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7. Handlungskompetenz im Garten- und Landschaftsbau

7.1 Erfassung domänenspezifischer Kompetenzen

7.1.1 Anforderungen an die Berufsausbildung

Nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist der Beruf des Gärtners ein anerkannter Ausbil-dungsberuf, der zu den so genannten „grünen“ Berufen zählt. Die bundesweit geregelte 3-jährige gärtnerische Berufsausbildung wird, wie bereits erwähnt, in sieben Fachrichtungen angeboten und durch die „Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/ zur Gärtnerin“

(VO’96) geregelt (vgl. BMELF 1996, S. 376 ff.).

Die gültige Ausbildungsordnung vom 6. März 1996 genügt inhaltlich und formal den Anfor-derungen an eine handlungsorientierte Berufsausbildung im Sinne des § 1 BBiG23. Die Ge-staltung der VO’96 basiert allerdings noch nicht auf dem Kompetenzverständnis, das dem Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) zugrunde liegt (vgl. Kap.

6.3.1). Ausgehend vom Berufsbild eines Landschaftsgärtners werden in § 4 der VO’96 Anfor-derungen an die Berufsausbildung zum Gärtner, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau,

23 „Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandeln-den Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungs-fähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen“ (BMBF 2005, § 1 BBiG).

nur in der Dimension Fachkompetenz – in Fertigkeiten und Kenntnisse zusammengefasst – gestellt (vgl. BMELF 1996, S. 376 f.). Der Ausbildungsrahmenplan der VO’96 enthält eine handlungsorientierte Darstellung der Ausbildungsinhalte mit Mindestanforderungen dafür, diesen Beruf zu erlernen und auszuüben (vgl. BMELF 1996, S. 405 ff.).

Auf der Basis eines „Kompetenzchecks“24 kategorisiert die Bundesagentur für Arbeit (BA) den Beruf des Gärtners in der Berufsgruppierung „D“, im Berufsbereich „D2“. „Zu dieser Berufsgruppierung gehören Berufe, für die von den Fähigkeiten ‚räumliches Vorstellen‘,

‚rechnerisches Denken‘ und ‚Sprachbeherrschung‘ keine besonders wichtig sind“ (BA 2006, S. 13). Stattdessen liegen die Schwerpunkte für das Erlernen des Berufs auf Körpereinsatz, Ernährung, Natur und Maschinenbedienung (vgl. BA 2006, S. 13). Damit qualifiziert die Bundesagentur für Arbeit die Ausbildung zum Landschaftsgärtner ab, da sie in ihrer Berufs-gruppierung nicht nach den sieben Fachrichtungen der gärtnerischen Berufsausbildung unter-scheidet, sondern alle Fachrichtungen vereinheitlicht. Für den Beruf des Landschaftsgärtners werden aber zum Beispiel

… „räumliches Vorstellungsvermögen“ für die Umsetzung eines Ausführungsplans auf der Baustelle,

… „mathematisches Verständnis“ (Rechenfähigkeit) bei Vermessungsarbeiten und

… „mündliches Ausdrucksvermögen“ beim täglichen Kontakt mit Kunden benötigt, weshalb die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz im pädagogischen Experiment in diesen Fähigkeitsbereichen besondere Berücksichtigung findet.

Die im Abschlussbericht des Zukunftskongresses Gartenbau beschriebene demographische Entwicklung der Gesellschaft und die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen im Pflanzenschutz führen in der gärtnerischen Ausbildung zu veränderten Tätigkeitsfeldern.

Aus den neuen Tätigkeitsfeldern und erweiterten Zuständigkeitsbereichen ergeben sich neue und veränderte Anforderungen an die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten und damit an die berufliche Handlungskompetenz von Gärtnern.

Dies bedeutet unter anderem, dass die öffentlichen und teilöffentlichen Gärten sowie Grün-bereiche sowohl zur Erhöhung der Lebensqualität in Ballungszentren und im Stadtgebiet als

24 Unter dem Begriff „Kompetenzcheck“ verstehen die Partner „Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräf-tenachwuchs in Deutschland“ die Sichtung aller vorliegenden eignungsrelevanten Bewerberdaten sowie zusätzlich notwendige Datenerhebungen zur Beurteilung der Eignung, um nicht vermittelten Bewerbern ein angemessenes Angebot zur Ausbildung oder Qualifizierung unterbreiten zu können (vgl. BA 2006).

auch zum Stressabbau und zur Regeneration beitragen, weshalb „der Bereich der ressourcen-schonenden, umweltbewussten Arbeit mit Pflanzen, ihre Erzeugung, Weiterverarbeitung, der Handel und die Verwendung […] verstärkt Eingang in Lehrplänen von Berufsschulen […]

finden [muss]“ (BMEL 2013, S. 28).

Eine wachsende Nachfrage nach den Dienstleistungen des Garten- und Landschaftsbaus (vgl.

LICHTBLAU 2012, S. 10) begründet sich in der höheren Wertschätzung von Gärten und in der alternden Gesellschaft als solcher. Deshalb wird empfohlen, „die erbrachten Dienstleis-tungen deutlich zu personalisieren, d. h. einerseits eine persönliche Bindung zwischen Auf-traggeber und Auftragnehmer aufzubauen und andererseits die Leistungen der Persönlichkeit des Auftraggebers anzupassen“ (BMEL 2013, S. 8). Zusätzliche Dienstleistungsmerkmale wie gute Umgangsformen und Verhaltensweisen im direkten Kundengespräch müssen demnach in die Ausbildung von Landschaftsgärtnern integriert werden.

Die anhaltende Nachfrage nach privatem Grün verändert die Auftragsstruktur. Die Unterneh-men des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus werden mit gestiegenen Ansprüchen an die Gartengestaltung konfrontiert. Der Garten soll unmittelbar nach seiner Fertigstellung nutzbar sein (vgl. BMEL 2013, S. 18 ff.). Dabei spielt der Trend zur Nachhaltigkeit in zweifacher Weise eine Rolle: „einerseits bei der Erstellung seiner Produkte, die zu definierenden Nach-haltigkeitskriterien genügen sollen, andererseits als Dienstleister für die Umsetzung nachhal-tiger […] Systeme zum Management von Niederschlagswasser oder die bedarfsgerechte An-lage und Pflege von Grünflächen“ (BMEL 2013, S. 23).

Das Thema Pflanzenschutz ist eng mit den Themenbereichen „gesunde Ernährung“ und

„Umwelt“ verknüpft. Neue europäische Rechtsverordnungen werden das Ziel verfolgen, die Risiken der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren und neue Lösungen zu entwickeln, wie z. B. innovative Pflanzenschutzmaßnahmen (vgl. BMEL 2013, S. 31 f.).

Auch wenn hier nur einige der zukünftig zu erwartenden Veränderungen skizziert wurden, wird deutlich, dass sich der Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich von Landschaftsgärtnern in erheblichem Wandel befindet.

Auf Grundlage der in der bestehenden Ausbildungsordnung genannten Mindestanforderungen und unter Berücksichtigung der gestiegenen, zum Teil neuen Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz von Gärtnern der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau wurden in der vorliegenden Analyse …

… diese Angaben mit den Berufsinformationen zum Beruf Gärtner, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, der Bundesagentur für Arbeit unter BERUFENET abgeglichen (vgl. BA o. J.) und

… unter Nutzung der dort verwendeten Terminologie Kompetenzen für den

Erwerb einer beruflichen Handlungsfähigkeit als Ziel der beruflichen Ausbildung abgeleitet (vgl. BA o. J.),

… wobei diese um ausgewählte berufsbezogene, in der Ausbildungsordnung ange-führte Fertigkeiten und Kenntnisse (vgl. BMBF 2005, S. 376 ff.) bzw. gestiegene Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz ergänzt wurden.

Die unter BERUFENET allgemein gehaltene Terminologie von Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten sowie Arbeitsverhalten wird im Folgenden mit beispielhaften berufstypischen Tätigkeiten und Handlungen eines Landschaftsgärtners ergänzt:

Fachkompetenz I: kognitive Fähigkeiten

- räumliches Vorstellungsvermögen (z. B. nach Plänen und Zeichnungen arbeiten) - Beobachtungsgenauigkeit (z. B. Schadsymptome durch Schädlingsbefall erkennen) - Merkfähigkeit (z. B. Arbeitsabläufe und botanische Namen einprägen)

- technisches Verständnis (z. B. Maschinen und Geräte warten und instand halten) - arithmetische Fähigkeiten (z. B. Flächen aufteilen und berechnen, Gefälle berechnen) - restringiertes Sprach- und Textverständnis (z. B. Aufträge und Wünsche von

Kun-den sachgerecht aufnehmen)

- mündliches Ausdrucksvermögen (z. B. Kunden informieren und beraten) - schriftliches Ausdrucksvermögen und Rechtschreibsicherheit

(„Sprachbeherr-schung“, z. B. einfache Leistungsbeschreibungen oder Pflanz- und Pflegeanleitungen notieren)

- elaboriertes Textverständnis (z. B. Fachtexte sowie rechtliche Bestimmungen lesen und verstehen)

Fachkompetenz II: praktische Fähig- und Fertigkeiten

- Handgeschick (z. B. Bäume, Sträucher, Stauden und Gräser pflanzen)

- Auge-Hand-Koordination (z. B. Planum herstellen, Erdbaumaschinen steuern)

- handwerkliches Geschick (z. B. Geräte und Werkzeuge zum Pflanzen und Säen, zum Begrünen von Dächern und Fassaden und zum Bau von Wegen, Treppen, etc.

benutzen)

- Körperbeherrschung (z. B. bei Arbeiten auf Dächern bei einer Dachbegrünung) - zeichnerische Befähigung (z. B. Skizzen oder technische Detailzeichnungen zur

Veranschaulichung anfertigen) Selbstkompetenz: personale Fähigkeiten

- Sinn für Ästhetik (z. B. Wegverläufe oder Parklandschaften gestalten)

- Verantwortungsbewusstsein und -bereitschaft (z. B. Dünge- und Pflanzenschutz-mittel verantwortungsbewusst und vorschriftsmäßig einsetzen)

- Umsicht (z. B. auf Einhaltung der Vorschriften für Arbeits- und Gesundheitsschutz achten)

- Sorgfalt (z. B. gewissenhaft mit Maschinen, Geräten und Werkzeugen sowie Werkstoffen umgehen)

- Flexibilität (z. B. sich an sich ändernde Arbeitsbedingungen anpassen)

- Kunden- und Serviceorientierung (z. B. individuelle Wünsche und Vorstellungen von Kunden berücksichtigen)

Diese mit berufsbezogenen Beispielen ergänzten Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit (BA) decken sich grundsätzlich mit den „Anforderungen an Jugendliche für den Ein-tritt in eine Berufsausbildung im Bereich der Agrarwirtschaft“ des Ausschusses für Berufsbil-dung der Agrarwirtschaft vom Februar 2005. Die Anforderungen an eine AusbilBerufsbil-dung zum Gärtner, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, hängt nicht nur von den Neigungen einer Person ab. Darüber hinaus sind weitere Merkmale von Bedeutung:

- die o. g. Kenntnisse und Kompetenzen,

- eine gute körperliche Konstitution, die traditionell unter dem Begriff der „Eignung“

erfasst wird, sowie

- gewisse institutionelle Voraussetzungen (vgl. DBV 2005, S. 2).