Horst Ellringmann
Regel 2: Jeder Prozess ist in Teilprozesse zu gliedern
Wenn der Prozess nicht komplex ist, sollten nicht mehr als sechs Teilprozesse gebildet werden. Ausgangsinformatio
nen für das Definieren von Teilprozessen sind die Inputs des Geschäftsprozesses.
Prozesse werden mit Prozesskarten beschrieben. Diese enthalten alle Parameter, die für das Steuern eines Prozes
ses notwendig sind (Tabelle 4.5).
Wenn es triftige Gründe gibt, können Prozessabläufe als Ablaufschemata mit VISIO oder einer geeigneten Model
lierungssoftware erfasst und grafisch dargestellt werden.
Tabelle 4.4 Systematisches Ermitteln von Prozessen eines Verkehrsbetriebes
Kundengruppen Anforderungen Von . . . bis Hauptprozess Teilprozesse Personen Befördern: pünktlich, bequem,
preiswert, rund um die Uhr, in kurzen Takten, mit angemessenem Platzangebot
Fahrkarten verkaufen
Durchsagen durch freundliches Personal
Von Info einholen über Kartenkauf bis Transport
Personen befördern Fahrpersonalbedarf feststellen Fahrpersonal rekrutieren Fahrpersonal ausbilden Personal disponieren Fahrzeug durch eingeteilten Fahrer übernehmen
Betriebs und Verkehrssicherheit überprüfen
Fahrdienstleistung erbringen Fahrscheine verkaufen Fahrzeug übergeben
Fahrzeugschäden dokumentieren Fahrgeldeinnahmen abrechnen Behinderte/
alte Menschen Befördern mit Niederflurfahrzeugen Rollstuhlplätze
usw.
Tabelle 4.5 Prozesskarte zu einem Teilprozess
Prozessname: Beschwerden managen Prozesseigner: NN Prozessziele
1 Reduzieren der Beschwerden um 50 % bis 12–2006
2 Umsetzen der relevanten Anforderungen des Qualitätskonzeptes bis 12–2006
3 Reduzieren der Zeit von Beschwerdeeingang bis Stellungnahme des Betroffenen auf max. 24 Std.
4 Reduzieren der Zeit von Beschwerdeeingang bis Mitteilung an Kunden auf max. 48 Std.
Anforderungen an den Prozess:
Kundenbeschwerde annehmen und innerhalb einer angemessenen Zeit beantworten
Prozessergebnisse:
Antwortschreiben an Beschwerdeführer Entschädigung, wenn angemessen Prozess-Reifegradmessung:
Datum: 1. 2. 2006 Ergebnis: 60 %
Unterschied zur letzten Messung: + 10 %
Arbeitshilfen und Dokumente:
Qualitätskonzept Ausbildungsplan
Vorgehensweise bei Kundenzufriedenheitsmessungen
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4 Vom Qualitätsmanagement zum strategischen Geschäftsprozessmanagement
Gründe können sein: Es wird ein neuer Prozess gestaltet, im Prozess wechselt häufig das Personal, Kunden oder In
stitutionen verlangen das Dokumentieren von Prozessab
läufen. In funktionsfähigen Organisationen sind Ablauf
schemata normalerweise nicht nötig, denn die Mitarbeiter wissen, was zu tun ist.
4.4.3 Prozessleistungsziele
Prozessleistungsziele werden aus Unternehmenszielen abgeleitet. Damit ist die Kopplung zu den Strategien reali
siert und es wird sichergestellt, dass die Geschäftspro
zesse nicht irgendetwas tun, sondern das Umsetzen der Strategien und Ziele unterstützen. Es wird ermittelt, wel
che Prozesse zur Erfüllung welcher Unternehmensziele beitragen müssen. Für diese Prozesse werden Leistungs
ziele, Kennzahlen, Maßnahmen und Messwerte definiert.
Bild 4.6 zeigt, wovon die Leistung von Prozessen beein
flusst werden kann.
Neben dieser TopdownVorgehensweise werden Leis
tungsziele auch aus der BottomupVorgehensweise ge
wonnen, indem man aus den Leistungsparametern Durch
laufzeit, Termintreue, Prozesskosten und Prozessqualität
Material bereitstellen
Nachfolgerprozesse
Vorgängerprozesse
Lieferanteneinflüsse
Störeinflüsse
Steuerungseinflüsse
Auf den Teilprozess „Material bereitstellen“ wirken Störungen im Arbeitsablauf, Anweisungen der Vorgesetzten, Vorgaben von Lieferanten etc.
Zum Teilprozess entstehen Kennzahlen, mit denen seine Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit gemessen wird.
Leistungskennzahlen
Bild 4.6
Einflüsse auf Leistungs
kennzahlen
Durchlaufzeiten reduzieren
Prozesskosten senken
Prozessqualität steigern Bearbeitungszeiten
Transportzeiten Liegezeiten Wartezeiten
Automatisierungsgrad Personal- und Materialeinsatz
Material-/Anlagenauslastung Fehler beim ersten Durchlauf Fehlerrate/Nacharbeitszeit Termintreue verbessern
Eingehaltene Termine
Einhaltung von Schnittstellen-vereinbarungen
Produktivität steigern
Auslastung von Aufgabenträgern Auslastung von Maschinen Ausbringung pro Zeiteinheit
Prozess-Leistungsziele und zugehörige Messwerte
Kundenzufriedenheit verbessern Behobene Mängel
Leistungsbereitschaft steigern Leistungsfähigkeit
Leistungsmöglichkeit Informiertheit Fehlzeitquote Kundenabwanderungsrate
Reklamationen Marktanteil
Wertschöpfung steigern
Umsatz/Fremdleistung/Zeit Bild 4.7
Leistungsparameter
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4.4 Prozessgestaltung
Durchlaufzeiten
Können die Leistungen mit weniger Ressourceneinsatz erbracht werden?
Können die Leistungen in kürzerer Zeit erbracht werden? (Sind die Bearbeitungszeiten bekannt?)
Wertschöpfung
Können nicht wertschöpfende Prozessschritte gestrichen werden?
Dient der Prozess der…
- Fehlerverhütung?
- Schadensminimierung?
- Änderung?
- Koordination?
Kann die Prozessleistung an anderer Stelle besser erbracht werden?
Produktivität
Können Prozessschritte automatisiert werden?
Sollen Verbesserungsgruppen eingesetzt werden?
Kosten
Was kostet es, die gewünschten Leistungen pünktlich zu erbringen?
Können Bestände reduziert werden?
Können Flächen (z. B. für Büros) reduziert werden?
Abb. 5.8 Fragen zur Steigerung der Prozessleistung
Bild 4.8 Fragen zur Steigerung der Prozessleistung
Tabelle 4.6 Prozesscockpit
Prozessname: Beschwerden managen Prozesseigner: NN Kennzahl zu 1: Beanstan
dungsquote Formel:
Beanstandete Leistungen
x 100 Leistungen insgesamt
Definition der Kennzahl: Wird abteilungsspez. festgelegt:
Verhältnis der nicht okLeistungen zu okLeistungen oder nur Anzahl Beanstandungen
Messwert 1a: Anzahl Bean
standungen/Mon Quelle: Qualitätsmanagement Messwert 1b: Anzahl Ge
samtleistungen Quelle: Versand
Messintervall: monatlich Messverantwortlicher: NN Berichtsintervall: monat
lich Verteiler: X,Y, Z
Kennzahl zu 2: Formel:
Definition der Kennzahl: . . .
Messwert 2a: . . . Quelle: . . . Messwert 2b: . . . Quelle: . . .
Messintervall: . . . Messverantwortlicher: . . . Berichtsintervall: . . . Verteiler: . . .
Ziele und Maßnahmen ableitet (Bild 4.7). Neben diesen Standardparametern können natürlich unternehmens
spezifische Parameter definiert werden. Die fett gedruck
ten Felder enthalten als Ziele formulierte Leistungspara
meter. Darunter wird angegeben, was gemessen werden kann.
Prozessleistungsziele werden in Workshops mit den Be
treibern des jeweiligen Prozesses erarbeitet. In der Praxis zeigt sich, dass dies schwierig sein kann. Deshalb ist es hilfreich zu erklären, dass mit Leistung Effizienz und Ef
fektivität gemeint sind. Effizienz ist im Geschäftsprozess
management ein Maß für die Wirtschaftlichkeit und Wirk
samkeit, mit der Ziele erreicht werden. Effektivität ist ein Maß für die Erfüllung des übergeordneten Leitbildes Kun
denzufriedenheit. Effizienz und Effektivität eines Prozes
ses werden beeinflusst von Shareholdern, Stakeholdern und Kunden sowie von Lieferanten und Prozesseignern.
Bild 4.8 zeigt eine Checkliste, die ebenfalls das Finden von Prozesszielen unterstützt. Bevor man Ziele definieren kann, muss man oft die IstSituation ermitteln. Das bedeu
tet, dass es viele Ziele geben wird wie: „Ermitteln der Zeit, die für xxx benötigt wird“. Erst wenn die IstSituation be
kannt ist, können Verbesserungsziele formuliert werden.
Dokumentiert werden Leistungsziele, Kennzahlen, Maß
nahmen und Messwerte analog der Prozesskarten durch Prozesscockpits (Tabelle 4.6).
Zur Klarstellung: Das Ermitteln von Prozesszielen nach der oben gezeigten Methode ist eine von vielen Möglich
keiten. Auch das Dokumentieren von Prozessen in Form von Prozesskarten (Steuerungsparameter) und Prozess
cockpits (Leistungsparameter) ist nur ein in der Praxis
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4 Vom Qualitätsmanagement zum strategischen Geschäftsprozessmanagement
bewährter Vorschlag. Man kann Prozesse auch anders dokumentieren.
Mit dem Erstellen der Prozesscockpits sind die Vorausset
zungen für das nach der Implementierung folgende Pro
zesscontrolling geschaffen.
4.4.4 Schnittstellen
Schnittstellen gibt es zwischen Prozessen, zwischen Pro
zessen und Stellen, zwischen Prozessen und externen In
stitutionen (Behörden etc.) und zwischen Prozessen und Kunden/Lieferanten. An Schnittstellen gehen Informa
tionen verloren und werden Bearbeitungsfehler gemacht.
Das führt zu Kosten durch Zeit und Qualitätsverluste.
Deshalb müssen Schnittstellen durch Leistungsvereinba
rungen (auch ServiceLevelAgreements genannt) „ent
schärft“ oder durch organisatorische Maßnahmen be
seitigt werden. Für das Auffinden und Visualisieren von Schnittstellen eignet sich das Funktionendiagramm (Bild 4.9). Jeder Sprung von einer Funktion zu einer ande
ren generiert eine Schnittstelle.
Für das „Entschärfen“ von Schnittstellen sind zwei Metho
den empfehlenswert: Die Schnittstellenmatrix und Quali
tygates.
Die Schnittstellenmatrix (Scheermesser 2003) ist eine Methode zur Zuordnung von Leistungsvereinbarungen zu Prozessschritten (Tabelle 4.7). Leistungsvereinbarungen enthalten Daten, Qualitätsmerkmale, Maßnahmen etc.
Ein Qualitygate ist ein bestimmter Zeitpunkt innerhalb eines Projekt oder Prozessablaufs, an dem die vereinbar
ten Ergebnisse gemessen und hinsichtlich Qualität und Vollständigkeit bewertet werden. Falls Abweichungen festgestellt werden, wird der Ablauf unterbrochen. Das Problem wird behoben, Ursachen werden analysiert, Al
ternativen aufgezeigt und Korrekturmaßnahmen getrof
fen.
4.5 Prozessorganisation
Das Anpassen der gegebenen Organisation an die neue Prozessstruktur ist die heikelste Aufgabe im GPM. Gegen Ängste und Widerstände müssen Stellen in der funktio
nalen Aufbauorganisation in Rollen des Prozessmanage
ments überführt werden. Verantwortliche für u. U. große EndtoEndProzesse (z. B. Auftragsbearbeitung) und Pro
zesseigner für Teilprozesse (z. B. Arbeitsvorbereitung) müssen benannt werden. Teams für die Prozessüberwa
chung und optimierung müssen eingesetzt werden. In den meisten Unternehmen und Verwaltungen ist eine Ma
trixorganisation entstanden, in der es Funktionsmanager und Prozessmanager gibt. Je präziser Aufgaben und Be
fugnisse beschrieben und abgegrenzt sind, desto besser funktioniert diese Matrixorganisation.
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Bild 4.9 Beispiel für ein Funktionendiagramm (swimlane)