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Analytic Hierarcby Process

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 108-113)

4 Die Berücksichtigung der Zulieferer im Supply Chain Design 4.1 Die Bedeutung der Beschaffung im Supply Cbain Management

4.2 Verfahren zur Auswahl von Zulieferern

4.2.3 Analytic Hierarcby Process

Ein weiterer Ansatz, der bei der Bewertung und Auswahl von Zulieferern verwendet wird, ist der Analytic Hierarchy Process oder kurz AHP.62 Das Verfahren geht auf Saaty63 zurück und bringt eine vorgegebene Alternativenmenge anhand einer zu entwi-ckelnden Gesamtbewertung in eine Rangfolge.

Ausgehend von einem hierarchischen Zielsystem64 werden die verschiedenen Alter-nativen, wie in Abbildung 4.2 dargestellt, unterhalb des Zielsystems angeordnet.65 Der Entscheider muss die Bewertung der verschiedenen Elemente vornehmen. Dies geschieht durch einen paarweisen Vergleich der Elemente einer Stufe bezüglich jedes Elements der nächst höheren Stufe. In dem in Abbildung 4.2 dargestellten Beispiel müssen in einem ersten Schritt folglich die drei Zulieferer hinsichtlich Produktion,

60 Vgl. Degraeve/Roodhooft (2000).

61 Zur Prozesskostenrechnung vgl. etwa Gaiser (I 998), S. 65ff.; Schneeweiß (1998), S. 277ff. Zur Prozess-kostenrechnung in einer Supply Chain vgl. etwa Seuring (2001), S. 148ff. und die dort angegebene Literatur.

62 Vgl. etwa de Boer/Labro/Morlacchi (2001), S. 82; Degraeve/Labro/Roodhooft (2000), S. 38.

63 Vgl. Saaty (1980); Saaty (1990a); Saaty (2004).

64 Vgl. zu hierarchischen Zielsystemen etwa Eisenfllhr/Weber (2003), S. 62ff.

65 Für eine detaillierte Beschreibung des Vorgehens von AHP vgl. etwa Bushan/Rai (2004), S. 15ff.; Weber (1993), S. 73ff.

Qualität, Service und Know-how miteinander verglichen werden. In einem zweiten Schritt werden die Ziele Produktion, Qualität, Service und Know-how hinsichtlich des übergeordneten Ziels bester Zulieferer miteinander verglichen.

Bester Zulieferer Fundamentalziel

Produktion Qualität Service Know-how Instrumentalziele

Zulieferer 1 Zulieferer 2 Zulieferer 3 Alteraativea

Abbildung 4.2: Bewertung von Zulieferern mit AHP (Quelle: In Anlehnung an Bhutta/Huq (2002), S. 132.)

Bei AHP wird davon ausgegangen, dass der Vergleich eines Elements A2 mit dem Element A1 zum reziproken Wert der Beurteilung von A1 mit A2 führt und der Vergleich einer Alternative mit sich selbst zu einer Bewertung von 1 nach der in Tabelle 4.1 dargestellten 9-Punkte-Skala von Saaty. Um die verschiedenen Matrizen von Paarvergleichen zu konstruieren, sind bei der in Abbildung 4.2 dargestellten Anzahl von Alternativen und Zielen folglich vom Entscheidungsträger 3 · 4 + 6 · l = 18 Bewertungen erforderlich. Die Anzahl der durchzuführenden Bewertungen steigt mit der Anzahl der Alternativen und der Anzahl der Ziele. So sind für vier potenzielle Zulieferer und fünf Unterziele bereits 6 · 5 + 10 -1 = 40 und für n Zulieferer und m Unterziele bei einem Oberziel

m•(n2 -n) l•(m2 -m) _ __;__ _ ___;,.+ --''----___;,.

2 2

Bewertungen erforderlich.66 Um verbale Bewertungen der Paarvergleiche zu quanti-fizieren, schlägt Saaty die in Tabelle 4.1 dargestellte 9-Punkte-Skala vor. 67 Dabei er-halten die zu vergleichenden Elemente den Wert eins, wenn diese als gleichbedeutend eingeschätzt werden und den Wert neun, wenn ein Element sehr stark bevorzugt wird.

Die Werte zwei bis acht bilden die Abstufungen zwischen den beiden Extremwerten ab.

66 In Anlehnung an Roth (1998), S. 114.

67 Vgl. Saaty (1980), S. 531T.

Skalenwert Bedeutung

1 Die verglichenen Elemente sind gleich bedeutend 3 Ein Element wird leicht bevorzugt

5 Ein Element wird stark bevorzugt 7 Ein Element wird sehr stark bevorzugt

9 Ein Element kann nicht stärker bevorzugt werden

2,4,6,8 Zwischenwerte, Kompromisse zwischen benachbarten Werten Tabelle 4.1: 9-Puokte-Skala zur Bewertung der Paarvergleiche im AHP (Quelle: In Anlehnung an Saaty (1980), S. 54.)

Nachdem der Entscheider die Bewertungen vorgenommen hat, werden diese auf Kon-sistenz68 geprüft. Scheitert die Konsistenzprüfung, muss der Entscheider die Bewer-tungen überprüfen, andernfalls werden dann aus den paarweisen BewerBewer-tungen Ge-wichte für die Attribute einer Stufe errechnet.69 Die Aggregation der StufengeGe-wichte erfolgt multiplikativ, ausgehend vom obersten Element bis hin zu den zu bewertenden Alternativen. Die Technik der Aggregation der Stufengewichte entspricht damit der der Nutzwertanalyse. 70 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vorge-hen zur Konstruktion der Gewichte zwar neu ist, nachfolgend jedoch ein, in Abschnitt

4.2.1 bereits erläuterter, Punktbewertungsansatz verwendet wird.

In der wissenschaftlichen Diskussion sind die Meinungen zu AHP vielfältig.71 Die unterschiedlichen in der Literatur vorgestellten zahlreichen Anwendungsgebiete insbe-sondere aus der Betriebswirtschaftslehre lassen auf breite Akzeptanz in der Praxis schließen. 72 In diesem Zusammenhang wird die strukturierte und systematische Aufbe-reitung der Entscheidung73 und die Integration qualitativer Kriterien74 als besonderer Vorteil von AHP gesehen. Andererseits wird häufig die mit der Anzahl der Alternati-ven und Bewertungskriterien steigende Anzahl der durchzuführenden Bewertungen oder etwa die Änderung der Rangfolge bei Berücksichtigung einer zusätzlichen Alter-native kritisiert.75 Ein zweiter Punkt, der in diesem Zusammenhang kritisch gesehen wird, ist, dass AHP lediglich hierarchische Bewertungen in eine Richtung zulässt.

Mögliche Interdependenzen von Elementen innerhalb einer Ebene oder wechselseitig zwischen den Ebenen werden ausgeschlossen.76 Diese Restriktion wird jedoch in einer

68 Vgl. zur Konsistenzprüfung etwa Saaty (1990a), S. 12ff.

69 Vgl. zur Berechnung der Gewichte etwa Roth ( 1998), S. l l 6ff.

70 Vgl. Bamberg/Coenenberg (2002), S. 64; Roth (1998), S. 124.

71 Vgl. etwa Dyer (1990); HarkerNargas (1990); Leung/Cao (2001); Pc!rez (1995); Saaty (1990b).

72 Vgl. für ausgewählte Anwendungsgebiete Bhushan/Rai (2004), S. 25ff.; SaatyNargas (2001), S. 47ff. Für einen Überblick über Anwendungen in der Literatur vgl. Golden/Wasil/Levy (1989); Weber (1993), S. 183.

73 Vgl. etwa Barbarosoglu/Yazgac (1997), S. 20; Bhutta/Huq (2002), S. 128.

74 Vgl. Bhutta/Huq (2002).

75 Vgl. Belton/Gear (1983); Sarkisffalluri (2002), S. 19.

76 Vgl. Sarkisffalluri (2002), S. l 9f.

Weiterentwicklung des Verfahrens, dem Analytical Network Process, aufgehoben, indem keine hierarchische, sondern eine netzwerkartige Strl!ktur vorausgesetzt wird.77 Im Folgenden werden Ansätze, die AHP im Zusammenhang mit der Auswahl von Zulieferern verwenden, in chronologischer Reihenfolge kurz erläutert.

Narasimhan erläuterte bereits 1983 das Vorgehen von AHP an einem selbstentwickel-ten Beispiel zur Auswahl von Zulieferern.78 Das Fundamentalziel „wähle den besten Zulieferer" wird dabei in die Instrumentalziele Preisstruktur, Belieferung, Qualität und Service zerlegt. Diese Ziele werden zum Teil in weitere Kriterien zerlegt, wie Service in die Kriterien Personal, Standorte, Forschung und Entwicklung sowie Leistungsfii-higkeit. Nydick und Hili erläutern in ihrem Ansatz zunächst das allgemeine Vorgehen von AHP, um dieses an einem selbstentwickelten Beispiel zu verdeutlichen.79 Dabei wird ein Zulieferer aus vier möglichen anhand der bereits von Narasimhan verwen-deten Kriterien Qualität, Preis, Service und Belieferung ausgewählt.

Barbarosoglu und Yazgac zeigen die Anwendung von AHP bei der Auswahl von Zulieferern bei einem führenden Hersteller von Elektromotoren in der Türkei. 80 Das Oberziel Bewertung von Zulieferern wird dabei zunächst in die drei Unterziele Be-wertung der Performance, BeBe-wertung von Geschäftsstruktur und Fertigungspotenzial sowie Bewertung des Qualitätssystems zerlegt. Anschließend werden diese auf zwei bzw. auf drei Ebenen weiterzerlegt, so dass die Zulieferer letztendlich anhand von 63 Attributen miteinander verglichen werden. Die Autoren schlagen vor, das vorgestellte Vorgehen nur für die wenigen Zulieferer von A-Gütern zu verwenden und dieses auf Grund der sich ändernden Daten in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Es ist jedoch nicht zu vernachlässigen, dass das Vorgehen bei dieser großen Anzahl zu be-rücksichtigender Kriterien, etwa durch die Anzahl der durchzuführenden Paarverglei-che, sehr aufwendig ist.

Ein Ansatz, der neben der Auswahl von Zulieferern auch die von den ausgewählten Zulieferern zu beschaffenden Mengen festlegt, ist der Ansatz von Ghodsypour und O'Brian.81 In einem ersten Schritt werden mit AHP die Bewertungen der Zulieferer ermittelt, wobei die zu verwendenden Kriterien von der Wettbewerbssituation und der Art der Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und Abnehmer abhängen. Ausgebend von den mit AHP ermittelten Bewertungen werden dann die Mengen, die von den jeweiligen Zulieferern beschafft werden sollen, mit Hilfe eines linearen Modells

77 Vgl. Forman/Gass (2001), S. 484; Saaty (2001), S. 137ff.

78 Vgl. Narasimhan (1983).

79 Vgl. Nydick/Hill (1992).

80 Vgl. Barbarosoglu/Yazgac (1997).

81 Vgl. Ghodsypour/O'Brian (1998).

ennittelt. Als Restriktionen werden dabei die Kapazitäten der Zulieferer, die zu befrie-digende Nachfrage und der maximale Ausschuss, d. h. die Qualität, berücksichtigt.

Y ahya und Kingsman wenden AHP bei der Auswahl von Möbelherstellern zur Belie-ferung öffentlicher Einrichtungen in Malaysia an. 82 Dabei ist das Ziel, nicht nur beson-ders „gute" Möbelhersteller auszuwählen, sondern die ausgewählten Zulieferer zu fördern und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Kriterien zur Auswahl der Zulieferer unterscheiden sich folglich von denen der bereits erläuterten Ansätze etwa darin, dass die Regierung die Preise festlegt und der Preis deshalb kein relevantes Auswahlkriterium ist. Die 13 relevanten Kriterien, die durch Befragung der Entschei-dungsträger ennittelt wurden, sind neben Qualitäts-, Liefer- und Kapazitätskriterien etwa Ehrlichkeit, Haltung gegenüber Regeln und Vorschriften sowie technische Prob-lemlösungskompetenz. Das Verfahren wurde zur Bewertung von 68 Möbelherstellern eingesetzt und hat diese anhand der Kriterien in eine Rangfolge gebracht. Als besonde-ren Vorteil sehen die Autobesonde-ren das fonnalisierte, systematische Vorgehen des Verfah-rens.

Die Bewertung von Zulieferern anhand ökologischer Kriterien greift der Ansatz von Handfield et al. auf.83 Im Rahmen einer Delphi-Studie wurden die relevanten ökologi-schen Kriterien mit Produktcharakteristika, Abfallmanagement, Zertifizierung, Verpa-ckung und Recycling, Einhaltung staatlicher Vorschriften sowie das Vorhandensein von Umweltschutzprogrammen ennittelt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden bei einem Automobilhersteller, einer Unternehmung der Papierindustrie und einem der Bekleidungsindustrie getestet. Dabei zeigte sich, dass nicht jedes Kriterium für die Auswahl von Zulieferern jeder Branche gleich gut geeignet ist.

Sarkis und Talluri stellen einen Ansatz zur Auswahl von Zulieferern vor, der auf dem Analytic Network Process basiert und damit auch Beziehungen zwischen den Ele-menten einer Ebene berücksichtigt.84 So werden beispielsweise die Kosten von Quali-tät und Zeit beeinflusst und umgekehrt. Nach Ennittlung der paarweisen Vergleichs-matrizen wird eine Supennatrix für die Netzwerkteile der Entscheidungshierarchie aufgestellt. Durch die gewichtete Summe der ennittelten Faktoren wird anschließend die Gesamtbewertung der Zulieferer ennittelt.

Ein interaktives Vorgehen, das auf AHP basiert, zeigt Chan auf.85 In einem ersten Schritt wird bei diesem Ansatz die Art der Beziehung zu den potenziellen Zulieferern

82 Vgl. Yahya/Kingsman ( 1999).

83 Vgl. Handfield et al. (2002).

84 Vgl. Sarlcis/Talluri (2002).

85 Vgl. Chan (2003).

ermittelt. Die Beziehungen werden anhand der gemeinsamen Aktivitäten hinsichtlich der Produkte, der Prozesse, des Humankapitals und der Technologie bewertet. Ausge-hend von diesen Beziehungstypen werden die relevanten Auswahlkriterien festgelegt.

In einem interaktiven Prozess werden dann die Gewichte der Kriterien ermittelt und der Analytic Hierarchy Process auf die Bewertung der Zulieferer angewandt.

Zusammenfassend zeigt sich, dass bei der Auswahl von Zulieferern auf Basis von AHP, wie auch bei den Punktbewertungsansätzen, vielfältige und insbesondere qua-litative Kriterien verwendet werden, die in Abschnitt 4.3.1 detaillierter zu analysieren sind. Nachfolgend wird jedoch zunächst die Data Envelopment Analysis im Rahmen der Auswahl von Zulieferern diskutiert, bevor eine zusammenfassende Bewertung aller vorgestellten Ansätze erfolgt.

Im Dokument Supply Chain Design (Seite 108-113)