiet ist zu rekonstruieren, die berechnete Schneegrenze wird auf die Eisoberfläche übertragen. Alle Bereiche zwischen dem Schnittpunkt der Schneegrenze und der empirisch belegten Eisoberfläche sind dem Akkumulationsgebiet zuzuordnen. Die notwendigen, das Einzugsgebietes geometrisch beschreibenden Parameter sind zu erfassen. Mit Hilfe einer Abschätzung des Ablationsgebietes läßt sich der vorzeitliche Gletscher typologisch fassen und hinsichtlich der Ausdeutungsmöglichkeit das Klima bzw. die Dynamik betreffend enger mit rezenten Gletschern vergleichen.

Eine Schwierigkeit ergibt sich aus Einbußen hinsichtlich der Vergleichbarkeit der ent-sprechenden Befunde zur Absenkung der Schneegrenze mit den Ergebnissen anderer Autoren. Bereits im empirischen Teil ist im Zusammenhang mit der Inventarisierung der rezenten Vergletscherung deutlich gemacht worden, daß in Abhängigkeit vom Gletscher-typ bzw. von der reliefgesteuerten Beziehung zwischen Nähr- und Zehrgebiet die Höhenlage der Schneegrenze stark differieren kann (vgl. Kapitel 1.6.4).

Besonders hinzuweisen ist auf die Konsequenz, daß die Höhenlage der Schneegrenze auch innerhalb eines Zeitraumes veränderlich ist, der klimatisch als einheitlich verstanden wird. Als Reaktion auf eine beispielsweise abgeschlossene Veränderung des Klimafaktors Niederschlag reagiert der Gletscher, in Abhängigkeit der Faktoren Klima und Relief, mit einer kontinuierlichen Formveränderung. Diese Formveränderung verschiebt u. U. das Winkelverhältnis zwischen Akkumulations- und Ablationsgebiet des Gletschers - es resultiert eine Verlagerung der Schneegrenze in einem Maß, das der Erhaltung des morphologisch modifizierten Gletschers gerecht wird. Selbstverstärkungseffekte als Resultat der Veränderung des Lokalklimas sind hier noch nicht berücksichtigt. Von besonderer Bedeutung können Änderungen der Gletscherdynamik in Abhängigkeit von der Temperatur des Eises sein. Die obere Gletschergrenze gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

3.1 Die vorzeitliche Eisausdehnung im Rolwaling und Kangchenjunga Himal