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ZUR VISUALISIERUNG EINER MILITÄRISCHEN UNTERNEHMUNG *

Im Dokument H ISBN: 978-3-902976-53-6 (Seite 149-159)

Die Reliefs der Traianssäule stehen kontinuierlich im Fokus der Wissenschaft, und doch hat die Ta-gung anlässlich des Jubiläumsjahres gezeigt, dass dieses einzigartige Monument immer wieder neue Fragen aufwirft. Der Beitrag konzentriert sich auf zwei Themen dieses komplexen Denkmals: Die Fragen nach ikonographischen Traditionen und nach innovativen Aspekten in der Visualisierung der militärischen Unternehmung des Kaisers Traian. Dabei geht es konkret um die Ikonographie der Be-stürmung bzw. Verteidigung von befestigten oder ummauerten Anlagen auf der Traianssäule und um die Suche nach möglichen Vorbildern und Traditionen, die für die Komposition dieser Darstellungen eine Rolle gespielt haben könnten, oder nach neuen Bildern und Perspektiven, die eigens für die Vi-sualisierung der Kriege gegen die Daker auf dem umlaufenden Friesband geschaffen wurden. Außer-dem wird versucht, mögliche Wege der Tradierung von ikonographischen Vorbildern nachzuvollzie-hen.

Die Darstellung der Kämpfe und Schlachten nimmt auf dem ausgedehnten Friesband einen ver-gleichsweise geringen Raum ein (Taf. 47, Abb. 1).1 Schlachten auf offenem Gelände (Szenen XXIV, XL–XLI, LXVI–LXVII, LXXII),2 sind im Verhältnis zu dem umfassend angelegten Friesband weit-gehend zurückhaltend dargestellt, Anstürme auf Festungen sind mehrfach gezeigt (Szenen XXXII, LXX–LXXI, XCIV/XCV, CXVI–CXVII, CXXXV), wobei dreimal die Daker eine römische Festung angreifen (Szenen XXXII, XCIV–XCV, CXXXV), zweimal die Römer ein dakisches Festungswerk (Szenen LXX–LXXI, CXVI–CXVII).

Im Mittelpunkt der Studie steht aber konkret das Motiv der bereits erwähnten Kämpfe um die Fe-stungen (Szenen XXXII, LXX–LXXI, XCIV/XCV, CXIII–CXIV, CXV–CXVI, CXXXV). Im Fol-genden geht es nicht um die Untersuchung von Architektur oder Realien, sondern um die Bildmotive.

Es erhebt sich die Frage, ob ikonographische Traditionen für die Darstellung von Belagerungen und Bestürmungen sowie für das Motiv des Herrschers bzw. des Oberbefehlshabers auf den Mauern in Anlehnung an die „Teichoskopie“ bei Homer3, in diesem Fall des Kaisers Traian, überhaupt greifbar sind und welche Vorbilder dann für die Gestaltung des Motivs auf dem Friesband der Säule herange-zogen werden können.

Folgende Szenen des Reliefbandes sind Gegenstand der Betrachtung:

Die Friesbänder mit der Visualisierung der ersten Offensive gegen die Daker könnten reduzierter nicht angelegt worden sein: Von den etwa 155 Bildsequenzen haben sechs offene Schlachten zum

* Für die Publikationserlaubnis der Abbildungen habe ich folgenden Personen und Institutionen zu danken: Sabine Lad-stätter (ÖAI-Österreichisches Archäologisches Institut, Wien); Georg Plattner (Kunsthistorisches Museum, Antikensamm-lung, Wien); The Trustees of the British Museum, London; J. Paul Getty Museum, Malibu. Für die Beschaffung von Abbil-dungsvorlagen bzw. für die Bildbearbeitung danke ich außerdem Christoph Hinker (ÖAI) und Kristina Klein (Institut für Klassische Archäologie, Wien).

1 Die entsprechenden Szenenstrecken sind grau unterlegt auf Basis der Skizze mit einer Szenenabfolge nach Tonio Höl-scher (HölHöl-scher [1991] Abb. 1 bzw. HölHöl-scher [2002] Abb. 115). Zur Auswahl und Darstellung der Kriegsszenen auf dem Friesband der Säule vgl. Hölscher (1991) 264f. 291–295; Hölscher (2002) 132–140.

2 Allgemein dazu vgl. z.B. Settis (1988); Hölscher (1991); Krierer (1995) 123–136; Coarelli (1999); Hölscher (2002);

Faust (2012) 35–91, bes. 58–60. 76–78. 88f.

3 Die Teichoskopie ist ein fester Begriff für die Schilderung der Mauerschau bei Hom. Il. 3, 121–244 und wird in diesem Kontext für die beobachtende Funktion einer Kampfhandlung von einer bewehrten Mauer bzw. den Zinnen aus verwendet.

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Inhalt (Szenen XXIV, XL–XLI; LXVI–LXVII; LXXII) und vierzehn den Ansturm auf ein Festungs-werk (Szenen XXXII; LXX–LXXI; XCIV; XCV–XCVI; CXIII–CXVI; CXXXII–CXXXV), der Schwerpunkt der Darstellungen liegt auf den Vorbereitungen und Zeremonien und anderen Ereignis-sen, die mit der militärischen Unternehmung einhergehen (Taf. 47, Abb. 1).4

1. Die erste hier zu besprechende Szene XXXII zeigt eine ummauerte und mit Zinnen bewehrte römische Festung. Die Konstruktion ist detailliert wiedergegeben, und die Perspektive kommt dadurch zum Tragen, dass den Verteidigern auf den Zinnen — in diesem Fall den Römern — durch die Schaf-fung von Raum bzw. räumlicher Tiefe ein größerer Aktionsradius und damit ein Hauptaugenmerk zugesprochen wird. Elf Soldaten — Angehörige von Hilfstruppen — setzen sich mit Speeren zur Wehr — in aggressiver Haltung, alle nahezu gleichzeitig in ausholenden, gleichsam parallelisierten Bewegungen. Demgegenüber steht ein kühner, aber völlig ungeordneter Angriff von etwa vierzehn Dakern, die zum Großteil ungeschützt vordringen und in der Folge bereits um zwei Krieger dezimiert wurden, die verwundet zu Boden gegangen sind.

Diese Szene lässt auf den ersten Blick noch keine siegreiche Partei erkennen, doch die beiden Verwundeten auf dakischer Seite können bereits als Vorzeichen für eine bevorstehende Niederlage gewertet werden. Außerdem nehmen Festungswerk und Soldaten den weitaus größeren Raum ein, die Daker agieren auf engem Raum und befinden sich bereits in der Defensive, dicht an die Mauern der Festung gedrängt.

2. Bei der Gegenoffensive, der Testudo-Szene der Römer LXX/LXXI, ist die Situation ikono-graphisch genau umgekehrt dargestellt:5 Die Daker werden mit und in ihrer Festung regelrecht zurück- und an die Relieflinie gedrängt, nur drei Verteidiger stehen dabei einer ganzen Testudo-Formation der Römer sozusagen gegenüber. Dass diese Darstellung den Blick sogleich auf die eindrucksvolle Forma-tion lenkt, die militärische virtus, die straffe OrganisaForma-tion, Disziplin und Überlegenheit des römischen Militärs vor Augen führt, ist Teil des Konzepts der Gesamtdarstellung. Jedenfalls wird die Entschei-dung des Krieges vorweggenommen. Darüber hinaus geht die Szene mit dem Stadium des militäri-schen Einsatzes konform, der mit der anschließenden Schlacht für die Römer siegreich zu Ende geht.

Auf den Friesbändern, die den zweiten dakischen Krieg zur Darstellung bringen, wird der An-sturm auf Festungen von beiden Kampfparteien wesentlich drastischer visualisiert. Die Aussichtslo-sigkeit der Daker, siegreich aus den Kampfhandlungen hervor zu gehen — sei es beim Ansturm, sei es bei der Verteidigung — dominiert die Szenen und wird schonungslos zur Schau gestellt.

3. Die Daker in den Szenen XCIV/XCV bestürmen eine Festung der Römer und haben bereits mehrere Verwundete zu beklagen, außerdem agieren sie — trotz offensiver Vorgehensweise — weit-gehend defensiv. Die Darstellung der Ausweglosigkeit ist ebenso Teil des Konzepts der Gesamtdar-stellung und für den Betrachter klar erkennbar.6 Die Verteidiger hingegen — in der Festung sind es acht an der Zahl, außerhalb kämpft ein halbes Dutzend — wehren den Ansturm nun nicht ausschließ-lich von innen ab, sondern haben sich vor die Mauern gewagt und bekämpfen die anstürmenden Fein-de siegessicher und mit sichtbarer Entschlossenheit. Die Daker werFein-den als UnterliegenFein-de dargestellt, selbst wenn es nach wie vor römische Festungen sind, die bestürmt werden, wodurch die Aussichtslo-sigkeit der Anstrengungen auf dakischer Seite noch betont wird.

Der überwiegend größere Aktionsraum liegt auch hier auf Seiten der Römer, wobei die Fe-stungsmauern näher an den oberen Bildrand gerückt sind als in der Szene XXXII, da ja die Römer auch vor der Festung agieren. Die Daker sind in ihrer Handlung eingeschränkt und haben nur

4 Z.B.: Settis (1988); Baumer et al. (1991); Hölscher (1991); Coarelli (1999); Hölscher (2002); Beckmann (2005); Seelen-tag (2006); Wolfram Thill (2010); Wolfram Thill (2011); Faust (2012) 35–91, mit ausführlicher Literatur zur Traianssäule.

Die Säule als Bildträger und der Kontext zu einer (Buch-)Illustration ist hier nicht Gegenstand der Erörterung.

5 Faust (2012) 60f.

6 Vgl. Hölscher (1991); Hölscher (2002); Faust (2012) 65–67.

Ikonographische Traditionen auf der Traianssäule oder neue Perspektiven? 137!

funktion. Wiederum prägt die stereotype Kampfbewegung der Verteidiger auf den Wehrgängen das Motiv.

4. Auf den Bildstreifen CXIII–CXIV erscheinen die Daker als die Bedrängten in ihren Befesti-gungen, und diesmal sind es zahlreiche Krieger, die räumlich wieder benachteiligt dargestellt sind.

Diese Szene setzt den bevorstehenden Sieg der Römer unmissverständlich ins Bild: Die Festung ge-reicht nicht mehr zum Schutz, die römischen Soldaten morden Pilati und Capilati von der Mauer her-unter, wie zahlreich sie sich auch mit Steinen und Bögen bewehrt zusammenfinden. Das Konzept wird auch in diesem Bild verdeutlicht, und die Verteidiger vermitteln den Eindruck eines dramatischen Kampfes angesichts einer immer aussichtsloser erscheinenden Lage, wohingegen man auf römischer Seite nahezu gelassen bleibt — dem bevorstehenden Sieg bereits entgegensehend. Die beiden an die Mauern angelehnten Leitern verstärken den Eindruck einer unmittelbar folgenden Bestürmung der Festung. Im Zusammenhang mit dem Ansturm auf eine Festung nimmt die Leiter in der Regel den Sieg der Bestürmenden vorweg.7

5. Die letzte Szene eines Angriffs auf eine Festung, CXXXV, wird als verzweifelter Versuch der Daker inszeniert, die Römer doch noch in Bedrängnis zu bringen. Dies vermittelt die Anordnung der zahlenmäßig weitaus überlegenen, aber ohne erkennbares Konzept agierenden Daker vor den Mauern.

Einige wenige wagen die Offensive, viele suchen nur noch Schutz unter dem Schild oder sind schon verwundet zusammengebrochen. Die römische Seite wiederum schleudert gleichsam alles auf die Gegner, was sie greifen kann, und obwohl sie zahlenmäßig weitaus unterlegen ist, ist die aussichtslose Lage der Angreifer evident.

Dass die dakischen Kämpfer den Römern gegenüber chancenlos sind, vermitteln nicht nur die fehlenden Toten auf Seiten der Römer, sondern ebenso die unausgewogene Darstellung von Angrei-fern und Verteidigern bei den besprochenen Szenen.8 Doch hätte man eine differenziertere, dem tat-sächlichen Ablauf — mit Verlusten auf beiden Seiten — gerechter werdende Darstellung auf diesem Denkmal, das die Unternehmung Traians gegen das Dakerreich rechtfertigen und optisch sichtbar ma-chen soll, sicherlich nicht erwartet.

Das ikonographische Grundschema der Anstürme auf Festungswerke ist bei den genannten Sze-nen mehr oder weniger gleich.9 Vor allem die ausholenden Bewegungen der Verteidiger, die mit Stei-nen und anderen Geschossen von den Mauern herabschleudern, muten stereotyp und parallelisiert an, wodurch sich die Frage nach möglichen ikonographischen Traditionen mehr als die nach innovativen Aspekten dieser Motive erhebt.

Die bildliche Darstellung der Verteidigung eines Angriffs auf befestigte Anlagen oder Siedlungen bzw. Städte kommt in der Regel dann zum Tragen, wenn eine militärische Unternehmung nicht in offenem Gelände stattfindet, sondern Siedlungen, Befestigungen, Stadtmauern und auch die zivile Bevölkerung in den Ablauf der Kampfhandlungen einbezogen werden und sich außerdem eine Ent-scheidung im Kampf bereits abzeichnet, je nachdem, welche Sichtweise gezeigt wird: die der siegrei-chen Angreifer oder die der siegreisiegrei-chen Verteidiger.

Anhand von einigen wenigen Beispielen soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, ähnliche Motive aufzuzeigen und bis in vorchristliche Zeit zurückzuverfolgen, welche ikonographi-schen Mittel gewählt wurden, um den Kampf um Städte oder befestigte Anlagen bildlich darzustellen.

Beispielsweise wird der Kampf um und die Eroberung von Städten auf Bildern im Orient in großzügi-ger räumlicher Darstellung gezeigt.10 Ohne mich in die assyrischen Reliefs, die zeitlich und räumlich

7 Hingegen wird in dem Mythos der Sieben gegen Theben die Leiter dem anstürmenden Kapaneus zum Verhängnis und ist auch Ausdruck der Hybris: zu den bildlichen Darstellungen s. Krauskopf (1990).

8 Vgl. zu diesem Aspekt die Friese mit der Stadtbelagerung auf der Westwand des Heroons von Trysa, auf denen die an-greifenden Feinde zahlenmäßig weit unterlegen sind. Zieht man aus dieser Ikonographie eine Konsequenz, so wird man die siegreiche Partei in den Verteidigern auf den Mauern vermuten, womit eine Deutung der Szenen als Kampf um Troja nicht einleuchtend scheint: dazu Landskron (2015) 137–148. 307–309 Taf. 201,1; 202,1.

9 Vgl. auch Faust (2012) 88–91.

10 Vgl. Barnett (1976); Barnett et al. (1998); Reade (2007).

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weit von der Traianssäule entfernt sind, vertiefen zu wollen, möchte ich doch auf das Phänomen hin-weisen, welches die Tüchtigkeit und Macht eines Herrschers als Eroberer von Städten und Völkern in Szene setzt und in dieser frühen Zeit auch das Selbstverständnis der aristokratischen Gesellschafts-struktur widerspiegelt.

Assyrische Reliefs thematisieren die Eroberung und Verteidigung von befestigten Städten mehr-fach und in weiträumiger Komposition, beispielsweise zeigt ein Relief im British Museum die Erstür-mung der elamitischen Stadt Hamanu11 (Taf. 48, Abb. 2) und einer ägyptischen Stadt12 (Taf. 48, Abb.

3) unter dem assyrischen König Assurbanipal. Die Erstürmung der Mauern über eine Leiter ist auf diesen Bildern ein charakteristischer Teil der Gesamtdarstellung eines siegreichen Angriffs und einer Eroberung.13

Im ausgehenden 5. und beginnenden 4. Jh. v. Chr. finden sich Bilder von umkämpften Mauern häufiger — und zwar in einem Gebiet, das zum einen stark persisch und griechisch beeinflusst, zum anderen auch von einer aristokratischen Gesellschaftsstruktur geprägt ist, die unter anderem die Visua-lisierung von Macht herrscherlicher Persönlichkeiten und deren Tüchtigkeit, ihrer areté, im Krieg und im Kampf zum Thema hat: Mehrere Grabreliefs aus Lykien haben Stadtdarstellungen im Kontext ei-ner militärischen Auseinandersetzung zum Inhalt. Auf zwei monumentalen Denkmälern, dem Nerei-denmonument von Xanthos14 (Taf. 49, Abb. 4–5) und dem Heroon von Trysa15 (Taf. 49–50, Abb. 6–

8), werden Angriff und Verteidigung einer ummauerten Siedlung über mehrere Friesplatten hinweg gezeigt. Das Nereidenmonument greift dieses Thema auf allen vier Seiten des Kleinen Sockelfrieses auf: Hier sind Angriff, Bestürmung und Verteidigung einer Stadt bzw. mehrerer Städte dargestellt, wobei die offensiv agierenden Krieger schon durch die ikonographische Umsetzung als die den Sieg davontragende Seite in Szene gesetzt werden. Dies zeigt sich etwa in dem Einsatz der Leiter, die auf-gestellt wird, um die Burg zu erstürmen (Taf. 49, Abb. 5), und in den Verteidigern, die sich offensicht-lich ihrer defensiven Lage bewusst sind und zum Teil in verzweifelter Gestik den Angriff mitansehen oder Waffen von den Mauern zu schleudern versuchen (Taf. 49, Abb. 4). Die Bewohner haben sicht-lich schon kapituliert und verteidigen sich nur mehr erfolglos. Entsprechend sind auch meist nur die Köpfe der Krieger und der zivilen Bevölkerung zu sehen, von denen manche verzweifelt gestikulieren.

Dieser Darstellung liegt mit ziemlicher Sicherheit ein lokalhistorisches Ereignis zugrunde, wofür dann auch die Audienzszene spricht, die sich an die Kampfhandlungen anschließt.16

Die Friese des Heroons von Trysa thematisieren zweimal den Angriff auf eine Stadt: einmal ist es ein Motiv aus der Mythologie, der Kampf der Sieben gegen Theben, der ikonographisch neben Amphiaraos und Adrastos auch durch den Sturz des Kapaneus von der Leiter bestimmt ist (Taf. 49, Abb. 9), zum anderen die sog. Stadtbelagerung auf der Westseite (Taf. 49–50, Abb. 6–8)17. Im Unter-schied zu den Szenen auf dem Kleinen Sockelfries des Nereidenmonuments, die von einer Bestür-mung und Eroberung erzählen, ist auf der Westwand des Heroons die erfolgreiche Abwehr eines An-griffs zu sehen. Dies zeigt sich schon an dem Aufbau der Darstellung mit eindeutigem Schwerpunkt

11 Barnett (1976) 40 Taf. XVII; Reade (2007) 84 Abb. 101 (Relief vom Palast des Assurbanipal, Ninive: London, British Museum, Inv. BM 124931; um 645 v. Chr.); Borchhardt, Bleibtreu (2013) Taf. 250,3.

12 Reade (2007) 87 Abb. 104 (Alabasterrelief vom Palast des Assurbanipal, Ninive: London, British Museum, Inv. BM 124928; um 645 v. Chr.). Vgl. auch die Stadtbestürmungen auf den Reliefs im Palast von Sennacherib in Ninive: Childs (1976) 49–54 Abb. 27,1. 3. 4.

13 Die räumliche Konzeption und die perspektivische Auffassung solcher Darstellungen können in diesem Rahmen nicht eingehender betrachtet werden. Dazu s. Childs (1976) 48–54; Childs, Demargne (1989) 268f.; Borchhardt, Bleibtreu (2013), bes. 158–231. In der Bilderwelt des Perserreiches sind vordergründig nicht die Kampfhandlungen, sondern die besiegten Völker Gegenstand der Repräsentation der Großkönige: Walser (1966).

14 Childs (1976) 12f. 22–31 Abb. 7,1. 2; 9,1. 2; 10,1. 2; Wurster (1977) 119–125; Childs, Demargne (1989) 75–111. 263–

270 Taf. 40–60; Borchhardt, Bleibtreu (2013) 130–134 Taf. 124,2; 126,1; s. auch Landskron (2015) 307–309 Taf. 157,5. 6.

Datierung: um 400–390 v. Chr.

15 Benndorf, Niemann (1889) 152–155; Eichler (1950); Wurster (1977) 125–132 Abb. 16–20; Oberleitner (1994); Borchhardt, Bleibtreu (2013) 135f. Taf. 131–132,2; 133,1. 2; Landskron (2015) 137–148 Taf. 201,1; 202,1. Datierung; um 400 v. Chr.

16 Vgl. auch Childs, Demargne (1989) 264–270 (Platte BM 879), Taf. 57,2; 59,1. 2; Childs (1991).

17 Für die Darstellung des Kampfes der Sieben gegen Theben gehören der Leitersturz des Kapaneus, der fliehende Adra-stos und der im Boden versinkende Amphiaraos zu den festen Bildmotiven: Krauskopf 1990. Zum historischen bzw. mytho-logischen Kontext von Stadtdarstellungen vgl. Childs, Demargne (1989) 267–270.

Ikonographische Traditionen auf der Traianssäule oder neue Perspektiven? 139!

auf der Stadt. Diese wird von Kriegern, die Speere oder Steine auf die Angreifer schleudern, intensiv verteidigt. Der thronende Herrscher beobachtet auf der Stadtmauer das Geschehen und kommandiert den Einsatz der Truppe. Außerdem macht sich eine Phalanx bereit, den Kampf vor den Toren der Stadt aufzunehmen bzw. ein Eindringen der Krieger, die sich dem Tor nähern, zu verhindern. Eine Leiter ist hier nicht im Spiel, wodurch — im Gegensatz zu der Szene auf dem Nereidenmonument — deutlich wird, dass sich nicht die Anstürmenden, sondern die Verteidigenden auf Siegeskurs befinden bzw.

dass es sich um eine Schilderung aus Sicht der Verteidiger handelt. Die kleinen Grüppchen der An-greifer kontrastieren eklatant zu der weitaus größeren Anzahl der Verteidiger auf den Mauern, die sich noch dazu aufmachen, die Eindringlinge rechtzeitig abzufangen. Die Ikonographie der Szenen führt dem Betrachter unmissverständlich eine erfolgreiche Abwehr eines Angriffs auf eine Stadt vor Au-gen.18

Es lassen sich noch weitere lykische Denkmäler anführen, die Stadtmauern oder Türme im Kon-text von Angriff und Verteidigung behandeln, so beispielsweise der Firstbalken des Merehi-Sarkophags aus Xanthos (Taf. 50, Abb. 10), auf dem mit drei Türmen nur ein Ausschnitt einer um-kämpften befestigten Anlage dargestellt ist, oder das Izraza-Monument von Tlos (Taf. 51, Abb. 11), das auf einer Seite des Sockels einen Ansturm auf eine Bergstadt zeigt, die von den Mauern aus ver-teidigt wird.19 Vergleichbar sind die turmähnlichen Gebäude auf dem Deckel eines Sarkophags in Telmessos (Taf. 51, Abb. 12) zu verstehen.20 Auf den drei genannten Denkmälern sind lokalhistori-sche Ereignisse zu sehen, die den Grabherrn bzw. Auftraggeber des Monumentes als siegreichen Herr-scher bzw. Dynasten präsentieren.21 Beispiele aus der griechischen Bilderwelt haben fast ausschließ-lich mythologische Themen zum Inhalt, wohingegen die frühen assyrischen und lykischen Denkmäler auf historische bzw. lokalhistorische Geschehnisse reflektieren, sofern keine konzisen ikonographi-schen Hinweise auf einen Mythos schließen lassen.

Die ikonographischen Mittel, mit denen die besprochenen Denkmäler Angriffe und Verteidigung einer Stadt inszenieren, weisen durchaus traditionelle Elemente auf, somit ist ein fester Bildtypus für dieses Motiv erkennbar: eine befestigte Anlage, in der Regel auch von Zinnen bewehrt, die von außen bestürmt und von innen verteidigt wird. In den meisten Fällen erscheinen die Verteidiger nicht in vol-ler Körpergröße, da sie sich auf den Wehrgängen befinden und von den Zinnen geschützt sind. Die Perspektive und räumliche Auffassung variiert und hängt im Wesentlichen wiederum vom Bildträger ab.22 Auf der Traianssäule dominiert eine linearperspektivische Gestaltung und eine ansatzweise vo-gelperspektivische Auffassung, eine Variante, die auf einem Reliefband freilich verzerrte Darstellun-gen zur Folge hat und nur dann Anwendung findet, wenn zusätzlicher Raum für eine Szene benötigt wird.23

Auf griechischen Denkmälern, vor allem in der Vasenmalerei, stehen Bilder von Kampfhandlun-gen um befestigte AnlaKampfhandlun-gen oder Städte weitgehend in mythologischem Kontext. Beispielsweise wird im Rahmen der Kämpfe um Troja oder um Theben jeweils ein Ausschnitt mit einem Mauerzug und kämpfenden Figuren abgebildet. Bereits im 6. Jh. v. Chr. kommen auf griechischen Vasen Bilder des

18 Die Bezeichnung „Stadt“ steht hier für eine ummauerte Siedlung nicht definierten Umfangs. Vgl. dazu auch Marksteiner (1993) 31–33. Zur Deutung vgl. Borchhardt, Pekriou-Gorecki (2012) 206f. (Nereidenmonument) 210. 213. 218 (Heroon von Trysa); Borchhardt, Bleibtreu (2013) 13–137.

19 Xanthos, Merehi-Sarkophag: Demargne (1974) 88–96; Childs (1976) 10. 17f. 97; Bruns-Özgan (1987) 284 Kat. S 24 Taf. 18,4; Jacobs (1987) 61; Borchhardt, Bleibtreu (2013) 134f. Taf. 130,1; Datierung: um 430 v. Chr. Tlos, Izraza-Monument: Borchhardt (1976) 78–82; Childs (1976) 14–16. 42–44 Taf. 24,2; 25,1. 2; Bruns-Özgan (1987) 202–204. 289 Kat. V 5; Borchhardt, Bleibtreu (2013) 147f. Taf. 52,1. 2. Datierung: um 370 v. Chr.

20 Demargne (1974) Taf. 51,4; Childs (1976) 10f. 21f. Taf. 6,1–3; Wurster (1977) 142 Abb. 41; Bruns-Özgan (1987) 187–

190. 281 Kat. S 1 Taf. 33,2; Jacobs (1987) 61–64 Taf. 16,1; Borchhardt, Bleibtreu (2013) 145f. Taf. 76,2. 3; 144,1; 145,1.

Datierung: frühes 4. Jh. v. Chr.

21 Die Reliefs auf den Grabmonumenten beziehen sich auf Ereignisse aus dem Leben des Grabherrn: dazu vgl. z.B. Bruns-Özgan (1987); Borchhardt, Pekridou-Gorecki (2012); Borchhardt, Bleibtreu (2013) 157 (synoptische Tabelle); Landskron (2015) 323–327. 355–358.

22 Allgemein dazu s. Richter (1970); Carl (2006).

23 Die Vogelperspektive kommt mehrheitlich dann zur Anwendung, wenn die Römer als Verteidiger einer Anlage in Szene gesetzt sind.

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Angriffs und der Verteidigung von Stadtmauern — bedingt durch den Bildträger — verkürzt zur Dar-stellung.24 Die Verteidigung von befestigten Anlagen ist etwa auf dem Innenbild einer Schale in Mali-bu zu sehen (Taf. 52, Abb. 13).25 Die Schale in Malibu wird im Kontext des trojanischen oder thebani-schen Krieges gedeutet.26 Das Motiv bleibt jedenfalls vergleichbar: Die Verteidiger befinden sich auf dem Zinnen bewehrten Umgang und versuchen, die Angreifer, die mit Lanze und Stein anrücken, ab-zuwehren. Die Szene entspricht der auf Vasen und kleineren Bildträgern gängigen verkürzten Darstel-lung einer Stadtbelagerung oder -verteidigung, die W. A. P. Childs als „simplified city siege“ bezeich-net.27 Der Ausgang des Kampfes scheint auch hier schon vorweggenommen zu sein: Die beiden

Angriffs und der Verteidigung von Stadtmauern — bedingt durch den Bildträger — verkürzt zur Dar-stellung.24 Die Verteidigung von befestigten Anlagen ist etwa auf dem Innenbild einer Schale in Mali-bu zu sehen (Taf. 52, Abb. 13).25 Die Schale in Malibu wird im Kontext des trojanischen oder thebani-schen Krieges gedeutet.26 Das Motiv bleibt jedenfalls vergleichbar: Die Verteidiger befinden sich auf dem Zinnen bewehrten Umgang und versuchen, die Angreifer, die mit Lanze und Stein anrücken, ab-zuwehren. Die Szene entspricht der auf Vasen und kleineren Bildträgern gängigen verkürzten Darstel-lung einer Stadtbelagerung oder -verteidigung, die W. A. P. Childs als „simplified city siege“ bezeich-net.27 Der Ausgang des Kampfes scheint auch hier schon vorweggenommen zu sein: Die beiden

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