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XXXIII Walter Masing – eine Autobiografie

Im Dokument Masing Handbuch Qualitätsmanagement (Seite 35-39)

Walter Masing – eine Autobiografie

XXXIII Walter Masing – eine Autobiografie

empfanden. Alle taten ihr Bestes, damit das System funk­

tionierte.

Qualitätswerkzeuge

Das Denken in Qualität war mir überhaupt nicht fremd.

Als ich für die deutsche Luftwaffe und die Marine gearbei­

tet habe, war die Qualität eine wesentliche Voraussetzung meiner Tätigkeiten. Nach dem Ende des Weltkrieges be­

kam ich Kenntnis davon, dass die Amerikaner anspruchs­

volle statistische Methoden verwendet hatten, um die Kos­

ten für die Qualitätssicherung ihrer Waffen  – von den Kugeln über die Maschinengewehre bis hin zu den Flug­

zeugträgern  – gering zu halten. Das interessierte mich.

Als innerhalb des europäischen Wiederaufbauprogramms ein 4­Tages­Kurs über statistische Qualitätskontrolle in Frankfurt angeboten wurde, geleitet vom amerikanischen Spezialisten Dr. Edwards Deming, meldete ich mich zur Teilnahme an. Es war meine erste Begegnung mit Werk­

zeugen zur Qualitätskontrolle, die ich interessant fand.

Die Aufzeichnungen über diesen Kurs habe ich immer noch in meinen Unterlagen.

Andere Teilnehmer hatten den gleichen Eindruck. Kurz danach wurde entschieden, ein Team zu bilden, um den Wert dieser amerikanischen Methoden für die Situation in Deutschland zu prüfen. So entstand 1952 die „Arbeits­

gruppe Technische Statistik“, eine Organisation, aus der schließlich die Deutsche Gesellschaft für Qualität hervor­

ging. Ich war etwas über 20 Jahre deren Präsident und wurde zu deren Ehrenpräsident gewählt, als ich 1984 mein Präsidentenamt abgab.

Ein Jahr nach Dr. Deming kam ein anderer bedeutender Amerikaner, Professor Paul Clifford, in ähnlicher Mission nach Europa. Ich stand ihm als Führer und Dolmetscher zur Seite. Dieses Mal waren die Auswirkungen europaweit und gipfelten in der Gründung der European Organization for Quality (Control) im Jahre 1956 durch die nationalen Qualitätsorganisationen von Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien und den Niederlanden. Ich wurde auserwählt, ihr erster Präsident zu sein.

Eine akademische Angelegenheit

In Deutschland hat die Qualität eine lange Tradition. Die Handwerkerinnungen führten bereits im Mittelalter strenge Leistungsregeln ein. Jeder Meister musste sie be­

folgen. Dies setzte sich fort, als das Industriezeitalter be­

gann und wurde weltweit anerkannt („Made in Germany“).

Qualität wurde jedoch nie als eine wichtige akademische Angelegenheit empfunden.

Nach dem 2. Weltkrieg waren die Dinge sehr komplex ge­

worden, und die Konsequenzen schlechter Qualität waren zu schmerzlich, um weiterhin so mit Qualität umzugehen.

Es wurde Zeit, dieses Problem akademisch anzugehen.

Die Technische Universität in Berlin war die erste akade­

mische Einrichtung in Deutschland, die sich dieser Aufga­

be annahm. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Qualität und Eigentümer/CEO eines für die Qualität sei­

ner Produkte und Prozesse bekannten Unternehmens wurde ich gebeten, einen Lehrplan zur Qualitätskontrolle für Studenten höherer Semester der Maschinenbau­Fakul­

tät zu entwickeln und auf Honorarbasis eine zweistündige Vorlesung pro Woche anzubieten. Ich akzeptierte diese Einladung und folglich erhielt die Qualitätskontrolle (spä­

ter auch das Qualitätsmanagement) im Jahre 1966 akade­

mischen Stellenwert. Heute existieren an den meisten deutschen Technischen Universitäten und Hochschulen Lehrstühle für dieses Gebiet.

Der Kurs erwies sich über alle Erwartungen hinaus als erfolgreich, die Zahl der Teilnehmer wuchs beträchtlich von Semester zu Semester. Die Universität zeigte ihre An­

erkennung in meiner Ernennung zum Honorarprofessor im Jahr 1971. Ich lehrte in dieser Funktion bis 1981. Im Jahr 1996 wurde mir der Ehrendoktortitel (Dr.­Ing. Ehren­

halber) von der Universität Berlin verliehen – dies zusätz­

lich zum Ehrendoktor in Wirtschaft (Dr. oec. h.c.) von der Universität St. Gallen (Schweiz) im Jahr 1995. Eine weite­

re Honorarprofessur wurde mir von der Universität Stutt­

gart verliehen, wo ich Qualitätsmanagement von 1974 bis 1984 lehrte.

Viele weitere qualitätsbezogene Aufgaben beschäftigten mich über kürzere oder längere Zeiträume. Dies war mög­

lich, weil ich mein Unternehmen in der Zwischenzeit an die Robert Bosch GmbH verkauft hatte. Dies erlaubte mir, die monatlich erscheinende Zeitschrift „Qualität und Zu­

verlässigkeit“ herauszugeben und Zeit für die Aktivitäten der International Academy for Quality einschließlich eini­

ger Jahre als Präsident und Vorsitzender aufzubringen.

Nun bin ich ihr Ehrenmitglied. Sehr viel Zeit nahm meine Herausgeberschaft des „Handbuch Qualitätsmanage­

ment“ in deutscher Sprache in Anspruch, das nunmehr in der 4. Auflage1 vorliegt.

Ich bin Mitglied verschiedener Organisationen. Aus dem Qualitätsbereich möchte ich nur zwei nennen: Ich bin Mit­

glied der American Society of Quality und Ehrenmitglied der Qualitätsgesellschaft von Estland. Letztere führt mich zurück zu meinen Jugendtagen und speziell zu meinem Jahr im dortigen Militär und meinen zwei Semestern als Student der Mathematik und Physik an der Universität Tartu.

1 Der vorliegende Text wurde im Jahr 2004 in englischer Sprache verfasst.

Die 4. Auflage war die letzte von Masing selbst betreute Ausgabe dieses Handbuchs. Der Text wurde für die 6. Auflage (und folgende) ins Deutsche übersetzt.

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Walter Masing – eine Autobiografie

Abschließende Bemerkung

Blicke ich auf mein langes und erlebnisreiches Leben zu­

rück, so stelle ich fest, dass nur wenige meiner Leistungen aufgrund der Tatsache zustande gekommen sind, dass ich mich jeweils systematisch für dieses Gebiet vorbereitet hätte. So fußt zum Beispiel meine militärische Karriere in Estland darauf, dass ich als Schuljunge anstrebte, im Fernmeldewesen zu arbeiten, und mir als Amateurfunker gute Kenntnisse erwarb, Morsesignale zu senden und ab­

zuhören. Dies galt auch für meine Studien in Physik. Da meine Schule auf diesem Gebiet nur Informationen auf einem niedrigen Niveau bereitstellte, nahm ich dies selbst in die Hand – stets in der Absicht, Physiker werden zu wollen.

Doch die meisten Dinge, die ich unternahm, waren bloße Reaktionen auf Ereignisse, auf die ich schlecht vorbereitet war. Ich hatte nie geplant, in der Entwicklung und als Kon­

struktionsingenieur für militärisch relevante Objekte tä­

tig zu sein. Der Ausbruch des Krieges zerstörte meinen

Plan, Professor für experimentale Physik zu werden, auch wenn meine physikalische Basis stark genug zur Erfül­

lung dieser Aufgabe gewesen wäre. Die Probleme, mit de­

nen ich während des Krieges zu kämpfen hatte, waren allerdings weit von denen entfernt, zu deren Lösung ich in der Universität ausgebildet worden war. Doch ich passte mich schnell den neuen Anforderungen an.

Bis heute denke ich, dass ein erheblicher Beitrag meines Weges auf meine Professoren zurückzuführen ist. Insbe­

sondere Professor Heisenberg lehrte mich, mit komplexen und unbekannten Gegebenheiten umzugehen. Ich erinne­

re mich, in einem Brief an ihn darüber geklagt zu haben, dass so wenig Physik und so viel ingenieurmäßige Ent­

wicklung meine Arbeit bestimme. Ich sehnte mich nach einer Arbeit in der Wissenschaft, wusste jedoch genau, dass dies unter den vorherrschenden Umständen unmög­

lich war. Seine Antwort war beruhigend: „Egal was Sie tun – solange dies im Sinne der Gewinnung neuer, wert­

voller Einblicke in die Welt um uns herum nötig ist, ist es sinnvoll.“

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Autorenverzeichnis

Tobias Adam, M. Sc.

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Organi­

zational Development am Lehrstuhl für Fertigungsmess­

technik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschi­

nenlabor WZL der RWTH Aachen.

Dr. rer. pol. Sait Başkaya

hat Betriebswirtschaftslehre an der RWTH Aachen Uni­

versity studiert und hat währenddessen ein Auslandsse­

mester an der National University of Singapore absolviert.

Er war drei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Produktion und Industrielles Informationsma­

nagement (PIM) an der Universität Duisburg­Essen tätig.

Seit 2016 ist er beim Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement angestellt. Als Postdoc forscht er in den Bereichen „Data­Driven Business Models“ und

„Customer­Oriented Innovation“.

Dr. Markus Bautsch

promovierter Experimentalphysiker, kam 2002  – nach 8 Jahren Tätigkeit als beratender Ingenieur und freiberuf­

licher Softwareentwickler – zur Stiftung Warentest. Er ist für verschiedene Projekte im nationalen und internationa­

len Warentest verantwortlich und in der Normung aktiv.

Dr.­Ing. Carsten Behrens

Geschäftsführer, Modell Aachen GmbH Dr. Andreas Biedermann

ist in der Geschäftsleitung von PostAuto zuständig für den Bereich Digitalisierung und Services. Zuvor arbeitete er in den Bereichen Business Engineering, Key Account Ma­

nagement und Business Development in verschiedenen Schweizer Unternehmen. An der ETH Zürich promovierte der Betriebsingenieur (Wirtschaftsingenieur) im Bereich Technologiemanagement.

Prof. Dr. sc. math. Roman Boutellier

ist seit 2004 ordentlicher Professor für Technologie­ und Innovationsmanagement am Departement für Manage­

ment, Technologie und Ökonomie (D­MTEC) der ETH Zü­

rich. Seit 1999 ist er Titularprofessor an der Universität St. Gallen. Herr Boutellier ist Mitglied der Verwaltungs­

räte mehrerer Schweizer Großunternehmen.

rboutellier@ethz.ch

Dr. rer. pol. Dipl.­Kff. Iris Bruns

ist geschäftsführende Gesellschafterin der ConSense GmbH, Aachen. Ihre Schwerpunkte sind Einführung von QM­Systemen, Projektmanagement, Marketing, strategi­

sches Personalmanagement und ­marketing, integrierte Managementsysteme, Dienstleistungsentwicklung und

­beratung sowie Demographieberatung.

i.bruns@consense­gmbh.de www.consense-gmbh.de Daniel Buschmann, M. Sc.

ist Gruppenleiter der Gruppe Quality Insights der Abtei­

lung Quality Intelligence am Lehrstuhl für Fertigungs­

messtechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeug­

maschinenlabor WZL der RWTH Aachen.

Dr.­Ing. Edgar Dietrich

Gesellschafter der IconPro GmbH, Aachen und seit meh­

reren Jahren Lehrbeauftragter für „Industrielle Statistik“

an der RWTH Aachen edgar.dietrich@iconpro.com www.IconPro.com

Ass. Iur. Michael Drechsel

Geschäftsführer der DQS Holding GmbH, Frankfurt am Main, und Mitglied des Board of Directors sowie ehema­

liger Präsident von IQNet The International Certification Network, Bern/Schweiz, zuvor: Geschäftsführer der DQS GmbH Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Ma­

nagementsystemen, Frankfurt am Main, und Geschäfts­

führer der DQS do Brasil, Sao Paulo/Brasilien

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Autorenverzeichnis

Dr.­Ing. Michael Gropp, M. Sc.

leitet bei der Siemens Mobility GmbH in Berlin das glo bale Qualitätsmanagement der Regionen. Zuvor war er über zehn Jahre in zahlreichen Managementfunktionen im Bereich Qualitätsmanagement bei der heutigen Siemens Energy AG beschäftigt. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Qualitätswissenschaft der TU Berlin sowie als Dozent an der HWR Berlin war er aktiv in Forschung und Lehre auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements tätig.

Lars C. Gussen, M. Sc.

verlässt nach 4,5 Jahren als wissenschaftlicher Mitar­

beiter, davon 3 Jahre als Gruppenleiter innerhalb der Abteilung Quality Intelligence, den Lehrstuhl für Ferti­

gungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werk­

zeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen. Seine Pro­

motion wird er 2021 abschließen.

Prof. Dr.­Ing. Thomas Harms

lehrt an der HAWK Hochschule für angewandte Wissen­

schaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen (University of Applied Sciences), Fakultät für Ressourcen­

management, im Fachgebiet Qualitätsmanagement und Statistik. Ein Forschungsschwerpunkt ist die nachhaltige, schlanke Produktion von Sachgütern und Dienstleis­

tungen.

https://www.hawk.de Prof. Dr. Volker Harms

Professor für Produktionswirtschaft und Dienstleistungs­

management i. R., Hochschule Emden/Leer, Emden Dr. phil. Ina Heine, M. Sc.

ist Oberingenieurin der Abteilung Organizational Deve­

lopment am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen.

Thomas Hellebrandt, M. Sc.

ist Gruppenleiter der Gruppe Augmented Intelligence der Abteilung Organizational Development am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen.

Dr.­Ing. Max Ellerich, M. Sc.

verantwortet den Bereich Business Development für NEUMAN & ESSER ENERGY in Übach­Palenberg. Herr Dr. Ellerich war zuvor drei Jahre als Oberingenieur am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsma­

nagement am WZL der RWTH Aachen tätig und hat die Abteilung Quality Intelligence geleitet.

Horst Ellringmann

selbständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Geschäftsprozessmanagement

hucellringmann@t­online.de Dipl.­Ing. Hannes Elser

war mehrere Jahre Gruppenleiter der Gruppe Process Insights der Abteilung Quality Intelligence am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen. Inzwi­

schen leitet er den Bereich IoT Solutions des Unterneh­

mens Scheidt & Bachmann als Geschäftsführer.

https://iot.scheidt-bachmann.de Prof. Dr. Dr. Jürgen Ensthaler

Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts­, Unternehmens­

und Technikrecht an der Technischen Universität Berlin, ehemals Richter am Oberlandesgericht

j.ensthaler@tu­berlin.de

Dr.­Ing. Dipl.­Wirt. Ing. Björn Falk

ist Berater und Branchenmanager für Maschinen­ und An­

lagenbau bei der Staufen AG in Köngen. Der Fokus seiner Beratertätigkeit liegt auf den Themen Lean Management, Qualitätsmanagement und Operational Excellence ent­

lang der gesamten Wertschöpfungskette.

Prof. Dr. Thomas Friedli

ist seit 2011 Titularprofessor für Betriebswirtschaftsleh­

re, insbesondere Produktionsmanagement, und Direktor des Instituts für Technologiemanagement an der Universi­

tät St. Gallen. Zu seinen wichtigsten Forschungsgebieten gehören das strategische Management produzierender Unternehmen, das Management industrieller Dienstleis­

tungen, die Optimierung globaler Produktionsnetzwerke sowie die operative Exzellenz in der Pharmaindustrie.

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Im Dokument Masing Handbuch Qualitätsmanagement (Seite 35-39)