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Allgemeines

Das FFH-Gebiet "Unteres Taubertal" erstreckt sich entlang der Tauber von Niklashausen im Süden bis Wertheim im Norden, wobei zwei größere Waldgebiete in die Flächenkulisse inte-griert sind (Kammerforst bei Gamburg, Teile des Schönert bei Bronnbach). Zudem liegt der baden-württembergische Teil des Mains zwischen Wertheim und Urphar im FFH-Gebiet.

Weitere, nordöstlich gelegene Gebietsteile sind der Kennwergraben, der Steinbruch Dieten-han sowie Wälder und Wacholderheiden nördlich von Dertingen. Insgesamt Dieten-handelt es sich um acht unterschiedlich große Teilgebiete zwischen 0,8 und 728 Hektar Flächengröße.

Bedeutende Teile des Natura 2000-Gebiets sind bereits mit anderen Schutzgebietskatego-rien belegt. Dazu gehören Naturschutzgebiete (NSG Ellenberg-Kapf, NSG Gutenberg, NSG Apfelberg) und Landschaftsschutzgebiete (LSG Wertheim, LSG Kembachtal, LSG Werbach).

Wald

Das FFH-Gebiet „Unteres Taubertal“ ist etwa zu drei Vierteln seiner Fläche, auf insgesamt ca. 645 ha bewaldet (ohne Auwaldstreifen von Tauber und Main). Den Waldflächen kommt somit eine hohe Bedeutung zu. Landschaftlich ist das Gebiet durch die in nordwestliche Richtung verlaufende breite Talaue der Tauber geprägt. Dabei säumen die überwiegend be-waldeten Hänge das windungs- und strukturreiche Durchbruchstal der Tauber. Bergkuppen im Bereich des in den höheren Gebietsteilen im Osten vorkommenden unteren Muschelkalks zeichnen sich durch ihre strukturreiche, teils lichte Ausprägung und hiermit verbundenem Artenreichtum besonders entlang der Waldsäume aus.

Die Gebietsteile links der Tauber (Schönert und Großer Kammerforst) sind dem Wuchsge-biet Odenwald mit dem Regionalwald „Submontaner Buchen-Eichenwald“ zugeordnet. Ge-bietsteile rechts der Tauber gehören zum Neckarland. Regionalwald ist hier der „Kolline Bu-chen-Traubeneichenwald“. Dominierende Böden im Wald sind Braunerden (gute bis mittlere Standorte), in denen oftmals die, bedingt durch den Regenschatten von Odenwald und Spessart, mäßige Wasserversorgung zum limitierenden Faktor im Waldwachstum wird.

Etwa 25 % der Gebietsfläche sind als Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald [9130] oder Hainsimsen-Buchenwald [9110] kartiert. Dabei sind Buchenreinbestände im Gebiet nur sel-ten anzutreffen. Vielmehr sind die Buchenwälder durch eine mehr oder weniger starke Bei-mischung von Kiefer, Eiche, Lärche und der Douglasie gekennzeichnet. Dominierender Waldentwicklungstyp ist der „Buchen-Laubbaum-Mischwald“. Die ausgeprägt wechseltro-ckenen Standorte am Ellenberg führen zu einer deutlich herabgesetzten Vitalität der Buche, sodass von naturnahen Labkraut-Eichen-Hainbuchenwäldern [9170] mit der Traubeneiche als führende Baumart ausgegangen wird.

Nur sehr kleinflächig und jeweils mit nur einem Bestand sind der LRT Orchideen-Buchenwälder [9150] sowie der LRT Schlucht- und Hangmischwälder [*9180] vertreten. Bei dem Orchideen-Buchenwald am Apfelberg handelt sich vermutlich um einen der am besten ausgebildeten Bestände des Lebensraumtyps im Taubergebiet. Sonderstandorte im Wald stellen die Bestände des LRT Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation [8220] dar, die an drei Stellen im Gebiet vorkommen.

Für aktuell fünf FFH-Anhang-II-Arten stellen die Wälder des Gebiets einen wichtigen Lebens-raum dar. Sie sind Jagdgebiete von Mopsfledermaus (Barbastellus barbastellus) (RL 1), von Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) (RL 2) sowie vom Großen Mausohr (Myotis myotis) (RL 2). Weiterhin haben Hirschkäfer (Lucanus cervus) (RL 3) sowie Spanische Flagge (Callimorpha quadripunctaria) gute Bestände innerhalb der Wälder des FFH-Gebiets. Der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) (RL 3), der nördlich von Dertingen vor einigen Jahren noch drei Wuchsorte hatte, konnte aktuell nur noch an zwei der drei Stellen nachgewiesen werden.

Durch die Ausweisung der Schonwälder „Ellenberg“ und „Gutenberg“ sollen u. a. die Fortset-zung der historischen Niederbewirtschaftung erreicht werden und lichtliebende Arten wie der Diptam (Dictamnus albus) und weitere Arten der trocken-warmen Säume und Kalk-Magerrasen gefördert werden.

Der Wald im Natura 2000-Gebiet erfüllt eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. Hervor-zuheben ist die Bodenschutzfunktion in den Steillagen und im östlichen Muschelkalkbereich.

Der Main-Tauber-Kreis ist mit 29,6 % im Vergleich zum Land unterdurchschnittlich mit Wald ausgestattet. Gleichzeitig beträgt die Bevölkerungsdichte, mit circa 100 Einwohnern je km², weniger als die Hälfte des Durchschnittswertes in Baden-Württemberg (https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Regionales/Kreiszahlen10230011270 04.pdf?__blob=publicationFile, Stand: 2013, Abruf am 01.04.2016). Das Gebiet weist etwa zu einem Drittel Waldflächen in privatem Besitz, verglichen mit dem Landesdurchschnitt aber nur geringe Anteile an kommunalen Wäldern auf. Etwa die Hälfte der Flächen befindet sich im Besitz des Landes.

Offenland

Das FFH-Gebiet hat u. a. eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der naturschutzfach-lich bedeutsamen Kalk-Magerrasen des mainfränkischen Trockengebiets und seinen regio-nalen Ausbildungen der Halbtrocken- (Mesobromion) und Trockenrasengesellschaften (Xe-obromion). Im Gebiet treten diese überwiegend in Form von Wacholderheiden in Erschei-nung, wobei sie teils mit relativ großflächigen Kalk-Pionierrasen Mosaike bilden. Man findet also die Lebensraumtypen Wacholderheiden [5130], Pionierrasen [*6110] sowie Kalk-Magerrasen [6210, *6210] vor, überwiegend in hervorragender Ausprägung. Die meisten der hochwertigen Bestände sind schon länger innerhalb von Naturschutzgebieten gesichert

(NSG Apfelberg, NSG Gutenberg) und werden aktuell durch extensive Beweidung mit Zwergzebus bzw. Eseln in ihrer Qualität erhalten. Insgesamt sind bei der Kartierung im Rahmen der Managementplanerstellung etwa 17,7 ha Wacholderheiden, Kalk-Pionierrasen und Kalk-Magerrasen erfasst worden. Diese werden von einer artenreichen Flora und Fauna besiedelt, darunter sehr viele gefährdete Arten, auch hochgradig gefährdete wie z. B. Loth-ringer Lein (Linum leonii) (RL 1), die Erdflechte Fulgensia fulgens (RL 1), die Glatte Lang-kopf-Schmalbiene (Lasioglossum clypeare) (RL 1), die Then-Blattzikade (Wagneriala incisa) (RL 1), der Flockenblumen-Scheckenfalter (Melitaea phoebe) (RL 1) oder die Italienische Schönschrecke (Calliptamus italicus) (RL 1). Einige Arten haben in den Magerrasen des FFH-Gebiets eines von wenigen bekannten Vorkommen innerhalb von Baden-Württemberg (z. B. Elsässer Sommerwurz Orobanche alsatica, RL 2) oder sogar das Einzige Vorkommen Baden-Württembergs (z. B. Lothringer Lein, Then-Blattzikade). Mit Kiefern aufgeforstet ehe-malige Wacholderheiden bzw. Kalk-Magerrasen-Flächen im NSG Gutenberg und südlich des NSG beherbergen ein hohes Potenzial für eine Rückentwicklung zu hochwertigen Xerother-mrasen.

Neben den Lebensräumen trockener Standorte wird das Offenland des FFH-Gebiets von Feuchtbiotopen geprägt. Die untere Tauber und der Main haben einen relativ hohen Flä-chen-Anteil am Gebiet. Allerdings dominieren bei beiden Flüssen die Rückstaubereiche der Wehre und Staustufen gegenüber den frei fließenden Strecken. Dem entsprechend findet man den Lebensraumtyp Fließgewässer mit flutender Wasservegetation [3260] nur an weni-gen Stellen. Auch die Eignung für strömungsliebende Arten wie die FFH-Anhang-II-Art Grop-pe (Cottus gobio) (RL V) ist aufgrund der vielen strömungsberuhigten Abschnitte nur stellen-weise günstig. Dennoch hat die Tauber im FFH-Gebiet auch Bedeutung für hochgradig ge-fährdete Fließgewässerarten. Dazu zählt z. B. die Gemeine Kahnschnecke (Theodoxus flu-viatilis) (RL 1). Nach RICHLING &GROH (2018) gehört das Vorkommen der Gemeinen Kahn-schnecke in der Tauber zu den wenigen verbliebenen autochthonen Populationen in Baden-Württemberg. Im Mündungsbereich der Tauber leben sechs der sieben in Deutschland vor-kommenden Großmuschelarten, darunter auch die FFH-Anhang-II-Art Kleine Flussmuschel (Unio crassus) (RL 1). Der Unterlauf der Tauber beherbergt insgesamt „trotz starker struktu-reller Degradation noch immer eine wertvolle Malakozönose mit 28 Taxa an Wassermollus-ken“ (RICHLING &GROH 2018: 45).

Zwei FFH-Anhang-II-Arten, die von den Rückstaubereichen der Fließgewässer profitieren sind der Biber und der Bitterling. Der Biber (Castor fiber) (RL 2) ist im Gebiet weit verbreitet.

Die Art nutzt ausgiebig die gut grabfähigen Ufer der oft tief eingeschnittenen Tauber. Wichti-ge NahrungsgrundlaWichti-ge stellen die ausWichti-gedehnten Auwaldstreifen dar, die in der ReWichti-gel zum Lebensraumtyp Auenwälder mit Erle, Esche, Weide [*91E0] zählen. Auch die Bedingungen für den Bitterling (Rhodeus sericeus amarus) (RL 2) im Gebiet werden insgesamt mit gut eingeschätzt. Die Art breitet sich offenbar derzeit in der Tauber aus, wie es auch in anderen Gewässern Baden-Württembergs der Fall ist.

Wo entlang der Fließgewässer keine Auwaldstreifen ausgebildet sind, findet man teilweise Bestände des Lebensraumtyps Feuchte Hochstaudenfluren [6430], die allerdings nur am Main bei der Staustufe Eichel besonders großflächig und artenreich ausgebildet sind. Dort stellen die Staudenfluren Teilhabitate des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) (RL 3) so-wie des Dunklen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings (Maculinea nausithous) (RL 3) dar. Beides sind Falterarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie.

Erwähnenswert sind bei den Fließgewässern weiterhin ausgedehnte Kalksinter-Terrassen in zwei Bächen des FFH-Gebiets, dem Kennwergraben und dem Maisenbach. Wegen ihrer Lage abseits von Quellen zählen diese nicht zum LRT Kalktuffquellen [*7220], beherbergen aber die entsprechende Vegetation (Cratoneurion).

Stillgewässer kommen im Gebiet nur in relativ geringer Zahl vor. Ein Teil von ihnen zählt zum LRT Natürliche nährstoffreiche Seen [3150]. Teilweise sind auch die Stillgewässer von Biber und Bitterling besiedelt. Die meisten Stillgewässer sind aktuell nur von geringer bis mäßig hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Eine Ausnahme bilden die Tümpelketten im

Stein-bruch Dietenhan, wo ein Vorkommen der Gelbbauchunke (Bombina variegata) (RL 2) exis-tiert.

Lebensräume mesophiler Standorte des Offenlandes spieIen im FFH-Gebiet eine ver-gleichsweise kleine Rolle. Es handelt sich allein um den LRT Magere Flachland-Mähwiesen [6510]. Bestände dieses Lebensraums findet man vor allem in der Tauberaue bei Gamburg sowie in der Mainaue bei der Ortschaft Eichel und der Staustufe Eichel. Der LRT bildet teil-weise große zusammenhängende Bestände. Es überwiegen gut ausgeprägte, artenreiche und oft buntblumige Mähwiesen. Ein Teil der Wiesen ist Lebensstätte der beiden FFH-Anhang-II-Arten Großer Feuerfalter und Dunkler-Wiesenknopf-Ameisenbläuling.

Naturschutzfachlich sehr bedeutsam sind die Wochenstuben- und Winterquartiere des Gro-ßen Mausohrs im Gebiet, insbesondere das Winterquartier im ehemaligen Eisenbahntunnel von Wertheim sowie die Wochenstube in der Kirche von Niklashausen, welche die größte bekannte Mausohr-Wochenstube im gesamten Main-Tauber-Kreis ist.

2.4 Zusammenfassende Darstellung der Ziele und der