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9. Durchführung des pädagogischen Experiments

10.2 Analyse der Testaufgaben

10.2.1 Auswertung der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“

Im Anschluss an die Lernsituation XI-1 „Gartenteiche bauen“ wurde zum dritten Messzeit-punkt (MZP 3) im Rahmen des Lernfeldes XI „Wasseranlagen bauen“ bzw. der Unterrichts-einheit zur Lernsituation XI-2 „Gartenteiche pflegen“ die Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ des projektierten Rahmenlehrplans durch die Fachlehrkräfte der Kooperationsschu-len durchgeführt und mittels Beobachtung, Befragung (Fragebogen und Interview) und Dokumentation (Foto- und Videografie) evaluiert.

Beobachtungsprotokoll

Die in den Versuchsklassen mit den involvierten Fachlehrkräften durchgeführte Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ wurde vom Versuchsleiter mittels eines teilformalisierten Pro-tokolls dokumentiert. Das Protokoll erfasste die jeweiligen Rahmenbedingungen des Unter-richts und die genaue Zusammensetzung der Versuchsklasse sowie Regeln gemäß der Schul-, Haus- und Klassenordnung. Darüber hinaus wurden äußere Störfaktoren stichwortartig erfasst, die auf den Verlauf der Testaufgabe Einfluss genommen haben könnten: Nachricht einer Vaterschaft, Filmaufnahmen im Schulgebäude, Aufruf zur Blutspende, Mitteilung über den Tod eines Mitschülers sowie die Verspätungen der Versuchspersonen.

Versuchspersonen erschienen bis zu 90 Minuten später zum regulären Unterricht, verursach-ten durch diese Störung primäre Unruhe im Versuchsraum sowie Daverursach-tenverluste bei der Mes-sung beruflicher Handlungskompetenz mit den Beurteilungsbogen. Die im Beobachtungs-protokoll skizzenhaft aufgezeichnete Sitzordnung, Zusammensetzung der Arbeitsgruppen, Hauptblickrichtung der Versuchspersonen und Zuteilung der unabhängigen Rater waren zur Kontrolle der prozess- und produktorientierten Fremdeinschätzung hilfreich. Einige Ver-suchspersonen weigerten sich, die während des Experiments erarbeiteten Produkte abzuge-ben, andere verweigerten die Selbsteinschätzung der schriftlichen Produkte.52

52 Der Rücklauf der Selbsteinschätzungsbogen betrug für die Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“

94,52 % und für die Testaufgabe XIV-2.2 „Schrägdächer begrünen“ 95,83 %. 17 Versuchspersonen (4,84 %) gaben ihre Produkte zur Teich- und 12 Personen (4,17 %) zur Dachaufgabe nicht ab.

Eine qualitative Auswertung der Beobachtungsprotokolle war grundsätzlich nicht vorgesehen.

Im Protokoll vermerkte konkrete Ereignisse können im Einzelfall zur Interpretation der Untersuchungsergebnisse herangezogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Einfluss auf das Zustandekommen der Forschungsergebnisse hatten.

Befragung der Fachlehrkräfte

Mit der Durchführung der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ waren insgesamt zwölf Fachlehrkräfte befasst (jeweils zwei Fachlehrkräfte je Versuchsort). Sie evaluierten sämtlich die Lernaufgabe mittels eines standardisierten Fragebogens in Bezug auf die Kategorien Handlungs-, Kompetenz- und Berufsorientierung (N = 12). Die Ergebnisse der Befragung wurden im Folgenden anhand der Häufigkeitsverteilungen dargestellt (vgl. Abb. 21-23);

die Beschreibung der maßgeblichen Schlagworte ist dem standardisierten Fragebogen zu ent-nehmen.

Abb. 21: Bewertung der Handlungsorientierung Testaufgabe XI-2.1 durch die Fachlehrkräfte

In Bezug auf die Handlungsorientierung der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ ergab die Befragung der Fachlehrkräfte ein positives Ergebnis: 47,3 % der befragten Fachlehrkräfte bewerteten diese Testaufgabe als „sehr handlungsorientiert“, weitere 43,0 % als „handlungs-orientiert“. Am besten schnitt in dieser Kategorie die Schüleraktivität ab, die 75 % der Fach-lehrkräfte als „sehr schüleraktivierend“ und 25 % als „schüleraktivierend“ im Hinblick auf die geforderte selbstständige Problemlösung bewertet haben. Verbesserungen sahen die Fachlehr-kräfte im Bereich der Binnendifferenzierung. 50 % der befragten FachlehrFachlehr-kräfte waren der Auffassung, dass die Testaufgabe die individuellen Lernvoraussetzungen der Auszubildenden weniger berücksichtige.

Abb. 22: Bewertung der Kompetenzorientierung Testaufgabe XI-2.1 durch die Fachlehrkräfte

Der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ wird von 70,8 % der befragten Fachlehrkräfte eine sehr hohe Kompetenzorientierung und von weiteren 26,4 % eine hohe Kompetenzorien-tierung attestiert, wobei die beschriebene Situation mit den darauf bezogenen zielorientierten Arbeitsaufträgen zu 100 % eine fachgerechte, methodengeleitete individuelle Lösung zu erar-beiten erlaube. Gleichzeitig bekundeten jedoch 16,7 % der Befragten, dass diese Situation die kommunikative Kompetenz der Lernenden weniger fördere.

Abb. 23: Bewertung der Berufsorientierung Testaufgabe XI-2.1 durch die Fachlehrkräfte

In der Kategorie der Berufsorientierung bewerteten 63,9 % der befragten Fachlehrkräfte die Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ als „sehr berufsorientiert“ und zu 26,4 % immer noch als „berufsorientiert“. Jeweils 83,3 % der Fachlehrkräfte bescheinigten der Lernaufgabe eine sehr hohe Bedeutung in Bezug auf die Stellung innerhalb des Lernfeldes XI „Wasser-anlagen bauen“ und im Hinblick auf den Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten für berufs-typische Tätigkeiten eines Landschaftsgärtners in der Praxis. Eine Fachlehrkraft (8,3 %)

vermisste einen Aktualitätsbezug unter dem Aspekt betrieblicher und gesamtwirtschaftlicher Bedingungen.

Die Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ entspricht demnach in hohem Maße den Anforderungen an ein handlungs- und kompetenzorientiertes, auf eine berufstypische Arbeits-situation gestütztes Lehr-Lern-Arrangement. Neben der geschlossenen Fragestellung konnten die beteiligten Fachlehrkräfte auf der Rückseite des Fragebogens zusätzlich individuelle Anmerkungen und Kommentare notieren. Darin wurde mehrheitlich und ausdrücklich die Vielfalt und Qualität der Lehr- und Lernmaterialien begrüßt. Die Präsensationsform als Ge-spräch für Schüler wurde hingegen kontrovers diskutiert. Für einige Fachlehrkräfte

… erfolgt eine Kundenberatung i. d. R. nicht durch Auszubildende im 2. Ausbildungs-jahr,

… sind Rollenspiele grundsätzlich wenig effektiv und

… überfordern die Auszubildenden, angeblich stellen sie den sprichwörtlichen

„Sprung ins kalte Wasser“ dar.

Andererseits wurde (teilweise übrigens von denselben kritischen Kollegen) geäußert,

… dass solche Präsentationsformen schon häufiger praktiziert werden sollten,

… diese Form der Präsentation trainiert werden müsse, wofür aber im Rahmen des berufsbezogenen Unterrichts am Lernort Berufsschule die Zeit fehle.

Ebenfalls kontrovers wurde die Frage diskutiert, ob die Gruppenfindung wirklich den Lernen-den überlassen werLernen-den sollte und ob leistungsschwächere AuszubilLernen-dende nicht doch durch das umfangreiche Informationsmaterial und die selbstständige Bearbeitung überfordert seien (vgl. Kap. 10.2.3).

Befragung und Interview der Auszubildenden

Während die Fachlehrkräfte die durchgeführte Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“

bewerteten, befragte der Versuchsleiter die an dieser Messung teilnehmenden Versuchsper-sonen mithilfe eines fragebogengestützten Interviews zum Unterrichtskonzept (N = 310). Der sieben Fragen umfassende standardisierte „Fragebogen für Auszubildende“ ist in der Anlage einzusehen.

Dem Fragebogen ging eine kurze Erläuterung zum Forschungsvorhaben voraus, anschließend führten Versuchsleiter und Versuchspersonen ein ergänzendes wechselseitiges Interview zum Unterrichtskonzept und Unterrichtsgegenstand. In einigen Fällen mussten auch inhaltlich of-fen gebliebene Fragestellungen fachlich zufriedenstellend geklärt werden (Systematisieren).

Die Auswertung des fragebogengestützten Interviews der Auszubildenden erfolgte mithilfe der Häufigkeitsverteilungen. Angesichts der anonymisierten Befragung mittels Fragebogen ist es dennoch möglich, individuelle Antworten auf die untersuchten Fragen wörtlich wiederzu-geben. Diese Aussagen wurden größtenteils transkribiert, teilweise aber auch auf ihre Kernausaussage komprimiert (s. Abb. 24).

Abb. 24: Ergebnisse des fragebogengestützten Interviews der Auszubildenden zum Unterrichtskonzept

Grundsätzlich bekundeten 71,1 % der befragten Versuchspersonen, Lernaufgaben im Format der Testaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ bereits aus anderen Unterrichtsstunden und Unterrichtsfächern zu kennen. Sie beurteilten sie positiv, „weil man mehr Zeit zur Verfügung hatte und sich nicht andauernd auf ein anderes Fach einstellen muss“ (RIB-12). Andererseits wurde an den Versuchsorten teilweise großer organisatorischer Aufwand betrieben, der Stun-denplan der Versuchsgruppen geändert, damit planbare Blöcke im zeitlichen Umfang von vier Unterrichtstunden entstanden (vgl. BRÄUER & HASS2010, S. 10).

In Bezug auf die Lernaufgabe XI-2.1 „Gartenteich sanieren“ bestätigen 82,6 % der Befragten die Bewertung ihrer Fachlehrkräfte, dass es sich bei der bearbeiteten Situation um eine im Berufsalltag realistische und wichtige handele, …

- „weil einem solche Probleme jederzeit auf der Baustelle begegnen und sie dann gelöst werden können“ (LIG-20),

- „weil Kundengespräche auf jeder Baustelle vorkommen“ (COT-12),

- „weil man später Kundengespräche selber durchführen muss, finde ich es gut, dass die Berufsschule so etwas mit uns übt“ (SAM-10) und

- „weil man dann mit den Kunden besser umgehen kann“ (VIT-17).

72,1 % der befragten Versuchspersonen können gemäß ihrer Aussagen die zur Verfügung ste-hende Zeit zur Bearbeitung der Lernaufgabe effektiv nutzen, „weil man sich mit den Dingen selbst beschäftigt und nicht nur dem Lehrer zuhört“ (SAM-11) bzw. weil man sich „in dieser Unterrichtszeit … kompakt mit einem Thema auseinandersetzt, was sonst nicht so im Unter-richt stattfindet“ (CAL-10). 76,1 % der Befragten meinen, in Lehr-Lern-Arrangements mehr als im konventionellen Unterricht lernen zu können:

- „Ich befasse mich viel intensiver mit diesen Lernaufgaben und dadurch steigt auch das Interesse an den Themen dieser Lernaufgaben enorm“ (PRU-23) und

- „Man lernt mehr frei zu sprechen und sich auszudrücken. Zudem lernt man sich selbst etwas zu erarbeiten“ (RUB-06).

Bezüglich der Möglichkeit, Leistungen selbst zu bewerten, sind sich die Befragten uneinig:

48,6 % der Versuchspersonen begründeten ihre positive Entscheidung sinngemäß wie folgt:

„So kann man am Ende vergleichen, wie andere über meine Leistungen denken“ (SYM-20), 51,4 % der Versuchspersonen äußerten Ängste „weil ich mich immer schlechter bewerte“

(COT-13), „weil man seine Leistungen nicht realistisch einschätzen kann“ (ROS-10) und:

„Man ist oft nicht objektiv mit sich selbst“ (GAU-16). Letztendlich sei „die Bewertung eines Außenstehenden neutraler“ (MAH-02).

Lernaufgaben würden 8,6 % der befragten Versuchspersonen am liebsten ganz „alleine“, 26,9 % der Befragten eher „zu zweit“ und 64,5 % der Befragten „im Team“ bearbeiten53,

„weil man dann viele Ideen zusammenwerfen kann und schneller zu einem Resultat kommt“

(PYR-04). „Lernaufgaben sind im Team besser [zu bearbeiten], da jeder seine eigenen Erfah-rungen und seine eigene Meinung miteinbringt“ (TAX-04, TAX-08 und TAX-13).

53 Die Häufigkeitsverteilung der Frage 3 des „Fragebogen für Auszubildende“ („Ich finde die Bearbeitung von Lernaufgaben besser im Team/zu zweit/allein“) ist nicht in der Abbildung 25 dargestellt.