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war — wer hätte es noch wagen können, ihm in den

Im Dokument HANNS SACHS BUBI CALIGULA (Seite 25-28)

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sie mißverstehen

und

die geheimen Absichten des

Herr-schers durchkreuzen, hieß den Hals in eine Schlinge stecken, die langsam, aber mit unentrinnbarer Sicherheit zugezogen wurde.

Der

einzige, der diesen Willen kannte

und

zu deuten wußte,

war

Sejan. Schon begann der furchtsamere

also größere

Teil des Senats vor

ihm

zu kriechen wie vor

dem

Kaiser selbst, schon

wurden ihm —

mit

Zustimmung

des Tiberius

Standbilder er-richtet.

Der

einzige Sohn des Tiberius aus dessen erster Ehe, Drusus,

war

inzwischen gestorben, die Söhne des

Germanicus waren

bis auf den jüngsten aus

dem Wege

geräumt, auf

dem Throne

saß ein einsamer, verschlosse-ner, mit allen verfeindeter Greis, der

ihm

ganz verfallen

war — wer

hätte es noch

wagen

können,

ihm

in den

Weg

zu treten?

Wer

stand

dem

Kaiser jetzt, nach Aus-rottung seiner Familie, noch nahe genug,

um

ihn unter Einsatz des eigenen Lebens vor seinem einzigen Ver-trauten zu

warnen?

Es gab nur einen

Menschen

auf der Welt, der dies auch jetzt noch zu tun imstande war,

und

dieser eine

war

eine Frau, die bis dahin standhaft geschwiegen

und

sich von allen diesen Dingen ferngehalten hatte. Diese

alte

Dame

zu bestricken, hatte Sejan nicht für nötig ge-halten.

Antonia, die Nichte des Augustus, Tochter

Marc

An-tons

und

der Octavia

und Witwe

des Drusus, des jün-geren Bruders des Tiberius,

war

allgemein beliebt

und

verehrt.

Auch

sie galt als vorbildliche Römerin, die aber im

angenehmen

Gegensatz zu der als allzu klug ver-schrienen Livia

und

der energischen, das

Scheinwerfer-licht liebenden Agrippina ihre

Tugend

darin fand, sich ganz auf das

Haus

und die Familie zu beschränken und

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jedes Hervortreten, jedes Eingreifen in die Zügel der Herrschaft strengstens zu meiden.

Trotzdem

erfuhr sie von

dem

Komplott des Sejan, und

sei es nun,

um

die Schwiegertochter

und

die Enkel, deren jüngster bei ihr aufgewachsen war, zu retten, sei es aus allgemeinem Familienzusammenhaltsgefühl, sei es aus Mitleid

mit

dem

Hintergangenen

sie entschloß sich, Tiberius zu war-nen. Sie schrieb einen Brief und sandte ihn durch einen verläßlichen Diener nach Capri.

Es

ist nicht daran zu zweifeln, daß Tiberius von der Wahrheit dessen,

was

der Brief berichtete, sogleich über-zeugt war; übrigens

wäre ihm

in solcher Sache ein be-gründeter Verdacht ebenso hinreichend gewesen wie die Gewißheit. Ein anderer an seiner Stelle

wäre

in schäumen-der

Wut

nach

Rom

geeilt und hätte Sejan verhaftet, an-geklagt, verhört und sogleich unschädlich gemacht.

Für

Tiberius gab es keine Explosionen der Leidenschaft, die ihn zu einem unbesonnenen Schritt hätten hinreißen kön-nen.

Er

wußte, daß er für den Augenblick noch niclits

zu fürchten hatte,

und

getreu seiner Natur, der es wider-strebte, irgend etwas schnell zu wagen,

was man

durch

Abwarten

und Vorsicht ohne Risiko erreichen konnte, zog er langsam

Faden

für

Faden

zu seinem Netz

langsam, aber meisterhaft.

Zunächst

übernahm

er das Konsulat

eine reine Formsache, die vor allem dazu diente, den

Mann,

den

sich der Kaiser

zum

Kollegen wählte, besonders auszu-zeichnen. Selbstverständlich

war

Sejan der erwählte

Kol-lege. Einige

Monate

später legte der Kaiser sein

Kon-sulat nieder,

wodurch

auch Sejan zur Amtsniederlegung

gezwungen

war.

An

seine Stelle trat ein

ihm

Ergebener, aber

wieder ein paar

Monate

später

an dessea

*5

Stelle

Memmius

Regulus, ein

Mann,

auf den sich

Tibe-rius verlassen konnte. Inzwischen hatte er auf Capri einen Offizier der Prätorianer

namens Macro

ins Vertrauen

gezogen und sich seiner versichert,

indem

er

ihm

die Nachfolgerschaft Sejans als Befehlshaber der Prätorianer in Aussicht stellte.

Nun

sandte er ihn nach

Rom

mit

einem Brief an den Senat und geheimen Aufträgen an

Memmius

und an den

Kommandanten

der militärisch or-ganisierten Polizeitruppe der Hauptstadt. Die Aufträge

wurden

ausgerichtet,

am

nächsten

Morgen

berief

Mem-mius die Senatoren in den

zum

Sitzungssaal gewählten

Tempel

des Apollo,

um

die Botschaft des Kaisers zu hören. Sejan

war

unter ihnen, er hoffte,

daß

der Brief,

den

einer seiner Prätorianeroffiziere nach

Rom

gebracht hatte, die Übertragung der tribunizischen

Gewalt

für ihn fordern

werde — was

praktisch mit der

Ernennung zum

Mitregenten gleichbedeutend war. Macro, den er vor

dem

Eingang traf, bestärkte ihn natürlich darin,

und

er betrat

die Halle.

Währenddessen

hatten sich Abteilungen der PoUzeitruppe unauffällig in die

Nähe

des

ApoUotempels

vorgeschoben. Es galt aber noch eine Schwierigkeit zu überwinden: Sejan

war

trotz aller schönen

Hoffnungen

noch vorsichtig genug gewesen,

um

sich von einer

Ab-teilung Prätorianer begleiten zu lassen, die jetzt vor den Tempelstufen Aufstellung nahmen.

Man mußte

damit rechnen,

daß

sie ihren

Kommandanten,

sei es aus Treue,

sei es aus Stolz, in Schutz

nehmen

würden. Ein

Kampf

hätte

abgesehen von seinem ungewissen

Ausgang —

die ganze Prätorianertruppe an die Seite der

Kameraden

gerufen

und

damit die Militärrevolte entfesselt.

Zu

den Eigenschaften des Tiberius gehörte es, daß keiner ihn leiden konnte

und

jeder

ihm

gerne gehorchte.

Das

be-z6

währte sich auch hier:

Macro

hielt eine

Ansprache

an

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