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Mathematische Modelle zur Planungsunterstützung

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 57-61)

3 Quantitative Planungsunterstützung im Supply Chain Design 3.1 Grundlagen quantitativer Planungsunterstützung

3.1.1 Mathematische Modelle zur Planungsunterstützung

Sind vielfältige Interdependenzen zu erfassen, kann ein Entscheidungsträger bei der Auswahl einer seinen Präferenzen entsprechenden Handlungsaltemative maßgeblich durch mathematische Modelle unterstützt werden. Ausgebend von einem Modellbe-griff, der unter einem Modell ein zweckorientiertes, vereinfachtes Abbild eines realen Systems versteht, welches hinsichtlich der relevanten Zusammenhänge strukturähnlich ist, 1 hat die Gestaltung eines mathematisches Modells zum Supply Chain Design derart zu erfolgen, dass es sich einerseits um ein vereinfachtes Abbild der Realität handelt und folglich die Ermittlung einer optimalen und damit exakten Lösung erleichtert wer-den kann. Andererseits sind alle relevanten Zusammenhänge zu erfassen, um die Über-tragbarkeit einer Lösung des Modells auf die reale Problemstellung zu gewährleisten.

Im Folgenden werden zunächst verschiedene Arten von Modellen kurz erläutert und nachfolgend typische Charakteristika mathematischer Optimierungsmodelle vorge-stellt. Ein Überblick über inhaltliche Merkmale der Modelle zum Supply Chain Design bildet den zweiten Schwerpunkt des Abschnitts 3.1. Eine Analyse der in der Literatur vorhandenen deterministischen und stochastischen Modelle erfolgt in den Abschnitten 3.2 und 3.3. Die Grundlage für die Robustheitsbetrachtungen im Supply Chain Design bildet das in 3.4 entwickelte Modell mit den vielfältigen beschriebenen anwendungs-spezifischen Erweiterungsmöglichkeiten.

Beschreibungs-, Erklärungs- und Entscheidungsmodelle

Nach dem Einsatzzweck der Modelle lassen sich Beschreibungs-, Erklärungs- und Entscheidungsmodelle unterscheiden. 2 Dabei liefern Beschreibungsmodelle, so ge-nannte deskriptive Modelle, Beschreibungen von Elementen und deren Beziehungen im realen System.3 Ein Beispiel für ein Beschreibungsmodell ist etwa die Finanzbuch-haltung oder die Kostenrechnung. Erklärungsmodelle leisten einen Beitrag zum Ver-ständnis eines Problems und formulieren Aussagen über Gesetzmäßigkeiten in realen Systemen.4 Ein Erklärungsmodell ist beispielsweise die Produktionsfunktion von Gutenberg. 5 Entscheidungsmodelle zielen drauf ab, Handlungsempfehlungen zu

ermit-1 Vgl. zu verschiedenen Aspekten des Modellbegriffs Adam (1996), S. 60f.; Barnberg/Coenenberg (2002), S. 13; Berens/Delfmann (2002), S. 22; Dornscbke/Scholl (2003), S. 30; Homburg (2000), S. 30ft'.

2 Vgl. etwa Bamberg/Coenenberg (2002), S. 15; Berens/Delfmann (2002), S. 25.

3 Vgl. etwa Dornscbke/Drexl (2005), S. 3; Homburg (2000), S. 34.

• Vgl. etwa Berens/Delfmann (2002), S. 25; Homburg (2000), S. 34.

5 Vgl. zur Produktionsfunktion von Gutenberg etwa Steven (1998), S. l26tf.

teln.6 Dafür beinhalten diese zusätzlich zu Erklärungsmodellen Zielpräferenzen zur Bewertung und Auswahl von Handlungsaltemativen. 7

Qualitative und quantitative Modelle

Neben der Unterscheidung nach dem Einsatzzweck der Modelle lassen sich Modelle hinsichtlich der Art der verarbeiteten Informationen in quantitative und qualitative Modelle unterteilen. 8 Qualitative Modelle beinhalten gegebenenfalls neben quanti-tativen Zusammenhängen verbale, nicht metrische Informationen, wohingegen quan-titative Modelle ausschließlich metrische Informationen beinhalten.9 Bei den quanti-tativen Modellen wird eine kardinale Messbarkeit der Informationen gefordert, während bei qualitativen Modellen meist eine ordinale oder nominale Messung vorliegt.10

Statische und dynamische Modelle

Nach dem Zeitbezug kann zwischen statischen und dynamischen Modellen unter-schieden werden. 11 Statische Modelle beinhalten eine Zeitperiode und Entscheidungen, die unabhängig von späteren Entscheidungen getroffen werden. Dynamische Modelle berücksichtigen mehrere Zeitperioden mit Interdependenzen zwischen diesen und ermitteln somit eine Folge optimaler Entscheidungen.12 Werden zwar mehrere Peri-oden betrachtet, jedoch keine Interdependenzen zwischen diesen, so wird auch die Bezeichnung komparativ-statisches Modell verwendet. 13

Deterministische und stochastische Modelle

Hinsichtlich des Informationsgrades lassen sich Modelle in deterministische und stochastische Modelle unterteilen. 14 Wird Unsicherheit im Modell explizit in Form von Wahrscheinlichkeiten bzw. Wahrscheinlichkeitsverteilungen angegeben, so handelt es sich um stochastische Modelle, die Entscheidungssituationen unter Risiko widerspie-geln.15 Bleibt im Gegensatz dazu die Unsicherheit unberücksichtigt, so handelt es sich um deterministische Modelle, die Entscheidungssituationen unter Sicherheit abbil-den.16

6 Vgl. Homburg (2000), S. 35.

7 Vgl. Bamberg/Coenenberg (2002), S. 15; Domsehlee/Scholl (2003), S. 31.

8 Vgl. Adam (1996), S. 81.

9 Vgl. Domschke/Scholl (2003), S. 31f.

10 Vgl. Domschke/Scholl (2003), S. 32 und zu den Begriffen nominal, ordinal und kardinal etwa Bamberg/Baur (2002), S. 6f. oder Zimmermann (2000), S. 194.

11 Vgl. Domschke/Scholl (2003), S. 32f.; Homburg (2000), S. 33.

12 Vgl. Adam (1996), S. 88ff.; Bamberg/Coenenberg (2002), S. 4lf.

13 Vgl. Schneeweiß ( 1992), S. 98.

14 Vgl. Domschke/Drexl (2005), S. 6.

" Vgl. Domschke/Drexl (2005), S. 6; Homburg (2000), S. 33; Scholl (2001), S. 19.

16 Vgl. Domschke/Drexl (2005), S. 6; Scholl (2001), S. 19.

Bei den in den folgenden Abschnitten vorgestellten mathematischen Modellen zum Supply Chain Design handelt es sich um Entscheidungsmodelle, da Handlungsemp-fehlungen bezüglich der Konfiguration einer Supply Chain gegeben werden sollen.

Hinsichtlich der Unterscheidung in qualitative und quantitative Modelle sind mathe-matische Modelle den quantitativen Modellen zuzuordnen, da alle Informationen in messbarer Form berücksichtigt werden. Es kann sich bei mathematischen Modellen sowohl um statische als auch um dynamische Modelle handeln. Darüber hinaus wer-den sowohl deterministische als auch stochastische Modelle aus der Literatur analy-siert und weiterentwickelt. Mathematische Modelle im Sinne des Operations Research17 lassen sich des Weiteren in Simulationsmodelle und Optimierungsmodelle untergliedern. 18

Simulationsmodelle erlauben die Analyse der Konsequenzen einzelner Handlungs-alternativen und sind somit im eigentlichen Sinne keine Entscheidungsmodelle.19 Es können lediglich einzelne Handlungsaltemativen hinsichtlich verschiedener Ziele mit einander verglichen werden. Der Aufwand, nach guten bzw. optimalen Alternativen zu suchen, steigt jedoch mit wachsender Anzahl möglicher Altemativen.20

Charakteristisch für Optimierungsmodelle sind Zielfunktionen, Restriktionen und Ent-scheidungsvariablen. 21 Dabei wird die optimale Ausprägung der Entscheidungsvariab-len durch das Modell bestimmt.22 Die Restriktionen legen in Form von Gleichungen und/oder Ungleichungen den Wertebereich der Entscheidungsvariablen fest.23 In Ab-hängigkeit von der zu minimierenden oder maximierenden Zielfunktion werden dann die optimalen Werte der Entscheidungsvariablen bestimmt.

Wie in Abbildung 3.1 dargestellt, können die Optimierungsmodelle weiter klassifiziert werden nach der Art der Zielfunktion und Restriktionen in lineare und nichtlineare Modelle. Sind alle Restriktionen und die Zielfunktion linear, so handelt es sich um ein lineares Optimierungsmodell. Es reicht jedoch aus, wenn eine der Restriktionen oder die Zielfunktion nichtlinear ist, damit es sich um ein nichtlineares Optimierungsmodell handelt. 24 In Abhängigkeit von der Ausgestaltung der Entscheidungsvariablen können

17 Zum Begriff und zur Entstehungsgeschichte des Operations Research vgl. etwa Bowen (2004), S. 61 Sff.;

Ellinger/Beuermann/Leisten (2003), S. lf.; Hillier/Liebermann (1997), S. !ff. oder Zimmermann (1992), S. 1 ff. und die jeweilige dort angegebene Literatur.

18 Vgl. Domschke/Drexl (2005), S. 3.

19 Vgl. Domschke/Scholl (2003), S. 31.

20 Vgl. Adam (1996), S. 488.

21 Vgl. Hillier/Liebermann (2001), S. 11; Runzheimer (1999), S. 17f.

22 Vgl. Runzheimer (1999), S. 18.

23 Vgl. Domschke/Drexl (2005), S. 4.

2• Vgl. Ellinger/Beuermann/Leisten (2003), S. 11.

Optimierungsmodelle unterteilt werden in stetige und diskrete Modelle. 25 Dabei sind stetige Optimierungsmodelle dadurch charakterisiert, dass alle Entscheidungsvariablen reelle Zahlen sind.26 Diskrete Optimierungsmodelle beinhalten im Gegensatz dazu lediglich diskrete Variablen, die nur bestimmte diskrete Werte annehmen können, die jedoch nicht ganzzahlig sein müssen.27 Nehmen alle Entscheidungsvariablen nur ganz-zahlige Werte an, so handelt es sich um ganzganz-zahlige Optimierungsmodelle, darf hingegen ein Teil der Variablen ganzzahlig und ein Teil reelle Werte annehmen, so handelt es sich um gemischt-ganzzahlige Optimierungsmodelle.28 Ein Spezialfall der ganzzahligen Optimierungsmodelle sind die binären Optimierungsmodelle, bei denen alle Entscheidungsvariablen binär, d. h. entweder null oder eins sind.29

Zielfunktion/

Restriktionen linear

stetig gemischt- diskret ganzzahlig

~---

' - - ~ - '

ganzzahlig binär

Abbildung 3.1: Charakterisierung von Optimierungsmodellen

Im folgenden Abschnitt werden die verschiedenen möglichen inhaltlichen Merkmale von Optimierungsmodellen zum Supply Chain Design kurz erläutert, so dass anschlie-ßend eine Einordnung der in der Literatur vorhandenen Modelle zur Konfiguration einer Supply Chain anhand dieser Merkmale und der Charakteristika von Optimie-rungsmodellen erfolgen kann.

25 Vgl. Kistner (2003), S. 4ff.

26 Vgl. Kistner (2003), S. 4.

27 Vgl. Kallrath (2002), S. 10.

28 Vgl. Kallrath (2002), S. 14; Williams (1999), S. 144. Zu der englischsprachigen Bezeichnung dieser Modelle als „all-integer" oder „integer" und „mixed-integer" vgl. Anderson/Sweeney/Williams (2003), S. 369f.;

Hillier/Liebermann (2001 ), S. 576f.

29 Vgl. Kistner (2003), S. 6.

3.1.2 Charakteristika mathematischer Modelle zum Supply Chain

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