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49 vergnüglichen Familienreisen durch die Mißhelligkeiten

Im Dokument HANNS SACHS BUBI CALIGULA (Seite 51-54)

mit

dem

Statthalter Fiso gestört; sie endeten auf die tragischeste

Weise

mit

dem Tod

des Germanicus.

Der

jüngste Sohn, der nun sieben Jahre alt war,

nahm

mit den anderen Kindern an

dem

Trauerzug teil, der die

Asche

des Vaters nach

Rom

brachte.

Der

der väterlichen Leitung so früh beraubte

Knabe

blieb bei der Mutter, die trotz ihrer glänzenden Eigenschaften damals keine gute Erzieherin gewesen sein kann.

Der

jähe

Tod

ihres

Mannes,

der sie aus allen

Himmeln

ihrer ehrgeizigen

Hoffnungen

gestürzt hatte, drohte auch ihre Söhne

um

die Anwartschaft auf die

Krone

zu bringen. So

mußte

es ihr natürliches Streben sein,

dem

ihr überlassenen

Knaben

ein

Höchstmaß

von Selbstgefühl einzuflößen.

Da-durch, wie durch ihr eigenes selbstbewußtes Auftreten, suchte sie die Angst zu übertäuben, die sie vor der un-erbittlichen

Ruhe

des Tiberius

und

seinem langsam

im

Dunkel schleichenden

Haß

empfand.

Der

Schatten dieser Angst fiel auch auf die Seele des Knaben, so daß sie,

zwischen Gegensätzen hin

und

her geschleudert, nicht zur inneren Ausgleichung kam.

Für

seine körperliche

und

geistige Ausbildung sorgten selbstverständlich berufene Pädagogen

und

Lehrer; sie

fanden in

ihm

einen gelehrigen Schüler für alle Dinge, die mit Leidenschaft

und

unter

dem

Impuls des

Augen-blickes ausgeübt

werden

können,

ohne

viel Selbstbesinnung oder das

Maßhalten

einer starken Persönlichkeit zu ver-langen. So

wurde

der

Heranwachsende

schnell ein leb-hafter

und

wirkungsvoller Redner,

während

die großen

Denker ihm

zu tief, die Historiker

und

Epiker zu breit erschienen.

Trotdcm

sich seine schwache Gesundheit nie ganz kräftigte

und

er anfällig blieb, trieb er fast alle

da-4 Sachs, Bubi Caligula

50

mals gebräuchlichen Arten von Sport mit großer Leiden-schafüichkeit, vor allem Fechten. Reiten und

Wagen-lenken, daneben noch andere Künste, die den

Römern

nicht sehr hoch standen, wie Tanzen,

Musik und

Dekla-mation.

Als sich das Gewitter über Agrippina

immer

näher

und

näher zusammenzog,

war

ihr der Sohn im eigenen

Hause

nicht

mehr

sicher

genug, sie fürchtete,

daß

der Schlag, den sie von Tibsrius und Sejan gegen sich ge-plant fühlte, ihn mittreffen würde, und übergab ihn daher der

Großmutter

ihres

Mannes,

Livia.

Wenn

irgend-wo, so

war

er im

Hause

der

Witwe

des Augustus vor

jedem UnheU

beschützt. Die kluge, alte Frau konnte die Erziehung des Urenkels nicht

vollenden, da sie bald dar-auf starb. Ihr

Tod wurde

für den nun schon

siebzehn-jährigen Caligula

zum

Anlaß, vor der Öffentlichkeit

zum

erstenmal in einer aktiven Rolle zu erscheinen, obgleich er noch das Knabenkleid trug.

Er

durfte die Trauer- und Lobrede, die herkömmlicherweise ein naher

Verwandter

des Verstorbenen zu halten hatte,

von der Rednertribüne des

Forums

herab

dem

versammelten Volke vordekla-mieren.

An

Stelle der Urgroßmutter

nahm

ihn die Mutter semes Vaters in ihr

Haus

auf, Antonia. die

Witwe

des Drusus, dieselbe, die einige

Jahre später Tiberius vor

den

Absichten des Sejanus wirkungsvoll warnte.

Von

Erziehung, insbesondere durch eine Frau, konnte bei

dem nun

fast achtzehnjährigen Jüngling nicht

mehr

die

Rede

sein. Die Prinzen des kaiserlichen

Hauses wurden

in

diesem Alter meist schon zu

den Staatsämtem, mindestens zur

Ausübung

priesterlicher Funktionen herangezogen

(Der

Opferdienst

war

ein wichtiger

Zweig

der Staats-verwaltung.)

Die

Voraussetzung für jede öffentHche

Be-51

tätigTing

war

das Anlegen des Bürgerkleides, die auf Veranlassung des Familienhauptes in feierlicher

Form

ge-schah. Caligula blieb bis auf weiteres im Knabenrock

und

damit auch ferngehalten von den Staatsgeschäften, der Politik

und

den Hofintrigen, mit denen seine beiden älteren Brüder sich tief eingelassen hatten.

Es

war

nicht knabenhafte Verträumtheit, die es

ihm

leicht machte, sich in diese Zurücksetzung zu fügen, son-dern eine Selbstbeherrschung, die weit über das

Maß

dessen hinausging,

was man

von einem jugendlichen,

ver-wöhnten und

äußerst leidenschaftlichen Charakter hätte erwarten können. Bald gingen die Schläge nieder, die Tiberius gegen das

Haus

des

Germanicus

führte:

Agrip-pina

wurde

angeklagt, verurteilt, verbannt; der ältere

Sohn Nero

angeklagt, verurteilt, verbannt

und

getötet;

der mittlere, Drusus, angeklagt, verurteilt, eingekerkert.

Währenddessen war

der unheimliche Sejan eifrig darauf bedacht, den jüngsten Sprößling in das Geschick seiner Familie zu verstricken; solange noch ein Sohn des

Ger-manicus lebte,

war

der

Weg zum Thron

für keinen anderen frei. Es schien kinderleicht, nach der

Mutter und

den beiden älteren Brüdern auch den unerfahrenen, von keinem

Freund

beratenen

Knaben

zu verderben; ge-nügte es Joch schon, die als „Feinde des Staates" Er-klärten zu bemitleiden

und

an ihrem Geschick Anteil zu äußern,

um

selbst als Staatsverbrecher der Strafe zu ver-fallen.

Ganz Rom war

voll Erbitterung über die

Un-gerechtigkeit

und

Perfidie des Tiberius, es

war

undenk-bar, daß der

Sohn

der unschuldig leidenden Agrippina

nicht ein

Worc

des Schmerzes über das der Mutter an-getane Leid, keinen Ausruf des Grolles über die Ver-folgung der Brüder über seine

Lippen

lassen sollte.

Zu

4*

5a

allem XJberfluß brachte Sejan noch Lockspitzel in seine

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