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Analyse der in der Literatur verwendeten Auswahlkriterien Ein häufig zitiertes Schema von Bewertungskriterien 114 für Zulieferer ist das von

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 119-129)

4 Die Berücksichtigung der Zulieferer im Supply Chain Design 4.1 Die Bedeutung der Beschaffung im Supply Cbain Management

4.3 Kriterien zur Auswahl von Zulieferern

4.3.1 Analyse der in der Literatur verwendeten Auswahlkriterien Ein häufig zitiertes Schema von Bewertungskriterien 114 für Zulieferer ist das von

Weber, Current und Benton aus dem Jahr 1991.115 Die Autoren haben 74 Artikel aus dem Bereich Beschaffung unter anderem anhand der verwendeten Bewertungskriterien klassifiziert. Ausgebend von einer Studie von Dickson11

6,

die auf einer Umfrage bei 170 Mitarbeitern des Einkaufs basiert, wurden die folgenden Kriterien zur Bewertung von Zulieferern verwendet:

- Nettopreis - Qualität

112 Vgl. etwa Barbarosoglu/Yazgac (1997); Bhutta/Huq (2002); Yahya/Kingsman (1999).

113 Vgl. etwa Ghodsypour/O"Brian (1998).

114 Vgl. etwa Choi/Hartley (1996), S. 334; Degraeve/Labro/Roodhooft (2000), S. 34; Petroni/Braglia (2000),

s. 64.

115 Vgl. Weber/Current/Benton (1991).

116 Vgl. Dickson (1966).

- Kundendienst - Liefertermintreue - geografische Lage - finanzielle Lage

- Produktionsstätten und Kapazität

Wert der bereits abgewickelten Geschäfte - technische Ausstattung

- Management und Organisation

- zukünftige Einkäufe des Zulieferers bei der eigenen Unternehmung - Kommunikationssysteme

- Produktionskontrollen

- Position im Vergleich zur Konkurrenz - Ruf bezüglich des Umgangs mit Mitarbeitern

Haltung zum Auftraggeber

- gezeigtes Interesse an einer Zusammenarbeit - Umgang mit Garantie und Haftungsansprüchen - Erfüllung der Verpackungsanforderungen

- Eindruck des Zulieferers bei persönlichen Gesprächen

- Möglichkeit von Schulungen und Hilfen beim Umgang mit dem zu kaufenden Produkt

Übereinstimmung bzw. Harmonie der Ausschreibungs- und Abwicklungsver-fahren der Beschaffung

Performance in der Vergangenheit

In Tabelle 4.3 werden die in dieser Arbeit vorgestellten Ansätze hinsichtlich dieser Kriterien für die Auswahl von Zulieferern analysiert. Die Tabelle 4.3 verdeutlicht, dass Preis, Qualität117 und Liefertermintreue wie bei Weber, Current und Benton die am häufigsten verwendeten Kriterien sind.118 Bei einer von Dickson durchgeführten Um-frage hatten Qualität und Liefertermintreue bei der Auswahl von Zulieferern die höchste Bedeutung. Der Nettopreis wurde von den Unternehmungen hingegen erst an sechster Stelle genannt.119 Bei Vonderembse und Tracey wurde ebenfalls eine Um-frage mit 268 beteiligten Mitarbeitern des Einkaufs durchgeführt, die vorgegebene Zuliefererkriterien hinsichtlich der Wichtigkeit bei der Auswahl von Zulieferern auf

117 Qualität bezeichnet an dieser Stelle die Eigenschaft des zu beschaffenden Produktes, die das Produkt für die Verwendung geeignet macht (funktionsbezogene Gebrauchsqualität). Vgl. etwa Busse von Colbe/Hammann/

Laßmann (1992), S. 141 und die dort angegebene Literatur.

118 Vgl. Weber/Current/Benton (1991), S. 12.

119 Vgl. Dickson (1966), S. 13.

einer Skala von eins, d. h. unwichtig, bis fünf, d. h. sehr wichtig, bewerten sollten. 120 Die zur Bewertung angegebenen Kriterien Produktqualität, Produktverfügbarkeit, Lie-fertermintreue sowie Performance des Produktes wurden zwischen 4,50 und 4,84 mit einer geringen Standardabweichung von maximal 0,62 bewertet.121 Die Kriterien kön-nen folglich als weitgehend gleich bedeutend eingestuft werden. Allerdings ist anzu-merken, dass der Preis der Produkte nicht als relevantes Kriterium berücksichtigt wird.

Barbarasoglu/Y azgac ( 1997) x X X X X X X X X

Bbuna/Huq (2002) x x x X

Braglia/Petroni (2000) x x X X X X X X X

Buffa/Jackson (1983) x x X

Cakravastiaffoha/Nakamura (2002) x X

Chan (2003) x x X X X X X X X

Jayaraman/Srivastava/Benton (1999) x x X

Liu/Ding/Lall (2000) X X X X

Tabelle 4.3: In der Literatur verwendete Kriterien zur Auswahl von Zulieferern

120 Vgl. Vonderembse/Tracey (1999), S. 33ff.

121 Vgl. Vonderembse/Tracey (1999), S. 35.

X

X

X

Ausgehend von den Kriterien von Weber, Current und Benton werden in Tabelle 4.3 sowohl dem Ansatz von Handfield et al. als auch dem Ansatz von Humphreys, Wong und Chang keine Kriterien zugeordnet, da diese Ansätze ausschließlich auf ökologi-schen Kriterien basieren, die bei Weber, Current und Benton nicht berücksichtigt werden. 122 Darüber hinaus konnten bei einigen weiteren Ansätzen nicht alle Kriterien aufgezeigt werden, da etwa bei Barbarosoglu und Y azgac sehr detailliert 63 relevante Kriterien berücksichtigt werden, die auf dieser Detaillierungsebene bei Weber, Current und Benton nicht unterschieden werden. 123 Im Gegensatz dazu werden Kriterien, wie Wert der reziproken Geschäfte, Position im Vergleich zur Konkurrenz, Garantie und Haftung sowie Schulungen im Umgang mit dem Produkt in keinem der betrachteten Ansätze berücksichtigt. Auffällig ist des Weiteren, dass in jedem der Ansätze explizit mehr als zwei Kriterien berücksichtigt werden. Eine Ausnahme bildet der Ansatz von Smytka und Clemens, bei dem auf Grund qualitativer Kriterien eine Einschränkung der Menge der potenziellen Zulieferer erfolgt. 124 Explizit werden dann jedoch aus-schließlich Kosten berücksichtigt. Die Anzahl der berücksichtigten Kriterien kann nahezu beliebig gesteigert werden. So hat Scherer in diesem Zusammenhang bereits rund 130 Kriterien aus der Literatur zusammengestellt.125 Fraglich ist jedoch, ob alle Kriterien für alle zu beschaffenden Objekte relevant sind und ob ein hoher Detaillie-rungsgrad der Kriterien gerade auch im Zusammenhang mit dem Aufwand der Infor-mationsbeschaffung für alle Beschaffungsobjekte sinnvoll ist. Dieser Frage wird im folgenden Kapital nachgegangen und darüber hinaus werden Kriterien zur Bewertung und Auswahl von Zulieferern in Abhängigkeit von der Beschaffungssituation entwi-ckelt.

4.3.2 Entwicklung beschaffungssituationsspezifischer Auswahl-kriterien

Wie im vorherigen Abschnitt gezeigt, sind die im Zusammenhang mit der Auswahl von Zulieferern verwendeten Kriterien vielfältig und nicht einheitlich. Zunächst wird daher erläutert, inwiefern sich Beschaffungssituationen bei der Auswahl von Zuliefe-rern unterscheiden und anhand welcher Differenzierungsmerkmale diese charakteri-siert werden können.

In einem ersten Schritt kann die Beschaffungssituation anhand des zu beschaffenden Gutes klassifiziert werden. Dabei sind Güter „alle Sachgegenstände, Arbeits- und

122 Vgl. Handfield et al. (2002); Humphreys/Wong/Chan (2003). FUr ein Umweltkennzahlensystem anhand dessen Zulieferer bewenet werden können vgl. Steven/Letmathe (2000).

123 Vgl. Barbarosoglu/Y azgac ( 1997).

124 Vgl. Smytka/Clemens (1993).

125 Vgl. Scherer (1991), S. 188ff.

Dienstleistungen oder auch Informationen und andere immaterielle Werte, die im Produktions- und Tauschprozess verwendet werden"126• Nach der Stellung im Produk-tionsprozess können die Güter in Produktionsfaktoren und Produkte unterschieden werden.127 Ausgebend von der jeweiligen Unternehmung der Supply Chain, die die Zulieferer auswählt, handelt es sich bei den zu beschaffenden Gütern um Produktions-faktoren, wohingegen es sich aus der Sicht des Zulieferers um Produkte handelt. Im Folgenden werden daher die Begriffe je nach Sicht synonym für die zu beschaffenden Güter verwendet. Wie bereits in Abschnitt 4.1 im Rahmen der Definition des Beschaf-fungsbegriffs erläutert, können die Produktionsfaktoren weiter untergliedert werden in Betriebsmittel, Werkstoffe und Arbeitsleistungen. Im Zusammenhang mit dem hier definierten Beschaffungsbegriff28 werden die Verbrauchsfaktoren und Zwischenpro-dukte weiterbetrachtet.

Hebel- Schlüssel-produkte produkte

Unkritische Engpass-Produkte produkte

niedrig hoch Versorgungsrisiko/ Einfluss

auf den Produktionsablauf Abbildung 4.3: Versorgungsrisiko-ABC-Portfolio

(Quelle: In Anlehnung an Westermann (1989), S. 21; Wildemann (2002), S. 71.) Bei der Auswahl von Zulieferern ist eine Unterscheidung der zu beschaffenden Güter gemäß der ABC-Analyse denkbar, wobei A-Produkte einen geringen Mengenanteil, jedoch einen hohen Wertanteil und C-Produkte einen hohen Mengenanteil, jedoch einen geringen Wertanteil aufweisen.129 Darüber hinaus ist eine Unterscheidung nach dem Versorgungsrisiko möglich. Das Versorgungsrisiko wird dabei etwa an der Zahl der Zulieferer, den Möglichkeiten zur Eigenfertigung oder Substitution des Produktes, den Lagerungsrisiken, der Störanfälligkeit von Transportwegen oder auch am Einfluss

126 Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 72.

127 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 76.

128 Vgl. Abschnitt 4. 1.

129 Vgl. zur ABC-Analyse etwa Arndt (2004), S. Slff.; Domscbke/Scholl (2003), S. 138ff.; K.istner/Steven (2001 ), S. 38ff.

auf den Produktionsprozess erfasst.130 Werden ABC-Analyse und Versorgungsrisiko simultan berücksichtigt, so können die zu beschaffenden Produkte gemäß dem in Abbildung 4.3 dargestellten Portfolio klassifiziert werden.

Anstelle der ABC-Ausprägung wird häufig auch der Einfluss auf das Betriebsergebnis genannt, so dass dann von einem Ergebnis-Beschaffungsrisiko-Portfolio oder einem Beschaffungsobjektportfolio gesprochen wird.131 Der Einfluss auf das Betriebsergeb-nis wird dabei etwa an dem Anteil des Produktes an den gesamten Beschaffungskos-ten, dem Einfluss auf das Unternehmungswachstum und dem Einfluss auf die Produktqualität gemessen.132 Die Beschaffungsobjekte werden ebenfalls in Hebelpro-dukte, SchlüsselproHebelpro-dukte, Engpassprodukte und unkritische Objekte untergliedert.

Schlüsselprodukte zeichnen sich durch ein hohes Versorgungsrisiko und einen hohen Einfluss auf das Betriebsergebnis aus, so dass bei diesen Produkten eine sorgfältige Auswahl der Zulieferer geboten ist. Häufig stehen jedoch gerade für diese Produkte, insbesondere wenn es sich um Spezialprodukte handelt, nur wenige Zulieferer zur Verfügung, so dass hier der Aufbau einer langfristigen Zusammenarbeit mit einem Zulieferer, Analysen zur Eigenfertigung sowie die Unterstützungen von Standardisie-rungsmaßnahmen zu erörtern sind. 133 Sollte ein Auswahlprozess bei diesen Produkten möglich sein, so sind auf Grund der Langfristigkeit der Beziehungen vielfältige Auswahlkriterien, wie finanzielle Stabilität, Vertrauen, Lieferzuverlässigkeit oder For-schungs- und Entwicklungspotenzial zu berücksichtigen.

Im Gegensatz dazu zeichnen sich unkritische Produkte durch einen geringen Einfluss auf das Betriebsergebnis und ein niedriges Versorgungsrisiko aus, d. h., bei diesen Produkten stehen in der Regel viele verschiedene Zulieferer zur Wahl. Der Beschaf-fungsaufwand sollte jedoch auf Grund des geringen Einflusses auf das Betriebsergeb-nis und des geringen Werts der Güter überschaubar sein, 134 so dass eine Auswahl der Zulieferer auf Basis der Kosten im Regelfall sinnvoll ist.

Engpassprodukte, die den Teil der C-Artikel mit einem hohen Versorgungsrisiko umfassen, sind neben den Schlüsselprodukten als kritisch zu betrachten.135 So können beispielsweise fehlende Typenschilder als Engpassprodukte die Auslieferung fertiger Produkte verhindern. Auf Grund des geringen Einflusses auf das Betriebsergebnis

130 Vgl. Kraljic (1985), S. 9; Westermann (1989), S. 21.

131 Vgl. Koppelmann (2004), S. 49; Schutte (2001), S. 382ff.; van Weele (2002), S. 147. Als Ursprung dieses Portfolios wird in diesen Quellen Kraljic genannt. Vgl. etwa Kraljic (1983) oder Kraljic (1985).

132 Vgl. Schulte (2001), S. 380; van Weele (2002), S. 146.

133 Vgl. Schulte (2001 ), S. 382.

134 Vgl. van Weele {2002), S. 149.

135 Vgl. Schulte {2001), S. 383.

sollten statt der Kostengesichtspunkte vielmehr die Zuverlässigkeit des Zulieferers, etwa hinsichtlich Liefertermintreue und/oder Qualität, im Vordergrund stehen. Werden dennoch die Preise der Engpassprodukte als Auswahlkriterium mit der höchsten Prio-rität betrachtet, so ist die Versorgung mit diesen eher geringwertigen Produkten durch ausreichende Lagerhaltung sicherzustellen.

Bei den Hebelprodukten liegt ein hoher Einfluss auf das Betriebsergebnis verbunden mit einem niedrigen Versorgungsrisiko vor. Wegen des niedrigen Versorgungsrisikos kann tendenziell davon ausgegangen werden, dass eine hohe Anzahl möglicher Zulie-ferer zur Verfügung steht, so dass hier aggressiv am Markt agiert werden kann. 136 Insbesondere sollte neben dem Preis bzw. den Kosten, die das zu beschaffende Produkt verursacht, wegen des hohen Einflusses auf das Betriebsergebnis Wert auf Qualität und Service des Zulieferers, etwa in Form der Lagerbetreuung durch den Zulieferer in Anlehnung an Vendor Managed lnventory, 137 gelegt werden.

Eine Unterscheidung der Beschaffungsobjekte in Standardprodukte und Spezialanfer-tigungen kann zur Unterscheidung hinsichtlich des Versorgungsrisikos konform sein.

So werden Spezialanfertigungen in der Regel von einem Zulieferer durchgeführt und weisen dadurch ein hohes Versorgungsrisiko auf. Darüber hinaus ist ein Wechsel des Zulieferers häufig nicht kurzfristig und nicht ohne hohe Kosten möglich.138

Die Beschaffungssituation lässt sich jedoch nicht allein nach der Art des Beschaf-fungsobjektes klassifizieren. Eine Klassifikation der Güter nach dem Bedarfsverlauf bietet die RSU bzw. XYZ-Analyse.139 Dabei sind X- bzw. R-Güter durch einen steti-gen, regelmäßigen und daher gut prognostizierbaren Verbrauch gekennzeichnet. Y-bzw. S-Güter unterliegen trendmäßigen oder saisonalen Schwankungen und verfügen über eine mittlere Vorhersagegenauigkeit, wohingegen Z- bzw. U-Güter sehr unregel-mäßigen Schwankungen und damit einer niedrigen Vorhersagegenauigkeit unterlie-gen.140 Bei diesen Gütern wird auch von einem sporadischen Bedarf gesprochen.141 Da im Rahmen dieser Arbeit die Bedarfe der zu beschaffenden Güter in einem ersten Schritt als bekannt angenommen werden und darüber hinaus die Annahme nicht saiso-nal schwankender Nachfrage getroffen wird, können die hier zu betrachtenden Güter als X- bzw. R-Güter charakterisiert werden.

136 Vgl. Schulte (2001), S. 383.

137 Vgl. für Erläuterungen zum Vendor Managed Inventory etwa Wemers/Thom (2002).

138 Vgl. van Weele (2002), S. 148f.

139 Vgl. etwa Alicke (2003), S. 29; Nebl (2004), S. 248; Tempelmeier(2003), S. 3If.

140 Vgl. etwa Schulte (2001), S. 77f.; Tempelmeier (2003), S. 3lf.

141 Vgl. Tempelmeier (2003), S. 3 I. Alicke (2003), S. 29 unterscheidet neben X-, Y- und Z-Gütem zusätzlich S-Güter, die einen sporadischen Bedarf aufweisen, der beispielsweise bei Ersatzteilen aufbin.

Eine Unterscheidung der Beschaffungssituation nach einmaliger oder wiederholter Beschaffung ist im Rahmen des Supply Chain Design nicht sinnvoll, da es sich bei den betrachteten Gütern um Verbrauchsfaktoren und Zwischenprodukte handelt, die im Regelfall wiederholt beschafft werden.

Eng mit der Beschaffungssituation und damit auch mit den relevanten Kriterien zur Auswahl der Zulieferer ist die Art der Beziehung zwischen Zulieferer und Abnehmer verknüpft. Dabei lassen sich die Beziehungen zwischen Zulieferer und Abnehmer zunächst nach dem Grad der Kooperation charakterisieren.142 Als extreme Positionen sind in diesem Zusammenhang kurzfristige wettbewerbsorientierte Zusammenarbeit und langfristige kooperative Zusammenarbeit denkbar. 143 Dabei basiert die kurzfristige Zusammenarbeit im Wesentlichen auf dem Preis und auf einem ausgeprägten Konkur-renzverhalten, bei dem keine oder nur wenige Informationen ausgetauscht werden.144 Im Gegensatz dazu ist die langfristige kooperative Zusammenarbeit durch einen inten-siven Informationsaustausch und damit durch Vertrauen und eine ausgeprägte Zusammenarbeit charakterisiert. 145 Diese beiden Extrempositionen sowie zwei weitere Zwischenpositionen können, wie in Abbildung 4.4 dargestellt, anhand der Investitio-nen in die Zusammenarbeit charakterisiert werden. Dabei kann es sich bei den Investi-tionen um monetär bewertbare InvestiInvesti-tionen, wie den Ausbau von Produktionsstätten, Lagern und Fertigungsanlagen oder um weniger greifbare Investitionen, wie das Kennenlernen der Unternehmungskultur und den Erfahrungsaustausch, handeln.146

abhängiger strategische Abnehmer Partner-schaft

marktlicher abhängiger Austausch Zulieferer

niedrig hoch

Investitionen des Zulieferers Abbildung 4.4: Zulieferer-Abnehmer-Beziehungstypen-Portfolio (Quelle: In Anlehnung an Bensaou (1999), S. 36.)

142 Vgl. Eßig (2001), S. 70 sowie die Ausführungen zum Supplier Relationship Management in Abschnitt 2.3.2.

143 Vgl. etwa Leenders et al. (2002), S. 321; Monczka/frent/Handfield (2005), S. 105; Schulte (2001), S. 43lf.

144 Vgl. Leenders et al. (2002), S. 321; Schulte (2001), S. 432.

145 Vgl. Leenders et al. (2002), S. 321; Lysons/Gillingham (2003), S. 365; Monczka/Trent/Handfield (2005),

s. 105.

146 Vgl. Bensaou (1999), S. 38ff.

Die verschiedenen Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen werden abhängig vom Beschaf-fungsobjekttyp realisiert bzw. vorangetrieben. So wird der marktliche Austausch bei standardisierten Produkten realisiert, die der Zulieferer vielen Abnehmern anbietet und der Abnehmer von vielen Zulieferern beziehen kann, 147 d. h. bei unkritischen Produk-ten. Eine strategische Partnerschaft wird sich am ehesten bei den Schlüsselprodukten realisieren. Eine Beziehung, in der der Abnehmer vom Zulieferer abhängig ist, kann sich bei Produkten mit einem hohen Versorgungsrisiko, d. h. bei Engpass- und Schlüs-selprodukten, einstellen. Eine Beziehung mit einem abhängigen Zulieferer wird sich eher bei Produkten mit einem niedrigen Versorgungsrisiko einstellen, folglich bei-spielsweise bei Hebelprodukten, da der Abnehmer zwischen verschiedenen weiteren Zulieferern wählen kann.

Neben den Beziehungstypen zwischen Zulieferern und Abnehmern kann die Beschaf-fungssituation anhand der Art der Zulieferer charakterisiert werden. Dabei werden, wie in Abbildung 4.5 dargestellt, Hebelzulieferer, Kernzulieferer, kritische sowie unkriti-sche Zulieferer unterschieden.148 Diese zeichnen sich durch ein hohes oder niedriges Versorgungsrisiko und durch einen hohen oder niedrigen Anteil des Abnehmers am Gesamtumsatz des Zulieferers aus.149 An Stelle des Versorgungsrisikos kann in diesem Portfolio auch der Marktanteil des Zulieferers am relevanten Markt betrachtet werden.150

Hebel-

Kern-zulieferer zulieferer

Unkritischer Kritischer Zulieferer Zulieferer

niedrig hoch

Abbildung 4.S: Zuliefererportfolio

Versorgungsrisiko/

Marktbedeutung

(Quelle: In Anlehnung an von Weele (2002), S. 147; Kraljic (1988), S. 486.)

147 Vgl. Boutellier/Wagner/Webrli (2003), S. 699f.

148 Vgl. Kraljic (1988), S. 485f.; van Weele (2002), S. 147f.

149 Vgl. van Weele (2002), S. 147.

150 Vgl. etwa Kra.Jjic ( 1988), S. 486.

Die anhand des Versorgungsrisiko-ABC-Portfolios klassifizierten Produkte können in einem nächsten Schritt mit den in Abbildung 4.5 dargestellten Zulieferern kombiniert werden. Das so entstehende Portfolio zeigt die Abbildung 4.6 und bietet die Möglich-keit, chancen- und risikoreiche Zulieferer-Produkt-Kombinationen aufzuzeigen.151

Unkritische Produkte

Hebel-produkte

Engpass-produkte

Schlüssel-produkte kritischer Kern- Hebel- unkritischer

••

Zulieferer zulieferer zulieferer Zulieferer Abbildung 4.6: Zulieferer-Produkt-Portfolio

(Quelle: In Anlehnung an Kraljic (1988), S. 486ff.; Schulte (2001), S. 387.)

Hebelzulieferer und unkritische Zulieferer bieten etwa auf Grund der geringen Markt-bedeutung gerade bei unkritischen Produkten und Hebelprodukten, die durch ein geringes Versorgungsrisiko charakterisiert sind, die Möglichkeit, aggressiv am Markt zu agieren und so Preis-, Qualitäts- und/oder Servicevorteile, etwa in Form von Lie-fertermintreue, zu realisieren. Dieses Vorgehen wird durch den eher kurzfristigen Zeithorizont der Zusammenarbeit unterstützt, der aus den geringen Kosten bei einem Wechsel der Zulieferer und einer eher großen Anzahl möglicher Zulieferer resultiert.

Insbesondere bei Engpass- und Schlüsselprodukten in Kombination mit kritischen Zulieferern und Kernzulieferern ist auf Grund des hohen Versorgungsrisikos und der Marktbedeutung und damit der Marktmacht der Zulieferer eine sorgfältige Auswahl der Zulieferer geboten. Der Abnehmer sollte hier zur Reduktion des Versorgungsrisi-kos eine langfristige Zusammenarbeit mit den relevanten Zulieferern anstreben. Diese Zusammenarbeit wird sich eher dann positiv entwickeln, sofern neben den Kriterien Preis, Qualität und Liefertermintreue das Forschungs- und Entwicklungspotenzial, die wirtschaftliche Lage, die technische Ausstattung des Zulieferers sowie das Interesse

151 Vgl. Knljic (1988), S. 486ff.; Schulte (2001), S. 387; Wildemann (2002), S. 71.

des Zulieferers an einer Zusammenarbeit in den Auswahlprozess einbezogen werden.

Darüber hinaus ist eine Atmosphäre von Akzeptanz und Vertrauen für eine gute und langfristige Zusammenarbeit unabdingbar. Diese so entwickelten Kriterien für die Auswahl und Bewertung von Zulieferern in Abhängigkeit von der Beschaffungssitua-tion werden in Abbildung 4.6 zusammenfassend dargestellt.

Die in Abbildung 4.6 unschraffierten Felder, wie unkritische Produkte und Hebelpro-dukte, die sich durch ein geringes Versorgungsrisiko und damit durch geringe Auswir-kungen auf den Produktionsablauf auszeichnen, werden hier in Kombination mit kriti-schen Zulieferern und Kernzulieferern nicht weiter behandelt, da bei Schwierigkeiten mit einem Zulieferer dieser problemlos gewechselt werden kann. Die Wahl eines Zulieferers mit einem niedrigen Versorgungsrisiko ist hier zu empfehlen, angedeutet durch die Pfeile nach rechts, um diesen dann hinsichtlich der spezifischen Anforde-rungen bezüglich Preis, Qualität und Service beeinflussen zu können. Dies ist vorran-gig dann möglich, wenn wie bei Hebelzulieferern der Anteil am Umsatz des Zuliefe-rers hoch ist.

Bei den Schlüsselprodukten und den Engpassprodukten ist der Einfluss auf den eige-nen Produktionsablauf hoch. Insbesondere bei den Schlüsselprodukten stehen jedoch auf Grund von besonderen Produktspezifikationen häufig nur wenige potenzielle Zu-lieferer zur Wahl. Sollten dennoch viele potenzielle ZuZu-lieferer zur Verfügung stehen, ist das Versorgungsrisiko folglich gering und es handelt sich um Hebelzulieferer bzw.

unkritische Zulieferer. Dann ist zu prüfen, ob durch alternative Verfahren oder ähnli-che Produkte eine Überführung der Produkte hin zu Hebelprodukten bzw. unkritisähnli-chen Produkten, angedeutet durch die Pfeile nach oben, möglich ist.

Nicht alle der vorgeschlagenen Auswahlkriterien für Zulieferer, wie die Beurteilung der finanziellen Lage eines Zulieferers, sind ohne weitere Quantifizierung in mathe-matischen Modellen anwendbar. Im folgenden Abschnitt wird daher zunächst auf die Quantifizierung der Auswahlkriterien eingegangen und so die Anwendbarkeit in mathematischen Modellen zum Supply Chain Design ermöglicht.

4.4 Supply Cbain Design mit fundierter Zuliefererauswabl

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 119-129)