Schatten des Vaters erzwungen
war
oder aus anderenGründen
kam, verbitterte seinGemüt
noch mehr. Schonwährend
des sogenannten Feldzuges hatte er ausfällig nachHause
geschrieben und sich beklagt,daß
dieRömer
es sich
wohl
sein ließen, in den Zirkusund
ins Theater gingen,während
ihr Kaiser an der Front weile und allenMühsalen
und Entbehrungen des Krieges ausgesetzt sei.Bei der
Heimkehr
wandte sich sein Zorn vor allem gegen den Senat.Er
ließ die Erklärung bekanntmachen, eri
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lehre nur für die zurück, die ihn liebten, für das Volk
und
das höhere Bürgertum; mitdem
Senat, das heißt miidem
Adel, wolle er nichtsmehr
zu tun haben.Den
Abgesandten, die ihn zur baldigen Rückkehr aufforderten, antwortete er, in ominöser
Weise
mitdem Knauf
seines Schwerts spielend: „Ichkomme,
oh, ichkomme
schon,und
dies hierkommt
mit."Er
hatte sich zwei Notiz-bücher angelegt, in denen zahlreicheNamen
verzeichnet waren; das eine dieser Bücher trug die vielsagendeAuf-schrift: „Schwert", das andere die nicht minder deut-liche: „Dolch".
In diese Zeit, wahrscheinlich nur einige
Wochen
nach der Rückkehr von der „Front", fällt derEmpfang
der Gesandtschaften aus Alexandria.Für
Außenstehende un-merkbar, hatte dieAtmosphäre
desHofes
begonnen, sich zu trübenund
undurchsichtig zu werden. Hinter diesen Nebelschleiern brütete irgend etwas Unheimliches—
die Zeitwar
fürVerschwörungen
reif geworden, Caligulaselbst hatte sie reifen lassen.
Jetzt fühlte er die
Todeswünsche
seiner nächstenUm-gebung wie eine langsam pressende
Hand
an seiner Kehleund
suchte sich vergeblich Luft zu verschaffen.Andere
sollten
ihm
mit einemMale
das Recht zu leben geben, das er sich selbst insgeheim absprach. Sokam
es,daß
er Verdächtige, von denen er glaubte,
daß
sie gegen seinLeben
konspirierten, nicht aufs Schafott schickte, son-dern zu sich riefund
ihnen—
allerdings mit verlogenem Pathos, dennihm wurde
alles Theaterspiel—
erklärte:„er sei bereit, sich freiwillig den
Tod
zu geben,wenn
sie meinten,
daß
er ihn verdient habe".An
Verschwörungen, von denen einige ernst gewesensein mögen, hatte es auch vorher nicht gefehlt.
Die
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I'
»43
letzte
war während
des Aufenthaltes in Gallien aufge-deckt worden, eben jene, bei der die beiden Schwestern des Kaisers beteiligt gewesen sein solltenund
für diesie in die
Verbannung
geschickt wurden.Im
Mittelpunkt stand einer der Intimsten des Kaisers, ein jungerMann
namens
Aemilius Lepidus, vondem man
erzählt, er sei gleichzeitig der Geliebte Caligulasund
der Liebhaber von dessen Schwester Agrippina (der jüngeren»Mutter
Neros) gewesen.Er wurde
hingerichtet.Die Verschwörung, die sich jetzt entvidckelte,
war
von viel gefährlicherer Art. Ihr Führerwar
kein Lust-knabe, sondern ein Soldat;was
noch an Hindernissen bestand, räumte der Kaiser selbst fort.Mit
derselben Sicherheit, mit der er denWeg
schritt, der zu seinerErmordung
führen mußte, wählte er selbst auch denMann
aus, den er unwissentlich zu seinemMörder
be-stimmte.Unter
den höheren Offizieren der Prätorianer, diedurch ihre Stellung in den Palast
und
in ständige Be-rührung mit der kaiserlichen Person gebracht wurden,war
einer mitNamen
Cassius Chaerea, ein nichtmehr
junger
Mann
von strenger, im Ehrenpunkt besonders empfindlicher Gesinnung, wie sie älteren Offizieren nach einem unter derFahne
und bei gleichmäßiger Erfüllung engster Pflichten zugebrachtenLeben
eigen zu sein pflegt. Diesen alten Haudegen, der sich vor fünfund-zwanzig Jahren bei der Niederwerfung der von Caligula noch nachträglichübelgenommenen
Militärrevolie beimTode
des Augustus besonders hervorgetan hatte, begann.der Kaiser ohne ersichtlichen
Grund
undAnlaß
auf jede erdenkliche Weise zu reizenund
zu verspotten. Er, der sich bei seinem Feldzug gegen einen imaginären Feind144
zu wiederholten
Malen
höchst unheldenhaftbenommen
hatte, dessen Männlichkeit überhaupt auf unsicheren
Füßen
stand, fand eine boshafteGenugtuung
darin, denim
Dienst ergrauenden Kriegsmann als weibisch und un-männlich zu verhöhnen.Wenn
Chaerea an die Reihe kam, die Parolevom
Kaiser zu verlangen, gabihm
Caligula Worte, die ein ernster Soldat nicht ohne Scliam seinen Untergebenen weitersagen konnte, weil sie mit der Absicht gewählt waren, ihn lächerlich zu machen.
Solche Paroleworte, die
dem
diensüichenTon Hohn
sprachen»
waren zum
Beispiel „Priapus" oder „Venus".Wenn
Chaereadem
Kaiser bei besonderen Anlässen dieHand
küssenmußte — was
ihm, der den Dienst unter Augustus gelerntund
unter Tiberius ausgeübt hatte, wahrscheinlich schon anund
für sich schwer genugfiel
—
, dann beliebte es diesem, der dargebotenenHand
eine unanständige
Form
(wahrscheinlich die einer„Feige") zu geben.Der immer
wieder Bloßgestellte undlächer-lich
Gemachte
baUte heimlich die Faustund
faßte dentiefsten
Haß
gegen den mutwilligen Schänder seiner Ehre. ./Ob
es Caligula wirklich entging,daß
er sich unter denen,die ihn beschützen sollten, einen Todfeind gemacht hatte? i
Es ist
kaum
glaublich, aber jedenfalls handelte er so, als |ob eine solche
Gefahr
für ihn nicht existiere.Der
Feig-ling schien auf einmal tollkühn geworden.Er
sah nichts, weil er nichts sehen wollte.Der Haß
Chaereaswurde
erst gefährlich, als dieAn-sicht
um
sich zu greifen begann,daß
Caligula ein Schäd-ling sei, der beseitigtwerden
müsse,wenn
nicht allesund
alle zugrunde gehen soUten.Von
verschiedenen .^Seiten her begannen sich die