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2. Literaturübersicht

2.5. Z USAMMENHANG ZWISCHEN EINER NEGATIVEN ENERGIEBILANZ BZW . KETOSE UND

GODKIN (2000) beschreibt, daß die Ketose zu einer Beeinträchtigung des Immunsystems führt, was einen verminderten Abwehrmechanismus gegen andere Krankheiten zur Folge hat. Die Tiere sind somit anfälliger für Krankheiten wie Mastitis und Klauenentzündungen. Zu den Folgeerscheinungen eines Energiedefizits in der Startphase gehören weiterhin auch die verzögerte Rückbildung der Gebärmutter, Gebärmutterkatarrh und Eierstockszysten. HOFFMANN (1992) nennt Fettlebersyndrom, Nachgeburtsverhaltung (Retentio secundinarum), Gebärmutterentzündung (Endometritis), erhöhte Neigung zu Euterentzündungen (Mastitiden) und Fruchtbarkeitsstörungen als häufige Begleiterscheinungen der latenten (subklinischen) Ketose.

Das Auftreten einer Leberverfettung im peripartalen Zeitraum beeinflußt die Proteinproduktion negativ, was zu einer verminderten Immunkompetenz mit geringerer Anzahl an zirkulierenden neutrophilen Granulozyten führt (MORROW et al. 1979; GERLOFF et al. 1986). Hohe Konzentrationen an NEFA im Blut beeinflussen die Immunantwort vermutlich direkt durch eine Verminderung der Synthesefunktionen und der chemotaktischen Fähigkeiten von Leukozyten (RUKKWAMSUK et al. 1999). Die Immunsuppression nimmt mit stärker ausgeprägter negativer Energiebilanz zu (GOFF u. HORST 1997; HEUER et al. 1999).

SURIYASATHAPORN et al. (2000) nennen in einer Übersichtsarbeit mehrere mögliche Erklärungen für eine verminderte unspezifische Immunabwehr des Euters bei Kühen, die sich in einer negativen Energiebilanz befinden. Eine verminderte Phagozytosekapazität von polymorphkernigen Leukozyten und Makrophagen. Eine verminderte Produktion von Zytokinen (Interferon, Interleukine, Tumor- Nekrose- Faktor) durch Lymphozyten und eine herabgesetzte Chemotaxis der Leukozyten.

Schließlich ist die Kapazität der Blutleukozyten zum Einwandern ins Euter vermindert. Nach einer Berechnung von KLUG et al. (1989) ist das Risiko für Kühe an einer klinischen Mastitis zu erkranken nach einer Ketose etwa 5x höher, als für Tiere, die nicht an Ketose erkrankt waren. KLUG et al. (1989) sahen ebenso ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Klauenentzündungen, Mastitiden und Endometritiden infolge einer Ketose. Der in der Frühlaktation auftretende Anstieg von Ketonkörpern im Blut führt zu einer Senkung des Muskeltonus und fördert damit

insbesondere eine Uterusatonie mit den damit verbundenen Involutionsstörungen sowie das Auftreten von Krankheiten wie der Retentio secundinarum (STAUFENBIEL et al. 1987). Hinzu kommt eine durch Leberschädigungen bedingte Beeinträchtigung der immunologischen Abwehrmechanismen (GERLOFF et al.

1986) und damit eine verzögerte Regeneration des Endometriums mit dem Auftreten von Endometritiden und eitrigen Genitalkatarrhen (SCHILLING 1976; MARKUSFELD 1985; BUTLER u. SMITH 1989). Hohe Leistungen, die mit einem entsprechenden Energiebedarf und niedriger Kondition einhergehen, steigern die Inzidenz von Klauenerkrankungen. So gehen stark ausgeprägte negative Energiebilanzen mit einem erhöhten Lahmheitsrisiko einher (HEUER et al. 1999). COLLARD et al. (2000) formulieren ebenfalls eine enge Beziehung zwischen Lahmheiten und Erkrankungen des Verdauungsapparates und der Energiebilanz in der frühen Laktation.

Auch unter den Stoffwechselstörungen Ketose und Gebärparese besteht eine enge Beziehung (CURTIS et al. 1983; GOFF u. HORST 1997). Es bestätigt sich, daß einzelne Erkrankungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Sind die Regelkapazitäten des Tieres erschöpft, können verschiedene Krankheiten gemeinsam oder zeitversetzt auftreten. CONNER et al. (2004) hat die Konzentrationen der nicht veresterten Fettsäuren (NEFA) bei 135 Kühen am 4. Tag a.p. bestimmt. Die Autoren ermittelten ein Odds Ratio von 2,3 für Nachgeburtsverhaltung, 1,7 für Ketose und 3,1 für linksseitige Labmagenverlagerung bei erhöhten NEFA-Konzentrationen eine Woche a.p.. Eine Beziehung zur Metritis bestand nicht.

Die Labmagenverlagerung (Dislocatio abomasi, DA) ist eine häufig vorkommende, multifaktorielle Erkrankung in leistungsstarken Milchviehherden. Dabei kann die Fütterung, besonders in der Trockenperiode, als einer der wichtigsten und gleichzeitig bestkontrollierbaren Faktoren angesehen werden (CAMERON et al.

1998). Eine Überkonditionierung a.p., die mit einem verstärkten peripartalen Energiedefizit, aber auch mit erhöhtem Geburtsstreß einhergeht, führt zu einer exzessive Fettmobilisierung. Viele Autoren (CURTIS et al. 1985; MARKUSFELD 1986; VÖRÖS u. KARSAI 1987; CORREA et al. 1990; KUIPER 1991; JACOBSEN 1995; FÜRLL u. KRÜGER 1999b) sehen daher in der Minimierung ketophorer Substrate einen wichtigen Ansatzpunkt zur Vermeidung einer Labmagenverlagerung.

Kühe die in der Vorbereitungsfütterung für die nächste Laktation energetisch überversorgt wurden, mobilisieren nach der Abkalbung verstärkt ihre während der

Trockenstehperiode angelegten Fettreserven, wodurch es zur Lipomobilisation und zur Leberverfettung kommen kann. Eine derartig veränderte Leber kann ihre Entgiftungsfunktion nicht mehr aufrechterhalten. Zusätzlich ist wahrscheinlich durch die Verfettung der Leber die Cholesterinproduktion vermindert. Da das Cholesterin die Endotoxine im Blut bindet, kommt es vermutlich durch den Cholesterinmangel zu stärkeren Endotoxinwirkungen im Körper, wobei die Endotoxine auch die Labmagenentleerung beeinträchtigen können. Eine Gasansammlung mit Dilatation des Labmagens ist die Folge, die ihrerseits zu einer Labmagenverlagerung führen kann (FÜRLL u. KRÜGER 1999b). Dieser Vorgang wird durch die aufgrund geringerer Trockensubstanzaufnahme verminderte Pansenfüllung unterstützt.

Signifikante Beziehungen bestehen zwischen einer präpartal auftretenden negativen Energiebilanz und erhöhter DA-Inzidenz post partum. Eine Abnahme der Labmagenmotilität wird als der Schlüsselfaktor in der Entstehung der Verlagerung angesehen (CAMERON et al. 1998), wobei vor allem die den Muskeltonus senkende Wirkung der Ketonkörper zu betonen ist (STAUFENBIEL et al. 1987). ROHRBACH et al. (1999) fanden bei ihrer Untersuchung einen Zusammenhang zwischen Labmagenverlagerung und Ketose. Sie berechneten ein Odds Ratio von 8,6. Eine ketotische Kuh hat demnach ein 8,6-fach höheres Risiko, an Labmagenverlagerung zu erkranken. Eine oft gleichzeitig vorkommende, durch die erhöhten NEFA-Konzentrationen im Plasma verursachte Leberverfettung beschleunigt das Krankheitsgeschehen, vermutlich durch eine die Labmagenentleerung hemmende, verzögerte Glukose-Clearance (VAN MEIRHAEGHE et al. 1988). Ist das Tier bereits an einer Ketose erkrankt, so sind Trockensubstanzaufnahme und Pansenfüllung weiter reduziert bei gleichzeitig herabgesetzter Vor- und Labmagenmotilität (CAMERON et al. 1998). Es ist jedoch zu beachten, daß eine ketotische Stoffwechsellage nicht nur ein Risikofaktor für sondern auch eine Konsequenz von Labmagenverlagerungen sein kann (ERB u. GROHN 1988). Viele Autoren sind sich über die Kausalität nicht einig, beobachteten jedoch eine signifikante Häufung des gemeinsamen Auftretens beider Erkrankungen (WALLACE 1975, MANNUSS 1984, VAN DORP et al. 1999). Entweder wurde die Ketose als Ursache der Labmagenverlagerung angesehen (FÜRLL u. KRÜGER 1999c), wobei in Feldstudien auch eine subklinische Ketose als mögliche Ursache postuliert wurde (VÖRÖS u.

KARSAI 1987; GEISHAUSER et al. 1999), oder sie wurde als Folge der Erkrankung gewertet (DIRKSEN 1961; AREGGER 1992).

2.6. PROPHYLAXE EINES ENERGIEDEFIZITES MIT HILFE