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2. Literaturübersicht

2.3. L ABORPARAMETER ZUR B ESTIMMUNG DER E NERGIEBILANZ

2.3.1. Daten aus der Milchleistungsprüfung

Aus den Daten der Milchleistungskontrolle stehen die Parameter Milchmenge, Fettgehalt, Eiweißgehalt und Harnstoffgehalt zur Verfügung. Daraus lassen sich durch einfache Verknüpfungen Aussagen über die Energieversorgung treffen.

2.3.1.1. Milchfett

Die beim Abbau von Körperfett entstehenden langkettigen Fettsäuren werden in der Frühlaktation vermehrt zur Milchfettsynthese herangezogen, woraus sich eine deutlich positive Korrelation zwischen Körperfettmobilisation und Milchfettgehalt ergibt (FARRIES 1982; STAUFENBIEL et al. 1988). Die Beurteilung der Milchfettgehalte muß in Abhängigkeit vom Laktationsstadium der Tiere erfolgen (DIRKSEN et al. 1997). Leistungsgerecht versorgte Milchkühe haben Milchfettgehalte zwischen 3,5 % und 4,5 % (ROSSOW et al. 1990).

DE VRIES und VEERKAMP (2000) weisen darauf hin, daß eine stark negative Energiebilanz lediglich zu Laktationsbeginn mit erhöhten Milchfettgehalten einhergeht. Bereits in den ersten Wochen p.p. sinken diese auf unterdurchschnittliche Werte. Demnach kann nicht der Milchfettgehalt selbst, sondern dessen Rückgang in der Frühlaktation als Indikator für die Energieversorgung der Milchkuh herangezogen werden.

2.3.1.2. Milchfett-Milcheiweiß-Quotient

Die alleinige Bewertung des Milchfettgehaltes birgt Fehlermöglichkeiten in der Interpretation. Rohfasermangel (Milchfettabfall) und hoher Fettgehalt infolge erhöhter Lipomobilisation können sich gegenseitig neutralisieren und schwerwiegende energetische Mängel verschleiern. Als zusätzliche Hilfe zur Erkennung energiedefizienter und somit ketosegefährdeter Kühe dient der Quotient aus Milchfett und Milcheiweiß (SPOHR u. WIESNER 1991). Die Einflußfaktoren für Milchfett und Milcheiweiß lassen sich wie folgt zusammenfassen. Aus dem Energiemangel (erhöhter Bedarf bei relativ oder absolut zu geringem Angebot an Energie) resultiert ein erhöhter Fettabbau (Lipolyse) und eine verstärkte Milchfettsynthese. Der Milchfettgehalt steigt an. In den Vormägen synthetisiertes mikrobielles Protein bildet die Hauptquelle des Aminosäurepools. Aus dem Futter stammende pflanzliche

Eiweiß- und Nicht-Protein-Stickstoff (NPN)- Verbindungen werden zu Ammoniak abgebaut und teilweise unter ATP-Verbrauch von den Pansenmikroben zu hochwertigem mikrobiellen Protein transformiert (FARRIES 1983). Eine unzureichende Aufnahme von Kohlenhydraten kann eine verminderte Proteinsynthese im Pansen bewirken, wodurch dem Euter weniger Aminosäuren zugeführt werden und damit der Eiweißgehalt in der Milch abfällt.Die dritte Folge des Energiemangels ist eine verminderte Laktosebildung und damit der Rückgang der Milchleistung. Durch die Quotientenbildung werden die gegenläufigen Veränderungen dieser beiden Parameter bei Mangel- bzw. Unterversorgung deutlicher und die Abhängigkeit von der Milchmenge durch Wegfall des Volumenbezugs minimiert.

In der Literatur sind verschiedene Angaben zum Fett-Eiweiß-Quotienten (FEQ) als Schwellenwert für eine Stoffwechselgefährdung zu finden. GRAVERT (1991) und KÜMEL-MÖLLERING und ROSSOW (1994) geben den FEQ der ersten Milchkontrolle, also den Wert innerhalb des ersten Laktationsmonats, als besonders aussagekräftig hinsichtlich Stoffwechselgefährdung an. Überschreitet der FEQ den Wert 1,3 liegt ihrer Ansicht nach eine Gefährdung vor. DIRKSEN et al. (1997) setzen den Schwellenwert für eine Stoffwechselgefährdung auf FEQ > 1,4. Der mit 1,5 höchste Wert stammt aus den Studien von SPOHR et al. (1992), DUFFIELD et al.

(1997). Nach KRAFT et al. (1999) steigt der Informationswert der FEQ erst ab der 3.

bis 5. Woche, da besonders in den ersten Tagen p.p. eine große Variabilität der lipolyseabhängigen Milchfettsynthese vorliegt und sich die Milchfett- und die – eiweißkonzentrationen zu unterschiedlichen Zeiten im Laktationsverlauf stabilisieren.

2.3.1.3. Milcheiweiß und Milchharnstoffgehalte

Der Milcheiweißgehalt ist streng energieabhängig, d.h. die Hauptursache seiner Variabilität ist die Energieversorgung der Tiere. Leistungsgerecht versorgte Tiere haben Milcheiweißgehalte von > 3,2 % (ROSSOW et al. 1990). Milcheiweißgehalte von unter 3,2 % lassen auf eine energetische Unterversorgung schließen (KAUFMANN 1977). Harnstoffgehalte in der Milch sowie im Blut hängen stark vom Energie- und Eiweißverhältnis ab. Erhöhte Harnstoffgehalte können von einem überhöhten Eiweißangebot oder einem relativen Energiemangel herrühren.

Niedrige Harnstoffgehalte deuten auf Eiweißmangel oder Energieüberschuß hin (SPOHR u. WIESNER 1991). In Kombination mit der Milcheiweißkonzentration gibt der Harnstoffwert eine gute Möglichkeit zur Beurteilung der Rohprotein- und Energieversorgung eines Bestandes (KLEIN et al. 1987; REINARTZ u. HOFMANN 1989; SCHOLZ 1990). Laut DIRKSEN et al. (1997) kann die biologische Komplexität dieser Parameterkombination auf diese Art nicht erfasst werden und daher ermöglicht dieses Verfahren während der Frühlaktation keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Energie- und Eiweißversorgung der Milchkühe. Für Harnstoff in der Milch errechneten KIRCHGESSNER et al. (1985) einen physiologischen Normbereich von 2,5 bis 5,0 mmol/l. Im Verlauf der Laktation fällt der Gehalt in der Milch ab.

2.3.2. ß-Hydroxybuttersäure (BHB) und nicht veresterte Fettsäuren (NEFA) Azetoazetat und ß-Hydroxybuttersäure sind die in der Literatur meist zitierten Ketonkörper, um klinische und subklinische Ketosen nachzuweisen (FILAR 1979;

KAUPPINEN 1983; ANDERSSON 1984). Ketonkörper treten aufgrund des übersteigert ablaufenden Abbaus von Körperreserven infolge eines Energiedefizits auf. Hierbei entsteht Azetyl-CoA, das mittels Oxalazetat zur Energiegewinnung weiter umgebaut wird. Oxalazetat wird aber auch für die Laktose-Synthese benötigt.

Deshalb hat der Organismus bei steigender Milchleistung weniger Oxalazetat zur Verfügung. Das infolgedessen nicht nutzbare Azetyl-CoA wird dann umgebaut als Ketonkörper frei (FREITAG 1995) und kann in gewissem Umfang im peripheren Energie- Metabolismus genutzt werden (TVEIT et al. 1992).

Der Bestimmung von Azetoazetat- und ß-Hydroxybuttersäure- Blutkonzentrationen sowie ihrem Verhalten zueinander wird eine gute Aussagekräftigkeit über den Energiestatus und die Herkunft der Ketonkörper zugesprochen (FILAR 1982;

DARGEL 1987). Die Kenntnis der Konzentration der beiden die Ketogenese bestimmenden Verbindungen ermöglicht dabei nicht nur eine klare Einschätzung der ketotischen Stoffwechsellage (klinische oder subklinische Ketose) sondern auch weitgehend Rückschlüsse auf die Herkunft der Ketonkörper (alimentär oder hepatisch). Azetoazetat steigt fast ausschließlich infolge hepatogener Synthese aus mobilisiertem Depotfett an. Bei ß-Hydroxybuttersäure ist hingegen auch dessen alimentäre Synthese zu berücksichtigen (DARGEL 1987).

2.3.2.1. ß-Hydroxybuttersäure (BHB)

BHB macht mit ca. 81 % den Hauptbestandteil der Gesamtketokörperkonzentration beim Wiederkäuer aus (SCHLERKA u. FILAR 1981). BHB wird als der aussagekräftigste labordiagnostische Indikator für die Energiebilanz und Ketogenese (RUSSEL u. WRIGHT 1983) sowie für die Fettleberdiagnostik beim Rind angesehen (GRÖHN et al. 1983). Die BHB-Konzentration im Serum muss laut FÜRLL (2000) aber im Komplex mit weiteren den Fett- und Energiestoffwechsel charakterisierenden Parametern gesehen werden.

Im Gegensatz zu Azetoazetat und Azeton kann BHB teilweise für die Synthese von Milchfett herangezogen werden. Diese Menge kann die aus Azetoazetat erzeugte BHB-Konzentration aufheben, so daß keine erhöhten Werte im Plasma feststellbar sind (REIST et al. 2000). Zudem hat ß-Hydroxybuttersäure eine signifikante Tages- und Laktationsdynamik (GIESECKE et al. 1987).

Der Referenzbereich für BHB im Blutserum liegt nach KRAFT et al. (1999) bei 0,05–

0,5 mmol/l. BHB-Konzentrationen von über 1,0 mmol/l im Blut sprechen für das Vorhandensein einer subklinischen Ketose (REHAGE et al. 1996).

2.3.2.2. Nicht veresterte Fettsäuren (NEFA)

Nicht veresterte oder freie Fettsäuren (NEFA) sind sehr stark korreliert mit dem Grad an Fettmobilisation und dienen deshalb als Indikator für den Energiestoffwechsel (BOWDEN 1971). Die Mobilisierung der nicht veresterten Fettsäuren aus dem Körperfett gilt als erster Schritt zur Entstehung der Ketose und wird durch vermehrte Anforderung des Stoffwechsels nach Nahrung eingeleitet (BERGMANN 1971). Der Anstieg der NEFA-Konzentration ein bis zwei Wochen vor dem Abkalben kann auf schlechtere Futteraufnahme in den Wochen vor der Geburt zurückgeführt werden (GRUMMER 1993). Ein Übersicht über die in der Literatur genannten NEFA-Konzentrationen im Blutserum gibt die Tabelle 1. Laut DUFFIELD (2004) besteht bei einer NEFA-Konzentration von > 0.7 mmol/l eine Woche ante partum ein annährend 5-fach höheres Risiko post partum an einer subklinischen Ketose zu erkranken.

Somit kann ein Monitoring der NEFA-Konzentration etwa 1 Woche a.p. ein praxisnahes Hilfsmittel darstellen, um ein erhöhtes Risiko für eine subklinische Ketose und die damit verbundenen Risiken an Nachgeburtsverhaltung, Ketose, linksseitige Labmagenverlagerung und Mastitis zu erkranken, früh zu erkennen.

Tabelle 1: Literaturübersicht der Serumkonzentrationen nicht veresterter Fettsäuren bei Milchkühen mit und ohne Ketose

Autor Gesunde Kühe

mmol/l

Ketotische Kühe mmol/l

BAIRD 1977 0,04 0,92

FILAR 1979 0,03 +/- 0,01 0,78 +/- 0,11

MÄDER 1980 0,11 +/- 0,13 0,68 +/- 0,35

ROSSOW et al. 1991 0,23- 0,35

Bei Milchrindern mit einer subklinischen Ketose verschiebt sich das Ketonkörpermuster in allen Körperflüssigkeiten zugunsten des Azetons, verbunden mit einer Abnahme des ß-Hydroxybuttersäure. Der Azetoazetatanteil bleibt annähernd konstant, so daß sich mit der Abnahme des ß-Hydroxybuttersäure-Azetoazetat-Quotienten eine gesteigerte Ketogenese nachweisen lässt. Das Verhältnis von Azetoazetat und ß-Hydroxybuttersäure liegt bei gesunden Kühen weiter auseinander als bei erkrankten, es beträgt mehr als 1:10 (BERGMANN 1971;

KRONFELD 1971; FILAR 1979). FILAR (1979) nennt 1:14 als das Verhältnis gesunder Kühe, klinisch an Ketose erkrankte Kühe hingegen hatten ein Azetoazetat : ß-Hydroxybuttersäure-Verhältnis von durchschnittlich 1:4,3.

2.4. AUSWIRKUNGEN EINER NEGATIVEN ENERGIEBILANZ AUF