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Erzeugung und Eigenschaften von Heliumtr¨ opfchen

Helium ist das einzige Element, das bis zu Temperaturen nahe des absoluten Null-punktes ߬ussig bleibt [WB87]. In der Abbildung 2.1 ist das P-T-Phasendiagramm des

4He-Isotops zu sehen. Die durchgezogenen Linien stellen die Phasengrenzen zwischen gasf¨ormigem, fl¨ussigem, superfluidem und festem Helium dar. Die sogenannte λ-Linie trennt die fl¨ussige von der superfluiden Phase. Helium wird erst bei Dr¨ucken > 25 bar fest.

Eine M¨oglichkeit der Erzeugung von Heliumtr¨opfchen ist die adiabatische Expansion von hochreinem Heliumgas durch eine D¨use ins Vakuum bei D¨usentemperaturenT0 von 5-25 K und Stagnationsdr¨uckenP0 von 5-80 bar [BKN+90]. Die Expansion verl¨auft entlang einer Isentropen, deren Anfangspunkt durch die jeweiligen Quellbedingungen (T0 undP0) festgelegt ist. In der Abbildung 2.1 sind typische Isentropen f¨ur verschiedene Werte von T0 undP0 eingezeichnet. Es werden drei Bereiche unterschieden [BKN+90] (I, II und III, siehe Abbildung 2.1): Im Bereich I trifft das expandierende Helium von der gasf¨ormigen Seite her auf die Phasengrenze gasf¨ormig-fl¨ussig und Heliumtr¨opfchen bilden sich durch Kondensation von gasf¨ormigem Helium. Die sogenannte kritische Isentrope (Bereich II) verl¨auft direkt durch den kritischen Punkt (Tc = 5,2 K und Pc = 2,3 bar). Im Be-reich III schließlich stoßen die Isentropen von der fl¨ussigen Seite her auf die Phasengrenze gasf¨ormig-fl¨ussig und Heliumtr¨opfchen entstehen durch Fragmentation von fl¨ussigem Heli-um. Die Bereiche I und III werden auch als unter- bzw. ¨uberkritischer Bereich bezeichnet.

Im unterkritischen Bereich verh¨alt sich das Helium nahezu wie ein perfektes Gas, deshalb gilt dort f¨ur die IsentropenP·Tγ/(γ1) = konstant. Im doppelt-logarithmisch dargestell-ten P-T-Phasendiagramm entspricht diese Funktion einer Geraden. γ ist der Quotient aus cP, der spezifischen W¨armekapazit¨at bei konstantem Druck, undcV, der spezifischen W¨armekapazit¨at bei konstantem Volumen. F¨ur die Isentropen in den Bereichen II und III k¨onnen, anders als f¨ur den Bereich I, keine analytischen Gleichungen angegeben werden.

Die Heliumtr¨opfchen, die sich unter den unterschiedlichen Bedingungen in den drei verschiedenen Bereichen bilden, unterscheiden sich durch ihre mittlere Gr¨oße, ihre Gr¨ o-ßenverteilung [LST93, HTD98, JN92, KH99, Sch93] und ihre Geschwindigkeitsverteilung

Temperatur T / K

2 3 4 5 6 7 8 910 20

Druck P / bar

0.1 1 10 100

fest

superfluid

flüssig

gasförmig

λ-Linie

krit. Isentrope

I II

Tc= 5,2 K Pc= 2,3 bar

III

Abb.2.1: Phasendiagramm von 4Helium in doppelt-logarithmischer Auftragung. Die durchgezogenen Linien sind die Phasengrenzen, die unterbrochenen sind Isen-tropen, entlang derer das Helium aus der D¨use expandiert (nach [BKN+90]). Tc und Pc sind Temperatur und Druck des kritischen Punktes.

[BKN+90, HTK97]. Im unterkritischen Bereich wurde die Tr¨opfchengr¨oßenverteilung und damit die mittlere Tr¨opfchengr¨oße aus der Ablenkung des Tr¨opfchenstrahls durch Streuung an einem Sekund¨arstrahl aus schweren Molek¨ulen (SF6, Kr, Ar) ermittelt [LST93, HTD98].

Im ¨uberkritischen Bereich konnte diese Streumethode nicht angewendet werden, da die Tr¨opfchen zu groß und damit die durch die Streuung bewirkten Ablenkwinkel zu klein sind.

Deshalb wurde hier die Tr¨opfchengr¨oßenverteilung aus der Ablenkung zuvor elektrisch geladener Tr¨opfchen bestimmt [JN92, KH99]. Dabei konnten allerdings nur Tr¨opfchen mit einer Gr¨oße von 105 < N < 108 Atomen erfaßt werden. In beiden Bereichen, dem unterkritischen und ¨uberkritischen, gilt die Regel, daß bei konstantem Stagnationsdruck die mittlere Tr¨opfchengr¨oße mit abnehmender D¨usentemperatur zunimmt.

Es stellte sich heraus, daß im unterkritischen Bereich die Tr¨opfchengr¨oßenverteilung durch eine log-normal Verteilung gegeben ist [LST93]:

f(N) = 1 N σ√

e

(lnN−µ)2

2σ2 , (2.1)

mit den beiden Parameternµund σ. In [Sch93] sind diese beiden Parameter f¨ur verschie-dene Quellbedingungen bestimmt worden. F¨ur die mittlere Tr¨opfchengr¨oße ¯N und die

T0 = 14 K T0 = 13 K T0 = 12 K T0 = 11 K

Tr¨opfchengr¨oßeN

Anteil/104

40000 30000

20000 10000

0 2,0

1,5

1,0

0,5

0

Abb.2.2: Tr¨opfchengr¨oßenverteilung bei einem Stagnationsdruck von P0 = 20 bar und den jeweils angegebenen D¨usentemperaturenT0. Die Kurven sind nach der Glei-chung 2.1 berechnet worden. F¨ur die Parameterµundσ wurden die gemessenen Werte aus [Sch93] eingesetzt.

Standardabweichung S gilt:

N¯ = eµ+σ2/2 (2.2)

S = N¯

eσ21. (2.3)

Die Breite der Verteilung steigt mit zunehmender mittlerer Gr¨oße an. Empirisch wurde folgender Zusammenhang gefunden [Sch93]: ∆N1/2 = 0,88(±0,06)·N¯, wenn mit ∆N1/2 die volle Halbwertsbreite der Tr¨opfchengr¨oßenverteilung bezeichnet wird. In der Abbil-dung 2.2 sind vier verschiedene Tr¨opfchengr¨oßenverteilungen f¨ur einen konstanten Stagna-tionsdruck von P0= 20 bar und vier verschiedene D¨usentemperaturen T0 dargestellt. Die Parameter µ und σ zur Simulation der in der Abbildung 2.2 gezeigten Kurven stammen aus [Sch93]. Die mittlere Geschwindigkeit ¯v des Tr¨opfchenstrahls liegt abh¨angig von den Quellbedingungen im Bereich zwischen 360 m/s (P0 = 20 bar und T0 = 15,4 K) und 240 m/s (P0 = 20 bar undT0 = 10 K) [Sch93].

Im ¨uberkritischen Bereich wird die Tr¨opfchengr¨oßenverteilung durch eine abnehmen-de Exponentialfunktion beschrieben [JN92, KH99]. Die mittlere Geschwindigkeit ¯v liegt zwischen 210 und 260 m/s f¨ur D¨usentemperaturen zwischen 5 und 10 K bei einem Stagna-tionsdruck von P0= 20 bar [BKN+90]. Die Geschwindigkeitsverteilung ist ausgesprochen scharf. Als Maß daf¨ur dient die sogenannte speed ratio S, die Werte zwischen 40 und 60 annimmt [BKN+90].

Bereich III Bereich I

Abb.2.3: Mittlere Gr¨oße ¯N und Durchmesser d von Heliumtr¨opfchen aus einer Expan-sion mit einem Stagnationsdruck von P0 = 20 bar in Abh¨angigkeit von der D¨usentemperaturT0 [Sch93, Har97a].

Im unterkritischen Bereich wurden die mittleren Tr¨opfchengr¨oßen in Abh¨angigkeit von den Quellbedingungen auch auf spektroskopischem Wege bestimmt [HPS+99, SDHT01].

Die Ergebnisse aus den Streuexperimenten konnten dabei best¨atigt werden. Nach [BS90]

gilt f¨ur den Radius R der Heliumtr¨opfchen: R = r0 ·N1/3, mit r0 = 2,22 ˚A als Radius eines einzelnen, freien Heliumatoms. Die AnzahlN der Heliumatome pro Tr¨opfchen kann also direkt in den Tr¨opfchenradius R umgerechnet werden. In der Abbildung 2.3 ist die mittlere Gr¨oße ¯N von Heliumtr¨opfchen gegen die D¨usentemperatur T0 aufgetragen. Der Stagnationsdruck war konstant beiP0 = 20 bar [Sch93, Har97a]. Auf der linken Abszisse in der Abbildung 2.3 ist der zu einer bestimmten Tr¨opfchengr¨oße geh¨orige Durchmesserd aufgetragen. Alle in den folgenden Kapiteln gezeigten Spektren sind in Heliumtr¨opfchen gemessen worden, die bei einem Stagnationsdruck von P0 = 20 bar erzeugt worden sind.

Aus der Abbildung 2.3 kann deshalb bei Kenntnis der D¨usentemperatur die sich daraus ergebende mittlere Tr¨opfchengr¨oße ¯N abgelesen werden.

Die IR-Spektren einer ganzen Reihe von in Heliumtr¨opfchen eingebetteten Molek¨ulen zeigen Rotationsbanden, aus deren Intensit¨atsprofil die Temperatur der Heliumtr¨opfchen zu 0,38(1) K bestimmt werden konnte [HMTV95, GHH+00, CLSS01]. Dies gilt f¨ur alle bislang gemessenen Molek¨ule in Tr¨opfchen gr¨oßer als 1000 Heliumatome [HPS+99]. Dieser Wert f¨ur die Tr¨opfchentemperatur stimmt mit dem zuvor auf thermodynamischem We-ge berechneten ¨uberein [BS90]. Heliumtr¨opfchen k¨uhlen sich nach ihrer Bildung in der adiabatischen Expansion weiter ab, indem einzelne Heliumatome abdampfen. Dabei muß das Tr¨opfchen jedesmal die Bindungsenergie eines Heliumatoms an das Heliumtr¨opfchen

aufbringen (5,0 cm1 [ST87]). Die Temperatur des Tr¨opfchens nimmt deshalb immer wei-ter ab, bis die Abdampfrate so klein wird, daß sich ein stabiler Zustand einstellt [BS90].

Dies ist bei einer Temperatur von 0,38 K der Fall. Die Abk¨uhlung erfolgt innerhalb von 108 bis 107 s [BS90], in einer Zeitspanne also, in der sich ein Tr¨opfchenstrahl mit einer mittleren Geschwindigkeit von 240 m/s eine Stecke von 2,4 bis 24 µm weit fortbewegt.

In spektroskopischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß Heliumtr¨opfchen su-perfluide sind [HMT+96]. Nachgewiesen wurde dies durch die Beobachtung von Elemen-taranregungen des Heliumtr¨opfchens, die bei elektronischer Anregung von Glyoxal im He-liumtr¨opfchen als Phononenseitenbande im Spektrum sichtbar werden. Diese Phononen-seitenbande konnte mit der f¨ur superfluides Helium charakteristischen Dispersionskurve simuliert werden (siehe Abschnitt 4.3). Eine Konsequenz der Superfluidit¨at ist die Tatsa-che, daß Molek¨ule im Heliumtr¨opfchen nahezu ungehindert rotieren k¨onnen [GTV98]. In den nicht-superfluiden Heliumtr¨opfchen aus dem 3He-Isotop ist dies im Gegensatz dazu nicht m¨oglich.