weil ihn der gewandte
und
von Skrupeln unbeschwerte Gesellschafter anzog.Die
Absicht Caligulas, in derGe-stalt Jupiters in das Allerheiligste des
Tempels
einzu-dringen, verletzte die religiösen Gefühle des Judenfürsten.
wenn
er welche hatte— und
lief allen seinen Inter-essen entgegen, denn siemußte
zunächst dazu führen, ihn alsFreund
des Tempelschänders bei seinem Volk aufs äußerste verhaßt zu machen,und
damit enden, daß erzum König
ohneLand und
ohne Untertanen wurde.Er
suchte also den Kaiser auf alleund
jedeWeise davon
abzubrin-gen, ihn durch ausstudiert schöne Feste günstig zustim-men und
dann durch geschicktes Einflößen seiner in Schmeichelei eingekleidetenArgumente
zu überzeugen.Eine Zeitlang schien es wirklich, als sollte der Tausend-künstler siegreich bleiben, aber seine Niederlage
war am
Ende
doch unausbleiblich. Nicht dieKammerdiener-einflüsse
waren
unbesiegbar, aber der Widerstand in der Seele Caligulas, die es nicht ertragen konnte, daß jemand.II
124
der ihr einmal in den
Weg
getreten war, sei esMensch
oder Gott, aufrecht blieb, weil sie sonst nicht
mehr
im-stande gewesen wäre, das Gefühl ihrer Haltlosigkeit zu unterdrücken.Das
erste Zusammentreffen der Gesandtschaft mitdem
Kaiser fand auf
dem
Marsfelde statt. Caligula besuchte dort die Gartenanlagen seiner Mutter,und
die Gesandtenwaren
auch erschienen,um
womöglich vonihm
bemerkt zu werden. Dies geschah auch, der Kaiser, der offenbar unterdem
günstigen Eindruck der Bearbeitung durchAgrippa
stand, grüßte sieund
machte ein freundliches Zeichen; er schickte einenBeamten
seiner Suite, dessenAmt
die Einführung der Gesandtschaften zu den kaiser-lichen Audienzen war, zu ihnen mit der Botschaft, „er wolle sie bei der nächsten Gelegenheit hören".Darob
großer Jubel, die Hofgesellschaft beglückwünschte sie zudem
Erfolg ihrer Sacheund bemühte
sich, denvom
Kaiser offenbar Begünstigten Freundliches zu erweisen oder lieber noch zu sagen.
Die eigentliche Audienz, die einige
Wochen spät«
stattfand, verlief allerdings anders, als es dieses günstige Vorzeichen hatte hoffen lassen.
Der
Verlauf der Audienzwurde
von Philo,dem
Führer dieser Gesandtschaft, auf-gezeichnet. Sie ist die einzige uns erhaltene Schilderung Caligulas durch jemanden, derihm
persönlich gegenüber-gestanden hat,und
gibt ein lebendigesund
eindrucks-volles Bild seines Wesens.Der
unruhigenund
vielgeschäftigen Art des Kaisers entsprechend fand auch diese Audienz nicht in einemEmpfangsraume
des Schlosse« aufdem
Palatin statt, son-dern zwischendurch mit anderen, nicht dazugehörigen Geschäften. Caligula hatte für einigeTage
vor denToren
125 der Stadt Aufenthalt
genommen,
in den Landhäusern, die ehemalsdem Mäcenas und
derLamia
gehört hatten.Er
wollte die Inneneinrichtung der beiden Villen und dieberühmten
Parkanlagen, von denen sieumgeben
waren, besichtigenund
verschiedene Verbesserungenund
Mo-dernisierungen anordnen. Dorthin
wurden
beideGe-sandtschaften, die jüdische
und
die alexandrinische, befohlen.• Schon die erste
Begrüßung
derJuden war
höchstun-erfreulich.
Nachdem
sie sich vorihm
zuBoden
geworfen hatten (Caligula verlangte dieseForm
der Ehrenbezei-gung von allen Orientalen, sah sie aber auch beiRömern
nicht ungern), fletschte er die Zähne
und
schrie sie an:„Seid ihr nicht die Leute, die Feinde der Götter, die ganz allein,
während
alle andernMenschen
meine Gött-lichkeit anerkennen, mich verachtenund
meinerAnbetung
die eines namenlosen Gottes vorziehen?" Dabei hob er
die
Hände und
sprach eine schreckliche Blasphemie aus, die derfromme
Philo nicht mitzuteilen wagt.(Wahr-scheinlich: „Ich spucke"
—
oder noch etwas Schlim-meres—
„auf euren Gott.")Darob
große Freude der gegnerischen Gesandtschaft, deren Führer Isidor den Kaiser noch weiter aufzuhetzen sucht,indem
er einfließen läßt, die Juden hätten auch für dieGenesung
des Kai-sers nicht geopfert.Das
gibt Philo, der die Behauptung,daß
dieJuden
nicht gewillt seien, den Kaiser an Gottes Stelle anzubeten, nicht hatte bestreiten können, endlich die Gelegenheit, etwas zu seinenGunsten
zu sagen.Er
erklärt die
Behauptung
Isidors für eine Lüge, dieJuden
hätten sogar dreimal für den Kaiser geopfert, bei seiner Thronbesteigung, für seine
Genesung und
bei der wohl-behaltenen Rückkehr aus Germanien.Er
fügte noch eineni
120
feinen Kniff hinzu: das Fleisch sei nicht wie bei anderen
Voliem
gegessen, sondern zur höherenEhre
des Kaisers verbrannt worden, wobei er verschwieg, daß dies aufdem
ständig geübten Opferritus der
Juden
beruhte. Caligula läßt sich aber nicht bluffen: „Schön, es ist wahr, ihr habt geopfert—
aber einem andern Gott, nicht mir.Was
sind mir EureOpfer
wert,wenn
für mich, aber nichtmir
geopfert wird?"„Bei diesen
Worten
ergriff uns ein Schauder", schreibt Philo—
keinWunder,
da sie sich in dieEnge
getrieben sahenund
es unmöglich fanden, einer klarenAntwort
auszuweichen. Glücklicherweise half ihnen die fahrigeArt
des Kaisers, der seine Aufmerksamkeit zwischenmehreren
Gegenständen teilte, darüber hinweg.Er
hatte das letzte schonim Gehen
gesprochenund
durchschritt jetzt—
natürlichvom
Gefolgeund
von beidenGesandt-schaften, so gut es ging, begleitet
—
dieZimmer
der Villa, besichtigte die für dieMänner
bestimmtenZim-mer und
die Frauengemächer, untersuchte die Farben-zusammenstellungen der Plafonds, kritisierte Fehler in der Konstruktionund
gab Anweisungen, alles luxuriöserund mehr
nach seinemGeschmack
herzurichten.Die
—
wahrscheinlich nicht sehr beweglichen— Herren
der jüdischen Gesandtschaft, dieihm
treppauf, treppab nach-laufen mußten, hatten den Spott des Gefolges auszu-stehen, das selbstverständlich nachdem
unfreundlichenEmpfang
die bisherige Höflichkeit fallen ließ.Unver-sehens, mitten aus den
Anordnungen
über denUmbau,
wendet er sich wieder zu den Juden mit der abrupten Frage:„Warum
eßt ihrkön
Schweinefleisch?" Dieser köstliche Scherz—
der schon damals uralt gewesen seinmuß —
löst beidem
Gefolge Gelächterund
begeistertes*:
1*7 Händeklatschen aus. Besonders die Alexandriner können
sich gar nicht beruhigen
und
müssen, von den Hofleutengemahnt
werden, daßman
sich In der kaiserlichenNähe
nicht so lärmend benimmt. Philo windet sich wieder
und bemüht
sich, die Frage ausdem
peinlichen Gebiet des Religiösen wegzueskamotieren: „DieGebräuche
sind beiden
Menschen
doch verschieden; viele Leutemögen
kein Lammfleisch."„Mit
Recht", weist ihn der Kaiser zu-rück, „denn Lammfleisch ist wirklich nichts wert."Dann
plötzlich sehr ernst
und
sachlich:„Wir
wollen eure Gesetzeund
eure Verfassung kennenlernen." Sie beginnen nun,ihm
Verschiedenes über dieGrundlagen
des jüdi-schen Gesetzes zu erklären, aber er läuft ihnen wieder davon, geht in eine der Hauptbaulichkeitenund
gibt den Befehl, die Fenster in diesenRäumen
zu verglasen.Plötzlich, als sie schon alle
Hoffnung
aufgegeben haben,wendet
er sich wieder zu den Juden:„Was
sagt ihr da?"Sie beginnen von
neuem
mit ihren gelehrten Auseinander-setzungen, aber er läuft ihnen wiederweg und
geht in ein anderes Haus, in das er alte Bilder hatte bringen lassen,und
trifft Anordnungen, wie sie zu verteilen sind.Dann
wendet er sich wieder den Angelegenheiten der Gesandtschaft zu, ist aber jetzt nichtmehr
aufgebracht, sondern sagt in sanftmütigemTon:
„Diese Idioten scheinen mirmehr
zu bemitleiden als zu tadeln zu sein,da sie nicht imstande sind, meine göttliche