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Ziele und Aufgaben des Supply Chain Management

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 34-40)

2 Supply Chain Design als Basis des Supply Chain Management .1 Grundlagen des Supply Chain Management

2.1.2 Ziele und Aufgaben des Supply Chain Management

Bevor eine detaillierte Betrachtung der Aufgaben des Supply Chain Management hin-sichtlich der integrierten Planung, Steuerung und Kontrolle der Supply Chain durchge-führt werden kann, sind zunächst die mit dem Supply Chain Management verfolgten Ziele zu erläutern. Das im vorherigen Abschnitt aufgezeigte Fundamentalziel der Erschließung untemehmungsübergreifender Erfolgspotenziale ist dafür in Instrumen-talziele zu zerlegen.31 Ein Ziel, das mit dem Supply Chain Management verfolgt wird, ist die Vermeidung des Bullwhip-Effektes, ebenfalls bekannt als Forrester-Effekt oder Peitschenschlageffekt.32 Der Bullwhip-Effekt beschreibt die Verstärkungen der Bestellmengen, die auftreten, wenn jedem Teilnehmer der Supply Chain lediglich die Nachfrage des unmittelbaren Vorgängers bekannt ist.33 Eine Visualisierung des Bull-whip-Effektes ist exemplarisch in Abbildung 2.2 dargestellt.

30 Die Managementfunktionen umfassen Planung, Organisation, Leitung, Koordination und Kontrolle, wobei Organisation, Leitung und Koordination hier unter Steuerung zusammengefasst werden. Vgl. zu diesen und weiteren Managementfunktionen etwa Staehle (I 999), S. 81 ff.; Steinmann/Schreyögg (2000), S. 8ff.; Wolf (2003), S. 82ff.

31 Ein Fundamentalziel wird um seiner selbst verfolgt. Ein Instrumentalziel wird verfolgt, weil eine positive Wirkung auf das Fundamentalziel vermutet wird. Vgl. etwa Eisenftlhr/Weber (2003), S. 56ff.

32 Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 85f.; Göpfert (2004), S. 33; Sucky (2004), S. 2lf. und ftlr die Ursprungs-quelle Forrester ( 1958).

33 Vgl. etwa Corsten/Gössinger (2001 ), S. 86.

Verkäuk an Kunden Beste~n des Händlers

durch den Händler beim Prod111.Crten

r. r.

" "

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l.elt l.elt

Beste~n des Prod111.Cnten Bestellungen des Zulielerers

bein Zulieti:rer beim Vorzulielerer

r. r.

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a ll a

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m

=

l.elt l.elt

Abbildung 2.2: Visualisierung des BuUwbip-Effektes

(Quelle: In Anlehnung an Lee/Padmanabhan/Whang (1997), S. 80.)

Wie in Abbildung 2.2 dargestellt, verstärken sich die Schwankungen der Bestellmen-gen, je weiter vom Endproduktkunden entfernt die Bestellung ausgelöst wird. Relativ kleine Veränderungen der Nachfragen der Kunden schaukeln sich ausgehend vom Kunden bis zum ersten Zulieferer immer weiter auf und führen somit zu hohen Lager-beständen und Fehlmengen und verschlechtern die Planbarkeit in einer Supply Chain.34 Für den Bullwhip-Effekt sind im Wesentlichen vier Ursachen zu nennen:35

• Verschiedene Bedarfsvorhersagen

• Zusammenfassungen des Bedarfes zu optimalen Bestellmengen

• Preisfluktuationen

• Antizipierte Lieferkürzungen

Verschiedene Bedarfsvorhersagen, die nicht abgestimmt werden, indem allen Partnern der Supply Chain die Informationen über die Nachfragen der Endproduktkunden zugänglich gemacht werden, führen durch erhöhte Sicherheitsbestände und falsch

34 Vgl. etwa K.nolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 7.

is Vgl. Beckmann (2004), S. 8f.; Langemann (2004), S. 438f.; Lee/Padmanabban/Whang (1997), S. 801T.

Simchi-Levi/Kaminsky/Simchi-Levi (2003), S. 103f. erwähnen dartlber hinaus die Lieferzeit. Je langer die Lieferzeit, desto größer der Bullwhip-Effekt.

interpretierte Informationen zum Bullwhip-Effekt.36 Darüber hinaus kann die Zusam-menfassung von Bestellungen zur Verminderung fixer Bestellkosten, beispielsweise bei relativ hohen Transportkosten oder bei Mengenrabatten, zu einer erschwerten Nachfrageprognose führen, da die Bestellmengen groß sind und unregelmäßig auftre-ten. 37 Der Bullwhip-Effekt kann des Weiteren durch Preisfluktuationen verstärkt wer-den, indem große Mengen bei niedrigen Preisen gekauft und für die Zukunft gelagert werden, so dass sich das Einkaufsverhalten nicht an dem der Endproduktabnehmer orientiert und dementsprechend auf den nachfolgenden Ebenen den Bullwhip-Effekt verstärken kann.38 Wenn die bestellten Mengen die lieferbaren Mengen übersteigen, kommt es häufig zunächst zu Teillieferungen und späteren Restlieferungen. Falls die-ses aus der Vergangenheit bekannte Verhalten des Zulieferers bereits bei der Bestel-lung berücksichtigt wird und folglich die bestellte Menge erhöht wird, verstärkt diese antizipierte Lieferkürzung den Bullwhip-Effekt.39

Folgen des Bullwhip-Effektes sind überhöhte Lagerbestände, zu geringe oder über-schüssige Kapazitäten, schlechter Kundenservice auf Grund langer Lieferzeiten oder nicht erfüllter Nachfrage sowie kostenintensive Sonderaktionen wie Überstunden oder Eillieferungen.40 Das Supply Chain Management als Konzept zur Verringerung bzw.

Vermeidung des Bullwhip-Effektes hat somit die folgenden Zielsetzungen:41

• Kostenverringerungen

• Serviceverbesserungen

Alternativ können die weiter detaillierten Ziele des Supply Chain Management, die nicht nur als Instrumentalziele zur Verringerung des Bullwhip-Effektes, sondern eben-falls zur Erschließung untemehmungsübergreifender Erfolgspotenziale dienen, anhand der Unterpunkte Kosten, Zeit und Qualität, wie in Abbildung 2.3 dargestellt, eingeord-net werden.42

36 Vgl. Lee/Padmanabhan/Whang (1997), S. 80f.; Stadtler (2002), S. 24.

37 Vgl. Simchi-Levi/Kaminsky/Simcbi-Levi (2003), S. 104; Stadtler (2002), S. 24f.

38 Vgl. Lee/Padmanabhan/Whang (1997), S. 81f.; Simchi-Levi/Kaminsky/Simchi-Levi (2003), S. 104.

39 Vgl. Lee/Padmanabhan/Whang (1997), S. 82f.; Simchi-Levi/Kaminsky/Simchi-Levi (2003), S. 104; Stadtler (2002), s. 25.

40 Vgl. Chopra/Meindl (2004), S. 480f.; Lee/Padmanabhan/Whang (1997), S. 79.

41 Vgl. Beckmann (2004), S. 12; Corsten/Gössinger (2001), S. 95; Mentzer et al. (2001), S. 15; Simchi-Levi/Kaminski/Simchi-Levi (2003), S. 7; Stölzle (1999), S. 164. Kistner/Steven (2001), S. 333 und Shapiro (2001), S. 8f. sehen in der Minimierung der Kosten das wichtigste Ziel des Supply Chain Management.

Stadtler (2002), S. 8 fordert die Minimierung der Kosten für ein festgelegtes, allgemein akzeptiertes Service-niveau.

42 Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 8f.; Hahn (2000), S. 13; Weber/Dehler/Wertz (2000), S. 265f.

Ziele des Supply Chain Management

Zeit Kosten Qualitit/Service

• Reduktion der Durchlaufzeiten • Reduktion der Kosten • Verbesserung des Lieferservices

• Verkürzung der Entwicklungszeiten • Verringerung der Bestände • Erhöhung der Produktqualität

• Reduktion der Reaktionszeit • Verbesserung der Kapazitäts- • Verringerung der

Schadstoff-ausnutzung mengen

Abbildung 2.3: Ziele des Supply Chain Management

Qualität/Service

Die Verbesserung des Kundenservices als Ziel des Supply Chain Management umfasst die Erhöhung der Lieferbereitschaft und damit verbunden die Vermeidung von „Out-Of-Stock"-Situationen und folglich die Verbesserung des Lieferservices durch be-darfsgerechte Anlieferung.43 Ein weiteres Ziel des Supply Chain Management betriffi die Erhöhung des Kundennutzens, beispielsweise operationalisiert durch die Erhöhung der Produktqualität. Qualitätsvorteile können im Rahmen der Zusammenarbeit der verschiedenen an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmungen der Supply Chain realisiert werden, indem ein abgestimmtes und durchgängiges Vorgehen der Qualitäts-planung, -lenkung und -prüfung zu einer verbesserten Produktqualität führt.44 Darüber hinaus kann die Verringerung der Schadstoffmengen, einerseits während der Produk-tion und andererseits während der Entsorgung der Produkte, ein weiteres Instrumental-ziel des Supply Chain Management zur Erschließung unternehmungsübergreifender Erfolgspotenziale sein.45

Zeit

Die Zeit als ein Ziel des Supply Chain Management kann ein entscheidender Vorteil gegenüber Wettbewerbern sein, etwa wenn die Auftragserfüllung schneller als bei anderen Wettbewerbern ist.46 Ziele des Supply Chain Management, die die Zeit betref-fen, umfassen folglich die Reduktion der Durchlaufzeiten und damit eine schnellere Auftragserfüllung sowie schnelle Anpassungen an Änderungen des Marktes, etwa

43 Vgl. Vahrenkamp (2003), S. 2; Zäpfel/Piekarz(1996), S. 16.

44 Vgl. Dangelmeier/Pape/RUther (2004), S. 10.

4$ Vgl. Jehle (2000), S. 216f.

46 Vgl. Handfield/Nichols (1999), S. 53ff.

durch verkürzte Produkt- oder Prozessentwicklungszeiten.47 Eine weitere zeitliche Zielsetzung des Supply Chain Management ist die Reaktionszeit. Die häufig mit einer Planung verbundenen Soll-Ist-Abweichungen können frühzeitig identifiziert werden und ennöglichen auf diese Weise die rechtzeitige Aufdeckung von Engpässen, Störun-gen oder zusätzlichen Zeitpuffern sowie die Ergreifung von Maßnahmen zur Vermei-dung oder Nutzung dieser Effekte.48

Kosten

Die Maximierung des Gewinns steht als Ziel einer Unternehmung in empirischen Be-fragungen häufig an erster Stelle.49 Da jedoch nicht alle in einer Unternehmung bzw.

einer Supply Chain anfallenden Kosten die verschiedenen jeweiligen Entscheidungen beeinflussen, ist der Gewinnmaximierung eine Maximierung des Deckungsbeitrags vorzuziehen, der den Betrag kennzeichnet, den eine Handlungsalternative zur Deckung ohnehin anfallender, d. h. nicht von der Entscheidung betroffener Kosten, beiträgt.50 Bei konstanten Erlösen, denen die Annahme zu Grunde liegt, dass die geplante und die tatsächlich realisierte Nachfrage hinsichtlich Preis und Menge übereinstimmen, ent-spricht das Ziel der Deckungsbeitragsmaximierung dem Ziel der Kostenminimie-rung. 51 Die Kostenminimierung kann durch die Reduktion von Lagerbeständen oder durch verbesserte Ressourcennutzung und damit durch eine verbesserte Planung der gesamten Supply Chain erreicht werden.52 Darüber hinaus können Kostensenkungspo-tenziale etwa auch Materialkosten, Fertigungskosten, Transportkosten, Investitions-kosten oder ProduktentwicklungsInvestitions-kosten umfassen. 53

Nach dieser Erläuterung verschiedener Zielsetzungen des Supply Chain Management werden nun die Aufgaben des Supply Chain Management vorgestellt und anhand des Planungshorizonts in operative, taktische und strategische Planungsaufgaben unterteilt.

Die verschiedenen Planungsaufgaben können, wie in Abbildung 2.4 dargestellt, mit Hilfe der Supply Chain Planning-Matrix strukturiert werden.

47 Vgl. Dangelmeier/Pape/Rilther (2004), S. 9; Vahrenkamp (2003), S. 2; Walther (2001), S. 14.

48 Dieses Vorgehen bezeichnen Steven/Krilger (2004a) als Supply Chain Event Management.

49 Vgl. Horvath (2001), S. 147f.; Welge/AI-Laham (2003), S. 182f.

so Vgl. etwa Hummel/Männel (1995), S. 50; Weber (2004), S. 389. Für verschiedene Arten von Deckungsbei-trägen vgl. etwa Macha (2003), S. 180ff.; Weber (2004), S. 210ff.

s, Vgl. Shapiro (2001), S. 8.

52 Vgl. Kodweiss/Nadjrnabadi (2001), S. 72.

53 Vgl. Shapiro (2001), S. 8; Stölzle (1999), S. 164.

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Besc~ Produkti~ Distributi~ Absatz

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langfristig Strategisches Supply Chain Planning

mittelfristig Taktisches Supply Chain Planning

Beschaffungs-kurzfristig planung

Abbildung 2.4: Supply Cbain Planning-Matrix

Nachfrage-planung

Promise

(Quelle: In Anlehnung an Corsten/Gössinger (2001), S. 157; Thom (2002), S. 56.)

Die Supply Chain Planning-Matrix charakterisiert die Planungsprozesse des Supply Chain Management anhand des Planungshorizonts und der betrieblichen Funktions-bereiche. 54 Dabei umfasst die langfristige Planung alle Funktionsbereiche und wird als strategisches Supply Chain Planning bezeichnet. Die mittelfristige Planung beinhaltet das taktische Supply Chain Planning und die Nachfrageplanung. Auf der kurzfristigen, operativen Ebene kann zwischen Planung und Steuerung der Beschaffung, der Produktion und der Distribution unterschieden werden. Darüber hinaus ist der opera-tiven Ebene Available to Promise zugeordnet, was die konkrete Festlegung von Lie-ferterminen und deren Einhaltung umfasst. Insgesamt zeigt sich, dass die im Supply Chain Management zu betrachtenden Planungsprobleme in einzelne Teilprobleme zerlegt werden, die über geeignete Schnittstellen miteinander verbunden sind. 55 Die Einteilung in lang-, mittel- und kurzfristige Planungsaufgaben des Supply Chain Management wird ebenfalls durch die folgende Dreiteilung erfasst:56

• Supply Chain Configuration

• Supply Chain Planning

• Supply Chain Execution

54 Vgl. Flciscbmann/Meyr/Wagner (2002), S. 76f.; Rohde/Meyr/Wagner (2000), S. IO.

55 Vgl. Kistncr/Steven (2001 ), S. 337.

56 Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 7; Dangelmeier/Pape/Rüther (2004), S. 8; Kistner/Steven (2001), S. 33Sff.; Walther (2001), S. 12. Chopra/Meindl (2004), S. 7 unterscheiden „supply chain strategy or design", ,,supply chain planning" und „supply chain operation". Harrison (2001), S. 413; Swaminathan/fayur (2003), S. 1388 unterscheiden „supply chaio design" und „supply chain execution". Zäpfel/Piekarz (1996), S. 13 bezeichnen dies als Gestaltungs-und Lenlcungsaufgabeo.

Supply Chain Execution als Begriff für die Steuerung und Kontrolle der Prozesse auf der operativen Ebene hat einen Planungshorizont von einigen Wochen oder Tagen und umfasst die Abwicklung der konkreten Kundenaufträge. 57 Dies beinhaltet etwa die Reihenfolge der Auftragseinlastung, die Reihenfolge der Beladung der LKW sowie die Festlegung der Touren und Routen.58

Die taktische Ebene hat einen Planungshorizont von etwa einem Jahr oder zumindest einigen Monaten59 und umfasst das Supply Chain Planning und die Nachfrageplanung.

Dazu gehören die mittelfristige Planung des Bedarfs, der Bestände, der Produktion, der Distribution sowie der Transporte, der Transportmittel und der Standorte der Distribu-tionslager. 60

Supply Chain Configuration mit langfristigem, strategischem Planungshorizont von mehreren Jahren61 beinhaltet die Planung und Konfiguration des Netzwerks.62 Dies umfasst beispielsweise die Auswahl der beteiligten Kooperationspartner sowie die Standort- und Kapazitätsplanung.63 Die Konfiguration der Supply Chain bildet die Grundlage aller weiteren Planungsaufgaben und entspricht dem Supply Chain Design, was Gegenstand des folgenden Abschnitts ist.

2.2

Supply Chain Design als strategisches Supply Chain Management

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 34-40)