• Keine Ergebnisse gefunden

Vom Purzelbaum zum Zahlenraum

3 IMST Projekte „Sprache“ 2011/2012

3.1 Vom Purzelbaum zum Zahlenraum

Projektdaten:

Projektleitung: Dipl.-Päd.in Edith Schwarze

Ausführende Schule: Volksschule 1 Kirchdorf/Krems, Oberösterreich Projektdauer: Schuljahr 2011/2012

Jahrgang: 1. Schulstufe: 1.a (16 SuS, 11w/5m), 1.b (14 SuS, 6w/8m) Unterrichtsfach: Mathematik, Bewegung und Sport

Projektantrag:

Motiviert wurde dieses Projekt durch das Vorgängerprojekt „Bewegt und mutig ins Land der Zahlen und Formen“, welches im Schuljahr 2010/2011 lief. Die dort gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse sollten im aktuellen Projekt fortgeführt bzw. erweitert werden.

Im Projekt soll durch die „Einbeziehung des psychomotorischen Bewegungs- und Wahrnehmungsangebotes in den Mathematikunterricht“ die eigene Körperwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler sensibilisiert werden (Projektantrag_525,1). Des Weiteren ergibt sich daraus auch eine Förderung der mathematischen Sprache in Wort und Schrift, des Präsentierens und Diskutierens und der Raum- und Zeitwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler.

Außerdem sollen bereits Kindergartenkinder gefördert werden, um ihnen so den Schuleinstieg zu erleichtern.

Aktivitäten und Maßnahmen zur Umsetzung des Projekts wurden wie folgt geplant:

Schulanfang/September: Gestaltung einer anregenden Umgebung

September bis Oktober: Erhebung der motorischen und mathematischen Basiskompetenzen

September bis Juni: Durchführung von mindestens einer Mathematikstunde pro Woche mit psychomotorischem Schwerpunkt

Oktober bis Juni: Entwicklung des Mengen- und Zahlenbegriffs, anwenden von mathematischen Begriffen und Zeichen, Mathematisieren von Spiel- und Sachsituationen

Dezember bis Februar: Recherche von Fachliteratur

Dezember, Februar, Mai: Arbeit auf Lehrerinnen- und Lehrerebene

Juni: Evaluierung

September bis Ende Juni: Verbreitung (Projektantrag_525,3-4)

Projektbericht:

Wie lief das Projekt ab?

Schulanfang bis Weihnachten:

Zu Beginn des Projektes wurden sowohl die mathematischen, wie auch die sensomotorischen Fertigkeiten der Kinder überprüft.

Zur Bestimmung der mathematischen Fertigkeiten wurde der Osnabrückner Test zur Zahlbegriffsentwicklung (OTZ) verwendet. Er ist für Kinder im Alter von 5 – 7 ½ Jahren geeignet und überprüft 8 Komponenten des frühen Zahlenbegriffs (OTZ, 1).

Aus den Ergebnissen dieses Tests lassen sich die Kinder dann in verschiedene Niveaustufen einteilen, wobei A das höchste zu erreichende Niveau darstellt (siehe Abb.3.1).

Abb.3.1: Ergebnisse des OTZ (aus Projektbericht_525, 10)

Zur Bestimmung der sensomotorischen Fertigkeiten der Kinder wurden Beobachtungsbögen für jedes einzelne Kind geführt. Wie viele Kinder in den getesteten Bereichen Defizite aufwiesen, lässt sich aus Abb.3.2 ablesen.

Abb.3.2: Sensomotorische Fertigkeiten (aus Projektbericht_525, 11)

Zeigte ein Kind Auffälligkeiten in beiden Bereichen, so wurde dieses in die Fördergruppe aufgenommen (Abb.3.3).

Abb.3.3: Auffälligkeiten bei den Kindern (aus Projektbericht_525, 11)

Jänner bis Semesterferien:

Hier wurde der Schwerpunkt auf das Thema „Raum“ gesetzt. Im mathematischen Bereich bedeutete dies, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Zahlenraum 1 bis 5 auseinandersetzten, die Begriffe „mehr werdend“ und „weniger werdend“

erlernten und ihre Zählfertigkeit trainierten. Im sensomotorischen Bereich beschäftigte man sich mit Raum-Lage-Positionen, der Verwendung von Präpositionen und Gleichgewichtsspielen (Projektbericht_525, 12).

Semesterferien bis Ostern:

Zum Themenschwerpunkt Zeit wurde der Zahlenraum auf 12 erweitert und die Schülerinnen und Schüler beschäftigten sich mit dem Messen und Vergleichen von Längen. Im Bereich der Wahrnehmung und der Motorik gab es Rhythmusspiele,

Tätigkeiten wurden nach ihrer Dauer verglichen, Monatsnamen wurden geübt und Zeitspannen verglichen (Projektbericht_525, 14).

Ostern bis Mai:

Der Themenschwerpunkt Raum-Zeit brachte eine Erweiterung des Zahlenraums auf 20 und die Schülerinnen und Schüler setzten sich mit dem Messen und Stoppen der Zeit auseinander. Größen, Längen und Ausdehnungen wurden betrachtet und die Schülerinnen und Schüler übten mit Spielen das Schätzen und Vergleichen (Projektbericht_525, 16).

Mai bis Schulschluss:

Der Themenschwerpunkt Raum-Zeit wurde erneut aufgegriffen und vertieft. Der Zahlenraum wurde auf 30 erweitert und es wurde mit Körpern und Inhalten gearbeitet. Im sensomotorischen Bereich beschäftigte man sich mit Symmetrien und Spiegeln, Körpergrößen, dem Schätzen und Vergleichen von Ergebnissen und der Wahrnehmung des Außenraums (Projektbericht_525, 18).

Methoden:

Um die Zielsetzung des Projekts zu erreichen, wurden Kinderspiele, Lieder, Reime und Geschichten eingesetzt. Am Anfang jeder Förderstunde wurde ein Spiel mit den Kindern gespielt. Dies erleichterte einerseits den Kindern den Zugang zum Thema, andererseits konnten die Lehrerinnen in dieser Zeit die Fortschritte bei den Kindern beobachten und in die Bewertungsbögen eintragen.

Des Weiteren wurden immer wiederkehrende Elemente verwendet (z.B. Besuche der Zahlenfee oder der Hexe Simbula). In diesen Situationen, welche den Kindern schon bekannt waren, konnten innerhalb der Geschichte neue Aspekte erarbeitet werden (Projektbericht_525, 13-15).

Im Bereich zur Förderung der sensomotorischen Fertigkeiten wurden verschiedenste Hilfsmittel eingesetzt. So kamen zur Förderung der eigenen Körperwahrnehmung u.a. Balancierbalken, Kletternetze, Ringe, Slacklines und Seile zum Einsatz.

Dadurch konnten die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe ihres Körpers erfahren, was z.B. Gleichgewicht bedeutet und das Gelernte konnte dann auf die Mathematik

übertragen werden. Auch Begriffe wie „größer als“, „mehr als“, usw. konnten so für die Kinder spürbar gemacht werden (Projektbericht_525, 9).

Inwieweit hat sich der im Projektantrag geplante Ablauf im Laufe des Projekts verändert?

Aufgrund des hohen Zeitaufwands bei den Überprüfungen und einer Vielzahl an entfallenden Stunden im Schuljahr wurden zu Schulschluss nur mehr jene Kinder erneut getestet, welche die Fördergruppe besuchten. Daher liegen Endresultate nur zu jenen Kindern vor, welche am Schulbeginn Auffälligkeiten sowohl im mathematischen als auch im sensomotorischen Bereich zeigten (Projektbericht_525, 21).

Ergebnisse und Evaluierung:

Im mathematischen Bereich wurden neun Kinder (6 Mädchen / 3 Burschen) erneut überprüft.

 Drei Mädchen verbesserten sich von Niveaustufe C auf Niveaustufe B.

 Ein Mädchen und ein Bursche verbesserten sich von Niveaustufe D auf Niveaustufe B.

 Ein Mädchen verbesserte sich von Niveaustufe E auf Niveaustufe B.

 Zwei Burschen, welche bei der Testung zu Schulbeginn nicht erfasst werden konnten, da ihre Aufmerksamkeitsspanne zu gering war, erreichten bei der Endtestung Niveaustufe B bzw. Niveaustufe C.

 Ein Mädchen erreichte bei der Endtestung erneut Niveaustufe D. Für sie wurde ein Antrag auf sonderpädagogischen Förderbedarf in Mathematik gestellt.

Somit traten Verbesserungen bei acht von neun Kindern auf, eines blieb auf dem gleichen Niveau, keines der Kinder hatte sich verschlechtert.

Diese neun Kinder wurden ebenfalls im sensomotorischen Bereich erneut überprüft, wobei man folgendes Ergebnis erhielt (Projektbericht_525, 21-22):

Auffälligkeiten bei Anfangstestung

Auffälligkeiten bei Endtestung statisches Gleichgewicht 6 Mädchen, 3 Burschen 1 Bursche dynamisches Gleichgewicht 3 Mädchen, 3 Burschen 3 Burschen

Rhythmus 5 Mädchen, 3 Burschen 2 Mädchen, 1 Bursche Körperschema 6 Mädchen, 3 Burschen 2 Mädchen, 3 Burschen

Bei einer Befragung durch drei Psychologiestudentinnen der Uni Wien gaben die Kinder der Fördergruppe an, dass sie selbst auch einen Lernfortschritt bemerkt hatten. Sechs Kinder meinten, dass sie nun besser rechnen konnten als zu Beginn des Schuljahres, drei gaben an, dass sie sich beim Zählen verbessert hatten und nun schneller zählen konnten (Projektbericht_525, 37).

Analyse

Die größte Änderung zwischen Projektantrag und Projektverlauf war der zeitliche Rahmen. Wie bereits oben erwähnt wurde, mussten die zeitlichen Rahmenbedingungen abgeändert werden, da die Überprüfungen zu Schulbeginn zu viel Zeit in Anspruch nahmen. Dadurch ergab sich auch eine Umstrukturierung des Projekts. Denn zu Schulschluss wurden nicht mehr alle Kinder erneut überprüft, sondern nur mehr jene, welche zusätzlich in der Fördergruppe unterrichtet wurden.

So wurden nur mehr neun der ursprünglichen 32 Kinder erneut überprüft.

Des Weiteren wurde darauf verzichtet, Kindergartenkinder in das Projekt miteinzubeziehen. Ursprünglich sollte durch die frühe Förderung der Kindergartenkinder der Übergang zwischen Kindergarten und Schule erleichtert werden. Doch auf Grund des Zeitmangels wurde dieser Teil des Projektes nicht weiter verfolgt.

Bevor nun näher auf die Förderung der Sprachkompetenz eingegangen wird, soll hier angemerkt werden, dass dieses Projekt mit sehr jungen Lernern durchgeführt wurde. Daher müssen viele Begriffe und Konzepte, welche in der Sekundarstufe I als selbstverständlich angesehen werden, erst einmal erlernt werden. Viele Kinder

haben in der 1. Klasse Volksschule noch keine Vorstellung darüber, was z.B. eine Stunde ist, die meisten Kinder konnten auch noch nicht die Uhrzeit ablesen. Daher müssen diese grundlegenden Konzepte und die damit verbundenen (Fach)Wörter erst von den Kindern erlernt und verinnerlicht werden.

In diesem Sinn wurde die Förderung der Sprachkompetenz als Förderung der Fachsprache im Mathematikunterricht verstanden. Diese Förderung bzw.

Erweiterung des (Fach)Wortschatzes geschah auf drei Stufen. Auf der ersten Stufe sollte die sensomotorische Fertigkeit der Kinder geschult werden. Dadurch konnten die Kinder selbst erfahren, was z.B. „Gleichgewicht“ oder „schwerer als“ bedeutet.

Bei Stufe zwei wurde das Erfahrene verbalisiert und die neu erlernten Begriffe wurden eingeübt, wodurch man nun zu Stufe drei gehen konnte, das Mathematisieren. Die Begriffe, welche zuvor mit Hilfe des Körpers und anderen Hilfsmitteln für die Kinder begreifbar gemacht wurden, wurden im Rahmen der mathematischen Fachsprache eingeführt. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass den Kindern durch körperliche Handlungen der Zugang zur mathematischen Sprache gegeben wurde. So wurde die Addition und Subtraktion für die Kinder durch Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen auf einem Zahlenstrahl dargestellt, die Fachbegriffe zum Thema Zeit wurden mit „Zaubertränken“ der Hexe Simbula eingeübt, welche die Bewegungen der Kinder beeinflussten oder die Ordnungsrelationen „größer als“ und „kleiner als“ wurden über die Körpergrößen der Kinder bzw. über Charaktere aus Kinderbüchern thematisiert. Somit lernten die Kinder nicht nur neue Wörter, sondern hatten auch gleich die Möglichkeit, das neu Erlernte zu erfahren und richtig zu verknüpfen. Erst nach diesem Schritt können die Begriffe im Rahmen der mathematischen Sprache richtig verstanden und verwendet werden.

Auch durch Reime und Lieder wurde die Sprachkompetenz der Kinder gefördert.

Werden Reime oder Ähnliches über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt, so wird das Sprachgedächtnis der Kinder trainiert und sie werden durch den ihnen schon bekannten Text zum Mitsprechen animiert. Kommen noch Bewegungen zum Gesprochenen hinzu, so wird auch der Sprachrhythmus der Kinder geschult und ihre Ausdrucksfähigkeit wird verbessert. Im Projekt wurde dies z.B. über den Zählreim

„Zehn kleine Zappelfinger“ geübt. Die Kinder konnten den Reim nach einiger Zeit

auswendig und zu den einzelnen Versen gab es Bewegungsmuster, welche sie mit ihren Händen ausführten.

Rückblickend auf Kapitel 2.1, „Sprache im Fachunterricht“, kann gesagt werden, dass im Projekt sehr viel mit der Bildsprache gearbeitet wurde. Alle Bücher, welche eingesetzt wurden, waren mit kindgerechten Illustrationen und Bildern versehen und dienten so zur Veranschaulichung der zuvor gelernten Sachverhalte.

Auch erkennt man, dass die Kinder von der Alltagssprache zur mathematischen Sprache geführt wurden. Sachverhalte, welche am Beginn des Projektes nur in der Alltagssprache beschrieben werden konnten, konnten von den Kindern am Ende des Projekts mathematisiert werden. Durch den Einsatz der bereits zuvor erwähnten Methoden wurde eine Verbindung zwischen der mathematischen Sprache und der Erfahrungswelt der Kinder geschaffen, sodass mathematische Ausdrücke verinnerlicht werden konnten und nicht nur als abstrakte Gebilde abgespeichert wurden.

Zusammenfassend und im Hinblick auf die Forschungsfrage kann gesagt werden, dass das Projekt sehr gut gelungen ist. Denn nicht nur die Endtestung der Kinder zeigte eine Verbesserung der Ausgangssituation, auch die Kinder selbst sahen die Verbesserungen, welche sie im Laufe des Schuljahres gemacht hatten.

Durch die gesamten Angebote, welche den Kindern zur Verfügung standen, seien es Spiele, Reime, Lieder, Geschichten oder Materialien zur Förderung der senso-motorischen Fertigkeiten, konnte eine Förderung der Sprachkompetenz bei den Kindern erreicht werden. Denn durch dieses vielseitige Angebot und die abwechslungsreiche Gestaltung der Förderstunden konnte auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden und so konnte ihnen der Zugang zur mathematischen Sprache erleichtert werden.

Abschließend soll nochmals erwähnt werden, dass es den Kindern im Rahmen dieses Projektes ermöglicht wurde, den neu erlernten (Fach)Wortschatz nicht nur im Rahmen von mathematischen Aufgabenstellungen einzusetzen, sondern ihn durch ihren Körper und durch außermathematische Anwendungen (Reime, Lieder, Geschichten) wahrzunehmen. So konnten die Begriffe für die Kinder begreifbar gemacht werden und eine Verinnerlichung der Begriffe wurde erreicht.

3.2 Sprachkompetenz für die Reifeprüfung in M und NaWi aufbauen