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2.2 Transzellulärer Ca-Transport

2.2.5 Transcaltachia

Neben den verhältnismäßig langsamen Regulationsmechanismen, die über Bindung von 1,25(OH)2D3 an einen VDR vermittelt werden, wurde bei Hühnern außerdem ein schneller (rapid response), unidirektionaler Ca-Transport nachgewiesen, der zwar auch durch 1,25(OH)2D3 stimuliert wird, jedoch eine nicht-genomische Antwort her-vorruft (NEMERE et al. 1984; NORMAN 2006; BAR 2008). Bei diesem als Transcaltachia bezeichneten Prozess findet ein transzellulärer, vesikulärer Ca2+-Flux von der apikalen zur basolateralen Membran der intestinalen Epithelzelle statt und wird innerhalb kürzester Zeit aktiviert (ZHOU u. NORMAN 1996; NORMAN 2006). Da Transcaltachia nur induziert wird, wenn 1,25(OH)2D3 an die basolaterale Membran und nicht an die luminale Membran appliziert wird, gingen NEMERE et al. (1994) da-von aus, dass sich an der basolateralen Membran ein 1,25(OH)2D3-Rezeptor befin-det, der diesen Prozess initiiert; dieser Rezeptor konnte von den Autoren als memb-ranständiger VDR identifiziert werden. Durch eine weitere Studie konnte gezeigt werden, dass caveolae-reiche Membranfraktionen (CMF), welche Invaginationen der

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Membran darstellen, mit hoher Affinität 1,25(OH)2D3 binden können und dass der membranständige VDR eng mit CMF assoziiert ist (HUHTAKANGAS et al. 2004).

Daher kann angenommen werden, dass der VDR, der normalerweise nur im Nukleus einer Zelle zu finden ist, auch als membran-assoziierter Rezeptor vorkommt und durch Bindung von 1,25(OH)2D3 rapid responses hervorruft. Durch die Rezeptorbin-dung wird ein second messenger System aktiviert, wodurch Ca2+ apikal durch Endo-zytose in Vesikel aufgenommen wird, diese Vesikel mit Lysosomen fusionieren und entlang von Mikrotubuli durch die Zelle transportiert werden, bis sie schließlich durch Exozytose an der basolateralen Membran entleert werden (DE BOLAND u.

NORMAN 1990; ZHOU u. NORMAN 1996). Diese Autoren nehmen ebenfalls an, dass auch eine vorübergehende Erhöhung von intrazellulärem Ca2+ den vesikulären Transport und die Exozytose initiieren kann.

Nach Induktion einer second messenger -Kaskade, kann auch ein cross-talk von den nicht-genomischen zu den genomischen Antworten erfolgen, wodurch die Expression von Zielgenen innerhalb von 2 bis 4 Stunden moduliert werden kann (NORMAN 2006). Daher gehen die Autoren von einer Kommunikation des membranständigen VDR mit dem Nukleus aus.

Ein anderer möglicher Rezeptor, der durch eine Stimulation mit 1,25(OH)2D3 Tran-caltachia induziert, ist das Membrane associated rapid response steroid binding pro-tein (MARRS). Es ist bereits bekannt, dass MARSS eine stimulierende Wirkung auf den zellulären Pi-Transport hat (NEMERE et al. 2004). TUDPOR et al. (2008) konn-ten eine hohe Expression beider Rezeptoren (MARRS und VDR) in allen Dünndarm-abschnitten detektieren, insbesondere der MARSS-Expression im Ileum. Die Ca2+ -Absorption via Transcaltachia ist schematisch in Abbildung 4 dargestellt.

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Abbildung 4: Modell für die intestinale Ca-Absorption durch Transcalta-chia bei Säugetieren aus FLEET u. SCHOCH (2010)

28 2.3 Parazellulärer Ca-Transport

Abhängig von der Ca2+-Konzentration im Darmlumen, findet ein Teil des transepithe-lialen Ca-Transports über transzelluläre Mechanismen statt, ein anderer Teil über einen parazellulären Weg (KARBACH 1992). Hierbei handelt es sich um eine passi-ve Resorption von Ca durch das Epithel (WASSERMANN 2004), wobei Ca über tight junctions eintritt, welche sich zwischen den Epithelzellen befinden. Es wird ange-nommen, dass Claudine hier eine kanalartige Struktur bilden und dass deren Ex-pression durch Bindung von 1,25(OH)2D3 an einen VDR stimuliert wird (PENG et al.

2003; FUJITA et al. 2008). Dieser passive Weg macht neben dem transzellulären Transport einen wesentlichen Anteil der Ca-Absorption im Ileum aus, wo der Großteil des Ca2+ absorbiert wird (MARCUS u. LENGEMANN 1962; MCCORMICK 2002;

BRONNER et al. 2003). Zwar ist die Calbindin-Expression und damit der aktive Transport im Duodenum am höchsten, jedoch verweilt der Darminhalt im Dünndarm-Abschnitt Ileum am längsten (BRONNER u. PANSU 1999). Die Transportkapazität über den parazellulären Weg ist aber in allen Darmabschnitten gleich (BRONNER et al. 1986). Die Permeabilität der tight junctions ist von verschiedenen Faktoren ab-hängig und wird dynamisch reguliert (TANG u. GOODENOUGH 2003).

Angetrieben wird der Transport durch einen elektrochemischen Gradienten oder durch einen solvent drag-Mechanismus (ULLRICH et al. 1979). Die elektrochemische Potentialdifferenz (ECPD) entsteht durch ein Zusammenspiel des elektrischen Poten-tials und eines Konzentrationsgradienten. Da die elektrische Potentialdifferenz zwi-schen Blut und Darmlumen bei +5 bis +15 mV liegt, ist ein chemischer Gradient nö-tig, um eine positive ECPD aufrechtzuerhalten (BAR 2009). Die physiologiosche Plasmakonzentration von Ca2+ liegt bei ca. 1,26 – 1,58 mmol/l (KOLLING et al.

1992), somit ist ein chemischer Gradient bei einer adäquaten Ca-Versorgung (ca. 2 - 6 mmol/l im Darmlumen) vorhanden. Die luminale Ca-Konzentration korreliert positiv mit der Ca-Absorptionsrate (WASSERMANN 2004). Dabei sind die Netto-Ca-Absorption und die ECPD direkt voneinander abhängig (BAR 2009). Ursächlich für eine Potentialdifferenz ist hauptsächlich der transepitheliale Na+-Transport. Na-Ionen werden apikal vorwiegend durch Cotransporter für Glucose und Aminosäuren in die

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Zelle und basolateral durch die Na+/K+-ATPase aus der Zelle geschleust. Der teilwei-se elektrogene Transport von Na+ über das gesamte Epithel führt zu einer Netto-Ladungsverschiebung und baut eine transeptitheliale elektrische Potentialdifferenz auf. Die Potentialdifferenz führt zu einer parazellulären Diffusion von Cl-Ionen durch die tight junctions. Die durch Na+-Resorption entstandene Potentialdifferenz ist umso größer, je dichter die tight junctions sind. Da die tight junctions im distalen Ileum dich-ter als im Jejunum sind, ist die transepitheliale Potentialdifferenz hier am größten. Ist kein Ca-Gradient vorhanden oder besteht ein erhöhter Bedarf, überwiegen der sol-vent drag-Mechanismus und der transzelluläre, aktive Ca2+-Transport (TUDPOR et al. 2008).

Ein solvent drag kann z.B. durch einen aktiven Transport von Na-Ionen erzeugt wer-den, wodurch Wasser vom Darmlumen in den interzellulären Spalt eintritt (TUDPOR et al. 2008). Hierdurch entsteht ein osmotischer Sog, bei dem gelöste Ca-Ionen durch die Interzellularspalt mitgezogen werden können und so zur basalen Seite ge-langen (KARBACH 1992). Dieser Mechanismus ist in Abbildung 5 dargestellt. Neben der Annahme, dass der parazelluläre Transport Vitamin D-unabhängig ist (MCCORMICK 2002; PENG et al. 2003), gibt es Studien, die zeigen, dass 1,25(OH)2D3 den parazellulären Ca2+-Flux in beide Richtungen (mukosal-serosal bzw. serosal-mukosal) in allen Dünndarmsegmenten erhöht (KARBACH 1992). Der Effekt könnte durch eine 1,25(OH)2D3–induzierte, erhöhte Permeabilität der Memb-ran für Anionen und Kationen hervorgerufen werden, die durch eine Veränderung der chemischen Struktur der tight junctions zustande kommt (RASMUSSEN et al. 1982;

KARBACH 1992; TUDPOR et al. 2008). Es gibt auch Nachweise, dass intrazelluläre Mediatoren (cAMP, PKC, Ca2+) die Permeabilität der tight junctions und somit den parazellulären Transport durch Veränderung der cytoskeletalen Aktivität beeinflussen (STENSON et al. 1993; PEREZ et al. 1997). Durch Ussing-Kammer-Versuche konn-ten auch TUDPOR et al. (2008) einen Effekt von 1,25(OH)2D3 auf den solvent drag-Mechanismus und eine Beteiligung intrazellulärer Mediatoren nachweisen. Zudem bewirkt 1,25(OH)2D3 über Bindung an den VDR vermutlich eine Erhöhung der Gen-expression von Claudin 2 und 12 im intestinalen Epithel, welche für einen apikalen Ca2+-Einstrom sorgen könnten (FUJITA et al. 2008). Diese Claudine (2 und 12)

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ten auch bereits im Darm von Hühnern nachgewiesen werden (GLOUX et al. 2018).

Entgegen der Annahme, dass die Ca2+-Permeabilität der tight junctions größenab-hängig ist, konnten TUDPOR et al. (2008) zeigen, dass 1,25(OH)2D3 deren Permea-bilität über eine Veränderung der Ladungssensitivität erhöht. Dass die Wirkung von 1,25(OH)2D3 über den VDR für den parazellulären Weg nicht obligat ist, zeigen VAN CROMPHAUT et al. (2001): bei VDR-KO Mäusen kann trotz Erliegen des aktiven Transports noch eine Ca2+-Absorption verzeichnet werden, nämlich über den passi-ven Weg.

Abbildung 5: Modell eines parazellulären Ca2+-Flux‘ durch einen solvent drag-Mechanismus aus KARBACH (1992)

Ein osmotischer Gradient wird durch die Na+/K+-ATPase erzeugt, wodurch ein hydrostatischer Gradi-ent Gradi-entsteht, sodass Wasser in den intrazellulären Spalt eintritt. Gelöste Ca-Ionen können so mit dem Wasser absorbiert werden.

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2.4 Regulation der Pi-Homöostase beim Legehuhn

Die Regulation der Pi-Homöostase erfolgt hauptsächlich über 1,25(OH)2D3. Niedrige Pi-Konzentrationen im Blut aktivieren die 1-α-Hydroxylase, wodurch die Synthese von 1,25(OH)2D3 stimuliert wird (HAUSSLER et al. 1998). Durch Bindung an einen VDR erhöht 1,25(OH)2D3 nicht nur die Ca2+-Konzentration im Blut, sondern stimuliert auch die intestinale Pi-Absorption und die Pi-Resorption aus dem Knochen, wodurch die Pi-Konzentration im Blut ansteigt (HAUSSLER et al. 1998). Während der Eischa-lenkalzifizierung kommt es wegen erhöhten PTH-Konzentrationen deshalb zunächst zu einer Hyperphosphatämie, (LUCK u. SCANES 1979a; MILES et al. 1984). Da der Bedarf von P oder Pi für die Eibildung sehr gering ist, steigt an Tagen der Eibildung die Konzentration im Blut, gleichzeitig nimmt auch die renale Pi-Exkretion zu (TAYLOR u. KIRKLEY 1967; PRASHAD u. EDWARDS 1973). Die Pi-Exkretion bzw.

die Pi-Clearance wird durch PTH stimuliert, wie Studien an Geflügel bereits zeigen konnten (CLARK u. SASAYAMA 1981; SOMMERVILLE u. FOX 1987). PRASHAD u.

EDWARDS (1973) konnten den Zusammenhang zwischen Knochenresorption und Pi-Anstieg deutlich machen, da der Pi-Anstieg bei einer intravenösen Ca-Applikation und somit verhinderter Knochenresorption ausblieb. Wegen Remodelling-Prozessen, bei denen Knochen remineralisiert wird, führt die Eischalenkalzifizierung gleichzeitig zu einem erhöhten alimentären Bedarf an Pi (BAR et al. 2002).

Die P-Konzentration im Blut unterliegt zyklischen Schwankungen, die mit dem Eibil-dungszyklus assoziiert sind. Zu Zeiten kurz vor der Oviposition, wenn die Knochen-resorption hoch ist, erreichen die P-Konzentrationen maximale Werte, während die niedrigsten Konzentrationen 6 Stunden post ovipositionem, wenn die Eischalenkalzi-fizierung des nächsten Eis noch nicht begonnen hat, erreicht werden (PRASHAD u.

EDWARDS 1973; MILES et al. 1984). Diese Sinuskurve verhält sich somit antizyk-lisch zu der von Ca2+ und Cat.

32 2.5 Eischalenkalzifizierung

Der Legedarm ist in verschiedene Bereiche eingeteilt, in denen die einzelnen Pro-zesse der Eibildung stattfinden. Das Eigelb wird im Ovar bereitgestellt und befindet sich im Lumen eines Follikels. Die Ovulation bei einer Henne erfolgt innerhalb der ersten paar Lichtstunden. Der Follikel mit dem Eigelb wird vom Infundibulum aufge-nommen und ins Magnum transportiert, wo das Eiweiß innerhalb von ca. 4 Stunden sezerniert wird. Danach werden im Isthmus die Schalenhäute gebildet, die das Ei-weiß umgeben. Nach insgesamt 5 Stunden erreicht das Ei den Uterus, wo die Eischale (hauptsächlich aus Ca2+ und HCO3

-) gebildet wird, deswegen wird er auch Eischalendrüse genannt. Hier verweilt das Ei etwa 19 Stunden (BAIN et al. 2016), bis es am nächsten Tag kurz vor der nächsten Ovulation gelegt wird. Bei einem üblichen Lichtregime von 14 Stunden Licht und 10 Stunden Dunkelheit (DUPLAIX et al. 1981;

BAIN et al. 2016) beginnt die Eischalenkalzifizierung also ungefähr nach 7 Lichtstun-den und während der Hälfte der Zeit, die das Ei in der Eischalendrüse verweilt, ist Dunkelheit. Dies stellt eine Herausforderung für den Organismus dar, denn Hühner nehmen nur während der Lichtphase Futter auf. Nach einer kurzen Retentionszeit des Futters im Darm von ca. 4 Stunden ist es somit für etwa 10 Stunden der gesam-ten Kalzifizierungsphase nicht möglich, den Ca-Bedarf durch Absorption aus dem Darm zu decken. Das benötigte Ca2+ wird durch Entmineralisierung von Knochen bereitgestellt (HURWITZ 1965; DACKE et al. 1993). In der kurzen Zeit, wenn eine Futteraufnahme stattfindet und das Ei die Eischalendrüse noch nicht erreicht hat, kann der Knochen remineralisiert werden (BAIN et al. 2016). Um dem Ca-Bedarf während der Phase der Kalzifizierung gerecht zu werden, entwickeln Hennen ein paar Stunden vor Beginn einen spezifischen Ca-Appetit (JONCHÈRE et al. 2012).

Zusätzlich steigt die Absorptionsrate von Ca im Darm um das 6-fache an durch eine Stimulation von 1,25(OH)2D3 (BAR et al. 1976; JONCHÈRE et al. 2012).

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2.6 Funktion des Knochengewebes bei Legehennen

Das Knochengewebe bei weiblichen Vögeln lässt sich in zwei Kompartimente eintei-len: struktureller (kortikaler und spongiöser) und labiler (medullärer) Knochen (THORP 1994; WHITEHEAD u. FLEMING 2000; CRANSBERG et al. 2001). Der äu-ßere kortikale Knochen hat eine dichte, kompakte Organisation und ist hauptsächlich für die Stabilität eines Knochens verantwortlich. Spongiöser Knochen, auch trabeku-lärer Knochen genannt, hat eine netzartige Struktur und befindet sich in den jeweili-gen Epiphysen eines Knochens. Bei Vögeln befindet sich außerdem in der Markhöh-le einiger Knochen (z.B. Tibiotarsus, Femur, Sternum) ein spezielMarkhöh-les, feinmaschiges Knochengewebe, ohne mechanische Funktion (KIM et al. 2012). Es besteht aus klei-nen Knochenbälkchen, die während der gesamten Legeperiode wachsen, und ähnelt von der Struktur her Ersatzknochen.

Dieses medulläre Knochengewebe entwickelt sich mit Beginn der Geschlechtsreife durch die Sexualhormone Östrogen und Testosteron und ist assoziiert mit einer er-höhten Ca-Retention kurz vor Legebeginn (TAYLOR u. MOORE 1954; SUMMERS et al. 1976). Der Aufbau medullären Knochengewebes wird auch bei ausgewachsenen Hennen durch Östrogen reguliert. RUSCHKOWSKI u. HART (1992) konnten eine zyklische Schwankung des Hormons aufzeigen, wobei Maximalwerte zur Zeit der Ovulation erreicht werden und Minimalwerte ca. 10 bis 14 Stunden danach. Besteht ein Östrogen-Defizit, erhöht sich die medulläre Knochenresorption durch eine Ab-nahme des anti-resorptiven Effekts auf Osteoklasten (LI et al. 2018).

Es wird angenommen, dass durch einen andauernden Östrogeneinfluss bei hochleis-tenden Legehennen eine Umlagerung der Knochenbildung von strukturellem zu medullärem Knochen stattfindet (WILSON u. THORP 1998; WHITEHEAD u.

FLEMING 2000). Demzufolge wird kontinuierlich medullärer Knochen auf- und umgebaut (Modeling und Remodeling) und struktureller abgebaut. Aus einer lokalen oder systemischen quantitativen Abnahme von strukturellem Knochen kann Osteo-porose resultieren (DACKE et al. 1993; THORP 1994; WHITEHEAD u. FLEMING 2000; BAIN et al. 2016).

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Während eines erhöhten Ca-Bedarfs, z.B. bei der Eischalenkalzifizierung, kann aus dem Knochen Ca2+ mobilisiert werden, wenn der Bedarf durch Absorption aus dem Darm nicht mehr gedeckt werden kann. Studien zufolge (TAYLOR u. MOORE 1954;

ZALLONE u. MUELLER 1969; BAR u. HURWITZ 1979a) dienen beide Knochen-kompartimente als Ca Reservoir: Wird durch die Fütterung ein Ca-Defizit bei Lege-hennen hervorgerufen, steigt zu Beginn die Osteoklasten-Aktivität im medullären Knochen, wodurch die Ca2+-Konzentration im Blut aufrechterhalten werden kann. Bei andauernder Ca-Reduktion hingegen, steigt die Osteoblasten-Konzentration in die-sem Knochengewebe und neuer medullärer Knochen wird gebildet, während die Os-teoklasten-Aktivität im kortikalen Knochen ansteigt. Prozentual nimmt der medulläre Anteil am Skelett also zu, weil kortikaler Knochen abgebaut wird, um die Eischalen-bildung aufrechtzuerhalten (DACKE et al. 1993). Ob das freiwerdende Ca2+ direkt in der Eischalendrüse bereitgestellt wird, oder ob das Ca2+ erst im medullären Knochen gespeichert wird, um hieraus resorbiert zu werden, ist ungeklärt.

Ca wird im Knochen als Calciumphosphat in Form von Hydroxyapatit-Kristallen ge-speichert, die sich in einer kollagenen Matrix befinden (WHITEHEAD u. FLEMING 2000). Bei einer Resorption von Knochengewebe, wird somit neben Ca2+ auch Pi frei.

Im medullären Knochen sind die Kollagenfasern wahllos angeordnet und der Mine-ralgehalt entspricht etwa dem von spongiösem Knochen (WHITEHEAD u. FLEMING 2000). Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass medullärer Knochen keine Stützfunktion hat, beschreiben WHITEHEAD u. FLEMING (2000), dass spongiöser Knochen bei Osteoporose durch medullären Knochen zusammengehalten wird. Ver-antwortlich dafür ist, dass medullärer Knochen zum einen mit nadelartigen Fortsät-zen (spicules) die Knochenmarkshöhle ausfüllt und zum anderen sich als dünne Schicht um strukturelle Knochenanteile legt und diese dadurch stärkt, wodurch das Frakturrisiko gemindert werden kann.

Medullärer Knochen gilt als ein großes Ca2+-Reservoir und kann durch die hohe An-zahl an Osteoklasten 10 – 15 mal schneller resorbiert werden als kortikales Kno-chengewebe (HURWITZ 1965). Neben dem hohen Mineralgehalt zeichnet sich der medulläre Knochen durch eine feinmaschige Struktur aus, wodurch eine große

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kularisierte und somit resorbierbare Oberfläche entsteht. Charakteristisch für dieses Knochengewebe ist, dass sich bei einer Mobilisierung nicht das Volumen verändert, sondern lediglich der Mineralgehalt (DACKE et al. 1993; BAR 2008). Es findet also ein Umbau statt, indem der Anteil von Osteoid zu- und der Grad der Kalzifizierung abnimmt (ZALLONE u. MUELLER 1969). Dies steht im Gegensatz zum kortikalen Knochengewebe, bei dem es durch eine Mobilisierung zu einem Volumenverlust kommt. Da medulläres Knochengewebe aber als primäre Ca-Quelle dient (KIM et al.

2012), kommt es erst bei einer starken und andauernden Ca-Reduktion im Futter zu einer Mobilisierung aus kortikalem Gewebe.

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2.7 Unterschiede zwischen Braun- und Weißlegern

Legehybride, die weiße oder braune Eier legen, unterscheiden sich phylogenetisch deutlich voneinander. Obwohl beides Hochleistungslinien sind, haben sie einen un-terschiedlichen züchterischen Ursprung, der es nicht erlaubt, allgemeine Aussagen über die Charaktereigenschaften, die Produktionsleistung und -qualität oder den Er-haltungsbedarf der Tiere zu machen (DE HAAS et al. 2013, LIEBOLT et al. 2015, SZENTIRMAI et al. 2013).

Weiße Legehybride stammen zu einem großen Anteil von der Rasse White Leghorn ab (GRANEVITZE et al. 2009) und werden dem nordwest-europäischen Genpool zugeordnet (LYIMO et al. 2014). Braune Legehybride hingegen stammen von der Kreuzungsrasse Rhode Island Red ab (GRANEVITZE et al. 2009; LYIMO et al.

2014) und gehören dem afrikanisch-südost-europäischen Genpool an (LYIMO et al.

2014). Weltweit werden nur ca. 50 % des Ei-Konsums durch Leghorn-Hybriden ab-gedeckt, obwohl Weißleger in vielerlei Hinsicht geeigneter für den industriellen Pro-zess sind als Braunleger (SZENTIRMAI et al. 2013). Zum einen haben weiße Eier nicht nur eine höhere Trockensubstanz, sondern auch einen höheren Fettgehalt (SZENTIRMAI et al. 2013). Zudem haben Weißleger ein geringeres Körpergewicht (DE HAAS et al. 2013; SZENTIRMAI et al. 2013; LIEBOLDT et al. 2015), das wiede-rum mit einer geringeren Futteraufnahme einhergeht (LIEBOLDT et al. 2015).

PREISINGER (2000) gibt an, dass genetisch schwerere Hennen einen höheren Er-haltungsbedarf haben, unabhängig von der Leistung, wodurch höhere Futterkosten entstehen. Braunleger zeigen außerdem eine höhere Tendenz zur Gruppenbildung und einer daraus folgenden Erdrückung von Tieren, was Ursache für eine nachweis-bar höhere Mortalitätsrate sein könnte (DE HAAS et al. 2013). Dem entgegen steht die signifikant höhere Produktionsleistung der Braunleger (SZENTIRMAI et al. 2013), sowie die weniger ausgeprägte Ängstlichkeit gegenüber Menschen und eine geringe-re Neigung zum Federpicken (RODENBURG u. TURNER 2012; DE HAAS et al.

2013). Hinzu kommt, dass zwar die Schalendicke von braunen Eiern geringer, die Bruchfestigkeit aber höher ist. Dünne Eischalen sind also nicht zwangsläufig als schlechter zu betrachten (POTTS u. WASHBURN 1974).

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2.8 Unterschiede zwischen Hoch- und Minderleistungslinien

Die in kommerziellen Betrieben vorzufindenden Legehennen sind auf hohe Leis-tungseffizienz gezüchtet. Die kommerzielle, hochleistende Legehenne ist eine Kreu-zungs-Zucht aus verschiedenen Rassen, welche die optimale Kombination aus ver-schiedenen Genotypen vereint. Das genaue Zuchtprogramm der Firmen ist unbe-kannt, es handelt sich aber immer um die vierte Generation einer Zucht, die alle posi-tiven Merkmale exprimiert (s. Abbildung 6).

Abbildung 6: Kreuzungsschema der kommerziellen Legehybride aus SITZENSTOCK et al. (2013)

In verschiedenen Studien (HOCKING et al. 2003; LIEBOLDT et al. 2015) wurde ge-zeigt, dass die Hochleistungslinien 4 bis 5 Wochen früher die Legereife erreichen als robustere Rassen. Die intensive Selektion auf Leistungseffizienz hat nämlich gleich-zeitig auch eine frühgleich-zeitige Geschlechtsreife zur Folge (WRIGHT et al. 2012), sodass die Phase der Aufzucht verkürzt wird und der Halter früher von der Produktionsleis-tung profitieren kann. JENSEN et al. (2005) merken jedoch an, dass eine frühzeitige Geschlechtsreife mit dem Vorkommen von Federpicken korreliert ist.

Die Eiproduktion innerhalb eines Legejahres ist bei den Hochleistungstieren signifi-kant höher (ca. 310 - 325 Eier) als bei den Minderleistungstieren (ca. 200 - 205 Eier) (LIEBOLDT et al. 2015). Hinzu kommt eine höhere Produktion an Eimasse pro Tag und ein geringeres Futter/Eimasse-Verhältnis. Hochleistungstiere haben also eine bessere Futterverwertung.

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Obwohl sich das Eigewicht kaum zwischen einer braunlegenden reinen Rassen und einer braunen Hybridlinie unterschiedet (RIZZI u. CHIERICATO 2005), lassen sich Unterschiede in der Zusammensetzung feststellen. Die altersbedingte Erhöhung des Eigewichts geht bei der Hybridlinie mit einer Erhöhung des Eiweißanteils einher, während bei der reinen Rasse die Lipidfraktion zunimmt (SUK u. PARK 2001;

HOCKING et al. 2003). HOCKING et al. (2003) konnten außerdem zeigen, dass bei den kommerziellen Linien das Eigewicht und das Körpergewicht zu jedem gemesse-nen Zeitpunkt signifikant höher waren als im Vergleich zu reigemesse-nen Rassen. Hierfür wurde allerdings jeweils ein Mittelwert von 12 kommerziellen Linien und 13 reinen Rassen berechnet, ungeachtet der Phylogenie.

Bezüglich verschiedener Knochenparameter konnten HOCKING et al. (2003) nach-weisen, dass sich die Knochen von reinen Rassen und kommerziellen Linien im Alter 30 LW nicht unterscheiden, im Alter von 55 LW sind jedoch die der reinen Rassen stärker, steifer und radiodenser und enthalten mehr kortikalen Knochen.

Bei kommerziellen Linien kommt es zu einer Häufung von Burstbeinfrakturen. Mögli-che UrsaMögli-chen können die frühzeitige Legereife und die anhaltende hohe Legerate sein. Aufgrund des erhöhten Ca-Bedarfs bei diesen Tieren wird vermehrt struktureller Knochen resorbiert, wodurch das Frakturrisiko steigt (s. Kapitel 2.6). Der Gehalt des medullären Knochens ist zwischen den Rassen und Linien ähnlich und bietet somit keine Erklärung für das erhöhte Frakturrisiko bei Hochleistungstieren.

39 2.9 Resource Allocation Theory

Im Laufe der Evolution haben sich Tiere und auch die verschiedenen Rassen der Spezies an die ihnen gebotenen Umweltbedingungen angepasst. Um robuste, aber

Im Laufe der Evolution haben sich Tiere und auch die verschiedenen Rassen der Spezies an die ihnen gebotenen Umweltbedingungen angepasst. Um robuste, aber