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Aufgabenbereiche des QualitätsmanagementsQualitätsmanagements

Im Dokument Masing Handbuch Qualitätsmanagement (Seite 88-92)

management­Modell als Ordnungsrahmen für die Gesamtheit der qualitätsbezogenen Aufgaben im Unternehmen vorgestellt

3.1  Unternehmerisches Qualitätsverständnis

3.1.2  Aufgabenbereiche des QualitätsmanagementsQualitätsmanagements

Mit der Veränderung vom klassischen zum unternehme­

rischen Verständnis von Qualität wird diese zu einem zen­

tralen dynamischen Wert, der alle Bereiche eines Unter­

nehmens durchdringt und den es stetig zu verbessern gilt.

Einhergehend mit dieser Entwicklung verändern sich auch die Ziel­ und Entwicklungsrichtungen des Qualitäts­

managements. Im Fokus steht die Herausforderung, die Aufgaben des Qualitätsmanagements umfassend in ein Unternehmen zu integrieren. Nach dem modernen Ver­

ständnis von Qualitätsmanagement lassen sich nicht mehr isoliert einzelne Tätigkeiten und Bereiche zuordnen.

Vielmehr ist der Durchdringungsgrad auf alle relevanten Teile und Aktivitäten eines Unternehmens ausgelegt.

Umsetzung des unternehmerischen Qualitätsverständnisses

Für die Übertragung des unternehmerischen Qualitäts­

verständnisses auf die Praxis wird ein Ansatz benötigt, der die Adaption der drei Elemente Marktforderungen, Unternehmensausrichtung und Unternehmensfähigkeiten ermöglicht und die zur Leistungserbringung notwendigen Strukturen und Prozesse berücksichtigt. Dieser Sachver­

halt wird dem Qualitätsmanagement im Sinne eines Füh­

rungskonzepts zugeschrieben. Demnach koordiniert das Qualitätsmanagement alle notwendigen und aufeinander abgestimmten Aktivitäten, um ein Unternehmen im Hin­

blick auf die Qualität zu gestalten, zu kontrollieren und zu lenken. Die damit verbundenen Aufgaben liegen im origi­

nären Verantwortungsbereich der Unternehmensführung und sind prinzipiell nicht delegierbar (Seghezzi et al.

2007). Für die Unternehmensführung ergeben sich fol­

gende Aufgaben (Müller 2014):

Planung und Entscheidung (umfasst u. a. Qualitätspoli­

tik, Qualitätsstrategie und Qualitätsziele)

Aufbau des Qualitätsmanagementsystems (umfasst u. a.

Regelungen, Verfahren, Prozesse, Ressourcenbereitstel­

lung, Rollen und Verantwortlichkeiten, Einbindung in Organisationsstruktur)

Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen (umfasst u. a. Motivation und Kommunikation)

Controlling (umfasst u. a. kennzahlenbasierte Leistungs­

überwachung und ­steuerung, Audits, Kundenmanage­

ment)

Kontinuierliche Verbesserung und Innovation (umfasst u. a. Strukturen und Ziele zur Verbesserung, Mitarbei­

tendentrainings, Lieferantenertüchtigung)

Im Sinne eines umfassenden Qualitätsmanagements er­

folgt die Erfüllung dieser Führungsaufgaben über alle Stu­

fen im Unternehmen hinweg. Die operative Umsetzung des unternehmerischen Qualitätsverständnisses und der damit verknüpften Aufgabenbereiche ist nur möglich, wenn Qualität und Qualitätsmanagement als zentrale Auf­

gaben aller am Wertschöpfungsprozess Beteiligten ver­

standen werden.

Aufgabenbereiche und Rollen im Qualitätsmanagement

In der operativen Umsetzung des Qualitätsmanagements lassen sich vier Aufgabenbereiche identifizieren, die zu­

gleich dessen zentrale Funktionen darstellen (Müller 2014, Schneider et al. 2008):

Die Qualitätsplanung legt die Produktmerkmale und Anforderungen an das Produkt und die Herstellpro­

zesse fest. Diese Festlegung basiert auf den Kunden­

anforderungen und berücksichtigt die von der Unter­

nehmensführung festgelegte Qualitätspolitik und die zugehörigen Qualitätsziele. Ferner umfasst die Quali­

tätsplanung die Bereitstellung notwendiger Ressour­

cen wie Personal, Methoden, Maschinen und Geldmit­

tel.

UNTERNEHMERISCHE QUALITÄT

Unternehmensfähigkeiten Unternehmensausrichtung

IST-Zustand Unternehmens-leistungen SOLL-Zustand

Marktforderungen

  Bild 3.2 

Das unternehmerische Qualitätsverständnis

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3.2 Organisationsstrukturen

Die Qualitätslenkung umfasst alle vorbeugenden, über­

wachenden und korrigierenden Tätigkeiten bei der Leis­

tungsrealisierung. Ziel ist es, die in der Qualitätspla­

nung festgelegten Anforderungen zu erfüllen. Zu den korrigierenden, reaktiven Tätigkeiten zählen beispiels­

weise die Fehlerbehebung und Beseitigung von Fehler­

ursachen.

Die Aufgaben in der Qualitätssicherung sind darauf aus­

gerichtet, den Nachweis zu führen, dass die vorgegebe­

nen Qualitätsziele erreicht werden. Die Erbringung die­

ses Nachweises wird als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Kunden verstanden und erfolgt im Rah­

men der Qualitätsprüfung und QM­Darlegung.

Die Qualitätsverbesserung dient der kontinuierlichen Verbesserung des Leistungsangebots und der betrieb­

lichen Prozesse in regelmäßigen und fortlaufenden Zyk­

len.

Die zu den vorangehend beschriebenen Aufgabenberei­

chen zugehörigen operativen Tätigkeiten können den un­

terschiedlichen Rollen der Qualitätsorganisation zugeord­

net werden. Die dort tätigen Mitarbeitenden unterstützen die Unternehmensführung beim Betreiben des Qualitäts­

managements mit ihrer Expertise und Kreativität:

Der „Kopf“ der Qualitätsorganisation ist in der Regel ein/e Qualitätsbeauftragte(r) oder Qualitätsmanager(in).

Diese Rolle kann mit der eines Controllers verglichen werden, der an der Seite der qualitätsverantwortlichen Führungskraft dafür sorgt, dass innerhalb der Aufga­

benbereiche des QM die gesetzten Ziele eingehalten werden. Der Qualitätsbeauftragte ist die zentrale An­

laufstelle für interne und externe Kunden zur Klärung von Qualitätsproblemen (Gembrys/Herrmann 2008).

Qualitätsstellen (auch Q­Stellen, Q­Wesen, Q­Sicherung, Q­Management o. Ä.) befassen sich mit den qualitäts­

bezogenen Gesamtbelangen von Unternehmen. Nach (Feigenbaum 1983) werden Qualitätsstellen drei Tätig­

keitsbereiche zugeordnet: Absicherung von Qualitätsri­

siken, Unterstützung anderer Stellen und Analyse von Qualitätsproblemen. Qualitätsstellen werden meist von Qualitätsleitern geführt und sind dem Qualitätsbeauf­

tragten unterstellt (Seghezzi et al. 2007).

Produzierende Unternehmen setzen zudem Qualitäts-ingenieure im Produktionsbetrieb und in Entwicklungs­

projekten ein (Gembrys/Herrmann 2008). Diese über­

nehmen technisch geprägte Aufgaben der Qualitätspla­

nung bzw. ­verbesserung (z. B. Definition von kritischen Produkt­ und Prozessqualitätsmerkmalen oder Entwick­

lung von Prüfverfahren).

Das Betreiben des Qualitätsmanagements erfordert, dass die zur Qualitätsorganisation zugehörigen Mitarbeiten­

den als unterstützende Ressourcen direkt an die Unter­

nehmensleitung angebunden sind. Die konkreten Ausge­

staltungsalternativen der Qualitätsorganisation hängen jedoch stark von der grundsätzlichen Strukturgestaltung eines Unternehmens ab.

3.2 Organisationsstrukturen

Unter einer formalen Organisationsstruktur wird ein Sys­

tem von gesetzten und akzeptierten Regeln zur Steuerung von Leistung und Verhalten der Organisationsmitglieder verstanden. Die formale Struktur basiert darauf, dass Per­

sonen explizite Berechtigungen erhalten und damit die Ar­

beits­ und Aufgabenverteilung festgelegt wird. Hierzu ge­

hören u. a. die Definition von Stellen, die Zuweisung von Aufgaben und Kompetenzen und die Vorgabe von Verfah­

rensrichtlinien. Generelle Regeln sind insbesondere dann geeignet, wenn das zu Organisierende wiederholend ist.

Formale Organisationsstrukturen werden häufig durch ein Organigramm visualisiert, das die wichtigsten generalisier­

ten Erwartungen zusammenfasst (Schreyögg/Geiger 2016).

Neben dem formellen und offiziellen Regelsystem gibt es in Organisationen eine Vielzahl weiterer Regeln, die sich aus den persönlichen Zielen und dem beobachtbaren Handeln der Organisationsmitglieder ableiten lassen und als informelle Organisation gelten. Während informelle Regelsysteme zunächst als störend und dysfunktional ein­

geordnet wurden, werden sie inzwischen als mögliches Korrektiv für Schwächen der formalen Organisation, wie beispielsweise erhöhte Inflexibilität, verstanden (Schrey­

ögg/Geiger 2016).

Die Einordnung qualitätsrelevanter Aufgaben in die Un­

ternehmensorganisation zählt zu den grundlegenden Gestaltungsaufgaben des Qualitätsmanagements. Dies er fordert eine Betrachtung grundlegender organisatori­

scher Strukturen und deren Ausgestaltungsmöglichkei­

ten. Hier zu wird im Folgenden zunächst eine kurze Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen zur Ge­

staltung von Organisationsstrukturen gegeben. Anschlie­

ßend erfolgt eine Beschreibung der Grundformen organi­

satorischer Gestaltung und möglicher Abwandlungen.

3.2.1 Organisationstheorien

Organisationstheoretische Ansätze erklären das Entste­

hen, das Bestehen und die Funktionsweise von Organi­

sationen. Es existiert eine Vielzahl von Organisations­

theorien, die aus verschiedenen Perspektiven heraus das Erkenntnisobjekt „Organisation“ betrachten. Diese lassen

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3 Qualitätsgerechte Organisationsstrukturen

sich nach der Zeit ihrer Entstehung in klassische, neoklas­

sische und moderne Ansätze einteilen (Schreyögg/Geiger 2016).

Der Begriff Organisation ist dabei nicht einheitlich belegt.

Ohne im Folgenden auf die zugrunde liegenden Ansätze und Theorien detailliert einzugehen, ist für die praktische Organisationsgestaltung die grundlegende Unterschei­

dung in Verteilungs­ und Arbeitsbeziehungen zentral (Bild 3.3). Diese Unterscheidung spiegelt sich in der auf­

bau­ und ablauforganisatorischen Gestaltung wider, wobei die strikte Trennung von Aufbau im Sinne von Organisa­

tion und Ablauf im Sinne von Aufgaben im neueren An­

satz der Prozessorganisation nicht mehr gegeben ist ( Frese et al. 2019).

Bei der Aufbauorganisation stehen Teilaufgaben und Kom­

petenzen der Aufgabenträger und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen im Vordergrund. Im Gegensatz dazu stehen bei der Ablauforganisation die sachlichen, in Raum und Zeit stattfindenden Leistungsprozesse im Vor­

dergrund, die sich bei und zwischen den Aufgabenträgern vollziehen. Der Begriff des Organisierens ist prozess­

bezogen und umfasst das Herstellen von Regelungen.

Diese durch formale Regelungen geschaffene Ordnung entspricht einer Organisationsstruktur und ist ein Instru­

ment zur Steuerung des Verhaltens der Organisationsmit­

glieder in Hinblick auf die Organisationsziele.

3.2.2 Organisationsgestaltung

Der Ausgangspunkt für die Organisationsgestaltung ist eine organisatorische Differenzierung mit dem Bestreben, alle Aufgaben, die zur Erreichung der Ziele einer Organi­

sation nötig sind, bestmöglich zu teilen und zuzuordnen.

Die grundsätzliche organisatorische Differenzierung er­

folgt entweder nach dem Prinzip der Verrichtung bzw.

Handlung oder nach Objekten wie den Produkten und Märkten. Für eine wirkungsvolle Organisationsgestaltung ist nach dieser Differenzierung eine Arbeitsvereinigung über den Einsatz von Koordinations­ und Integrationsins­

trumenten wichtig (Schreyögg/Geiger 2016).

Organisatorische Differenzierung

Ein Großteil der deutschen Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), differenzieren nach Verrichtung und sind demnach funktional organi­

siert. Typische Funktionsbereiche sind u. a. Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Marketing.

Die funktionale Organisationsform eignet sich insbe­

sondere für Einproduktunternehmen, Unternehmen mit homogenem Produktions­ und Absatzprogramm wie die Automobilindustrie und Unternehmen mit langsamer technischer Weiterentwicklung der Produkte (Frese et al.

2019, Mintzberg 2013, Weuster 2010). In den meisten Fäl­

len werden die beiden Differenzierungsprinzipien jedoch gemischt. Die zweite Hierarchieebene bestimmt dabei die Grundausrichtung bzw. Suprastruktur des gesamten Systems und ist daher besonders wichtig für die Organi­

sationsgestaltung (Frese et al. 2019, Schreyögg/Geiger 2016).

Eine Objektorientierung auf zweitoberster Hierarchie­

ebene wird auch divisionale Organisation, Spartenorgani­

sation oder Geschäftsbereichsorganisation genannt (Schrey­

ögg/Geiger 2016). Bei dieser Organisationsform entstehen Entscheidungseinheiten, die alle für ein Produkt bzw. für

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©WZL/Fraunhofer IPT

Bild 3.3

Bürokratie-Ansatz

Administrativer Ansatz

Arbeitswissen-schaftlicher Ansatz

KLASSISCHE ANSÄTZE NEO-KLASSISCHE ANSÄTZE

Human-Relations-Ansatz

Anreiz-Beitrags-Theorie

MODERNE ANSÄTZE

Human-Ressourcen-Ansatz

Strukturalistischer Ansatz

Organisatorische Entscheidungsforschung

Mikroökonomische Organisationsanalyse

Symbolischer Ansatz/

Postmoderne Theorie

Systemtheoretischer Ansatz

Aufbauorganisation

Ablauforganisation

Bild 3.3 Übersicht organisationstheoretischer Ansätze in Anlehnung an (Schreyögg/Geiger 2016)

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I

3.2 Organisationsstrukturen

eine Produktgruppe notwendigen Kompetenzen vereinen und damit als Koordinationsvorteile eine hohe Prozess­

effizienz aufweisen. Die Vorteile einer Spartenorganisa­

tion sind ausgeprägter, je diversifizierter ein Unterneh­

men ist (Schreyögg/Geiger 2016). Allerdings wird in der Praxis auch das Differenzierungsprinzip nach Objekt selten ausschließlich angewandt (Frese et al. 2019). Statt­

dessen bleiben einige Unternehmensbereiche wie das Personalwesen und Controlling zentralisiert (Eversheim 1996, Weuster 2010).

Zentralbereiche sind dadurch gekennzeichnet, dass ver­

glichen mit der eindimensionalen Grundform der Orga­

nisation (Verrichtungs­ vs. Objektorientierung) eine ange­

passte Zuweisung von Aufgaben vorliegt. Folgende sechs Typen von Zentralbereichen lassen sich mit zunehmen­

dem Einfluss durch die Divisionen bzw. Geschäftsbereiche unterscheiden (Frese et al. 2019):

Kernbereichsmodell: Die Teilfunktion ist aus den opera­

tiven Geschäftsbereichen vollständig ausgegliedert und in einer gesonderten Einheit verankert.

Richtlinienmodell: Aufgaben der betrachteten Teilfunk­

tion sind teils in einem Zentralbereich und teils in den Geschäftsbereichen angesiedelt. Der Zentralbereich ist für die Aufgaben betreffenden Grundsatzentscheidun­

gen entscheidungsbefugt und den Geschäftsbereichen weisungsbefugt.

Matrixmodell: Aufgaben der betrachteten Teilfunktion sind sowohl in einem Zentralbereich als auch in den Ge­

schäftsbereichen verankert, und sie sind nur gemein­

sam entscheidungsberechtigt.

Servicemodell: Geschäftsbereiche entscheiden über die Art der funktionsbezogenen Maßnahmen und erteilen Aufträge an den Zentralbereich. Der Servicebereich ent­

scheidet über das „Wie“ der Auftragserfüllung.

Stabsmodell: Aufgaben der betrachteten Teilfunktion sind teils in einem Zentralbereich und teils in den Ge­

schäftsbereichen angesiedelt. Der Zentralbereich be­

reitet Entscheidungsvorlagen vor und unterstützt damit die Geschäftsbereiche, die ausschließlich entscheidungs­

berechtigt sind.

Autarkiemodell: Geschäftsbereiche nehmen die Aufga­

ben der betrachteten Teilfunktion vollständig wahr.

Bild 3.4 zeigt exemplarisch und schematisch die grund­

legenden organisatorischen Differenzierungsprinzipien in Form von Organigrammen bis zur zweitobersten Hier­

archieebene sowie Zentralbereiche und das Matrixmodell als mögliche Abwandlungen dieser Prinzipien der Primär­

organisation. Die abgebildeten Instrumente zur Koordina­

tion und Integration verteilter Aufgaben sind im Folgen­

den beschrieben.

Koordinations- und Integrationsinstrumente Mit zunehmender Strukturdifferenzierung wird eine Inte­

gration der Teile schwierig, sodass verschiedene Instru­

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©WZL/Fraunhofer IPT

EINLINIENSYSTEM MEHRLINIENSYSTEM

FUNKTIONALORGANISATION SPARTENORGANISATION PRIMÄRORGANISATION

INTEGRATIONSINSTRUMENT HIERARCHIE

ABWANDLUNGEN DER PRIMÄRORGANISATION (Zentralbereich und Matrixmodell)

PROJEKTBEZOGENE SEKUNDÄRORGANISATION

(Stabs-Projektorganisation)

Bild 3.4 Grundlegende organisatorische Differenzierungsprinzipien der Primärorganisation; Abwandlungen und Hierarchie als klassisches Integrations­ und Koordinationsinstrument

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I

3 Qualitätsgerechte Organisationsstrukturen

mente zur gezielten Zusammenführung der Organisa­

tionseinheiten eingesetzt werden. Bei dem Instrument der Hierarchie wird zwischen dem Ein­ und dem Mehrlinien­

system unterschieden. Während Mitarbeitende im Ein­

liniensystem, entsprechend des Fayol’schen Grundsatzes zum Prinzip der Einheitlichkeit der Auftragserteilung, genau eine direkt vorgesetzte und weisungsbefugte Per­

son haben, berichten Mitarbeitende im Mehrliniensystem an mehrere Führungskräfte. Bei Funktionalorganisatio­

nen handelt es sich überwiegend um Einliniensysteme (Eversheim 1996, Weuster 2010). Weitere Koordinations­

bzw. Integrationsinstrumente umfassen die Abstimmung durch Programme und Pläne in Form von verbindlich fest­

gelegten Verfahrensrichtlinien sowie organisatorische Selbst abstimmungsverfahren zum Zwecke der horizon­

talen Direktabstimmung. Neuere Ansätze basieren auf einer überlappenden Gruppenstruktur auf vertikaler Ebe­

ne (jede Arbeitsgruppe ist mit der hierarchisch nächst­

höheren Arbeitsebene verbunden), horizontaler Ebene (Querschnittsgruppen nach geografischen oder produkt­

mäßigen Gesichtspunkten) und lateraler (Querschnitts­

gruppen ohne Beschränkung auf eine Hierarchieebene), die eine Verknüpfung der einzelnen Teams hin zu einer Netzwerkorganisation fördert (Schreyögg/Geiger 2016).

Anstatt die Probleme hoher Strukturdifferenzierung über Integrationsinstrumente zu reduzieren, stellt der Diffe­

renzierungsabbau eine Alternativlösung dar. Die Prozess­

organisation zielt auf eine Reduktion der Schnittstellen und somit Differenzierung ab. Durch die Möglichkeiten moderner Informationstechnologien in Bezug auf den In­

formationsaustausch ist die Umsetzung einer Prozessor­

ganisation zunehmend praktikabel. Dennoch scheint sich die Eignung einer solchen Re­Integration auf ganz be­

stimmte Aufgabentypen und ­felder zu beschränken wie beispielsweise auf Routineprozesse in der Administration (Auftragsbearbeitung, Sachbearbeitung in Banken und Versicherungen etc.). Für die meisten Unternehmen wer­

den demnach weiterhin Ansätze und Lösungen zur Bewäl­

tigung der Integrationsprobleme benötigt (Schreyögg/

Geiger 2016).

Die Grenzen der klassischen Organisationsformen u. a. in Bezug auf häufiger auftretende Technologie­ und Markt­

änderungen sowie eine zunehmende Prozessorientierung, die eine stärkere bereichsübergreifende Zusammenar­

beit erfordert, haben zu Organisationskonzepten für das Projektmanagement geführt. Die abteilungsbezogene Grundstruktur bzw. „Primärorganisation“ lässt sich mit einer projektbezogenen „Sekundärstruktur“ um hierar­

chieergänzende und hierarchieübergreifende Strukturen überlagern. Ein Projekt lässt sich anhand seiner charakte­

ristischen Merkmale Neuartigkeit, Zielorientierung, Kom­

plexität, Dynamik und Interdisziplinarität beschreiben.

Projekte dienen in vielen Organisationen zur Erfüllung

von Forderungen, denen nicht innerhalb des üblichen be­

trieblichen Ablaufs nachgegangen werden kann. In (Frese et al. 2019) werden vier Typen der Projektorganisation unterschieden:

Organisation ohne strukturelle Projektausrichtung: Die Koordination der Projektaktivitäten fällt in den Aufga­

benbereich bestehender Stellen ohne Anpassung der bestehenden Organisationsstruktur.

Stabs-Projektorganisation: Bestimmte Projektaufgaben wie die Informationssammlung und Entscheidungsvor­

bereitung werden von Stäben wahrgenommen, aber es besteht keine Weisungsbefugnis gegenüber den am Pro­

jekt beteiligten Stellen.

Matrix-Projektorganisation: Kompetenzen sind zwischen der Erfüllung permanenter Aufgaben („Produktaufga­

ben“) und dem projektbezogenen Leitungssystem auf­

geteilt. Es liegt eine Überschneidung von Entscheidungs­

kompetenzen in Bezug auf den Ressourceneinsatz vor.

Reine Projektorganisation: Projektbezogene Aufgaben sind aus den Geschäftsbereichen ausgegliedert und die Beteiligten aus den verschiedenen Bereichen einem selbstständigen Projektteilbereich zugeordnet. Der Pro­

jektleitende ist diesen uneingeschränkt weisungsbe­

fugt.

Insgesamt herrscht inzwischen sowohl in der Wissen­

schaft als auch in der Praxis die Einsicht, dass das tradi­

tio nelle und auf Stabilität ausgelegte Konzept der Organi­

sationsgestaltung im Widerspruch bzw. Spannungsver­

hältnis zum permanenten Wandel steht (Frese et al. 2019).

Laut Frese gilt es, „ein theoretisch fundiertes Konzept zu entwickeln, das Aufschluss darüber gibt, welche Eigen-schaften von Organisationsstrukturen im Zeitpunkt ti die Pro blemlösungs- und Handlungsfähigkeit einer Unterneh-mung im Zeitpunkt ti+n sichern und verbessern“ (S. 494).

Aktuelle Ansätze in der Praxis beruhen auf der Integra­

tion agiler Methoden, die einen kurzzyklischeren Pla­

nungshorizont und damit eine höhere Reaktionsfähigkeit ermöglichen.

3.3  Gestaltung

Im Dokument Masing Handbuch Qualitätsmanagement (Seite 88-92)