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8. Auswertungsmethoden

8.1 Pädagogisches Experiment

8.1.2 Zielsetzung der Testaufgaben

Das Design der Testaufgaben (Lernaufgaben) ist konsequent auf die Praxis beruflicher Arbeit ausgerichtet. Es wird auf Lernhandlungen bezogen, die ein ganzheitliches Erfassen der beruf-lichen Wirklichkeit fördern und Bezüge zu sozialen Prozessen herstellen (vgl. KMK 2011, S. 17). Daraus ergeben sich nach RAUNER drei grundlegende Anforderungen an die Gestal-tung von Testaufgaben:

1) „Der Komplexitätsgrad muss so gewählt werden, dass das Zusammenhangsver-ständnis – und nicht nur eine Summe von Einzelfähigkeiten – gemessen werden kann.

2) Offene Testaufgaben sind erforderlich, da bei der Lösung beruflicher Aufgaben von Fachkräften zwischen alternativen Lösungsvarianten abgewogen werden muss.

3) Die Testaufgaben müssen inhaltlich für den jeweiligen Beruf charakteristisch und repräsentativ sein. Es ist nicht erforderlich, das jeweilige Berufsbild in seiner fach-lichen Breite – vollständig – durch Testaufgaben abzubilden“ (RAUNER 2011, S. 7).

Die berufstypische Arbeitssituation erfasst jeweils ein realistisches Problem beruflicher und betrieblicher Arbeitspraxis, welches einen berufsspezifischen Gestaltungsspielraum absteckt.

Die Zielvereinbarungen sind gestaltungsoffen, d. h. es gibt nicht die eine „richtige“ oder die

„falsche“ Lösung, sondern anforderungsbezogene Varianten. Die Erarbeitung einer funktions-gerechten Lösung erfordert ein berufstypisches Vorgehen und neben den fachlichen auch persönliche und soziale Dispositionen. Hierzu muss erworbenes fachliches Wissen aus den vorangehenden Lehr-Lern-Arrangements handlungsaktiv angewendet werden.

Die beiden Testaufgaben sind repräsentativ für das Berufsbild des Gärtners, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, und passen sich den Anforderungen an den Beruf an. Beide Testaufgaben werden nicht real praktisch gelöst, da sie berufliche Kompetenzentwicklung auf der Konzeptebene messen und nicht auf der Ebene konkreten beruflichen Handelns. Die Test-aufgaben stellen keine umfassende Lernerfolgskontrolle dar, sondern beziehen sich auf einen Ausschnitt aus dem jeweiligen Lernfeld des projektierten lernfeldstrukturierten Rahmen-lehrplans.

Die Lösung der Testaufgaben (Lernaufgaben) beschränkt sich nicht allein auf den planeri-schen Aspekt, sondern wird durch konkret sichtbare Arbeitsergebnisse ergänzt: einerseits durch die Ausarbeitung schriftlicher Produkte mit Papier und Stift, andererseits durch die Präsentation (mündliches Produkt) im Gespräch mit der Kundin bzw. mit dem Vorarbeiter.

Gelistete Arbeitsaufträge, Zusatzaufträge sowie ausgewählte Informations- und Lern-materialien unterstützen die möglichst selbstständig zu erarbeitenden Lösungen innerhalb einer Bearbeitungszeit von exakt 120 Minuten.

Damit vergleichbare Ergebnisse im Sinne des Forschungsanliegens erzielt werden, lösen die handlungsaktiven Aufgabenstellungen im Idealfall nahezu identische Lernhandlungen mit analogen Produkten und Lernergebnissen aus. Zudem ist die Sozialform der beiden Test-aufgaben mit „Arbeit in Gruppen“ vorgeschrieben, um vergleichbares Verhalten in unter-schiedlichen Situationen beobachten zu können. Die Bearbeitung der Testaufgaben (Lernauf-gaben) zielt auf konkret sichtbare Arbeitsergebnisse aller Versuchspersonen ab.

Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“

Situation:

„Der Gartenteich der Familie Müller verliert Wasser“, teilt Ihnen Ihr Chef mit. Der bereits vorhandene Teich muss neu gestaltet werden. Dabei ist der Teichrand beizubehalten. Wunsch von Frau Müller ist eine funktionsfähige Teichabdichtung mit Wasserpflanzen am und im Teich.

Zielvereinbarung:

Stellen Sie der Privatkundin Frau Müller Ihre Vorschläge zur Neugestaltung (Abdichtung und Pflanzenauswahl) vor und informieren Sie sie über die durchzuführenden Arbeiten. Bereiten Sie sich auf das Kundengespräch mit Frau Müller vor.

Lernhandlungen:

Die Lernenden entwickeln Vorschläge zur Neugestaltung (Abdichtung und Pflanzenauswahl), sodass die Kundin Frau Müller im Kundengespräch umfassend beraten werden kann.

Abb. 11: Angestrebte Lernhandlungen der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“

Lernmaterialien:

Abb. 12: Lernmaterialien der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ (Händlerprospekte, Materialproben und Preislisten sowie Arbeitssicherheitsbroschüren und Kundenberatungskonzepte)

Arbeitsaufträge:

- Entscheiden Sie sich für eine Teichabdichtung und passen Sie ggf. die Teichzonierung Ihrer ausgewählten Bauweise an.

- Skizzieren Sie den schematischen Aufbau Ihrer Teichabdichtung (Reihenfolge der Schichten) maßstäblich unter Berücksichtigung der Regeln für das Bauzeichnen.

Beschriften Sie Ihre Skizze.

- Notieren Sie in Stichworten alle Arbeitsschritte in chronologischer Reihenfolge vom Rückbau des Gartenteiches bis einschließlich der Bepflanzung, um Frau Müller über den Bauablauf zu informieren. Ergänzen Sie Hinweise zu Werkzeug- und Maschineneinsatz sowie zu Unfallverhütungsvorschriften.

- Wählen Sie zehn Pflanzen unter Berücksichtigung der ökologischen Bedeutung für das Leben im Teich aus und beschreiben Sie diese mithilfe wesentlicher Merkmale.

Markieren Sie die Standorte der von Ihnen ausgewählten Pflanzen in der Teichdraufsicht unter Berücksichtigung einer Plansymbolik.

- Berechnen Sie den benötigten Bedarf an Material und Pflanzen.

Testaufgabe XIV-2.2 „Schrägdächer begrünen“

Situation:

Auf dem „Haus der Landschaft“ des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatz-bau ist eine Dachbegrünung herzustellen. Nachdem der Lieferant die Materialien für die Schrägdachbegrünung abgeladen hat, drückt Ihnen Ihr Vorarbeiter den Lieferschein in die Hand: „Kontrolliere den Lieferschein und überlege dir die notwendigen Arbeitsschritte zur Begrünung der Schrägdächer.“

Zielvereinbarung:

Stellen Sie Ihrem Vorarbeiter Ihre Überlegungen zur Ausführung der Arbeiten vor. Zeigen Sie ihm Ihre bislang erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse in einem Gespräch. Bereiten Sie sich auf das Gespräch mit Ihrem Vorarbeiter vor.

Lernhandlungen:

Die Lernenden stellen die auszuführenden landschaftsgärtnerischen Arbeiten im Vorfeld so detailliert dar, dass ein reibungsloser Ablauf auf der Baustelle erwartet werden kann.

Abb. 13: Angestrebte Lernhandlungen der Testaufgabe XIV-2.2 „Schrägdächer begrünen“

Lernmaterialien:

Abb. 14: Lernmaterialien der Testaufgabe XIV-2.2 „Schrägdächer begrünen“ (Händlerprospekte, Materialpro-ben und Preislisten sowie Dachbegrünungspflanzen und Arbeitssicherheitsbroschüren)

Arbeitsaufträge:

- Legen Sie mithilfe des Lieferscheins den Schichtenaufbau für die Dachbegrünung auf dem „Haus der Landschaft“ fest. Das Dach ist bereits wurzelfest abgedichtet, hat eine Neigung von 30° (58 %) und kann 198 kg/m² Last aufnehmen.

Berechnen Sie das Gewicht pro Quadratmeter.

- Zeichnen Sie den Schichtenaufbau im Maßstab 1:1 (Neigung 30°) unter Berücksichtigung der Regeln für das Bauzeichnen. Beschriften Sie Ihre Zeichnung.

- Notieren Sie in chronologischer Reihenfolge alle Arbeitsschritte der auszuführenden Arbeiten bis zur Abnahme. Ergänzen Sie Hinweise zu Werkzeug- und Maschineneinsatz sowie zu Unfallverhütungsvorschriften.

- Beschreiben Sie zehn der gelieferten Pflanzen mit einem wesentlichen Merkmal, um dadurch eine Vorstellung von den ausgewählten Pflanzen zu bekommen. Markieren Sie ggf. die Standorte der von Ihnen ausgewählten Pflanzen auf den Dächern unter Berück-sichtigung einer Plansymbolik.

- Kontrollieren Sie die Mengenangaben des Lieferscheins, indem Sie den benötigten Material- und Pflanzenbedarf für die Schrägdächer berechnen.

Die Beurteilung des Prozesses findet als systematische Beobachtung durch die unabhängigen Rater und den Versuchsleiter statt. Dabei wird jede Versuchsperson mittels eines ausgearbei-teten Beobachtungsbogens (vgl. Kap. 8.1.3) von zwei Ratern mehrfach in den unterschied-lichen Phasen der vollständigen Handlung zur Erarbeitung einer funktionsfähigen Lösung der Testaufgabe im offenen Unterricht beobachtet. Auf diese Weise kann mit objektiver Beobach-tung durch unabhängige Rater auf Kompetenzen der Versuchspersonen geschlossen werden (vgl. KANNING 2009, S. 41). Die Bewertung der Produkte unterteilt sich in die Bewertung der mündlichen Ergebnispräsentation und die Bewertung schriftlicher Produkte.

Die Präsentation als mündliches Produkt in Form eines Gesprächs mit einem Kunden bzw.

mit dem Vorarbeiter ist eher „flüchtig“, da eine Präsentation sich nicht mehrfach wiederholen lässt. Deshalb wird als begleitendes diagnostisches Instrument eine Foto- bzw. Videodoku-mentation geplant, die zur Überprüfung der produktorientierten Fremdeinschätzung seitens der Rater beiträgt. Die schriftlichen Produkte der Versuchspersonen werden eingesammelt, gebündelt und durch die Rater mehrfach kontrolliert und bewertet.