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Die Untersuchung der Photochemie des 3-Hydroxyflavons in Heliumtr¨opfchen demon-striert, daß die intramolekulare Protonenumlagerung dieses Molek¨uls auch im

Helium-tr¨opfchen v¨ollig ungest¨ort stattfindet. Heliumtr¨opfchen eignen sich also in der Tat als

”ultrakaltes Nanolabor“ [TVW01], um chemische Reaktion zu studieren. Weiterhin wird deutlich, daß Schwingungsenergie, die nach dem Protonentransfer in der tautomeren Form des Molek¨uls enthalten ist, in das Heliumtr¨opfchen dissipiert. Es war also m¨oglich, ein Emissionsspektrum ausgehend vom Schwingungsgrundzustand des elektronisch angereg-ten tautomeren Zustandes aufzunehmen (siehe Abbildungen 11.2 und 11.3). Einer Linien-formanalyse des Ursprungs des Emissionsspektrums mit einer Voigtfunktion konnte eine homogene Linienbreite von 22,5(±0,3) cm1 entnommen werden (siehe Abbildung 11.4).

Daraus wurde eine Geschwindigkeitskonstante der Protonenr¨uck¨ubertragung im elektro-nischen Grundzustand vonkT N = 4,2(±0,1)·1012s1 ermittelt. Der inhomogene Beitrag zur Linienform von 27,2(±0,5) cm1, der aus der Voigtanpassung erhalten wurde, ist deut-lich gr¨oßer als die Apparatefunktion und muß somit auf Inhomogenit¨aten des Molek¨uls in den Heliumtr¨opfchen zur¨uckgef¨uhrt werden.

Bei der Untersuchung der Photochemie der Komplexe aus 3-Hydroxyflavon und Was-sermolek¨ulen erwies es sich von großem Vorteil, daß in Heliumtr¨opfchen die St¨ochiometrie eingelagerter Komplexe bestimmt werden kann. Es ist deshalb die sichere Aussage m¨oglich, daß Komplexe aus 3-Hydroxyflavon mit einem oder zwei Wassermolek¨ulen Protonentrans-fer im elektronisch angeregten Zustand zeigen. Dieses Resultat gilt f¨ur alle Komplexiso-mere, die integral gemessen wurden. Außerdem wurde aus den Emissionsspektren der Hinweis gewonnen, daß bei Komplexen aus 3-Hydroxyflavon mit drei bis sieben Wasser-molek¨ulen der Protonentransfer im elektronisch angeregten Zustand teilweise unterbunden wird.

In zuk¨unftigen Untersuchungen der Photochemie des 3-Hydroxyflavons und seiner Komplexe mit Wasser sollte auf jeden Fall das Anregungsspektrum in Heliumtr¨opfchen gemessen werden. Interessant w¨are dabei, wie groß die inhomogene Verbreiterung der ein-zelnen Linien ist. Der gr¨oßte Vorteil best¨unde allerdings darin, daß zur Messung der Emis-sionsspektren gezielt auf einzelnen ¨Uberg¨angen des Anregungsspektrums angeregt werden k¨onnte. Aus dem D¨usenstrahl ist bekannt, daß die Anregungs¨uberg¨ange der Komplexe aus 3-Hydroxyflavon und einem oder zwei Wassermolek¨ulen rotverschoben sind gegen¨uber den Linien des reinen 3-Hydroxyflavons. Es b¨ote sich damit in Heliumtr¨opfchen die M¨oglichkeit gezielt auf ¨Uberg¨angen der 3-Hydroxyflavon-Wasser-Komplexe anzuregen. Dar¨uber hin-aus k¨onnen m¨oglicherweise sogar Strukturisomere einzelner Komplexe vermessen werden.

Vielleicht w¨aren dann auch genaue Vergleiche der Linienbreiten der Emissionsspektren des 3-Hydroxyflavons und seiner Komplexe mit Wasser m¨oglich.

Mit der vorliegenden Arbeit werden die ersten umfassenden Untersuchungen von Emis-sionsspektren von Molek¨ulen in Heliumtr¨opfchen pr¨asentiert. Es wurden die Emissions-spektren der Molek¨ule Phthalocyanin, Phthalocyanin-Ark(k= 1,2,3), Magnesium-Phtha-locyanin, Tetracen, Pentacen und Perylen aufgenommen. Die Emissionsspektren bestehen aus scharfen Linien, deren Breite von ca. 1 cm1 fast durchweg durch die Aufl¨osung des Spektrographen bestimmt war. Emission wurde in allen F¨allen erst nach der Dissipation jeglicher Schwingungsenergie des eingelagerten Teilchens in das Heliumtr¨opfchen beobach-tet. Dies verdeutlicht das exzellente K¨uhlverm¨ogen der Heliumtr¨opfchen. Dar¨uberhinaus wurden im wesentlichen zwei Effekte in den Emissionsspektren gefunden, die auf die Wech-selwirkung des Gastteilchens mit dem Heliumtr¨opfchen zur¨uckgef¨uhrt wurden, und somit detaillierte Einblicke in die Solvatation von Molek¨ulen in Heliumtr¨opfchen zulassen: (1) Al-le Emissionslinien der drei untersuchten Phthalocyanine in Heliumtr¨opfchen zeigen eine Aufspaltung in zwei oder drei Komponenten. Aus den Spektren konnte abgeleitet werden, daß dabei Emission identischer Molek¨ule in unterschiedlichen L¨osungsmittelumgebungen sichtbar wird. Dieser Effekt war bislang noch nicht bekannt und wurde mit einem Mo-dell erkl¨art, nach dem die direkte Heliumumgebung des eingelagerten Molek¨uls oder Mo-lek¨ulkomplexes nach dessen elektronischer Anregung relaxieren kann, und sich somit die elektronische ¨Ubergangsfrequenz des Gastteilchens ver¨andert, ohne daß dessen Schwin-gungsfrequenzen beeinflußt werden. (2) Die Emissionssignale bestehen aus einer scharfen Linie, an die sich rotverschoben dazu ein breites Signal anschließt. Das scharfe Signal wurde als rein molekularer ¨Ubergang des eingelagerten Teilchens identifiziert und der rotverschobene Fuß als Elementaranregungen der Heliumumgebung, die an den moleku-laren ¨Ubergang gekoppelt sind. Solche Phononenseitenbanden sind in Heliumtr¨opfchen bisher nur in Anregungsspektren beobachtet worden [HMT+96, HLTV02]. Der Vergleich der Meßdaten der Serie von untersuchten Molek¨ulen erlaubt den Schluß, daß es sich bei beiden gefundenen Effekten in den Emissionsspektren um generelle Ph¨anomene handelt.

Simulationen haben gezeigt, daß große organische Molek¨ule von der Art, wie sie hier untersucht worden sind, eine direkte Heliumumgebung aufweisen, die vom jeweiligen Wech-selwirkungspotential des eingelagerten Teilchens zum Helium bestimmt wird und deshalb nicht superfluide ist [KW01, HWW04]. Der beobachtete Vervielfachungseffekt in den Emissionsspektren der untersuchten Phthalocyanine wird als Konsequenz einer Umlage-rung dieser ersten Heliumschale interpretiert. Die Struktur der in den Emissionsspektren sichtbaren Phononenseitenbanden wird auf Anregungen dieser direkten Heliumumgebung zur¨uckgef¨uhrt. Die beobachteten Effekte in den Emissionsspektren k¨onnen also vollst¨andig

lek¨ul zur¨uckgef¨uhrt werden. Direkte Hinweise auf die Superfluidit¨at der Heliumtr¨opfchen, die aus der Phononenseitenbande des Glyoxals [HMT+96] und aus der Rotationsstruktur des OCS [GTV98] erhalten wurden, k¨onnen aus den hier vorgestellten Emissionsspektren also nicht erlangt werden. Unter der Ber¨ucksichtigung der Beobachtung, daß das Anre-gungsspektrum des Tetracens in normalfl¨ussigen 3Heliumtr¨opfchen eine Linienbreite von ca. 5 bis 10 cm1 zeigt [P¨or00], was deutlich ¨uber dem Wert von 0,2 cm1 liegt [HLTV01], der in 4Heliumtr¨opfchen gefunden wurde, stellt sich die Frage, ob die Superfluidit¨at des ubrigen¨ 4Heliumtr¨opfchens abgesehen von der ersten Heliumschale um das eingelagerte Molek¨ul eine Voraussetzung daf¨ur darstellt, daß scharfe Emissionssignale ¨uberhaupt zu beobachten sind. Dies kann durch die Messung von Emissionsspektren in normalfl¨ussigen

3Heliumtr¨opfchen ¨uberpr¨uft werden.

Mit Hilfe der Emissionsspektroskopie konnten in der Frequenzdom¨ane die Energie-zust¨ande der direkten Heliumumgebung um die eingelagerten Phthalocyanine untersucht werden. In weitergehenden Experimenten sollte die Dynamik der Relaxation dieser He-liumschale in der Zeitdom¨ane erforscht werden. Dazu w¨urde sich die zeitkorrelierte Ein-zelphotonenspektroskopie eignen (siehe zum Beispiel [PDW97]). Aus der hier beobachte-ten Vervielfachung der Emissionslinien wurden Informationen ¨uber quantisierte Zust¨ande der direkten Heliumumgebung um die eingebetteten Phthalocyanine abgeleitet. Zur Ve-rifizierung der Zuordnung dieses Effektes k¨onnen weitergehende Simulationen der ersten Heliumschale durchgef¨uhrt werden. Die Simulation der Heliumumgebung zusammen mit einem elektronischen ¨Ubergang eines eingelagerten Molek¨uls ist zur Zeit noch sehr schwie-rig [HW03]. Das Augenmerk sollte sich deshalb zun¨achst auf die Struktur der direkten Heliumumgebung um das eingelagerte Teilchen im elektronischen Grundzustand konzen-trieren. Die Simulation verschiedener Strukturisomere der Heliumschale erg¨abe Hinweise auf die M¨oglichkeiten, die sich der Heliumschale zur Relaxation und damit zur Ausbildung verschiedener Zust¨ande bieten, deren Existenz zur Erkl¨arung des Vervielfachungseffektes der Emissionsspektren postuliert wurde. Nach der hier getroffenen Zuordnung wird in den Phononenseitenbanden das Anregungsspektrum der Heliumumgebung sichtbar. Dies kann durch die Simulation von Anregungszust¨anden der Heliumschale, die an molekulare Uberg¨¨ ange gekoppelt sind, ¨uberpr¨uft werden.

Im Vergleich zu festen Matrizen sind die Auswirkungen der Heliumtr¨opfchen auf Emis-sionsspektren eingelagerter Teilchen gering und lassen sich leicht isolieren. Somit best¨ a-tigen die hier vorgestellten Experimente, daß sich die Heliumtr¨opfchen als

”ultrakaltes Nanolabor“ [TVW01] zur Untersuchung molekularer Prozesse in Chemie, Biologie und Physik eignen.

Die Untersuchung der Photochemie des 3-Hydroxyflavons in Heliumtr¨opfchen demon-strierte klar die Vorteile, die die Heliummatrix gegen¨uber anderen Matrizen und gegen¨uber dem D¨usenstrahl aufweist. Die Eigenschaft des Heliums, eingelagerte Teilchen zu k¨uhlen, erlaubte die Messung von relativ scharfen Emissionsspektren aus dem tiefsten Schwin-gungszustand der tautomeren Form des 3-Hydroxyflavons. Deshalb konnte aus der Linien-breite der Emissionslinien auf die Geschwindigkeit der Protonenr¨uck¨ubertragung im

elek-tronischen Grundzustand geschlossen werden. Die gezielte Dotierung der Heliumtr¨opfchen mit einer variablen Anzahl von Fremdteilchen er¨offnete die M¨oglichkeit, den Einfluß ein-zelner Wassermolek¨ule auf die Tautomerisierungseigenschaften des 3-Hydroxyflavons zu untersuchen. Es konnte die definitive Aussage getroffen werden, daß die Anlagerung von bis zu zwei Wassermolek¨ulen an das 3-Hydroxyflavon den Protonentransfer im elektro-nisch angeregten Zustand nicht unterbindet. Die Weiterf¨uhrung der Untersuchungen zur Photochemie des 3-Hydroxyflavons in Heliumtr¨opfchen mit einem durchstimmbaren Laser in dem Bereich der elektronischen Anregung der Normalform des Molek¨uls sollte weitere interessante Ergebnisse liefern. Es k¨onnte dann gezielt auf den einzelnen ¨Uberg¨angen der verschiedenen Komplexe aus 3-Hydroxyflavon und Wasser angeregt werden. Außerdem k¨onnte die ungew¨ohnlich große inhomogene Verbreiterung weiter untersucht werden, die in den Emissionsspektren der tautomeren Form des Molek¨uls beobachtet worden ist.

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