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2. Literaturübersicht

2.7. M INERALSTOFFWECHSEL

2.7.2. K ALZIUM

2.7.2.3. G EBÄRPARESEPROPHYLAXE

Durch die oben diskutierten Ursachen der Gebärparese lassen sich mehrere Ansätze zur Gebärpareseprophylaxe nennen. In Abhängigkeit von der Kationen- Anionen- Differenz (DAD) (näheres in Kapitel 2.7.2.3.1.) haben HORST et al. (1997) diese wie folgt zusammengefasst.

Bei einer CAD von < +250 mmol/kg Trockenmasse

→ Erhöhung der Ansprechbarkeit der Erfolgsorgane (Dünndarm, Niere, Knochen) auf Parathormon durch eine kaliumarme Fütterung oder die Zufütterung anionischer Salze.

Bei einer CAD von > +250mmol/kg Trockenmasse

→ Förderung der Mobilisierung aus dem Skelett und der aktiven intestinalen Ca-Absorption durch Gabe von Vitamin D, Parathormon oder durch eine Kalziumarme Fütterung der Trockensteher.

→ Steigerung der passiven intestinalen Ca-Absorption durch Applikation von Kalzium- Gels.

2.7.2.3.1. Prophylaxe mit Hilfe des DCAB Konzeptes

DCAB steht für „dietary cationen anionen balance“. Das DCAB-Konzept wurde als solches erstmals von BLOCK (1984) beschrieben. Ein ähnliches Prinzip wurde jedoch schon von ENDER et al. (1962) und von DISHINGTON (1975) formuliert und als Alkali-Alkalinity bezeichnet. In Worte gefasst steht DCAB für die Summe der Kationen Natrium und Kalium abzüglich der Summe der Anionen Chlorid und Schwefel im Futter in Milliäquivalent pro Kilogramm Trockenmasse (T).

DCAB (meq/kg T)= (meq Na + meq K)-(meq Cl + meq S)

Diese ursprüngliche Formel wird von vielen als Standard für die Berechnung des DCAB im Futter gebraucht (OETZEL 2000). Die Formel wurde von BEEDE (1992) weiter modifiziert, der in der Formel noch die Wertigkeit und das Atomgewicht der Ionen berücksichtigt.

GOFF (2000) integrierte dann noch Ca, Mg, SO42- ,H2PO4- und HPO4 2- mit in die Formel. Die in die Formel einbezogenen Ionen üben hauptsächlich einen Einfluß auf den systemischen Säure-Basen-Haushalt der Kuh aus. Zusätzlich haben diese Ionen

aber auch einen Einfluß auf den osmotischen Druck und die Transportmechanismen der Zellmembran (BEEDE 1992; BLOCK 1994). Der Organismus versucht bei Zufuhr von Ionen die elektrische Neutralität des Körpers wieder herzustellen, indem er z.B.

die renale Rückresorption des Bikarbonats moduliert. Daraus ergibt sich eine Erhöhung der H+-Ionen-Konzentration bei einem Anionenüberschuß und eine Erhöhung der HCO3--Konzentration bei einem Kationenüberschuß (BEEDE 1992;

BEEDE et al. 1992; BLOCK 1994; DELAQUIS u. BLOCK 1995). Somit entsteht eine leichte Azidose, wenn die Kuh mehr Anionen und umgekehrt eine leichte Alkalose wenn sie mehr Kationen aufnimmt (PEHRSON et al. 1999).

Die meisten Grundfutterrationen für Trockensteher sind Kationen-, vorwiegend Kaliumreich. Das DCAB-Konzept ist zum einen hilfreich mit Kalium als Indikator für die Einschätzung der Milchfieber-Gefährdung (KAMPHUES 1993; HORST et al.

1997). Zum anderen kann durch Anwendung des DCAB-Konzeptes die Verfütterung Kationen- und Kalziumreicher Futtermittel ermöglicht werden, indem man versucht durch Zusatz anionischer Salze den DCAB-Wert bis auf negative Werte zu erniedrigen (JOYCE et al. 1997). In vielen Arbeiten konnte gezeigt werden, daß Kühe denen in der Trockenstehphase Anionen mit der Ration zugeführt wurden, signifikant weniger an Milchfieber und Hypokalzämien litten, als Kühe die kationenreiche Rationen erhielten (BLOCK 1984; GOFF et al. 1991a; BEEDE et al. 1992; OETZEL 1993; FUERLL et al. 1996a; KAMPHUES 1996; JOYCE et al. 1997; MOORE et al.

2000; OETZEL 2000). Die Fütterung einer Ration mit DCAB- Werten, die im negativen Bereich liegen, bewirkt im Vergleich zu einer konventionellen Ration höhere ionisierte Serumkalzium-, Chlor- und Phosphorwerte und einen weniger deutlichen Abfall dieser Ionen um die Geburt (BLOCK 1984; BEEDE et al. 1992;

JOYCE et al. 1997). Der DCAB-Wert, berechnet nach der Formel von BLOCK (1984), sollte zwischen –150 und –100 meq/kg T liegen, um eine sichere Gebärpareseprophylaxe zu gewährleisten (BEEDE 1992; GOFF 1992; BREVES et al. 1999; MOORE et al. 2000). Dieser Wert wird aber meist nicht durch konventionelle Futtermittel erreicht und die Zugabe von anionischen Salzen ist durch ihre geringe Schmackhaftigkeit auch nur begrenzt möglich. Liegt der Ausgangswert der Ration schon bei über +250 meq/kg T ist ein Ausgleich mit anionischen Salzen nicht mehr im ausreichenden Maß möglich. In diesem Fall sollte man die unter 2.7.2.3. genannten anderen Prophylaxemöglichkeiten durchführen (HORST et al.

1997).

Der Mechanismus der Prophylaxe durch die sauren Salze ist noch nicht völlig geklärt. In vielen Untersuchungen wurde gezeigt, daß anionisch gefütterte Kühe im Vergleich zu kationisch gefütterten, signifikant höhere Ca-Werte bei der Geburt und in den ersten paar Tagen der Laktation aufweisen (OETZEL et al. 1988; GOFF et al.

1991a; SEYMOUR et al. 1992; WANG u. BEEDE 1992; PHILLIPPO et al. 1994; VAN MOSEL et al. 1994; MOORE et al. 2000). Die anionische Fütterung führte zu einer metabolische Azidose. Der Organismus versucht diese durch eine renale H+ -Ausscheidung auszugleichen. Durch die verminderte Kalzium Retention in der Niere sinkt der Ca- Spiegel im Blut und die PTH- und 1,25(OH)2D3-Ausschüttung wird gefördert (GOFF et al. 1991a; KAMPHUES 1996; GOFF 2000). Dies führt zu einer erhöhten Ca-Rückresorption in der Niere, einer verstärkten Ca-Absorption aus dem Darm und einer verstärkten Ca-Mobilisation aus den Knochen. Eine hohe Anionenkonzentration reduziert zudem auch die intestinale Ca-Absorption, was wiederum zu einer verstärkten PTH- und 1,25(OH)2D3-Ausschüttung führt (BLOCK 1994; KAMPHUES 1996). Ein tiefer Blut-pH führt zu einer Erhöhung der leicht austauschbaren Ca-Menge (GOFF et al. 1991a; BLOCK 1984), die in der Flüssigkeit um die Knochenzellen liegt (GOFF 1992).

Neben der geschilderten Wirkung wird weiter angenommen, daß die anionischen Salze die Ansprechbarkeit des Knochen- und Nierengewebes auf PTH erhöhen. Bei Kühen mit metabolischer Alkalose um die Geburt scheinen die Nieren und Osteoklasten auf PTH-Stimulation refraktär zu reagieren, dies führt GOFF (2000) auf die, im alkalischen Bereich in seiner Struktur veränderten, PTH-Rezeptoren zurück, so daß z.B. die Sensitivität des Nierengewebes herabgesetzt ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß negative präpartale DCAB-Werte das Auftreten von Gebärparesen durch direkte oder indirekte Erhöhung der Ca-Mobilisation aus dem Knochen (BEEDE 1992; BEEDE et al. 1992; BLOCK 1994), Erhöhung der intestinalen Ca-Absorption (BEEDE 1992; BEEDE et al. 1992; BLOCK 1994) und durch die Erhöhung der renalen Ca-Clearence verhindern können. Trotz Unklarheiten über die genauen Wirkungsweise kann allgemein das Vermeiden einer metabolischen Alkalose das GP-Risiko vermindern (HORST et al. 1997).

2.7.2.3.2. Prophylaxe durch Anwendung oral zu verabreichender Kalziumpräparate

Die orale Applikation von CaCl2 ist eine sehr wirksame Prophylaxemethode (KNEBEL 1986; GROTTENDIEK 1991).

QUEEN et al. (1993) verabreichten Kühen innerhalb der ersten Stunde p.p. ein CaCl2-Gel und stellten bereits fünf Minuten später eine signifikante Erhöhung der Ca-Plasmakonzentration fest. Auch der Phosphorspiegel wird mit dieser Maßnahme positiv beeinflußt (QUEEN et al. 1993).

Auch OETZEL (1993) fand nach prophylaktischer CaCl2-Gel-Anwendung eine signifikant niedrigere Inzidenz bei Gebärparese, peripartaler Hypokalzämie und Nachgeburtsverhaltung sowie Labmagenverlagerung. Neben Gelen und öligen Emulsionen werden auch pulverisierte Ca-Präparate zur Verabreichung mit dem Futter oder zur Zwangseingabe angeboten. MARBURGER (1993) gelang es, mit dem Mineralfutter Kalzoral Gräub ® die Krankheitshäufigkeit um etwa 50 % zu reduzieren.

GOFF et al. (1996) erzielten mit einer oralen Ca-Propionat-Paste, mit 37g Kalzium und zweimaliger Verabreichung, eine Reduktion des Auftretens der GP in Problembeständen mit Jersey-Kühen. Die subklinische Hypokalzämie in Holstein-Friesian Beständen konnte deutlich gesenkt werden.

STOKES und GOFF (2001) konnten in ihrem Versuch keinen signifikanten Anstieg des Kalziumspiegels im Blutplasma feststellen. In ihrem Versuch wurde den Kühen über einen Drench 0,68 kg Kalziumpropionat in 9,5 Liter Wasser verabreicht.