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3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.5 Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083]

Erfassungsmethodik Detailerfassung

Kartierjahr 2015 (kleinflächige Ergänzungen bei Gamburg 2017)

Anfang Mai 2015 erfolgte eine Übersichtsbegehung des gesamten FFH-Gebiets sowie die Befragung von Revierleitern, Naturschutzverbänden, sonstigen Gebietskennern und des RP Stuttgart. Die Geländebegehungen fanden zwischen Anfang Juni und Mitte Juli statt. Poten-tiell für den Hirschkäfer geeignete Offenlandbereiche, wie z. B. Streuobstbestände, wurden bei den Kartierungen berücksichtigt. Die Abgrenzung der Lebensstätte erfolgt in Beständen mit konkretem Artnachweis sowie in den umgebenden geeignet erscheinenden Beständen.

Erhaltungszustand der Lebensstätte des Hirschkäfers LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten 1 1 -- 2

Fläche [ha] 37,88 57,90 -- 95,78

Anteil Bewertung von LS [%] 39,55 60,45 -- 100

Flächenanteil LS

am Natura 2000-Gebiet [%]

4,43 6,77 -- 11,20

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) besiedelt vor allem alte Laubwälder, vorzugsweise mit Eichen. Die Art bewohnt auch Waldränder, Parks, Obstwiesen und Gärten, insbesondere wenn dort alte und absterbende Bäume zu finden sind. Die Flugzeit der Käfer reicht von En-de April bis Mitte August. Zur Entwicklung benötigen die Larven morsche Wurzelstöcke in mindestens 40 cm Tiefe. Die Nahrung der Larven besteht aus feuchtem, verpilztem Holz, welches sich nach und nach in Humus verwandelt. Die Entwicklungszeit der Larven beträgt fünf bis sieben Jahre.

Insgesamt wurden im gesamten FFH-Gebiet 96 ha Lebensstätte anhand von 45 Fundpunk-ten in zwei ErfassungseinheiFundpunk-ten ausgewiesen.

Lebensstätten wurden zum einen in einem sehr artenreichen ehemaligen Niederwald mit hohem Eichenanteil, zum anderen in reinen Eichen- und Eichen-Buchen-Mischwäldern mit warmen, sonnigen Waldinnen- und Außenrändern ausgewiesen. Die zwei Erfassungseinhei-ten des Gebiets stellen sich wie folgt dar:

Hirschkäfer am Ellenberg und im Naturschutzgebiet „Ellenberg-Kapf“ bei Dertingen Die circa 38 ha große Erfassungseinheit erstreckt sich nordöstlich von Dertingen über den Ellenberg und das Naturschutzgebiet „Ellenberg-Kapf“ (südlicher Teil des Ellenbergs). Auf der trockenen, warmen Kuppe weisen die sehr artenreichen ehemaligen Niederwaldbestän-de eine ausgesprochen geringe Wüchsigkeit auf. Überwiegend mittelalte Eichen (Alter 70) nehmen einen hohen Anteil an der Artenzusammensetzung der Bestände ein (circa 50 %).

Es handelt sich um überwiegend ungleichaltrige, geschlossene, teilweise gedrängt stehende Stangen- bis Baumhölzer. Alteichen mit starkem Durchmesser sind nur vereinzelt vorhan-den. Andere Laubhölzer wie Hainbuche, Feld-Ahorn, Kirsche, Elsbeere, Mehlbeere und Lin-de können für Lin-den Hirschkäfer auch wertvolle Mikrohabitate darstellen. Teilweise tritt dichter Unterwuchs aus Hasel (Corylus avellana) und Heckenkirsche (Lonicera spec.) auf. Lediglich Nadelholz scheint für den Käfer nicht interessant (RINK 2006). Somit sind Bestände mit Douglasien- oder Kieferbeteiligung aus der Lebensstättenkulisse ausgenommen.

Während der Geländebegehungen wurden 43 aktuelle Artnachweise (37 Männchen, 6 Weib-chen) des Hirschkäfers erbracht. Bei allen Nachweisen handelte es sich um Totfunde, wobei alle bis auf zwei Tiere von Vögeln gefressen worden waren. Die Nachweise wurden an ins-gesamt drei Terminen (17.06., 19.06. und 07.07.2015) erbracht. Alle Tiere bzw. deren Kör-perteile wurden an lichten Waldinnenrändern im Bereich von Waldwegen aufgefunden.

Die Habitateignung und mittelfristige Prognose wird mit hervorragend bewertet. Die gesamte Erfassungseinheit befindet sich auf einer trockenen, warmen Kuppe mit eichenreichen Be-ständen. Die breiten Wege und Waldinnenränder sind aufgrund der geringen Baumhöhen häufig gut besonnt. Die Bestände sind überwiegend mittleren Alters und auch langfristig für die Art sehr gut geeignet. Obwohl Stubben und starkes Totholz nicht in größerem Umfang

vorhanden sind, lässt die Populationsgröße des Hirschkäfers auf eine sehr gute Habitatquali-tät schließen.

Der Lebensstättenverbund wird mit gut bewertet. Außerhalb der FFH-Gebietsgrenze sind bei Dertingen (ca. 2 km), Holzkirchen (ca. 3 km; Bayern) und Tiefenthal (ca. 4 km; Bayern) wei-tere Hirschkäferfunde gemeldet (LUBW; www.hirschkaefer-suche.de). Das Vorkommen von Eichen mit Saftstellen wird mit gut bewertet. Vereinzelt sind blutende Eichen vorhanden. Der Zustand der Population wird aufgrund der sehr häufigen Nachweise mit hervorragend bewer-tet.

Beeinträchtigungen werden nicht gesehen. Der vorhandene dichte Unterwuchs stellt derzei-tig keine signifikante Beeinträchderzei-tigung dar.

Hirschkäfer im „Großen Kammerforst“ bei Gamburg

Die circa 58 ha große Erfassungseinheit befindet sich östlich von Gamburg im Waldgebiet Großer Kammerforst und setzt sich zum Großteil aus älteren, nahezu reinen Eichenbestän-den sowie aus Buchen-Alteichen-MischbestänEichenbestän-den zusammen. In Eichenbestän-den EichenbestänEichenbestän-den ist, bis auf sehr niedrige, verbissene Eichennaturverjüngung, nahezu kein Unterwuchs vorhan-den. In den Mischbeständen kommt vorwiegend Buchennaturverjüngung auf. Entlang der Bestände finden sich für den Hirschkäfer bestens geeignete sonnenexponierte und wärme-begünstigte Waldinnen- und Außenränder.

Im Rahmen der Geländebegehungen wurden zwei aktuelle Artnachweise (1 Weibchen, 1 Abdomen) des Hirschkäfers erbracht. Beide Nachweise gelangen am 07.07.2015. Die Reste (Vogelfraß) der beiden Käfer wurden auf einem Weg entlang des Waldrandes unter Altei-chen gefunden.

Die Habitateignung und mittelfristige Prognose wird mit gut bewertet. Die Wälder weisen ei-nen hohen (Alt-)Eichenanteil auf. Das Kroei-nenmaterial wird als schwaches, liegendes Totholz in den Beständen belassen. Stubben sind stellenweise zahlreich vorhanden. Starkes liegen-des sowie stehenliegen-des Totholz ist nur in geringem Umfang vorhanden. Die west- und südex-ponierten Waldränder sind sonnenexponiert und wärmebegünstigt.

Der Verbund wird mit gut bewertet. Das nächste Vorkommen befindet sich im benachbarten FFH-Gebiet „6424-341 Nordöstliches Tauberland“ in circa 4 km Entfernung. Das Vorkommen von Eichen mit Saftstellen wird mit gut bewertet. Vereinzelt sind blutende Eichen vorhanden, die durch Stammverletzungen im Rahmen von forstlichen Maßnahmen entstanden sind. Der Zustand der Population wird aufgrund der wenigen Nachweise mit durchschnittlich bewertet.

Beeinträchtigungen werden nicht gesehen. Die Verbissbelastung bei Eiche wurde bereits in der Beschreibung der Habitatqualität abwertend berücksichtigt.

Verbreitung im Gebiet

Die vorwiegend an Eichen (Quercus spec.) und andere Laubhölzer gebundene, wärmelie-bende Art konnte im FFH-Gebiet 6223-311 „Unteres Taubertal“, im Nordosten bei Dertingen und im Südosten bei Gamburg nachgewiesen werden.

Bewertung auf Gebietsebene

Im FFH-Gebiet befinden sich fünf größere Waldflächen, von denen lediglich zwei potentiell für Hirschkäfer geeignete Habitate aufweisen. Hierbei handelt es sich um eichenreiche Be-stände auf warmen, trockenen Standorten bzw. mit warmen, sonnenexponierten Waldrän-dern. Andere Waldflächen sind aufgrund ihrer Exposition oder Baumartenzusammensetzung für die Art eher ungeeignet. Somit werden sich auch zukünftige Vorkommen mit hoher Wahr-scheinlichkeit auf die bereits besiedelten Flächen beschränken. Die Prognose für ein dauer-haftes Vorkommen der Art im Gebiet wird als gut eingestuft. Im FFH-Gebiet „Unteres Tau-bertal“ wird das Hirschkäfervorkommen auf Gebietsebene abschließend mit gut bewertet – Erhaltungszustand B.