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4.3.1 Biodiversität als zentrales Thema

Der Schutz und die Förderung der Biodiversität sind 2030 ein zentrales gesellschaftliches Thema, eine Trendwende hat stattgefunden. Die Be-deutung der Agrobiodiversität wird zunehmend wahrgenommen, insbesondere auch ihre Rolle bei der Bereitstellung von Ökosystemdienst-leistungen. Die optimale Kombination von verschiedenen Möglichkeiten führt dazu, dass Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität grei-fen und der Trend des Artensterbens der letzten Jahrzehnte in Deutschland unterbrochen worden ist. Dies bedeutet, dass viele Arten sich aus noch vorhandenen Restpopulationen regenerieren können und ehemals zerstörte Lebensräume wieder aufgewertet werden. Die Bereitstellung von Ökosystemleistungen (Bestäubung, Schador-ganismenregulation, Erholungswert, Tourismus etc.) ist stabil und wird ständig ausgebaut.

Die Landwirtschaft trägt erheblich zu dieser Entwicklung bei, da wirtschaftliche Anreize zielgerichtet ausgebaut wurden und gleichzeitig Innovationen (z. B. Digitalisierung, Pflanzen-züchtung) genutzt werden, um ressourcen-schonender zu wirtschaften und schädliche Praktiken zu ersetzen. Zulassungsbedingungen für Pestizide sind einerseits angepasst worden, andererseits werden jedoch auch viele andere Methoden des Pflanzenschutzes eingesetzt.

Es wird zunehmend auf Diversität auch in der Nutztierhaltung gesetzt. Ergänzt durch eine Fortentwicklung von Haltungsformen ist so eine Tierhaltung vorzufinden, die gesellschaftlich akzeptiert ist.

4.3.2 Tierhaltung geht zurück und ent-spricht gesellschaftlichen Ansprüchen

Das Konzept der Borchert-Kommission ist zur Anwendung gelangt und die gesellschaftlichen Anforderungen konnten wirtschaftlich tragfähig umgesetzt werden. Die artgerechteren Tier-haltungsverfahren bringen Tiere auch wieder in die Landschaft und die Rassenvielfalt steigt. Die Weidetierhaltung trägt zum Erhalt des für die Biodiversität so wichtigen Grünlands bei.

Insgesamt sind der Fleischkonsum und auch die Tierproduktion in Deutschland deutlich zurück-gegangen, aber es gibt mehr Betriebe mit jeweils einer größeren Diversität und weniger Tieren.

Im Zuge der umstellung der Tierhaltung ist es zu einer verschiebung zwischen den Tierarten gekommen.

4.3.3 Regionalisierung von Wert-schöpfungsketten

Die Landwirtschaft, die Lebensmittelindustrie und der Handel setzen in sehr viel stärkerem um-fang auf eine regionale und dezentrale Produk-tion und verarbeitung von Lebensmitteln, sodass die Wertschöpfungsketten für eine signifikante Anzahl von Lebensmitteln kürzer und regionaler geworden sind. Auch die Direktvermarktung durch die landwirtschaftlichen Betriebe hat zu-genommen und die größere Wertschöpfungstiefe ermöglicht höhere Erlöse.

Durch vielfältigere Fruchtfolgen im Ackerbau, mehr einheimisches Feldgemüse und Obst, Diversität in der Produktion und weniger Standardisierung hat die vielfalt der landwirt-schaftlichen Produkte zugenommen. Die Nutzung der komparativen vorteile bei der Kultivierung regional angepasster Sorten trägt zu einem wirtschaftlich tragfähigen Modell bei. Durch eine leistungsstarke Infrastruktur im ländlichen Raum werden alle Betriebe gefördert und kooperieren.

Die Machtverhältnisse in der Wertschöpfungs-kette sind gleichmäßiger verteilt und es bestehen langfristige Kooperations- und Abnahmebeziehungen in der Lieferkette (inkl.

Risikoabfederung). Die Gewinne sind entlang der Wertschöpfungskette gleichmäßiger ver-teilt. Die angehobenen sozialen Standards für Arbeitskräfte können zu einem Arbeitskräfte-mangel führen und fördern die Digitalisierung.

Die zunehmende Etablierung von Robotik führt zu neuen Strukturen der Arbeitsteilung und Gestaltung im landwirtschaftlichen Betrieb.

4.3.4 Umfassende Internalisierung (eventuell Pauschalierung) externer Kosten, inkl. CO

2

-Zertifikaten

Soziale Ziele sind politisch klar definiert, und so ist es gelungen, durch umfangreiche Internalisierung von externen Kosten sowohl den Konsum als auch die Produktion neu auszurichten. Sowohl positive als auch negative Effekte sind für das gesamte System transparent und können als Kosten berechnet werden. Dabei wird ein Instrumentenmix realisiert, der neben ordnungspolitischen Instrumenten u. a. Abgaben auf Importe an den Eu-Außengrenzen und Mindeststandards beinhaltet. Beispiele für die zusätzlichen Abgaben betreffen cO2, Zucker und Pflanzenschutzmittel. Innovationen und Techno-logien, die dazu beitragen, dass unerwünschte externe Effekte reduziert werden, gewinnen immer mehr an Bedeutung und werden öffent-lich gefördert, z. B. kostengünstige Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln.

In der Folge ist es zu deutlichen verschiebungen bei den Betriebsmittelkosten, den Produktkosten und dem Konsum gekommen. Die Landwirtschaft ist zum vorreiter bei der Internalisierung von ex-ternen Effekten geworden und andere Branchen orientieren sich an diesem vorbild.

Beim Klimaschutz spielt der cO2 -Zertifikate-Handel eine große Rolle und dieser wird ergänzt

ANHANG / DOKuMENTATION DER ERGEBNISSE DER AG ZuKÜNFTE: SZENARIEN EINER NAcHHALTIGEN LANDWIRTScHAFT IN DEuTScHLAND

durch ordnungspolitische Maßnahmen in einigen Bereichen. Dazu zählen der vertragsnaturschutz, die Zurverfügungstellung von Ausgleichsflächen für die Biodiversität sowie ordnungsrechtliche vorgaben für die Gewässereutrophierung.

4.3.5 Agrarförderung ausgerichtet an gesellschaftlichen Zielen

Die Regionalisierung von Wertschöpfungs-ketten ist u. a. dadurch erreicht worden, dass die Agrarförderung auf die Erreichung vielfältiger gesellschaftlicher Ziele ausgerichtet ist. Gesellschaftliche Ziele wie z. B. die Regional-entwicklung, der Ausgleich von Stadt-Land-Dis-paritäten, soziale Aspekte, Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, Tier- oder umweltschutz definieren die Agrarförderung.

4.3.6 Mischform mit hohem Anteil marktwirtschaftlicher Anreize

Agrarförderung und umweltschutz sind gut aufeinander abgestimmt und es wurde eine Mischform aus ordnungsrechtlichen vorgaben und marktwirtschaftlichen Anreizen umgesetzt.

Für Handlungsfelder mit kurzfristig genau mess-barer Zielerreichung sowie zur Sanktionierung von Exzessen und gesellschaftsschädlichem ver-halten greift das Ordnungsrecht. Bei Maßnahmen mit hohem Anteil gesellschaftlicher und wenig zielbezogener Ansprüche greift dagegen der kooperative Ansatz, der Anreize für eine kreative Lösungsfindung und für eine positive Gestaltung schafft. Landwirtschaftliche Betriebe haben Kompensationszahlungen für den zusätzlichen Aufwand bei der Implementierung von Tier-, umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen erhalten.

4.3.7 Nachhaltigkeitsbewusster Konsum

Ein wichtiger Baustein ist auch der nachhaltig-keitsbewusste Konsum, der einen breiten gesellschaftlichen Konsens widerspiegelt. Ein nachhaltigkeitsbewusster und

gesundheits-fördernder Ernährungsstil dominiert das

Konsumverhalten. Aus diesem Grund sind auch Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft für nachhaltig und mit höheren Tierwohlstandards produzierte Nahrungsmittel gestiegen. Der Konsum tierischer Produkte hat abgenommen (hoher Stellenwert vegan/vegetarisch) und auch die Lebensmittelverschwendung wurde reduziert.

Die verbraucher:innen fordern mehrheitlich eine hohe Transparenz und die Kennzeichnung eines breiten Straußes an Kriterien (Klimaeffekte, Erzeugnis aus biologischer Landwirtschaft, Nachhaltigkeit, Fair Trade, globale verteilungs-gerechtigkeit [z. B. globaler Flächenfußabdruck], regionale Produktion, Tierwohl etc.) als Basis für Kauf- und Konsumentscheidungen.

4.3.8 Nachhaltigkeitsgetriebene Innova-tionen

Nachhaltigkeitsgetriebene Innovationen in Bezug auf Innovationsprozess, Produkte und verfahren unter Berücksichtigung systemischer Zusammen-hänge haben die umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft ermöglicht. Innovationen wurden unter den veränderten Rahmenbedingungen auf einen geringeren Ressourcenverbrauch, die ver-ringerung der Lebensmittelverschwendung, den Ersatz potenziell riskanter verfahren, den Erhalt der Biodiversität, die Steigerung des Tierwohls, gute Arbeitsbedingungen und eine bessere Work-Life-Balance für Landwirt:innen ausgerichtet.

Die europäische Forschungsförderung hat zur Entwicklung von Alternativen zu bereits bestehenden Monopolen/Oligopolen einen wich-tigen Beitrag geleistet. In der Pflanzenzüchtung wurde der Zugang zu genetischen Ressourcen zur Weiterzüchtung sichergestellt. So wurde die Monopolisierung von Zuchtmaterial, Techno-logien und Traits verhindert. Risikobewertung, Sicherheitsprüfung und Zulassung durch staat-liche Stellen, die die Sicherheit von Technologien, Produkten und verfahren gewährleisten, führen zu Nachweisverfahren für Neue

Genomtechno-logien und zu deren Kennzeichnung. Der

Technologietransfer aus dem öffentlichen in den privatwirtschaftlichen Sektor erfolgt mit breiter Teilhabe und offenen Innovationssystemen (Open Source).

Das Szenario setzt veränderte internationale Rahmenbedingungen für den Handel mit land-wirtschaftlichen Produkten, einen allgemeinen gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Nach-haltigkeit und veränderte Konsummuster voraus.

4.4 Szenario B