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Schreiben – eine spezielle Form des Kommunizierens

2 Sprachkompetenz

2.3 Lesen und Schreiben im Physikunterricht

2.3.2 Schreiben – eine spezielle Form des Kommunizierens

Die Textproduktion zählt für die Lernenden zu einer der schwierigsten Aufgaben im Unterricht. Schreiben ist ein kreativer und produktiver Lernprozess – es bringt fachliches und sprachliches Lernen zusammen.

Trotz der Untrennbarkeit von Lesen, Sprechen und Schreiben tritt beim Schreiben eine Besonderheit auf: Schreiben und Sprechen verfolgen, als Kommunikationsfor-men betrachtet, unterschiedliche Ziele und fördern auch unterschiedliche Kompetenzbereiche.

Sprechen ist im Allgemeinen situationsgebunden und flüchtig, es ist auf eine gelingende Kommunikation hin angelegt und wird von Mimik, Gestik und Ausstrahlung des Sprechers unterstützt.

Schreiben hingegen bezieht sich auf einen „imaginären“ Gesprächspartner, der nicht antwortet, aber das Geschriebene verstehen soll und muss. Die schriftliche Kommunikation ist, im Vergleich zur sprachlichen Kommunikation, verlangsamt. Der Verfasser kann hierdurch seine Gedanken ordnen, bewusst reflektieren, argumentieren und präzise und sprachbewusst verbalisieren – ohne den Zeitdruck, den er in einer mündlichen Kommunikation hätte. Im Gegenzug dazu hat das Geschriebene etwas Endgültiges. Man kann Geschriebenes nicht mehr ändern und somit bleibt es dauerhaft bestehen (Sprachkompetenz (v), 1-2).

Schreiben benötigt ein umfassendes und differenziertes Wissen in vielen verschiedenen Bereichen. Einerseits Weltwissen (Allgemeinwissen und themenbezogenes Wissen), aber auch Sprachwissen (Grammatik, Syntax, …), methodisches Wissen (wie läuft der Schreibprozess ab?) und Selbstwissen (wie gut sind meine eigenen Schreibfähigkeiten?). Auch Adressatenwissen (was kann ich als Vorwissen meiner Zielgruppe annehmen?), Situationswissen (Schreibanlass, Rahmenbedingungen) und Diskurswissen (Wissen über Traditionen und Normen) werden für ein Gelingen des Schreibens vorausgesetzt.

Daraus erkennt man, wie anspruchsvoll Schreiben ist und dass die Lehrperson diese Tätigkeit im Unterricht sorgfältig vor- und nachbereiten muss, damit sich ein Lernerfolg zeigt (Sprachkompetenz (v), 7).

Warum soll man im Physikunterricht schreiben?

Schreiben im Physikunterricht hat viele Vorteile. Einerseits kommen den Schülerinnen und Schülern durch das Schreiben Ideen, Erkenntnisse werden gefunden und entwickelt. Andererseits führt Schreiben zu einer intensiven und vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt. Durch das Geschriebene kann die Lehrperson erkennen, ob die Schülerinnen und Schüler den Sachverhalt auch wirklich verstanden haben.

Durch regelmäßiges Schreiben wird Bewusstheit geschaffen, z.B. beim regelmäßigen Schreiben von Versuchsprotokollen kann es auch Auswirkungen auf das Beobachten und Aufnehmen der Bedingungen haben. Dadurch wird auch Bewusstsein über das eigene Denken geschaffen. Außerdem führt Schreiben zu Präzision und zur Konzentration auf das Wesentliche.

Durch das Schreiben von Texten wird der eigene Stil gefördert und das selbstständige Lernen unterstützt (Sprachkompetenz (v), 2-3).

Wann und was soll man im Physikunterricht schreiben?

Im Physikunterricht gibt es unterschiedliche Schreibgelegenheiten und Schreibprodukte.

Schreibgelegenheiten:

 zur Wiederholung, Übung oder Festigung

 zum Sichern von Ergebnissen

 zur Vorbereitung (auf Gespräche, Diskussionen, …)

 zur Vorbereitung auf Vorträge oder Präsentationen

 als Dokumentation und Protokollierung (Experimente, Messungen, …)

 als Teil einer Leistungs- oder Testaufgabe (Sprachkompetenz (viii), 8)

Die oben aufgeführten Schreibgelegenheiten bestimmen auch die Schreibprodukte.

Diese können in drei Kategorien eingeteilt werden:

 Schreibprodukte mit Sachbezug

 kurze eigene Formulierungen (Hypothesen, Überlegungen, …)

 Beschreibungen von Experimenten, Geräten, Bilder, Handlungen, …

 schriftliche Erklärung eines Sachverhaltes

 Facharbeit

 Schreibprodukte mit Adressaten-Bezug

 Adressatengerechte Darstellung (Texte schreiben für jüngere Schüler, die Geschwister, usw.)

 Adressatengerechte Replik (adressatengerecht Stellung beziehen für einen Mitschüler, die Eltern, usw.)

 Schreibprodukte mit Ich-Bezug

 Erfahrungsbericht (Schülerinnen und Schüler sollen ihre eigenen Erfahrungen in den Unterricht integrieren können)

 kreative Schreibformen (szenische Dialoge, fiktive physikalische Konferenzen und Dialoge mit historischen Personen, …)

(Sprachkompetenz (viii), 8)

Abb.2.5: Was man im Physikunterricht alles beschreiben kann (aus Sprachkompetenz (viii), 7)

Wie lernt man das Schreiben im Physikunterricht?

Schülerinnen und Schüler können das Schreiben von Sachtexten bis zu einem gewissen Grad erlernen. Man lernt Schreiben einerseits durch Lesen, indem man gute Texte analysiert, andererseits aber auch durch Schreiben, indem man kleinere Schreibaufgaben erfolgreich bewältigt (Sprachkompetenz (viii), 11).

Auch das Schreiblernen kann durch Schreibstrategien unterstützt werden:

Schreiben nach Textmustern: Zu einem Musterbeispiel wird ein ähnlich strukturierter Text verfasst

Schreiben mit Schreibhilfe: Tabellen, Diagramme oder Mindmaps dienen als Strukturierungs- und Formulierungshilfen.

Systematisches Schreiben: Die Teilschritte des Schreibens werden nach vorgegebener Gliederung ausgeführt.

Optimierendes Schreiben: Der Autor korrigiert seinen Text selbst bzw. lässt ihn von seinen Mitschülerinnen und Mitschülern oder der Lehrperson begutachten und verbessert den Text dann mit den erhaltenen Schreibempfehlungen.

Zusammentragendes Schreiben: Mit Hilfe mehrerer Texte und anderen Materialien wird ein eigener Text erstellt.

Kooperatives Schreiben: Nach dem Schreiben eines Textes in Partner- oder Gruppenarbeit wird das Thema in einer Schreibkonferenz besprochen.

Danach werden Schreibaufgaben verteilt und Texte werden in Einzelarbeit verfasst. Diese werden danach wieder in der Schreibkonferenz besprochen und abschließend soll zusammen ein Schlusstext erstellt werden.

Assoziatives Schreiben: Aus nicht-geordneten Assoziationen soll ein gegliederter Text erstellt werden.

Drauflosschreiben: Nach kurzem Überlegen soll ein Text geschrieben werden.

(Sprachkompetenz (v), 6-7)

Wie lehrt man das Schreiben im Physikunterricht?

Leisen listet hier sechs Punkte auf, mit welchen man systematisch das Erlernen des Schreibens unterstützen kann.

1. Schreibsituationen schaffen: Wenn sich das Schreiben aus der Sache selbst motiviert und ein notwendiger Bestandteil des Unterrichts ist, fällt es den Schülerinnen und Schülern leichter, damit umzugehen.

2. Modellbeobachtungen: Die Lehrperson soll an gelungenen Beispielen zeigen, was Kriterien für gute Texte sind und mit welchen Schreibstrategien man sie erreichen kann.

3. Anwendung: Das Schreiben wird in ähnlichen Situationen ausgeführt, wobei der methodische Aspekt besonders betont wird.

4. Rückblick: Die Schülerinnen und Schüler reflektieren das Schreibprodukt und bewerten das Ergebnis und die Schreibstrategie.

5. Festigung: Die von den Schülerinnen und Schülern gewählte Schreibstrategie wird als Lernwissen festgehalten.

6. Transfer: Die Schreibstrategien werden in weiteren Schreibsituationen angewandt und der Lernprozess wird weiterhin reflektiert.

(Sprachkompetenz (v), 8-9)

Als Lehrperson sollte man nie außer Acht lassen, dass der Aufbau der Schreibfähigkeit ein langwieriger Prozess ist. Dieser Prozess kann nicht auf ein paar Unterrichtsstunden reduziert werden, sondern muss über die Jahre hinweg in einem gestuften Aufbau erlernt werden.

Hierbei ist ein Schreibcurriculum hilfreich, welches die Schreibkompetenz über die Jahre hinweg aufbaut und hinsichtlich des Anforderungsniveaus gestuft aufgebaut ist (Sprachkompetenz (v), 7).

Abb.2.6: Schreibcurriculum von Leisen (aus Sprachkompetenz (v), 8)