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Die Befunde aus dem Rolwaling Himal und dem Kangchenjunga Himal im Vergleich

2. Empirische Befunde zur Vergletscherungsgeschichte des Rolwaling Himal und des

3.3 Die Befunde aus dem Rolwaling Himal und dem Kangchenjunga Himal im Vergleich

Ein Vergleich mit den Ergebnissen anderer Autoren ist u.a. aufgrund unterschiedlicher methodischer Ansätze häufig nicht eindeutig möglich. Unterschiedliche Auffassungen zur relativen zeitlichen Stellung der Befunde sind dabei ein Kernproblem. Zusätzlich wird die vergleichende Interpretation der Ergebnisse durch die häufig nur sehr knappe Darstellung der empirischen Befunde in den verschiedenen Talschaften kompliziert.

So beschreibt USSELMANN (1980) für den Langtang Himal eine ERL in ca. 2400m im Langtang Khola, die er ins LGM stellt und kartiert unterhalb des Gosainkund Moränen, die bis ca. 2450m herabreichen. Diese Grundmoränenreste kombiniert USSELMANN (ebd.) mit einem Einzugsgebiet, das im Mittel ca. 5000m hoch ist. Dies entspräche einer ungefähren Lage der Schneegrenze in ca. 3725m ((5000+2450)/2=3725).

HEUBERGER et al. (1984) rekonstruieren eine LGM-zeitliche Schneegrenze im Langtang Himal in ca. 4300m (d.h. ca. 1100m bis 1200m unter der rezenten Schneegrenze), deren

zugehörige ERL deutlich unter 2400m herabgereicht haben muß. ONO (1986) schließt sich dieser Überlegung an.

SHIRAIWA u. WATANABE (1991) postulieren eine Eisrandlage auf der Basis des Endes eines Trogtales in 2600m. Diese muß nach Ansicht der Autoren älter sein als die "late Quaternary Langtang Stage" (3650-3000yr.BP ebd. S.416, 3650-3310yr.BP WATANABE

1998). Hinweise auf eine potentielle LGM Eisrandlage beschreiben die Autoren nicht.

BÄUMLER et al. (1996) bestätigen im wesentlichen die von WATANABE (1998) publizierte Geochronologie. Auf der Basis eigener Feldarbeiten gelangt der Autor zu der Ansicht, daß ein LGM Eisstromnetz deutlich südlich von Dhunche geendet haben muß, so daß die genannten ERL u.U. mit den in der vorliegenden Arbeit ausgewiesenen spätglazialen Eisrandlagen zu korrelieren sind.

Östlich des Langtang Khola schließt sich das Bote Chu, ein Durchbruchstal zu Tibet an, das im unteren Abschnitt ebenfalls vom Autor besucht werden konnte. KUHLE (1988b, 1999:4) kann u.a. durch erratische Blöcke aus dem Shisha Pangma Massiv belegen, daß eine Auslaßzunge des Tibetischen Inlandeises im Bo Chu bis ca. 4km nördlich von Barabishe, d.h. bis in ca. 700m gereicht hat. Diese Eisrandlage ist dem LGM (18000 bis 60000 aBP) zuzuordnen (ebd.) und stimmt hinsichtlich des zu rekonstruierenden Eiskörpers mit den hier vorgelegten Befunden aus dem Bhote Kosi überein.

Für den Khumbu Himal weist HEUBERGER (1956:356) eine ERL im Dudh Kosi südlich von Ghat in ca. 2500m aus und beschreibt Erratika in 2900m Höhe, d.h. mindestens 400m über der Tiefenlinie. FUSHIMI (1978: Fig. 10) beschreibt ein vorzeitliches Eisstromnetz, das bis südlich von Lukla (2800m) reichte (hier ist der Gletscher noch ca. 400m mächtig) und kartiert flächenhaft Grundmoräne im Talabschnitt nahe der Siedlung Lukla (FUSHIMI

1978: Fig.6).

HEUBERGER u. WEINGARTNER (1985) ermitteln auf der Basis pedologischer Befunde eine

„maximale Ausdehnung der letzten Hauptvereisung“ im Dudh Kosi, die südlich von Ghat unterhalb von ca. 2400m liegt. Unklar bleibt u.a., warum die beschriebene Eisrandlage der maximalen Eisausdehnung zuzuordnen ist.

KUHLE (1986a, 1987, 1999, 2002:297) belegt eine LGM Eisrandlage eines Dudh Kosi Gletschers durch glazigenes Sediment in ca. 1580m und ergänzende Befunde, die dem Prinzip der glazialgeomorphologischen Lagebeziehung gerecht werden. KUHLE (1982, 1987:406) berechnet eine Schneegrenzabsenkung von 1530m für die letzte hochglaziale Periode. Die Befunde von KUHLE (1982: Fig. 2) für das sich südlich des Cho Oyu anschließende Einzugsgebiet (Ngozumpa Khola) zeigen, daß eine LGM zeitliche Ausdehnung der Gletscher außerhalb der Konfluenz von Dudh Kosi und Bhotekosi Nadi gelegen haben muß. KUHLE (1998b, 1999) versteht die Vergletscherung des Bhote Kosi Nadi, d.h. des Tales südlich des Nangpa La (5710m, nördlich: Kyetrak Gletscher), als Teil einer Auslaßgletscherzunge des Südtibetischen Eisstromnetzes. Südlich von Namche

Bazar konfluierten die Eisstromnetze des Bhote Kosi Nadi und Kyetrak Gletschers mit der Vergletscherung aus dem Everest Einzugsgebiet, das mit dem Rongbuk Gletscher kombiniert war (KUHLE 1988b:505). Eine Situation, die mit der im oberen Ghunsa Khola (Kangchenjunga Himal) vergleichbar ist. Die relativ hohe Eisrandlage im Dudh Kosi überrascht. Es handelt sich jedoch um einen Mindestwert, mit einer tieferen Lage der ERL ist zu rechnen.

BÄUMLER et al. (1991) schließen sich der Ansicht von HEUBERGER u. WEINGARTNER (1985) an und positionieren eine LGM Eisrandlage südlich von Ghat in ca. 2400m. Ergänzende geomorphologische Befunde dokumentieren sie nicht, so geht es weniger um den Nachweis der maximalen Eisausdehnung als um die relative zeitliche Einordnung der Befunde von HEUBERGER u. WEINGARTNER (1985).

Für das sich westlich des Dudh Kosi anschließende Beni Khola weist BÄUMLER (2001) eine Eisrandlage in ca. 2670m aus. Die Gletscher reichten nach Ansicht von BÄUMLER

(ebd.) aus einem im Mittel kaum über 5800m hohen Einzugsgebiet ca. 1000m tiefer herab als die des um ca. 1500m bis 1800m höheren Einzugsgebietes des oberen Khumbu Himal.

Für den Bereich zwischen Khumbu Himal und Kangchenjunga Himal beschreibt KUHLE

(1991, 1998a) auf der Basis glazialgeomorphologischer Feldarbeiten für das Arun Khola eine ERL in ca. 500m Höhe („...or even somewhat lower ...“ KUHLE 1998a:87) und ca.

20km südlich der Konfluenz von Arun Khola und Barun Khola, und er belegt die Konfluenz dieses Eisstromes mit dem Südtibetischen Eisstromnetz.

Östlich des Khumbarkarna Himal schließt sich der Kangchenjunga Himal und zunächst das Nup Khola an. Für diese Talschaft liegt bisher keine Vergletscherungsgeschichte vor.

Der Kangchenjunga Himal wird in der vorliegenden Schrift behandelt (vgl. Kapitel 1.4).

Die ersten geomorphologischen Explorationen aus dem Sikkim Himal sind im Rahmen der bereits oben genannten frühen Kangchenjunga Expeditionen durchgeführt worden.

Für die tieferen Lagen, d.h. unterhalb von ca. 3200m, fehlen in diesen Arbeiten Hinweise auf die vorzeitliche Gletscherausrbreitung. Das Kerninteresse der Expeditionen von FRESHFIELDund auch DYHRENFURTH lag dabei sicher auf anderen Schwerpunkten. Aktuelle Feldforschungen zur hocheiszeitlichen Vergletscherungsgeschichte des Sikkim Himal sind bisher nicht publiziert.

Ergänzend muß auf die Befunde aus dem Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu Himal verwiesen werden. Die ausführlichste glazial-geomorphologische Bearbeitung des Dhaulagiri Himal und Annapurna Himal stammt von KUHLE (1982). KUHLE (ebd.) extrapoliert für den Talabschnitt des Kali Gandaki nahe der Siedlung Ghasa eine hoch-glaziale Eismächtigkeit von ca. 1200m bis 1600m, der Gletscher reichte Dekakilometer

weiter herab und endete in ca. 1000m (ebd.:S. 50), nahe des Talausganges des Aul Khola. KUHLE(1997, 1998a) belegt ein Vorstoßen der Gletscher im Marsyandi Khola bis ca. 460m nahe Dumre und im Madi Khola bis 630m.

OWEN et al. (1998) kartieren die tiefste ERL im Kali Gandaki in ca. 2000m südlich der Siedlung Ghasa (2000m); der zugehörige Gletscher floß aus der Nilgiri Gruppe. Der LGM Gletscher im Miristi Khola reichte nach Ansicht der Autoren nicht unter 1900m, trotz eines ca. 500m bis 800m höheren Einzugsgebietes. Diese Diskrepanz wird in der Arbeit weder begründet noch kritisch reflektiert. Des weiteren beschreibt FORT(1995 in OWENet al. 1998) eine Last Glacial ERL in 1130m im Seti Khola, südlich von Annapurna III (7555m) und Annapurna IV (7524m). 10km östlich reichte nach Ansicht von FORT

(ebd.) die maximale Gletscherausdehnung bis 1200m (Taprang) herab.

JACOBSEN(1990:70) gelangt auf der Basis glazialgeomorphologischer Geländearbeiten im Manaslu Himal zu der Auffassung, daß „eine maximale Vergletscherung in den Haupttälern bis fast 1000m herabreichte, ...“ und „dem letzten Hochgalzial (Würm)“

zuzuordnen ist. Für das Buri Gandaki weist KUHLE (1998a) eine LGM Eisrandlage in ca.

680m nach.

Der Vergleich der Befunde aus den Untersuchungsgebieten Rolwaling Himal und Kangchenjunga Himal zeigt, daß Eisrandlagen, deren Höhen erheblich voneinander abweichen, auf der Basis der berechneten Schneegrenzabsenkung relativ gut miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Dies gilt auf der Basis der Berücksichtigung der Gletschermorphologie bei der Berechnung der Schneegrenze. Die Kombination der Ergebnisse anderer Autoren, die einen anderen methodischen Ansatz verfolgen, mit den eigenen Befunden ist somit problematisch. Die geomorphologischen Indikatoren für tiefste Eisrandlagen zwischen 500m und 1000m in den verschiedenen Talschaften belegen eindeutig ein Herabreichen der Gletscher bis in dieses Höhenniveau der großen Talschaften der Himalaya Südabdachung. Die Abweichung der Eisrandlagen in den einzelnen Talschaften in dieser Höhenstufe wird vor dem Hintergrund der verschiedenen orographischen und gletschermorphologischen Rahmenbedingungen verständlich.

Deutlich höhere Eisrandlagen in den genannten Talschaften repräsentieren somit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die maximale Vergletscherung der Täler und sind spät-glazialen und jüngeren Vergletscherungsphasen zuzuordnen.

4. Zusammenfassung

Auf der Basis empirischer glazialgeomorphologischer Befunde und Analysen wurden in den Untersuchungsgebieten Indikatoren für das Ausmaß vorzeitlicher Vergletscherungs-phasen (Karte 1 und Karte 3), insbesondere der letzthochglazialen Vergletscherung, ausgewiesen und aus diesen die entsprechenden Gletscherausdehnungen rekonstruiert.

Auf der Basis der Rekonstruktion der Morphologie der jeweiligen Gletscherzunge wurde das Maß der anzunehmenden Absenkung der Schneegrenz ermittelt. Die Gletscherstände wurden in ein bestehendes System zeitlicher Einordnung integriert (KUHLE 1999: Table 1).

Die ausgewiesenen Indikatoren für historische, neoglaziale und spätglaziale Gletscher-stände in den Untersuchungsgebieten lassen sich gut miteinander in Beziehung setzen und sind deutlich von den Indikatoren für die hochglaziale Vergletscherung der Talschaften abzugrenzen (Karte 1 bis Karte 4).

Das hochglaziale Eisstromnetz im Rolwaling Himal reichte bis mindestens 950m Höhe herab und endete nahe Singali Bazar. Der im Bereich des Talausganges des Rolwaling Khola ca. 1,8km mächtige Gletscher im Bhote Kosi wird nur als Auslaßzunge eines Süd-tibetischen Eisstromnetzes verständlich, hingegen wäre die rekonstruierte Vergletscherung des Rolwaling Khola auch aufgrund der lokalen Geländesituation vorstellbar. Wahrscheinlicher ist, daß über weite Bereiche der Rolwaling Nordabdachung eine Konfluenz zum Südtibetischen Eisstromnetz bestanden hat (Abbildung 11, Abbildung 15).

Eine Absenkung der Schneegrenze von rezent 5350m auf 4200m, d.h. um ca. 1150m, wäre dabei ausreichend, um den hochglazialen Gletscher zu erhalten; dies berücksichtigt die Morphologie des rekonstruierten Gletschers. Leitet man die Schneegrenzabsenkung nur aus den Parametern der mittleren Kammumrahmung und der tiefsten Eisrandlage ab, ergäbe dies den Wert ca. 1650m.

Das maximal 86km lange hochglaziale Eisstromnetz im Kangchenjunga Himal reichte bis ca. 650m Höhe nahe der Siedlung Dobhan hinab. Der Gletscher erreichte dabei eine Mächtigkeit von bis zu ca. 1700m im mittleren Ghunsa Khola (Abbildung 29, Abbildung 38 und Abbildung 48).

Die reale Schneegrenze dieses Gletschers lag in ca. 4100m, d.h. ca. 1300m bis 1400m unterhalb der rezenten klimatischen Schneegrenze. Auf der Basis der mittleren Höhe der Kammumrahmung und der tiefsten Eisrandlage berechnet sich die Schneegrenze zu ca.

3525m; dies entspräche einer Absenkung von ca. 1950m bis 2000m.