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Wasserversorgung der Gärten und der Stadt bis zur Mitte des 20. Jhs

5. Die Ursprünge der iranischen Gartenkunst und ihre historische

5.3 Wasserversorgung der Gärten und der Stadt bis zur Mitte des 20. Jhs

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[moqsem á΄lā], seit der Zand-Zeit im Betrieb, ist mit Nr.16061 als nationales Werk [´āsāre meli] registriert.25

Die Pflege des Sammelbeckens und die Verteilung des Wassers sowie die Verwaltung bzw.

Abrechnung der Wasserverbrauchsmenge gehörten zu den Aufgaben eines Mirāb (Wassermeister). Über die Wasserverteilung für Gärten und Felder führte der Mirāb genau Buch. Deshalb waren seine Kenntnisse bei Streitigkeiten sehr gefragt.26 Wie auch andere Berufe, so wurde auch der des Mirāb möglichst innerhalb einer Familie über Generationen weitergereicht. So ist es auch bekannt, dass die Vorfahren der Familie Hāji Mohammad Áli seit Ende der Safawiden - Dynastie als Mirāb die Verantwortung für die Wasserverwaltung trugen. In der Regierungszeit von Karim Xān Zand (reg.1759-1779) wurde diese Aufgabe seinem Nachfolger ΄Āqā Xodādād übergeben. In dieser Familie blieb das Amt bis Anfang des 20. Jhs.27

Nicht alle Gärten konnten beliebig durch kāriz mit Wasser versorgt werden. In der Regel wurde das Wasser zwei- oder dreimal pro Woche zur Bewässerung frei gegeben. Für die Bezahlung der entnommenen Wassermenge wurde eine bestimmte Regel angewendet: „Der Bemessungsmaßstab (genannt sāng) richtete sich nach dem Standardprofil eines Wasserkanals von 20 x 80 cm und einem bestimmten Durchfluss pro Sekunde“.28 Um die Bewässerung der Pflanzen in der Trockenzeit zu sichern, wurden im Garten und nah zu der Zulaufstelle Wasserbecken [huz] gebaut.

Die Wasserversorgung der Stadtbevölkerung war vor allem in der Sommerzeit durch Zisternen gesichert. Sie wurden i.d.R. durch den Statthalter, Grundbesitzer und Kaufleute an wichtigen Knotenpunkten der Stadt gebaut. Die Bevölkerung durfte sie kostenlos nutzen. Die Wohlhabenden bauten Zisternen in eigenem Hof. Familien ohne eigene Zisterne speicherten das Wasser in einem 1-1,5 m hohen Tonbehälter im Keller oder im Hof unter einem Baum.

Für die Frischhaltung des Zisternenwassers dienten folgende Maßnahmen:

§ Ein Belüftungssystem [bādgir] sorgte für die Luftzirkulation,

§ dem Wasser wurde eine geringe Menge Kalk zu gefügt und

§ mit Hilfe von kleinen Fischen wurde das Wasser von möglichen Lebewesen frei gehalten.

Zu den wichtigsten und teilweise noch funktionierenden kāriz gehören:

kāriz Sadi ; kāriz Roken΄ābād ; kāriz xirāt ; kāriz qasre qomše ; kāriz šeš pir ; kāriz Seyedi ; kāriz Mohammad ΄ābād (Abb. 5.8).

                                                                                                                         

25 mündliche Mitteilung Stadtverwaltung širāz Juli 2008

26 ΄Āriānpur 1986,124-125

27 Javāheri, P.; Javāheri, M. 1999, Bd. I, 187-188

28 Lambton 1984, 699

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Abb. 5.8: širāz, schematische Darstellung bekannter kāriz (Stand 1953)

Quelle: Eigene Darstellung nach Forsat Širāzi, 1893/1998, 705-706; ΄Āriānpur 1986, 127-137; Sadāqat Kiš, J. 2006, 16-17 und Javān, M.; Javāheri, M. 2006, 33

§ kāriz Sadi oder kāriz bander (Abb. 5.8-A). Der Mutterschacht [māder čāh] liegt im O von širāz in der Schlucht Sadi [tange Sadi]. Nach ca. 3 km erreicht der Tunnel das Sadi Mausoleum, die Gartenanlage bāq-e delgošāh und bewässert anschließend einige Gärten und Felder im O der Stadt. „Es wird vermutet, dass kāriz Sadi bereits seit der Sassaniden-Dynastie existierte und die Burg östlich des Gartens, die Felder ringsum und eventuell auch das Gelände der heutigen Gartenanlage bāq-e delgošāh mit Wasser versorgte“.29

§ kāriz Roken ΄ābād (Abb. 5.8- B) wurde 937 unter dem Statthalter Roken Aldole Hasen Deylāmi gebaut. Der Mutterschacht lag ca. 6 km NO der Stadt in einem Tal des bemo Gebirges. Dieser kāriz zählt zu den bekanntesten. Er bewässerte die Felder und Gärten im N der Stadt, bekannt als mosalā, die Gärten bāq-e jahān namā, bāq-e no, die Grabstätten von haft tenān, čahel tanān und Hāfez im N und W der Stadt.30 Darüber hinaus sind bāq-e nazer, die Karim Xān Zand Zitadelle, bāzār, Moschee und ein Badehaus von diesem kāriz mit Wasser versorgt worden. „Um 1139 ließ Átābek Zangi, der Statthalter von širāz, einen zweiten kāriz parallel zu kāriz Roken ΄ābād bauen. Dieser kāriz, benannt nach seinem                                                                                                                          

29 ΄Āriānpur 1986, 239

30 ebd., 134

A--- k!riz Sadi N

B--- k!riz Roken ´!b!d C--- k!riz xir!t

D--- k!riz qasre qom"e E--- k!riz "e" pir

F--- k!riz Seyedi

G--- k!riz Mohammad ´!b!d N--- k!riz Resz! ´!b!d R--- nare á#am

W---Wassersammelbecken mit Verteilungskanälen T--- Fluß tange sorx

Obstgärten k!riz

Trockener Fluß Berg Dorf

G E D

C F

1900 m

1600 m

2800 m

qare piri qasre qom"e

R

Mansor $!bad

C B

A

%ir!z 1491 m W

2500 m

2300 m T

1700 m N

2100 m

5 km

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Erbauer als kāriz zangi, wurde zur Trinkwasserversorgung und Feldbewässerung im N vor dem Stadttor genutzt.31

§ kāriz xirāt (Abb. 5.8-C) existiert seit ca. 1637. Der Statthalter von fārs, Mirzā Abulhassen Xān Mošir Almolk, ließ ihn 1879 instand setzen und ausbauen. Seit dieser Zeit ist er auch als kāriz Mošir bekannt und noch in Betrieb. Der Mutterschacht dieses kāriz liegt im NW. Neben kāriz xirāt existierten hier acht weitere kāriz als Verteiler: kāriz tange qare piri;

košk Bibičeh; Moin ΄ābād; xabre; Jalāli; Hāj Šams; Mansor ΄ābād und Šix Mohammadi. Diese acht Verteilerkanäle versorgten einzelne Dörfer mit ihren Hausgärten (z.B. bāq-e Mohammad Xāni, bāq-e Mansor ΄ābād) sowie deren Gemüse- und Getreidefelder. Anschließend erreichte kāriz xirāt im W širāz. Er versorgt immer noch die genannten Orte, aber die Verbindung mit širāz ist seit 1953, seit der Installation der städtischen Wasserversorgung, abgebrochen.

In den Obstgärten dieser Orte wachsen vor allem Prunus armeniaca [zárd ΄ālu], Prunus vulgaris [hulu], Prunus avium [gilās], Cydonis obolonga [beh], Malus domestica [sib].

Platanus orientalis, Cupressus sempervirens und Pinus eldarica sind wegbegleitendes Grün als Allee.

§ kāriz qasre qomše (Abb. 5.8-D) entstand 1839 unter dem genannten Statthalter, Mirzā Abulhasen Xān Mošir Almolk und zählte in dieser Zeit zu den wichtigsten von širāz.

Der Mutterschacht liegt 24 km im NW der heutigen Altstadt nahe dem Dorf qasre qomše. Bis zum Ende der 60er Jahre gab es 16 weitere kāriz, die mit kāriz qasre qomšehe verbunden waren und die schließlich in dem nare á΄zam mündeten (Tab. 5.1). Dieser (wörtlich übersetzt

= „großer Fluss“) ist ein künstlicher Kanal, der das Sammelbecken von moqsem á΄lā versorgt.

Tab. 5.1: širāz, kāriz-Leitungen, die in den nare á΄zam[großer Fluss] mündeten (Stand: 1925)

Nr. kāriz Tiefe des

Mutterschachts (m)

Länge (m) Fördermenge l/s

1 Rezā ΄ābād 25 4.700 200

2 Sālāri 36 2.800 k.A.

3 Qāsem΄ābād 40 1.700 k.A.

4 Asfanyāri 18 1.300 30

5 Kāzem ΄ābād 18 1.200 25

6 Šāhzāde-i 25 1.300 150

7 Mohammad Rezā Xāni 25 1.800 30

8 Hāji Bāqeri 12 100 30

9 Hoseyn΄ābād 18 450 30

10 Sāheb Divāni 20 2.000 200

11 God Maryem 20 2.000 k.A.

12 Nosret 20 2.500 50

13 Limak 18 3.300 30

14 Álimard Xāni 28 3.000 200

15 Hasen ΄ābād 28 2.500 60

16 Šahfi ΄ābād k.A k.A k.A

Quelle: Eigene Darstellung n. Javāheri, P.; Javāheri, M. 2001, Bd. II, 76

6 von 16 kāriz (Tab. 5.1, Nr. 3,4,5,7,8 und 11) münden in dem Ort qasere qomše und seiner Umgebung in den nare áźam – Kanal als Vorfluter. Während der ca. 18 km langen Strecke versorgt dieser aus NW kommende Fluss die Gärten der Neustadt Sadrā und der angrenzenden Dörfer Ánjire, Jevādiye, Mansor ΄ābād sowie die Obstgärten des Ortes Čogiyā. Anschließend wird kurz vor den Obstgärten im W der Stadt das Flusswasser in ein Becken geleitet (Abb. 5.8-S). Von hier aus wird das Wasser nach Bedarf durch Verteilungskanäle [band] den Gärten zugeführt (Abb. 5.9).

                                                                                                                         

31 ebd., 134/136

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Abb. 5.9: širāz, Überreste eines Wassertores am Beginn eines Verteilungskanals [band] am Sammelbecken [moqsem á΄lā] im NW der Stadt

B.B. Juni 2011

§ kāriz šeš pir (Abb. 5.8-E) entstand 1840 unter dem Statthalter von fārs, Hoseyn Xān Moqadam Nazām Aldole (bekannt als Sāheb Áxtiyār). Dieser kāriz wurde von dem Fluss šeš pir ca. 80 km NW der Stadt in Richtung širāz abgeleitet,32 Wobei aus der Literatur nicht klar hervorgeht, ob dieser Kanal tatsächlich auf der ganzen Strecke von 80 km unterirdisch verlegt war. Er versorgte Getreide- und Gemüsefelder im W der Stadt. Anschließend gelangte das restliche Wasser in den nare áźam [große Fluss] und das Wassersammelbecken (Abb. 5.7-S).33 Dieser kāriz existiert heute nicht mehr.

§ kāriz Moin ΄ābād, Sayedi (Abb. 5.8-F) und Mohammad ΄ābād (Abb. 5.8-G) und kāriz Xāni im W der Stadt sind weitere kāriz aus der Qājāren-Dynastie und wurden zum Teil bis 1961 zur Bewässerung der Obstgärten im W der Stadt genutzt.34 Danach verfielen die Tunnels. Der private Eigentümer hat das Nutzungsrecht der Stadt überlassen und das Grünflächenamt ist bemüht, diesen kāriz wieder instand zusetzen. Außer den hier erwähnten kāriz existieren noch die Überreste von vier weiteren: kāriz Xabire, Jalāli, Moin ΄ābād, Mohammad ΄ābād, die jedoch aufgrund mangelnder Pflege zurzeit nicht benutzt werden können.