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Das grüne kulturelle Erbe in Sprache und Literatur

2 Das grüne kulturelle Erbe als Quelle der Inspiration für die

2.2 Das grüne kulturelle Erbe in Sprache und Literatur

Iran ist ein multi- ethnisches Land und die pārsi (bzw. arabisch fārsi) sprechenden Perser sind eine Ethnie neben weiteren sieben großen Volksgruppen, die jeweils eigene Sprachen und Traditionen besitzen.

Das Neupersische1 fārsi ist die Amts- und Kultursprache Irans und wird in einer erweiterten arabischen Schrift geschrieben.

Im Laufe der vergangenen Jahrtausende hat sich der metaphorische Sprachgebrauch in der iranischen Sprache stark etabliert.2 Bezeichnungen von Pflanzen und anderen Naturelementen zählen zum wesentlichen Repertoire dieses Sprachgebrauchs. Dabei werden zwei Charaktere/Sachverhalte zueinander in Bezug gesetzt, um die Eigenschaften des einen auf den anderen übertragen zu können.

Diese Art von Sprachgebrauch zeigt sich vor allem bei Redewendungen, Sprichwörtern oder dem Ausdrücken von Weisheiten. In der Regel werden diese Metaphern verwendet, wenn der Redner das Gefühl hat, sich in einer ungewöhnlichen Situation zu befinden bzw. wenn er nicht offen reden kann oder will. Berühmte Dichter und Lyriker wie Ferdosi, Sadi, Hāfez nutzten diese Art der Sprache „durch die Blume“. So konnten sie sich unter unbequemen Herrschern sozial- und religionskritisch äußern, aber auch sensibel-einfühlsam bei Liebeserklärungen. Der Gebrauch der im Folgenden aufgeführten Redewendungen ist im Iran üblich und weit verbreitet.

- gol hamin paj ruz΄o šaš bāšad

vin golestān-e man hamiše xoš bāšad [eine Blume lebt fünf oder sechs Tage

mein Buch „Blumengarten“ lebt für immer. „Sadi“]

- Man muss nicht erst sterben, um ins Paradies zu gelangen, solange man einen Garten hat.

- Lust liegt darin, dass die Blumen erblühen und aus den Knospen sich entfalten

Ebensolche Lust liegt darin, dass die Blütenblätter verwehen und zu ihrem Ursprung zurückkehren.3

- miva az deraxt dor namioftad [Frucht fällt nicht weit vom Baum]

Deutsche Entsprechung: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

1 Die neuiranische Sprache wurde erst im 12./13. Jh. unserer Zeitrechnung entwickelt

2 Ehlers, J. 1995, die Natur in der Bildersprache des šāhnāme

3 Rumi, Jalaluddin (fārsi), deutsche Übersetzung von Atabay, Cyrus 2005, 55

- Das Buch ist wie eine Rose, bei Betrachten der Blätter öffnet sich dem Leser das Herz…

- sāli ke nekust az bahāreš paydāst

[ein gutes Jahr erkennt man an seinem Frühling]

- deraxt-e por bār sar áfkande ast

[die Krone eines Früchte tragenden Baumes neigt sich zum Boden]

In der persischen Literatur ist die Häufigkeit der Verwendung von Pflanzen und Naturelementen so groß wie in kaum einer anderen Kunstrichtung. Und insbesondere widerspiegelt die persische Literatur seit Jahrhunderten die Liebe zu Gärten und Blumen.

Über die vorislamische Literatur und ihren Bezug zu Pflanzen wissen wir zwar nicht viel, doch darf man annehmen, dass es bereits damals viele sprachliche Bezüge zur Welt der Pflanzen gab. Eines der bekanntesten Zeugnisse dieser Zeit stammt z.B. vom Dichter und Musiker Barbed, der zur Zeit der Sassaniden am Hofe von König Xosro II. Parviz (reg. 591-628) lebte. Sieben seiner Werke hießen „Garten von Širin“ [bāq-e Širin]; aufrechte Zypresse [sarve sohi]; neuer Frühling [no behhār]; Mondschein [matāb]; Sonnenaufgang [pegā]; Sonne [xoršid] und Sonnenuntergang [šāmgā].4

Mit der Beschreibung dieser Naturerscheinungen bringt der Dichter symbolisch Eigenschaften des Königs zum Ausdruck. Die poetischen Bilder der Sonne als „Symbol des Lichtes/des Allmächtigen und Ahurā Mazdā“ und des Mondes als „Symbol des Lichtes, das in der dunklen Nacht gegen das Böse kämpft“, waren tief in der Religion und Kultur verwurzelt und wurden zur Huldigung der Könige verwendet.5 In diesem Zusammenhang sind auch folgende Zeilen mittelpersischer Poesie zu erwähnen, die um 600 n. Chr.

entstanden ist.

„Die leuchtende Sonne, der strahlende Vollmond Strahlen über dem Stamm jenes Baumes,

die Vögel schmettern und brüsten sich voller Lust,

es brüsten sich die Tauben und die bunten Pfauen“(Christensen, A. 1944, 484 ff)6

In der vorislamischen Sassaniden-Dynastie (reg.224-223) wurden die meisten literarischen Werke zur Huldigung der Könige geschrieben.7 Nach der islamischen Eroberung und in der frühislamischen Zeit sind die meisten älteren persischen Bücher vernichtet worden und deshalb ist es heute schwer, den Stellenwert von Naturelementen in diesen frühen Dichtungen zu beschreiben. Die Radikalität dieser Zerstörung beschreibt Nasarianz:

„dem Amir Abdullah ben Taher, Statthalter von Chorasan unter den Abasiden, wurde in Nischabur eine Handschrift überreicht, mit der Bemerkung, dass sie eine literarische Seltenheit sei: es war die Erzählung Wamek und Asra.8 Als Abdullah dies erfahren (erfuhr), bemerkte er, die Muhammedaner bedürfen keines anderen Buches als des Korans, und das ihm vorgelegte Buch verdiene, als eine Schöpfung der Feueranbeter, gar keine Schonung. Er begnügte sich nicht damit, dieses Manuskript verbrennen zu lassen, sondern gab noch den Befehl, mit allen persischen Handschriften, die innerhalb seines Gebietes sich vorfanden, ein Gleiches zu thun (tun). Die persische Nationalpoesie wurde gewaltsam niedergehalten bis ins Zeitalter der Samaniden“(reg. 892-999).9

4 http://www.ichodoc.ir/p-a/CHANGED/96/html/96-45.htm (15.06.2005)

5 Dādvar, A; Mansori, e. 2007, 55

6 zit. n. Demant, A. 2002, 51

7 Rezāi, Abdulazim 1999, Bd. 1/2

8 Die Liebesgeschichte Leilā und Majnun ist eine persische Variante der arabischen Volkserzählung wamek und Asra. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Leila_und_Madschnun (12.04.2007)

9 Nasarianz, Stepan (1853): Die Anfänge der persischen Dichtkunst, in: Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, A. Erman (Hrsg.), Berlin (Georg Reimer), S. 235.

URL:http://gdz.sub.uni-goettingen.de/en/dms/loader/img/?PPN=PPN332924793_0012&DMDID=DMDLOG_0039&LOGID=LO G_0039&PHYSID=PHYS_0253 (26.03.2013)

In diesem Zeitraum ist das berühmteste Werk der persischen Literatur, das Königsbuch [šāhnāme] des Dichters Abol Qāsem Ferdosi (940/1-1020) entstanden. In seinem Meisterwerk verarbeitet er Geschichten und Legenden Irans aus der Zeit vor der islamischen Eroberung.10 In der Sprache des Ferdosi spielen Fabeltiere und Naturelemente für die Metaphorik eine wichtige Rolle. Sie haben keine dekorative sondern funktionale Bedeutung und dienen als Sinnbild guter, schöner und auch böser Charaktere.

Häufig erwähnt der Dichter in šāhnāme den Begriff bāq [Garten], wobei es sich nicht um reale Gärten handelt, sondern um utopische oder ideale Gärten als Sinnbild für Schönheit und Gutes:

- Garten [bāq] als Ort der Trauer 11

- Garten [bāq] als Erholungsort (ebd., 489)

- Garten [bāq] der Könige als Ort der Repräsentation, Erholung, des Dichtens und Feierns (ebd., Bd. II, 103, 181)

- Garten [bāq] mit Tempel als Ort der Meditation (ebd., Bd. V, 322 ) - Garten [bāq] als Ort für die Jagd (ebd., Bd. V, 175)

- Blumengarten [bustān] und Rosengarten [golestān] als Ort zur Erholung (ebd., Bd. V, 30)

Ferdosi vergleicht z. B. „eine glückliche Person mit einem Frühlingsgarten“ [bāq-e bahār].12 Auch die Begriffe wie bustān und golestān / golšan stehen für den Garten als Symbol für etwas Schönes oder Gutes. Als König Xosrau seine Ritter an die Grenzen Irans schickt, heißt es: „Er schickte sie aus dem Rosengarten in die schwarze Gegend“.13

Die Blumen oder Blüten im šāhnāme stehen als Symbol für Jugendlichkeit, ein schönes Gesicht, schöne Augen oder weibliche Schönheit.

- „Jasmin [saman] wird z.B. als Metapher für schönes Gesicht verwendet. „rudābes14 Wangen waren wie Tulpen zwischen Jasmin“, d.h. die roten Tulpen wurden von Jasmin eingerahmt“.15

- „Hyazinthe [sombol] wird neben Tulpen auch für die Beschreibung einer idyllischen Phantasie Landschaft verwendet. Diesbezüglich heißt es: Die Bachufer sind voller Narzissen und Tulpen; von den Narzissen geht Täuschung aus, von den Tulpen Ruhe (Geduld), von den Hyazinthen Angst (Schrecken), von den Granatapfelblüten Schönheit (Würde)“.16

- „Lilie [susen] erscheint im šāhnāme auch unter susanak als Mädchenname“.

- „Aloe [ábir] diese Pflanze wird verwendet um Rudābes Schönheit zu beschreiben“.17

- Rose [gol] wird am häufigsten im šāhnāme verwendet. Sie steht als Sinnbild der Geliebten oder Gesicht und Wangen. Nachtigall und Rose stehen als klassische Metapher für Liebespaare“.18

10 http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C4%81hn%C4%81me (12.04.2007)

11 šāhnāme 1966, Bd. I, 82

12 Ehlers 1995, 170

13 Ehlers, Jürgen 1995, 181

14 nach Überlieferungen des šāhnāme ist Rudābe die Tochter des Herrschers Mihrab von Kabulistan und Prinzessin von Kabul. In šāhnāme wird die Schönheit der Rudābe mit folgende Worten

beschrieben:

„Von Kopf zu Fuß wie aus Elfenbein, Von Wuchs wie eine Platan’ im Hain;

Zwei Augen, die wie Narzissen strahlen, Und Wimpern, die Raben die Schwärze stahlen.

Siehst Du den Mond, er ist ihr Gesicht;

Riechst Muskus, ihr Haar ist’s, zweifle nicht“;

Quelle: Rückert, Friedrich: Firdosis Königsbuch (Schahname) Sage I-XIII. 1890, S.149. Vgl.

http://de.wikipedia.org/wiki/Rudabeh (12.04.2007)

15 Vgl. Ferdosi, zit. Ehlers 1995, 113

16 Vgl. ebd. 114

17 Vgl. ebd. 115

18 Vgl. Ferdosi, zit. Ehlers 1995, 115

- „Tulpe [lāle] erscheint im šāhnāme als Symbol für die Wangen und für Schönheit insgesamt, besonders auch für die Schönheit der Natur. Daneben steht die rote Farbe der Blütenblätter der Tulpe oft für Blut und auch je einmal für Wein“.19

- „Narzisse [narges] erscheint vor allem als Sinnbild der Augen, besonders der schönen Augen der Mädchen; daneben stehen sie auch für das Schöne und die Schönheit der Natur“.20 - „Heckenrose, Rose [nasrin] die weiße Farbe der Blume erscheint im šāhnāme als Sinnbild für

Blaß“.21

Farben werden in der Bildersprache des šāhnāme oft durch Pflanzen und Pflanzen-produkte illustriert:

- Ebenholz [΄ābnus], Ebenholzfarben, Schwarz. Als Beispiel heißt es: „Die Erde war rot wie árqavān22 und die Wangen gelb wie Sandarak, die Luft war von Staub der Reiter schwarz wie Ebenholz“.23

- Judasbaum [árqavān], rote Blüte des Judasbaums, rot, die Röte. Das Wort wird vor allem benutzt, um die Farbe der Wangen zu beschreiben.

- Veilchen [banafše], violett

- Quitte [beh/behi], quittengelb. „Die Rose (= seine Wangen) hat die Farbe der Quitte angenommen“, […].24 - Weide [bid]. Die Farbe der Weidenblätter wird einmal in einem Vergleich verwendet. Es heißt: „Dir werden

Bart und Kopf weiß wie die Blätter der Weide werden“.25

- Zitronat-Zitrone [toranj], Kurkuma [zarir] und Safran [záfarān] werden im šāhnāme verwendet, um die Verfärbung der Wangen durch Angst oder Kummer zu beschreiben.26

- Griechisches Heu, Bockshornklee [šambalid]. Die gelblichen Blüten dieser Pflanze werden überwiegend verwendet, um die die Blässe der Wangen zu beschreiben. 27

- „Jujube [ónnāb], rotblühende Dornenpflanze. Die roten Blüten dieser Pflanze

haben den Dichter zur Beschreibung der roten Lippen inspiriert“.28 Kampferbaum [kāfur

(Cinnamomum camphora)]. „Im šāhnāme erscheint kāfur in verschiedenen sprachlichen Bildern, vor allem bei der Beschreibung des weißen Haars“.29

- Granatapfelblüte [golnār] wie die Frucht selbst wird in der persische Poesie wie im šāhnāme vor allem für Körperteile wie Gesicht, Wangen und Mund verwendet.30

Im šāhnāme werden oft das Verhalten, der Charakter oder das Aussehen der Menschen durch den Bezug auf Bäume bezeichnet:

- Platane [čenār]. In der Beschreibung einer Kampfhandlung heiß es: „Er riß ihn vom Boden hoch wie eine Platane“, d.h. als ob er einer Platane ausreißen wollte.31

- Zypresse [serv]. Die „edle Zypresse“ erscheint häufig als Sinnbild für großer, schöner, schlanker Mensch bzw. Körper.32

Weiterhin nennt Ferdosi im šāhnāme Tamariske [gaz], Palme [naxl], Apfel [sib], Wein [may], Buchsbaum [šemšād].33

19 Vgl. ebd. 122

20 Vgl. ebd. 124

21 Vgl. ebd. 125

22 d.h. die Erde sah, durch die vielen Gefallenen im Krieg, rot wie die rote Blüte von Cercis siliquastrum aus.

23 Ferdosi, zit. Ehlers 1995, 126

24 ebd. 129

25 ebd. 129

26 ebd. 129-130

27 Ehlers 1995, 132

28 ebd.

29 ebd. 133

30 Ehlers 1995, 134

31 ebd. 134

32 ebd. 145-146

33 ebd. 150-151/164/168-170. Die Arbeit „die Natur in der Bildersprache des šāhnāme „ von Jürgen Ehlers basiert auf den Ergebnissen von Fritz Wolff, dem Verfasser des Glossars zu šāhnāme. Fritz

Der Dichter und Mystiker Mošaref Addin Abdullāh Sadi (1200 ?- 1290) 34 aus širāz, lebte in einer Zeit, in der das Land unter der Mongolen - Herrschaft stand. Er ist der Autor zweier Meisterwerke, einer Sammlung lyrischer Prosa mit dem Titel bustān [Blumengarten] und der Lyriksammlung golestān [Rosengarten].

Das Thema beider humanistischer Werke sind Gerechtigkeit, Mitgefühl und Hilfe für Bedürftige sowie eine geschickt geäußerte Kritik an Unterdrückung. Wie in den Dichtungen des Ferdosi, stehen auch bei Sadi die Pflanzen für etwas Schönes und Gutes. In diesem Zusammenhang verwendet er in seinem Buch bustān, Pflanzen wie Pappeln [senobar]35, Zypresse [serv]36, Dattel [xormā]37, Weide [bid]38, Rosenlorbeer [xarzahre]39, Narcisse [narges]40 und Walnussbaum [gerdo] als Sinnbild für Schönheit des Lebens und Zärtlichkeit.41

Auch der Dichter und Mystiker Šāms Addin Mohammad Hāfez (1324/1326 -1389/1390)42 ebenfalls geboren in širāz, gehört zu den bekanntesten iranischen Dichtern, der gern die Pflanzen als Sinnbild wie Sadi nutzte. Im Volk sind seine Gedichte über Rosen und Nachtigall im Garten als Sinnbild für die Liebe bekannt. Er bedient sich bereits zur Beschreibung des Gartens des Begriffes bāq-e éram, der bis heute für die gleichnamige Gartenanlage in širāz gebraucht wird und verweist auf dort wachsende Blumen wie Hyacinthen und Bäume wie Weide, Wacholder, Thuja, Judasbaum und über 50 x nennt er die Zypresse wie folgendes Gedicht zeigt:

Wird vor der Gestalt des Freundes Die Zypresse je erwähnt?

Hat die Schlanke doch vom Freunde Ihre Hochgestalt entlehnt.

Nimmer will ich Sein gedenken Unter der Zypresse Bild;

Hoch zwar ist sie, die Zypresse, Doch von Selbstsucht auch erfüllt.

Dennoch steht Er, als Zypresse, Stets an meines Auges Rand:

Hat doch stets am Stromesufer Die Zypresse ihren Stand“.43

Wolff wurde am 11.11.1880 in Berlin geboren. Als Jude wurde er 1943 durch die Gestapo verhaftet und in Auschwitz im Alter von 63 Jahren ermordet (Ehlers, Jürgen 1995, 3).

34 Quelle: http://www.zeno.org/Literatur/M/Sa%27di,+Mo%E1%B9%A3le%E1%B8%A5+o%CA%BEd-Din/Biographie (12.09.2009)

35 Vgl. bustān-e Sadi 1986, 30

36 ebd. 39

37 ebd. 59-60

38 ebd. 200

39 ebd. 59-60

40 ebd. 39

41 ebd. 300

42 Die Geburt- und Todeszeit von Hāfez wird 1324/1326 -1389/1390 vermutet. Vgl.

http://www.zeno.org/Kategorien/T/Persische+Literatur (10.10.2009)

43 divān-e Hāfiz, Bd. I, der Buchstabe Te-تﺕ, Abschnitt 89, S. 273-275. Quelle: Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 273-275. Vgl.

http://www.zeno.org/Literatur/M/%E1%B8%A4%C4%81fe%E1%BA%93,+%C5%A0ams+o%27d-din+Mo%E1%B8%A5ammad/Lyrik/Diwan+des+Hafez/Erster+Band/Der+Buchstabe+Te/89 (14.10.2009)

Besonders häufig erwähnt Hāfez Rosen, aber Tulpe, Narcisse, Jasmin, Lilie, Veilchen und Anemone gehören auch zu seinen bevorzugten Blumenarten wie die folgenden Zeilen zeigen:

„Wo immer mein Narzissenzweig In voller Blühte steht, Da machen Rosige ihr Aug' Ihm zum Narzissenbeet“.44 Oder:

„Auch der Narcisse Auge füllte Mit Wasser sich im Sehnsuchtsschmerz.

Und hundert Male brannt' die Tulpe Aus Trauer sich in Seel' und Herz;

Die Lilie zog das Schwert der Zunge Und führt' damit des Vorwurf's Streich:

Den Mund erschloss die Anemone, Den schnöden Ohrenbläsern gleich“45

Unter den Früchten nennt Hāfez Apfel, Pistazie und Granatapfel.

In Anlehnung an divān-e Hāfez schrieb Goethe seine umfangreiche Lyrik-Sammlung „West-östlicher Diwan“46. Er lobte Hāfez und äußerte sich über ihn mit Liebe und Respekt. Obwohl Goethe nie nach Persien kam, hat er sich wunderbar in die Gartenwelt der Hāfez versetzt:

„Grabet euer Feld ins zierlich Reihe, Daß die Sonne gern den Fleiß bescheine;

Wenn ihr Bäume pflanzt, so sei΄s in Reihen, Denn sie lässt Geordnetes gedeihen.

Auch dem Wasser darf es in Kanälen Nie am Laufe, nie an Reine fehlen:

Wie euch Senderud aus Bergrevieren Rein entspringt, soll er sich rein verlieren.

Sanften Fall des Wassers nicht zu schwächen;

Sorgt die Gräben fleißig auszustechen;

Rohr und Binse, Molch und Salamander, Ungeschöpfe! Tilgt sie miteinander.

Habt ihr Erd΄und Wasser so im Reinen, Wird die Sonne gern durch Lüfte scheinen,

Wo sie, ihrer würdig aufgenommen, Leben wirkt, dem Leben Heil und Frommen.“47

Diese Beispiele ließen sich ergänzen durch ähnliche für die Dichtungen späterer Jahrhunderte. Ich habe sie hier angeführt, weil sie nicht nur den kreativen Rückgriff auf die Welt der Pflanzen beweisen sondern auch, weil sie die Nutzung bestimmter Pflanzen zu jener Zeit dokumentieren, was für die Praxis der Gartendenkmalpflege von Interesse sein wird.

44 divān-e Hāfiz, erste Band-der Buchstabe De-دﺩ, Abschnitt 21, Quelle: ebd. S. 353-357.

Vgl.http://www.zeno.org/Literatur/M/%E1%B8%A4%C4%81fe%E1%BA%93,+%C5%A0ams+o%27d-din+Mo%E1%B8%A5ammad/Lyrik/Diwan+des+Hafez/Erster+Band/Der+Buchstabe+D%C3%A2l/21 (14.10.2009)

45 divān-e Hāfiz, Bd. II, der Buchstabe Ghain-غﻍ, Abschnitt 21, Quelle: ebd., Band 2, S. 157-159 http://www.zeno.org/Literatur/M/%E1%B8%A4%C4%81fe%E1%BA%93,+%C5%A0ams+o%27d-din+Mo%E1%B8%A5ammad/Lyrik/Diwan+des+Hafez/Zweiter+Band/Der+Buchstabe+Ghain (14.10.2009)

46 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Freiherr_Hammer_von_Purgstall (03.08.2005)

47 Aus dem „Vermächtnis altpersischen Glaubens“ von J.W. Goethe. Quelle:

http://www.textlog.de/18209.html( 03.08.2005)

Hinsichtlich des Stellenwerts des Themas „Grün“ in der persischen Literatur bleibt aber vieles subjektiv: Ist nicht auch die Literatur von Gesellschaften mit einem grün-humiden Lebensraum wie z.B. jene der europäischen Länder äußerst reich an Bezügen zu Pflanzen und besonders zu Blüten aller Art? Das ist nicht zu bestreiten. In beiden Fällen ist die Sehnsucht nach dem Blühen und dem Grünen Ursache literarischer Kreativität: Im Falle Europas ist die lange Periode der winterlichen Dunkelheit, der Mangel an Licht und Wärme, der Auslöser der literarischen Hinwendung zur Natur, im Iran – wie in anderen Trockengebieten – ist es die Trockenheit, der Mangel an Wasser, und die hohen sommerlichen Temperaturen mit dem ständigen Strahlungswetter (Wolkenlosigkeit), wodurch die Empfindsamkeit für das kostbare Grün geweckt werden. In beiden Fällen wird Garten zum Symbol für Leben, einmal im Gegensatz zur lebensfeindlichen Wüste, im anderen Fall im Gegensatz zur kalten, vegetationslosen Winterzeit. So erklärt es sich auch, dass die Vorstellung vom Paradies als dem idealen Garten so mühelos vom Iran nach Europa übertragen werden konnte.