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ZUM GESAMTKONZEPT DES TRAIANSFORUMS UND ZUR AKTUEL- AKTUEL-LEN DISKUSSION UM DEN TEMPEL DES DIVUS TRAIANUS

Im Dokument H ISBN: 978-3-902976-53-6 (Seite 73-83)

Zum Gesamtkonzept des Traiansforums

Entscheidend haben auch die neuen archäologischen Forschungen und Ausgrabungen das Bild des Traiansforums in wichtigen Aspekten verändert1 und dadurch eine weitere Präzisierung seiner Ge-samtkonzeption ermöglicht.2 So konnte die ältere Annahme widerlegt werden, dass sich hinter dem Hof der Säule ein monumentaler Tempel für den Divus Traianus bzw. für den Divus Traianus und die Diva Plotina, umgeben von mächtigen, an das Forum anschließenden Kolonnaden befunden habe.

Gleiches gilt für die Vermutung, ein solcher Tempel habe schon zum ursprünglichen traianischen Konzept der Anlage gehört.3 Die Säule tritt so noch klarer als Monument der Selbstheroisierung Trai-ans als das bereits zu Lebzeiten vom Kaiser für sich errichtete Heroon und Apotheosemonument des unbesiegbaren und göttergleichen Herrschers hervor.4 Das Konzept des Traiansforums verzichtet ge-rade auf den für die bisherigen Kaiserforen obligatorischen Tempel. Das Heiligtum des Traiansforums war die Traianssäule als Heroisierungs- und Apotheosemonument mit dem von Anfang an geplanten künftigen Grab des dann auch formal vergöttlichten Herrschers.

Den zentralen Eingangskomplex zum Säulenhof, der von Portiken umgeben und von den soge-nannten Bibliotheken5, zweistöckigen Sälen, flankiert war und in dessen Mitte sich die Säule auf ihrer Basis erhebt, bildete ein monumentales, etwa 10m tiefes Vestibül und Propylon.6 Der Bau der soge-nannten Bibliotheken, des Säulenhofes und des Zugangskomplexes vom Marsfeld her wurde erst unter Hadrian 125/128 n. Chr. fertiggestellt. Die beiden mehrstöckigen Gebäude mit den Sälen der soge-nannten Bibliotheken waren mit einem komplexen System von Treppenaufgängen umgeben,7 die den Zugang zu den Emporen der Basilica Ulpia und zu den Dachzonen der Gebäude um den Säulenhof ermöglichten. Dem über eine breite Freitreppe zu erreichenden, aus der Kolonnadenfront der Nordfas-sade vorspringenden Propylon war eine kleinere freie Platzanlage vorgelagert, auf deren Westseite Hadrian entlang einer leicht bogenförmigen Zugangsstraße (mit Porticus?) drei reich ausgestattete Scholae errichten ließ, die an die große repräsentative Insula des 2.–3. Jh. n. Chr. unter dem Palazzo delle Assicurazioni Generali anschlossen, an der auch die Straße (mit Porticus?) endete.8 Die

1 Zusammenfassend Meneghini (2015) 81–98; zu dem für das Vestibül des Traiansforums abgebrochenen südwestlichen Hemizyklus des Augustusforums Carnabuci, Braccalenti (2011); zum Unterbau der Säule und der Vorgängerbebauung des Areals im Raster der flavischen Insulae Bruno, Bianchi (2006); zu den sogenannten Bibliotheken und den angebauten Trep-penhäusern Meneghini (2002); Bianchi, Meneghini (2011); zum Vorplatz zum Marsfeld hin Egidi (2010); Soprintendenza Speciale per i Beni Archeologici di Roma. Piazza Madonna di Loreto, Rinvenimenti archeologici posizionamento su base catastale (http://docplayer.it/18415169-Piazza-madonna-di-loreto-rinvenimenti-archeologici-posizionamento-su-base-catastale.html [14.09.2016]). Zum Gesamtkomplex der Kaiserforen Meneghini (2010); ders. (2015).

2 Dazu zusammenfassend Strobel (2010) 304–347, bes. 309–320; auch Seelentag (2004) 297–412, bes. 319f., 368–375, 393–408.

3 So Packer (1997). S. unten; ausführlich Strobel (2010) 339f.; Meneghini (1996); ders. (2015) 91–98; Meneghini, San-tangeli Valenzani (2007) 110–113.

4 Bereits grundlegend Strobel (2010) 304–347.

5 Dazu ausführlich Meneghini (2002).

6 Dazu Strobel a.O.; Meneghini a.O.; zur jüngeren Diskussion und den Grabungsbefunden unter dem Palazzo Valentini s.

unten.

7 Bianchi, Meneghini (2010); Meneghini (2015) 92f.

8 Zu dem Komplex nun zusammenfassend die Beiträge in Serlorenzi, Egidi (2013); La Rocca (2008/2009); ferner Egidi (2010). Ihnen gingen eine republikanische Bebauung und eine repräsentative Insula-Bebauung flavischer Zeit voraus, die

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chen Ziegelstempel im Schutt der Gebäude sind der Massenproduktion der Jahre 123–125 n. Chr. zu-gehörig. Westlich der Scholae, die als Auditoria dienten und mit dem 135 von Hadrian eingeweihten Athenaeum9 zu identifizieren sind, war der Raum bis zur Via Flaminia mit drei Reihen von Tabernae gefüllt, zwischen denen zwei wohl überdachte Straßen verliefen, ein Einkaufs- und Handelszentrum, das in der Form einem gedeckten Bazar ähnelt. Der hadrianische Komplex wurde durch das verhee-rende Erdbeben von 847 zerstört, dem auch andere Teile der Kaiserforen zum Opfer fielen und das auch die Basilica Ulpia und das Traiansforum beschädigte.10 Die endgültige Zerstörung der Anlage des Traiansforums ist auf das schwere Erdbeben von 1349 zurückzuführen. Die im Bereich der Aulae liegende große Insula aus flavischer Zeit war wie die weitere Bebauung des Platzes vor dem Bau des Traiansforums abgerissen worden.

Auf den Nord- und Ostseite des Platzes wurden durch die Kellergrabungen im Bereich des Palaz-zo Valentini Teile von repräsentativen Stadthäusern gefunden: im Norden eine private Thermenanlage aus dem 3. Jh. n. Chr. die zu einer solchen Domus gehört haben muss, und auf der Ostseite zum Quiri-nal hin zwei vornehme Domus des 2. bis frühen 6. bzw. 7. Jh. n. Chr., die in der 1. Hälfte des 4. Jh. zu einer überaus prächtig ausgestatteten senatorischen Stadtvilla zusammengeführt wurden.11 Eine spie-gelbildlich zur Westseite leicht bogenförmige verlaufende Straße oder Porticus kann nun entgegen älteren Rekonstruktionen für einen an das Traiansforum anschließenden Tempel nicht mehr postuliert werden. Der an das Forum anschließende freie Platz selbst wurde bereits in traianischer Zeit mit tief reichenden Opus Caementitium-Unterbauten auf einem höheren Niveau als die Umgebung angelegt, was bereits L. Lancaster (1999) überzeugend als massive Substrukturen für Transport, Lagerung und Aufrichtung der enormen, noch massiven Säulentrommeln wie der anderen monumentalen Bauele-mente gedeutet hat. Das höhere Niveau auf der Ostseite war durch drei Travertintreppen zu errei-chen.12 Der Platz wurde erst im mittleren 2. Jh. mit Basaltsteinen gepflastert, dann Ende 2. Jh. in dem an die zweite Domus grenzenden Bereich in einen Privatgarten umgewandelt.

Für die über eine Freitreppe zu erreichende Säulenvorhalle des Eingangskomplexes zum Säulen-hof und damit zum Forum vom Marsfeld her wird bei einer Betrachtung der architektonischen Ge-samtsituation und des dahinter stehenden Konzeptes der von R. Meneghini vorgeschlagene breit gezo-gene Giebel als oberer Abschluss der Fassade in der Form einer Tempelfassade, wodurch dieses Pro-pylon zum Pronaos für das von Säulenhof und Säule gebildete Sanktuar für den Divus Traianus und die Diva Plotina geworden sein soll, gänzlich unwahrscheinlich.13 Ein tatsächlicher Tempelbau Hadri-ans, wenn auch mit ungeklärter Lokalisierung, ist nicht zu bestreiten. Wie vom Verf. bereits vorge-schlagen, ist das Propylon als das von Senat und Volk bereits 116 beschlossene Triumphmonument des Parthersiegs und Gegenstück zu dem als Triumphmonument des Dakersieges mit einer hexastylen Fassade gestalteten Eingang in das Forum vom Augustusforum her14 zu deuten. Diesem als Triumph-monument gestalteten Eingang vom Marsfeld her sind, mit gutem Grund Meneghini folgend, die Bruchstücke der monolithischen Granitsäulen von ursprünglich 14,80m Höhe mit 2m hohen korinthi-schen Marmorkapitellen und weiteren Fragmenten vom Gebälk in korinthischer Ordnung zuzuordnen, die im Bereich des Palazzo Valentini gefunden und traditionell dem hier vermuteten Tempel des

offensichtlich für die Herrichtung des hier vom Tiber aus gut zu erreichenden Bauplatzes geschleift wurde. Zu Recht als Scholae, nicht Aulae bezeichnet von La Rocca a.O.; seine Argumentation gegen eine Identifizierung mit dem Athenaeum Hadrians kann allerdings kaum auf die Notizen bei Sidonius Apollinaris gestützt werden (epist. 2, 9, 4; 4, 8, 5; 9, 9, 13; 9, 14, 2).

9 Fein (1994) 296–298. Zwei Basen des Fabius Felix Passifilus Paulinus, Praefectus Urbi vor 483 n. Chr., und Patricius (Orlandi [2010]; dies. [2013] 45–59; PLRE II, 848) zeigen die Fortdauer der Institution im 5. Jh. n. Chr.

10 Galli et al. (2007–2008), bes. 19–24; Galadini, Falcucci (2010); Galadini et al. (2013). Erste schwere Schäden sind auf das Erdbeben von 484/508 n. Chr. zurückzuführen.

11 Baldassarri (2008); dies. (2008/2009); Meneghini (2015) 95–98.

12 Baldassarri (2013) 455; Napoli, Baldassarri (2015) 95.

13 Vgl. Strobel (2010) 310, 313. Gegenüber der Rekonstruktion Meneghinis sind an den beiden Seiten des Propylons sehr wahrscheinlich vorspringende Mauerzungen anzunehmen, an denen die wesentlich niedrigeren Portiken endeten. Vgl. unten.

14 Vgl. die Darstellung auf den Aurei mit der Rs.-Legende FORVM TRAIANI: RIC 2, 255. 257 = MIR 14, 403. 409 (Mitte 112–Frühjahr 113 n. Chr.).

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vus Traianus zugewiesen wurden. Mit dem parthischen Triumphmonument hat Hadrian nach dem postumen Parthertriumph die Heroisierung und Glorifizierung seines (Adoptiv-)Vaters als die wesent-liche Basis seiner eigenen Herrscherlegitimierung zu Ende führte. Auf der sich in über 20m Höhe be-findlichen, begehbaren Plattform dürfte im Zentrum die Bronzegruppe des Divus Traianus in der Tri-umphalquadriga, umgeben von Symbolen des Parthersieges gestanden haben. Diese Inszenierung war für Hadrian als dem Divi Traiani Parthici filius innenpolitisch von zentraler Bedeutung und sollte so-wohl das Desaster, in das sich Traians Angriffskrieg im Osten entwickelt hatte, wie Hadrians Abkehr von der Expansionspolitik überdecken.15 Propagiert wurde die „Vollendung“ römischer Orientpolitik durch den Optimus Princeps.

Der Neufund eines Fragments der Widmungsinschrift Hadrians für sein vergöttlichtes Elternpaar auf dem Bruchstück eines großen Marmorblocks16 bei der Grabung Piazza Madonna di Loreto in der an die Südwestecke des Forum angrenzenden Aula gesellt sich zu den bereits bekannten Bruchstücken der zwei gleichlautenden, je 5,77 x 1,44m messenden Inschriften in gerahmten Inschriftentafeln,17 die jeweils mit eingelegten vergoldeten Bronzebuchstaben von 16cm Höhe auf einem monumentalen Marmorträger angebracht waren. Das neue Fragment ist sehr wahrscheinlich zu jener der beiden Mo-numentalinschriften zu rechnen, deren 1696 bei den Fundamenten der Kirche San Bernardo ad Colum-nam, 1748 durch SS. Nome di Maria ersetzt, gefundenes Mittelteil sich heute im Vatikan befindet (CIL VI 966 p. 4311 = ILS 306), während zwei andere Fragmente, nach dem Vergleich mit der Zeich-nung Giovanni Sallustio Peruzzis (1511/1512–1572) aus den 1540er Jahren18, nicht zu CIL VI 966 gehören. Durch die systematische Analyse der Zeichnungen und Berichte aus dem 15. und 16. Jh.19 werden diese Inschriftenfragmente mit einem „arco di Traiano in Foro“ verbunden, der im Jahre 1526 zerstört wurde und nahe der abgerissenen, über dem Eingangsbereich zum Säulenhof errichteten Kir-che S. Maria in Campo Carleo (detta anKir-che Spoglia Christi) gestanden haben soll, d.h. auf dem Platz vor dem Propylon zum Säulenhof.20 Zu ihm gehörten nach dem Bericht Flaminio Vaccas viele Mar-morteile mit historischen Darstellungen. Betrachtet man die beiden identischen Inschriften, jeweils als Tabula in einem gerahmten Inschriftenfeld ausgeführt, unvoreingenommen, so liegt die Zugehörigkeit zu einem Bogenmonument als beidseitige Dedikationsinschriften sofort nahe. Es sollten deshalb die Nachrichten über einen „arco (trionfale) di Traiano“ ernst genommen werden, der in der Achse des Forums im Zentrum des vorgelagerten Platzes anzusetzen ist. Da die Inschrift bei der zweifellos anzu-nehmenden genauen Einrichtung der Schriftzeilen für die Angabe der Tribunicia Potestas Hadrians den Platz für 3 senkrechte Hasten oder ein V bzw. X und eine Haste bietet, jedoch erst ein Datum nach dem Tod Plotinas 123 n. Chr. in Frage kommt, ist eine Weihung im Jahre 125 (trib. pot. IX) nach der Rückkehr Hadrians im Sommer 125 n. Chr. anzunehmen.21 Das Monument wurde vom Senat für die Divi Parentes des Kaisers sehr wahrscheinlich nach der Divinisierung der toten Kaiserwitwe beschlos-sen.

15 Vgl. Strobel (2010) 349–402, 405–407.

16 Egidi, Orlandi (2011).

17 [E]x S(enatus) c(onsulto) Divi[s T]raiano Parthico et [Plotinae / Im]p(erator) Caes[ar Di]vi Traiani Parthici Divi N[ervae / nepos Traia]nus Hadrianus Aug(ustus) pont(ifex) m[ax[imus] / trib(unicia) pot(estate) IX (?)] co(n)s(ul) III pa-rentibus suis. CIL VI 31215 = EDR 103994; Egidi, Orlandi (2011) 311; Strobel (2010) 405–408.

18 Publiziert bei Egidi, Orlandi (2011) 311. Rechtes unteres Eck der Inschrift mit dem Ende der 3. und 4. Zeile [---]max und [---]!s.

19 Vgl. Lanciani (1989) 278–280 (Flaminio Vacca [1594] spricht von den ausgegrabenen Resten und Fragmenten eines

“arco triomfale”; ebd. 278); Meneghini (1998) 147 (vermutet „una monumentale porta“); Viscogliosi (2000), bes. 87–94, 196–199; Egidi, Orlandi (2011) 310, 316.

20 Zu dem nachantiken Areal vgl. Ercolini (2013).

21 Alternativ wären X und XI, 126 und 127 n. Chr., möglich. Natürlich ist die Formel ex senatus consulto hier nicht auf die Divinisierung Traians zu beziehen (so Orlandi [2013] 56).

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S. Orlandi hat für die Anbringung der Inschriften mehrere Alternativen vorgeschlagen und dies auch architektonisch zu rekonstruieren versucht:22 einmal beiseitig über einem zentralen Eingang zum Säulenhof, was aber wenig sinnvoll erscheint, da der Säulenhof kein Bauwerk auf Beschluss des Sena-tes war, oder an zwei Durchgängen vom Säulenhof zum angenommenen Tempel hin, oder als dritte Möglichkeit an den Architraven der Kolonnaden vor den sogenannten Bibliotheken, was schon an sich unwahrscheinlich ist.23 Schon die vorgeschlagene zeichnerische Rekonstruktion zeigt die Fragwürdig-keit dieser Annahmen. Da weder der Komplex des Säulenhofes noch die sogenannten Bibliotheken als ein vom Senat beschlossenes Bauwerk zu Ehren der Divi Parentes gelten können, erübrigt sich eine weitere Diskussion dieser Vorschläge; platziert man die beiden identischen Inschriften über zwei Durchgängen zum Platz vor dem von Orlandi hypothetisch postulierten Tempel der Divi Parentes, so stellt sich das Problem, dass solche Dedikationsinschriften angesichts der mit Sicherheit monumenta-len und weithin sichtbaren Dedikationsinschrift des Tempelgiebels wenig sinnvoll und auch nicht wahrscheinlich erscheinen. Zudem sind mit diesen Annahmen die Berichte über ein Bogenmonument in den Quellen des 15. Jh. nicht zu vereinbaren. Die Mauern begehbarer antiker Kellerräume in Unter-geschoß des Westflügels des Palazzo Valentini, die in einem geringen Ausschnitt in der Achse des Forums etwa in der Mitte des Platzes festgestellt wurden (s. unten), können sehr wohl mit dem vom Senat nach dem Tod Plotinas beschlossenen und von Hadrian 125 dedizierten, durch die beiden In-schriften belegten Bogenmonument in Verbindung gebracht werden.

Die Säule mit ihren Reliefs bleibt als das von Traian für sich selbst geschaffene Propaganda- und Heroisierungsmonument, das sich bereits im Konzept und nicht nur im Vorgriff auf den Tod des Kai-sers als Monument der Selbstapotheose entpuppt,24 von der Klärung der Bautätigkeit Hadrians zur Fertigstellung des Forums und der Errichtung des Athenaeums unberührt.

Zur aktuellen Diskussion um den Tempel des Divus Traianus

Die Diskussion über Gestalt und Standort des Tempels des Divus Traianus und der Diva Plotina,25 dessen Weihung im Jahre 126 n. Chr. durch die Fasti Ostienses belegt ist (FO p. 49 ed. Vidman), ist jüngst durch die Beiträge von A. Carandini26, A. Claridge27 und P. Baldassarri28 neu entfacht worden.

Der Bau eines Tempels für den Divus Traianus ist durch HA Hadr. 19, 9 ausdrücklich belegt, ebenso durch Cass. Dio 69, 10, 3 ein Tempel für die nach Jahresbeginn 123 verstorbene Diva Plotina. Die mehrfach geäußerte Vermutung, es habe sich demnach um zwei Tempel gehandelt, wird durch dem Wortlaut der Fasti Ostienses [--- t]emplum Divoru[m/ parentum suorum dedicavit, ob quam] causam in circo/[---] widerlegt. In der Münzprägung erscheint der Aureus mit der Reverslegende DIVIS PA-RENTIBVS mit den beiden einander gegenüber angeordneten Büsten Traians und Plotinas, jeweils mit einem Stern darüber, erst in der Prägephase Hadrians 134/138 n. Chr. (RIC 2, 232A–B; BMCRE 3, p. 306), und zwar im Zusammenhang mit der Vorbereitung seiner eigenen Nachfolgeregelung zur Betonung der dynastischen Legitimität.

22 Egidi, Orlandi (2011) 315–317; Orlandi (2013) 52–59, bes. 57f. Packers Vermutung einer Anbringung der beiden In-schriften als Kopien der ‚großen Dedikationsinschrift des Tempels‘ an den Portiken, die den Tempel nach seiner Rekon-struktion umgeben sollen, ist schon an sich wenig überzeugend (Packer, Burge [2003] 121 mit Abb. 14).

23 So auch Baldassarri (2013) 434, 436, welche die Inschriften zuerst eher der Attika eines Bogens zuweisen möchte, dann aber (ebd. 464) über dem Eingang zur Cella des von ihr auf dem Platz hypothetisch rekonstruierten Tempels oder gar in der Cella anbringen möchte, was noch unwahrscheinlicher ist.

24 Vgl. Strobel (2010) 320–323. Natürlich konnte und durfte der Beschluss von Senat und Volk für eine Ehrensäule des lebenden Princeps keinen Hinweis darauf enthalten; deshalb wurde eine unverfängliche und etwas befremdlich anmutende Formulierung für den Beschluss gewählt, wie die Inschrift ILS 294 = EDR 102536 zeigt. Das Ehrengrab innerhalb des Po-meriums konnte erst nach dem Tod des Kaisers vom Senat beschlossen werden.

25 Vgl. bereits Strobel (2010) 339f., 407f.

26 Carandini, Carafa (2012).

27 Claridge (2007); dies. (2013); gegen die Thesen in Claridge (1993) und (2007) vgl. bereits Strobel (2010) 340, 342. Ihre Behauptung, die Säulenreliefs hätten keine Farben getragen, ist eindeutig widerlegt.

28 Baldassari (2012); dies. (2013).

Zum Gesamtkonzept des Traiansforums 63

Für den Tempel haben wir — im Gegensatz zu dem monumentalen Tempelkomplex für Diva Ma-tidia, der bereits 121 auf Medaillons erscheint29 — keine bildliche Darstellung in der Münzprägung Hadrians. Der von A. Claridge dafür herangezogene Sesterz mit der Darstellung einer Akklamation des Kaisers durch das Volk (RIC 2, 640; BMCRE 3, Hadr. 1309–3010, T. 81/10) ist dafür zu verwer-fen, da die Schiffsschnäbel an der Tribüne des Kaisers die Szene unmissverständlich auf das Forum verlegen; Schiffsschnäbel als Spolia einer Seeschlacht können nun wirklich mit keinem der Kriege Traians verbunden werden. Damit ist auch ihr Vorschlag, die beiden Dedikationsinschriften würden zu den zwei Triumphalgruppen rechts und links des Tempels gehören, hinfällig.30 Der seltsamerweise immer wieder für die Anlage zitierte Sesterz Traians mit der Reversdarstellung eines oktostylen Tem-pels mit seitlichen Portiken,31 sehr wahrscheinlich des Tempels des Iupiter Victor, besagt natürlich für den hadrianischen Tempel nichts.

Dass der Tempel in der sich nach den Erweiterungen des Pomeriums32 in den Randbereich des Marsfeldes und den Ausläufer des Quirinal erstreckenden Regio VIII befunden hat, ist durch die spät-antike Descriptio XIIII Regionum Urbis Romae belegt, allerdings nicht die unmittelbare Nähe von Tempel und Säule.33 Auch sind die hadrianischen Schloae des Athenaeum nicht mit der bibliotheca Templi Traiani (Gell. 11, 17, 1) zu identifizieren, wie zuletzt M. Galli (2013) postuliert. Dann wäre von Aulus Gellius mit Sicherheit nicht diese Bezeichnung gebraucht worden, sondern vom Athenaeum oder von bibliothecae Hadriani die Rede gewesen. Diese Bibliothek muss sich in den Gebäuden des Temenos dieses Tempels befunden haben. Lokalisierung und Gestalt des Tempels bleiben weiterhin offen, auch wenn eine Gegenposition zu Domitians Tempel für die flavische Dynastie auf dem Quiri-nal nicht ohne Grund angenommen werden kann, wie vom Verf. vorgeschlagen.

Die monolithischen Granitsäulen von ursprünglich 14,80m Höhe, deren Bruchstücke bei Bauar-beiten am Palazzo Valentini34 zusammen mit einem 2m hohen korinthischen Marmorkapitell im Schutt des Untergrundes gefunden wurden und den Säulen aus ägyptischem Granit der Basilica Ulpia entsprechen, haben zur Rekonstruktion eines oktostylen Podiumstempels mit monumentaler Fassade des Pronaos geführt, dessen Podium man dann unter dem Palazzo Valentini vermutet und dessen Hof zwischen zwei halbkreisförmigen Portiken unmittelbar vor dem Säulenhof gelegen haben soll, wobei die Portiken und die Temenosmauer sich direkt an die Frontmauer des Forums angeschlossen haben sollen.35 Dies wurde teilweise mit der These verbunden, dass der Tempel bereits zum architektoni-schen Konzept Trajans gehört habe, nur nicht zu Lebzeiten ausgeführt werden konnte — oder dass er gar noch von Traian, allerdings mit einer anderen Widmung (Nerva, Divus Traianus Pater) errichtet worden wäre. Bei den Grabungen 2011 sind im Bereich „ex-carceri“ und 1939 beim Fluchtgang des Luftschutzbunkers zwei Bruchstücke dieser monumentalen Granitsäulen aufgedeckt worden.36 Zwei andere Säulenteile waren schon unter dem frühneuzeitlichen Bodenniveau nahe der Kirche S. Maria

29 Medaillon Gnecchi II, Adriano 25, T. 39 Nr. 5; Strobel (2010) 408f.

30 Claridge (2007) 93; dies. (2012) 10.

31 RIC 2, 577 = MIR 14, 253 (106–107 n. Chr.). 305 mit 306. 307 (107–108 n. Chr.); Hill (1965) 158–160; insgesamt ders.

(1984–1985). Baldassarri nimmt zu Unrecht an, dass der Tempel des Divus Traianus auf Münzern abgebildet wäre.

32 Der Versuch von Gesemann (2003), die Pomeriumsgrenze in diesem Bereich zu lokalisieren, bleibt ohne Grundlage.

Damit fällt auch seine These, Basilica Ulpia und Traianssäule hätten sich außerhalb des Pomeriums befunden. Die Erweite-rungen durch Caesar und Augustus sind entgegen Gesemann gut belegt.

33 Auf die Auflistung der Kaiserforen (forum Caesaris, Augusti, Nervae, Traiani) folgt templum Divi Traiani und dann die Beschreibung des curiosum der Traianssäule (et columnam cochlidem altam pedes CVII, grados intus habet CLXXX fene-stras XLV); das gleiche Schema finden wir für die Marcussäule in der Regio XI (templum Divi Antonini et columnam cocli-dem …).

34 Zusammenfassend zur Baugeschichte des Palazzo Valentini und den Berichten über dortige Antikenfunde Baldassarri (2013) 436–454.

35 So Packer (1997); ders. (2002).

36 Zur Lokalisierung der neuen Funde vgl. Napoli, Baldassarri (2015) Fig. 4 (grün markiert).

Karl Strobel 64

Loreto entdeckt worden.37 Fünf Säulenteile und ein Bruchstück wurden 1765 beim Umbau der Süd-front des Palazzo zur Säule hin gefunden, aber nicht geborgen; sie dürften teilweise mit den späteren Funden in diesem Bereich identisch sein.

A. Carandini und P. Carafa38 haben nun in Fortsetzung der Hypothese von J. E. Packer und J.

Burge39 eine sehr gezwungene Rekonstruktion vorgeschlagen, die zudem die Richtigkeit des Fragmen-tes der Forma Urbis für das Südwesteck des Forums wie auch Teile des Grabungsbefundes negieren muss. So soll der Säulenhof zum Vorplatz hin geöffnet gewesen sein; dieser sei von einer Temenos-Mauer mit vorgestellten Säulen eingefasst gewesen, und in der Achse des Forums sei dort ein monu-mentaler Podiumstempel mit tiefem hexastylen Pronaos errichtet worden. Der Tempel, der in der Re-konstruktion Carandinis fast die Höhe des Mittelschiffs der Basilica Ulpia erreicht und sich nur 15m vor der Frontfassade des Forums erhoben hätte, ist an dieser Stelle architektonisch jedoch ganz un-wahrscheinlich. Um den mit einer monumentalen Säulenfront auf einem hohen Podium rekonstruier-ten Tempel überhaupt sichtbar zu machen, muss Carandini, wie bereits Claridge (2007), einen offenen Säulenhof postulieren; zudem fällt in dieser Rekonstruktion die in der Form Urbis belegte, den

Burge39 eine sehr gezwungene Rekonstruktion vorgeschlagen, die zudem die Richtigkeit des Fragmen-tes der Forma Urbis für das Südwesteck des Forums wie auch Teile des Grabungsbefundes negieren muss. So soll der Säulenhof zum Vorplatz hin geöffnet gewesen sein; dieser sei von einer Temenos-Mauer mit vorgestellten Säulen eingefasst gewesen, und in der Achse des Forums sei dort ein monu-mentaler Podiumstempel mit tiefem hexastylen Pronaos errichtet worden. Der Tempel, der in der Re-konstruktion Carandinis fast die Höhe des Mittelschiffs der Basilica Ulpia erreicht und sich nur 15m vor der Frontfassade des Forums erhoben hätte, ist an dieser Stelle architektonisch jedoch ganz un-wahrscheinlich. Um den mit einer monumentalen Säulenfront auf einem hohen Podium rekonstruier-ten Tempel überhaupt sichtbar zu machen, muss Carandini, wie bereits Claridge (2007), einen offenen Säulenhof postulieren; zudem fällt in dieser Rekonstruktion die in der Form Urbis belegte, den

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