imstande, seine Einsamkeit zu ertragen. Die Beispiele
—
ein paar aus der Fülle gleichartiger Greuel aus-gesuchte genügen—
zeigen alle dasselbe: etwas, das wie eine auf die höchste Spitze gesteigerte, vor nichts zurück-scheuende Eitelkeit wirkt, in Wirklichkeit jedoch nichts ist als ein fortwährender Versuch zur Selbstberuhigung bei einem Menschen, der sich schwach und seinen Trie-ben ausgeliefert fühltund gezwungen
wird, sich selbst sein eigenes Ideal vorzuspielen.Aber
vielleicht ist jede Eitelkeit iraGrunde
aufÄhnlichem
aufgebaut.Einen
Mann,
derwegen
seiner Schönheit undKörper-kraft von allen bewundert wurde,
zwang
er zweimal. In derArena
zu kämpfen,und
als er trotz des Nachteils ungleicherBewaffnung
beideMale
Sieger über seineGegner
blieb, ließ er ihn erst verstümmelnund
so her-umführen,um
ihn besonders den Frauen zu zeigen,dann
abschlachten.
—
Einer der unterRoms
Oberhoheitstehen-den Fürsten, Ptolemäus,
war
ein entfernter Vetter des Kaisers von einer Seite her, die dieser ganz besonders hochschätzte, nämlich durch diegemeinsame Abstammung
vonMarc
Anton. Erwurde
deshalb an denHof
geladenund
aufs freundlichsteaufgenommen.
Als er aber bei den Spielen durch die Farbenpracht seiner Kleidung dieAugen
des Publikums auf sich zog,war
das gleich-bedeutend mit einem Todesurteil.Bei einem Gastmahl, bei
dem
sich Fürstenund
Königeum
denVorrang
ihrer Titel stritten, wollte er auf der Stelle den—
inRom
nochimmer
verhaßten—
Königs-u
txtel
annehmen und
ließ sich nur dadurch davon ab-bringen,daß man ihm
vorstellte, seinRang
übersteige jeden Titel, da er über alles Menschenschicksal hinaus-rage.Wie
in diesem Falle wollte er überhaupt—
ganz nach Kinderart—
alles haben,was
ein anderer besaß, das Schöneund
Köstliche vor allem, aber auch noch das Häßliche und Böse; keinerwar
so hoch oder so niedrig,daß nicht
Raum
für seinenNeid
gewesen wäre.Er
wollteRoms
höchsten Schutzgott, den kapitolinischen Jupiter, übertreffenund
stellte einmal seinen Liebling, den Schau-spieler Apelles, ganz unvermutet vor die Frage,wen
er für denGrößeren
halte, ihn oder den Gott. Als dieser,von der Gotteslästerung geschreckt, zögerte, ließ er ihn geißeln, lobte ihn dann allerdings, weil seine
Stimme
noch im Stöhnen ihre Süßigkeit nicht verliere.Aber
auchdem Ärmsten
derArmen, dem
Priesterkönig vonNemi,
denjedermann
erschlagen durfte, der Lusthatte, sein
Nachfolger zu
werden und
nun seinerseitsjedem
An-greifer ausgeliefert zu sein („the priest
who
slay the slayer—
andwiU
himself be slain"), mißgönnte er sein Geschick, das jener—
so jammervoll eswar —
als sein eigenes vorihm
voraus hatte,und
hetzte einenMörder
auf ihn.
Die Auszeichnungen
und
Reliquien der großen Familienwurden
selbstverständlich eingezogen, aber seinNeid
griff sogar nach den Vorzügen der großen Toten. So
ließ er die Statuen berühmter
Männer
aufdem
Mars-felde
umwerfen und
bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln verbot auch die Aufrichtung neuerDenkmäler
ohne seine ausdrückliche Zustimmung. Es hieß, daß er die Absicht habe, sämtliche vorhandenen Niederschriften derhome-rischen Gedichte zu vernichten,
um
denam
meistenbe-87 wunderten Geist der Vorwelt aus
dem
Gedächtnis derMenschen
auszumerzen (wobei er sich auf Plato berief, der sich das Rechtgenommen
habe, den Dichter aus seinem Idealstaat auszuschließen). DasselbeSchicksal sollteden
Werken
und Standbildern des Vergil und des Livius zuteil werden.Neben
der Auslöschung aller jener, in denen er auch nur einen Augenblick lang einen erfolgreichen Rivalen witterte, ging eine andere Reihe von Schutzmaßregeln einher, die dazu dienen sollten, Eigenschaften, die er an sich selbst als minderwertig empfand,vom
Vorhanden-sein auszuschließen, ihre Existenz nicht zuzulassen. Nicht einmal ein schlechter
Wurf im
Würfelspiel durfte gelten, erwurde
abgeleugnet oder fortgeschwindelt. Streng ver-botenwar
es, dasWort
„Ziege" vor denOhren
des Kaisers auszusprechen, weil er an die starke Behaartheit seines Körpers nicht erinnert sein wollte.Da
er bereitsin der Mitte der zwanziger Jahre dünnes
Haupthaar und
aufdem
Scheitel eine Glatze hatte, durfteniemand
von oben her auf ihn herabsehen.Hingegen
liebte er es,denen, die schönes
Haar
hatten, den Schädel rasieren zu lassen. Bei diesen Vorsichten, die das Körper-Ich be-treffenund darum
einfacherund
unmittelbarer sind,wird
es ganz deutlich,daß
sich hinterdem
Anschein deralles Menschenmögliche in den Schatten stellenden
An-maßung
eine aufs äußerste gesteigerte Verletzlichkeit verbirgt.Andere
Untaten gegenFremde und
Unbekannte, gegen eine namenloseMenge
scheinen jeder Erklärung zu spot-ten. Sie wirken, wiewenn
ein Spaziergänger im Vorüber-gehen gedankenlos in einem Ameisenhaufen stochert oderemen
Käfer zertritt.Für
dieseTaten
charakteristisch Ist88
die Geschichte
vom
Brückenschlag bei Bajä, diewie
einMärchen
beginntund
mit einer üblen Rüpelei endet.Der
junge Kaiser liebte das Außerordentlicheund
Ungewöhnliche; alles,was
von dengewohnten Wegen
gewöhnlicher