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Qualitätspyramide

Im Dokument Masing Handbuch Qualitätsmanagement (Seite 53-56)

Walter Masing

1.4  Innenverhältnis

1.4.2.2  Qualitätspyramide

Die Qualitätspyramide entsteht durch einen ganz ähnli­

chen Gedankengang. Bild 1.6 zeigt ihn für einen Betrieb mit Teilefertigung und Montage. Er kann jedoch leicht auf andere Industriesparten übertragen werden. An das End­

produkt werden zahlreiche Einzelforderungen (A1) ge­

stellt. Ihre Gesamtheit stellt die Qualitätsforderung der letzten Konkretisierungsstufe dar. Daraus ergeben sich die Anforderungen an die Baugruppen (A2), Teile (A3) und Materialien (A4). Deren Beschaffenheit (B4, B3, B2) führt zu einer Beschaffenheit des Geräts (B1), die mit den Anforde­

rungen A1 verglichen wird und ein Urteil über die Qualität des Geräts erlaubt. Verantwortlich für A1 ist das Marke­

ting, für A2, A3 und A4 Entwicklung und Konstruktion. Der Einkauf verantwortet B4 und B3 sowie B2, soweit es sich um Zukaufteile und ­baugruppen handelt. Im Unterneh­

men selbst werden auch Teile hergestellt. Das geschieht unter der Verantwortung der Fertigung, wie auch die Montage aller Teile und Baugruppen zum Gerät.

  Bild 1.4 

Produktqualität und Prozessqualität

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1 Das Unternehmen im Wettbewerb

Finanzressort Personalabteilung

Betriebsrat Qulitätswesen

Vertrieb

Fertigung

Mat.-Dispo.

Transport Versand

Ausführung Kundenberatg.

und -betreuung

Konzept

Konstruktion

Zulieferung

Planung

Prüfung Lager/Versand

Montage

Service

Fertgs.-Plg.

Entwicklung Konstruktion Außenmontage

Kundendienst

Prüffeld Verkaufslager

Mat.-Lager Einkauf

Bild 1.5  Qualitätskreis

Bild 1.6 Qualitätspyramide

2. Die Anforderungen an das Produkt werden offiziell auf das tatsächlich erreichte Niveau gesenkt, d. h. Abstri­

che von der ursprünglichen Qualitätsforderung ge­

macht und diese neuen Gegebenheiten publiziert.

Allerdings kann das Produkt dadurch sachlich an Inte­

resse verlieren.

3. Man verzichtet auf die Einführung des Produkts auf den Markt.

Wenn die Beschaffenheit des Gerätes die Qualitätsforde­

rung an das Gerät nicht erfüllt, gibt es drei seriöse Verhal­

tensweisen:

1. Durch besseres Material und sorgfältigere Arbeit wird die Beschaffenheit auf das geforderte Niveau gebracht.

Das kann unter Umständen die Kosten derart erhöhen, dass das Produkt keinen Markt mehr findet oder un­

rentabel wird.

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1.4 Innenverhältnis

Unseriös wäre es dagegen, die Nichtübereinstimmung hinzunehmen und das Produkt wider besseres Wissen auf den Markt zu bringen. Nicht weniger unseriös wäre es, ein Produkt auszuliefern, bevor die Erfüllung der vorgege­

benen Erfordernisse mit ausreichender Wahrscheinlich­

keit nachgewiesen ist, etwa weil die Prüfungen vorzeitig abgebrochen worden sind, um einen Termin zu halten oder innerhalb eines bestimmten Budgets zu bleiben.

Die Feststellung der eigenen Möglichkeiten stößt in der Praxis oft auf Schwierigkeiten. Sie sind in aller Regel für den Großbetrieb bedeutsamer als für den Mittel­ und Kleinbetrieb mit seiner größeren Übersichtlichkeit. Den­

noch muss größter Nachdruck auf die Wichtigkeit gerade der Kenntnis des eigenen Potenzials gelegt werden, zu dem auch das der Zulieferer gehört. Sie ist Grundlage je­

des sinnvollen Qualitätsmanagements: Entschuldigungen kann und darf es hier nicht geben.

1.4.3 Wirtschaftlichkeit

Das Qualitätsmanagement des Unternehmens steht – wie jedes andere Maßnahmenbündel auch – unter dem Diktat der Wirtschaftlichkeit. Hier hilft die Erkenntnis, dass Feh­

ler vermeiden in aller Regel billiger ist, als Fehler machen, suchen, finden und dann beseitigen. Qualität sollte – nach

einem viel zitierten Wort  – nicht in ein Erzeugnis hin­

eininspiziert werden. Man muss sie hineinkonzipieren,

­konstruieren und ­produzieren. Das gilt in gleicher Weise für Waren und Dienstleistungen.

Für die Gesamtheit aller Aktivitäten, um Fehler zu finden, sie zu korrigieren und ihre Folgen in Grenzen zu halten, ist die einprägsame Bezeichnung „Fabrik in der Fabrik“

(englisch: „Hidden Plant“) geprägt worden. In ihr arbeitet meist besonders qualifiziertes Personal, Werker, Meister und Ingenieure, hauptamtlich oder von Fall zu Fall. Nicht selten sind da auch Mitarbeiter aus kaufmännischen Bereichen, ja Vorstandsmitglieder tätig, die sich mit gra­

vierenden Vorkommnissen beschäftigen und z. B. bei wich tigen Kunden wegen fehlerbedingter Terminüber­

schreitungen persönlich Entschuldigungen vorbringen müssen. Die Fabrik in der Fabrik ist ein Sammelbegriff.

Sie besteht aus zahlreichen Teilaktivitäten wie „Labor im Labor“, „Büro im Büro“, „Werkstatt in der Werkstatt“,

„ Lager im Lager“ usw. Insgesamt liegen hier Produktivi­

tätsreserven großen Ausmaßes, die gutes Qualitätsma­

nagement mobilisieren kann.

Eine weitere hilfreiche Erkenntnis ist, dass die Fehler­

verhütung in den frühen Stadien der Produktentste­

hung  besonders wirkungsvoll ist. Je später ein Fehler erkannt wird und beseitigt werden muss, umso höhere Kosten entstehen (Bild 1.7, Bronner 1968). Im Konzept­

  Bild 1.7 

Kosten einer Änderung im Werdegang eines Produkts

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1 Das Unternehmen im Wettbewerb

stadium genügt das Versetzen eines Bleistiftstrichs; im Prototyp stadium muss bereits ein Modell geändert wer­

den. Änderungen in der laufenden Fertigung sind un­

gleich kostspieliger und der Aufwand zum Beheben von Mängeln am ausgelieferten Produkt (Rückrufaktion!) kann Millionenbeträge erreichen. Die Folgerung für effektives Qualitätsmanagement liegt damit klar auf der Hand.

Die unmittelbar Betroffenen, bei denen ein Fehler aufge­

treten ist, haben diesen durchaus nicht immer zu verant­

worten. Fehler sind häufig verursacht von inadequaten Maschinen, Werkzeugen und Material oder von Lärm und ungeeigneter Beleuchtung. Fehlergründe sind auch unge­

nügende oder gar falsche Informationen, mangelnde Kom­

petenz oder Demotivation der Ausführenden. Derartige Fehler sind „systembedingt“. Ihre Ursachen kann nur das Management (auf allen Ebenen) beseitigen. Kümmert es sich nicht darum, werden die Fehler früher oder später erneut auftreten. Anders sieht es bei den meist durch Un­

aufmerksamkeit entstehenden „personenbedingten“ Feh­

lern aus. Das sind Zufallsfehler, die auf allen Ebenen des Unternehmens möglich sind.

Fehler führen zu Erlösschmälerungen, wenn weniger ver­

kaufsfähige Produkte als geplant erzeugt werden. Um die Planzahlen zu erreichen, werden Fehler korrigiert, im Extremfall neue Produkte gefertigt. Beides erhöht die Herstellkosten, ohne sich in einem Mehrpreis niederzu­

schlagen. Der so entstehende „Fehlleistungsaufwand“ ist erheblich. Er liegt selten unter 8 %, oft bei 12 % und er­

reicht auch 20 % des Umsatzes (Harrington 1987).

Den Fehlleistungsaufwand zu vermindern, ist erklärtes Ziel des Qualitätsmanagements. Das geht oft nicht ohne massive Investitionen. Ihre Berechtigung liegt auf der Hand, wenn die Ursache eines tatsächlich aufgetretenen Fehlers beseitigt werden soll. Sehr viel unübersichtlicher wird alles, wenn es um die Finanzierung vorbeugender Maßnahmen geht. Ein weitsichtiges Qualitätsmanagement sorgt für klare Hinweise zum Handeln auf allen Ebenen des Unternehmens.

1.5 Innovation

Qualitätsmanagement würde zu kurz greifen, wenn es seine Aufgabe ausschließlich darin sähe, im Außen­ und Innenverhältnis Fehler zu vermeiden. Da der gesamte Wettbewerb ebenso agiert, lässt sich mit dieser reakti­

ven  Qualitätspolitik auf Dauer keine hervorgehobene Position auf dem Markt halten. Dazu die folgenden Über­

legungen.

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