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Die Regulation der Pi-Homöostase erfolgt hauptsächlich über 1,25(OH)2D3. Niedrige Pi-Konzentrationen im Blut aktivieren die 1-α-Hydroxylase, wodurch die Synthese von 1,25(OH)2D3 stimuliert wird (HAUSSLER et al. 1998). Durch Bindung an einen VDR erhöht 1,25(OH)2D3 nicht nur die Ca2+-Konzentration im Blut, sondern stimuliert auch die intestinale Pi-Absorption und die Pi-Resorption aus dem Knochen, wodurch die Pi-Konzentration im Blut ansteigt (HAUSSLER et al. 1998). Während der Eischa-lenkalzifizierung kommt es wegen erhöhten PTH-Konzentrationen deshalb zunächst zu einer Hyperphosphatämie, (LUCK u. SCANES 1979a; MILES et al. 1984). Da der Bedarf von P oder Pi für die Eibildung sehr gering ist, steigt an Tagen der Eibildung die Konzentration im Blut, gleichzeitig nimmt auch die renale Pi-Exkretion zu (TAYLOR u. KIRKLEY 1967; PRASHAD u. EDWARDS 1973). Die Pi-Exkretion bzw.

die Pi-Clearance wird durch PTH stimuliert, wie Studien an Geflügel bereits zeigen konnten (CLARK u. SASAYAMA 1981; SOMMERVILLE u. FOX 1987). PRASHAD u.

EDWARDS (1973) konnten den Zusammenhang zwischen Knochenresorption und Pi-Anstieg deutlich machen, da der Pi-Anstieg bei einer intravenösen Ca-Applikation und somit verhinderter Knochenresorption ausblieb. Wegen Remodelling-Prozessen, bei denen Knochen remineralisiert wird, führt die Eischalenkalzifizierung gleichzeitig zu einem erhöhten alimentären Bedarf an Pi (BAR et al. 2002).

Die P-Konzentration im Blut unterliegt zyklischen Schwankungen, die mit dem Eibil-dungszyklus assoziiert sind. Zu Zeiten kurz vor der Oviposition, wenn die Knochen-resorption hoch ist, erreichen die P-Konzentrationen maximale Werte, während die niedrigsten Konzentrationen 6 Stunden post ovipositionem, wenn die Eischalenkalzi-fizierung des nächsten Eis noch nicht begonnen hat, erreicht werden (PRASHAD u.

EDWARDS 1973; MILES et al. 1984). Diese Sinuskurve verhält sich somit antizyk-lisch zu der von Ca2+ und Cat.

32 2.5 Eischalenkalzifizierung

Der Legedarm ist in verschiedene Bereiche eingeteilt, in denen die einzelnen Pro-zesse der Eibildung stattfinden. Das Eigelb wird im Ovar bereitgestellt und befindet sich im Lumen eines Follikels. Die Ovulation bei einer Henne erfolgt innerhalb der ersten paar Lichtstunden. Der Follikel mit dem Eigelb wird vom Infundibulum aufge-nommen und ins Magnum transportiert, wo das Eiweiß innerhalb von ca. 4 Stunden sezerniert wird. Danach werden im Isthmus die Schalenhäute gebildet, die das Ei-weiß umgeben. Nach insgesamt 5 Stunden erreicht das Ei den Uterus, wo die Eischale (hauptsächlich aus Ca2+ und HCO3

-) gebildet wird, deswegen wird er auch Eischalendrüse genannt. Hier verweilt das Ei etwa 19 Stunden (BAIN et al. 2016), bis es am nächsten Tag kurz vor der nächsten Ovulation gelegt wird. Bei einem üblichen Lichtregime von 14 Stunden Licht und 10 Stunden Dunkelheit (DUPLAIX et al. 1981;

BAIN et al. 2016) beginnt die Eischalenkalzifizierung also ungefähr nach 7 Lichtstun-den und während der Hälfte der Zeit, die das Ei in der Eischalendrüse verweilt, ist Dunkelheit. Dies stellt eine Herausforderung für den Organismus dar, denn Hühner nehmen nur während der Lichtphase Futter auf. Nach einer kurzen Retentionszeit des Futters im Darm von ca. 4 Stunden ist es somit für etwa 10 Stunden der gesam-ten Kalzifizierungsphase nicht möglich, den Ca-Bedarf durch Absorption aus dem Darm zu decken. Das benötigte Ca2+ wird durch Entmineralisierung von Knochen bereitgestellt (HURWITZ 1965; DACKE et al. 1993). In der kurzen Zeit, wenn eine Futteraufnahme stattfindet und das Ei die Eischalendrüse noch nicht erreicht hat, kann der Knochen remineralisiert werden (BAIN et al. 2016). Um dem Ca-Bedarf während der Phase der Kalzifizierung gerecht zu werden, entwickeln Hennen ein paar Stunden vor Beginn einen spezifischen Ca-Appetit (JONCHÈRE et al. 2012).

Zusätzlich steigt die Absorptionsrate von Ca im Darm um das 6-fache an durch eine Stimulation von 1,25(OH)2D3 (BAR et al. 1976; JONCHÈRE et al. 2012).

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2.6 Funktion des Knochengewebes bei Legehennen

Das Knochengewebe bei weiblichen Vögeln lässt sich in zwei Kompartimente eintei-len: struktureller (kortikaler und spongiöser) und labiler (medullärer) Knochen (THORP 1994; WHITEHEAD u. FLEMING 2000; CRANSBERG et al. 2001). Der äu-ßere kortikale Knochen hat eine dichte, kompakte Organisation und ist hauptsächlich für die Stabilität eines Knochens verantwortlich. Spongiöser Knochen, auch trabeku-lärer Knochen genannt, hat eine netzartige Struktur und befindet sich in den jeweili-gen Epiphysen eines Knochens. Bei Vögeln befindet sich außerdem in der Markhöh-le einiger Knochen (z.B. Tibiotarsus, Femur, Sternum) ein spezielMarkhöh-les, feinmaschiges Knochengewebe, ohne mechanische Funktion (KIM et al. 2012). Es besteht aus klei-nen Knochenbälkchen, die während der gesamten Legeperiode wachsen, und ähnelt von der Struktur her Ersatzknochen.

Dieses medulläre Knochengewebe entwickelt sich mit Beginn der Geschlechtsreife durch die Sexualhormone Östrogen und Testosteron und ist assoziiert mit einer er-höhten Ca-Retention kurz vor Legebeginn (TAYLOR u. MOORE 1954; SUMMERS et al. 1976). Der Aufbau medullären Knochengewebes wird auch bei ausgewachsenen Hennen durch Östrogen reguliert. RUSCHKOWSKI u. HART (1992) konnten eine zyklische Schwankung des Hormons aufzeigen, wobei Maximalwerte zur Zeit der Ovulation erreicht werden und Minimalwerte ca. 10 bis 14 Stunden danach. Besteht ein Östrogen-Defizit, erhöht sich die medulläre Knochenresorption durch eine Ab-nahme des anti-resorptiven Effekts auf Osteoklasten (LI et al. 2018).

Es wird angenommen, dass durch einen andauernden Östrogeneinfluss bei hochleis-tenden Legehennen eine Umlagerung der Knochenbildung von strukturellem zu medullärem Knochen stattfindet (WILSON u. THORP 1998; WHITEHEAD u.

FLEMING 2000). Demzufolge wird kontinuierlich medullärer Knochen auf- und umgebaut (Modeling und Remodeling) und struktureller abgebaut. Aus einer lokalen oder systemischen quantitativen Abnahme von strukturellem Knochen kann Osteo-porose resultieren (DACKE et al. 1993; THORP 1994; WHITEHEAD u. FLEMING 2000; BAIN et al. 2016).

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Während eines erhöhten Ca-Bedarfs, z.B. bei der Eischalenkalzifizierung, kann aus dem Knochen Ca2+ mobilisiert werden, wenn der Bedarf durch Absorption aus dem Darm nicht mehr gedeckt werden kann. Studien zufolge (TAYLOR u. MOORE 1954;

ZALLONE u. MUELLER 1969; BAR u. HURWITZ 1979a) dienen beide Knochen-kompartimente als Ca Reservoir: Wird durch die Fütterung ein Ca-Defizit bei Lege-hennen hervorgerufen, steigt zu Beginn die Osteoklasten-Aktivität im medullären Knochen, wodurch die Ca2+-Konzentration im Blut aufrechterhalten werden kann. Bei andauernder Ca-Reduktion hingegen, steigt die Osteoblasten-Konzentration in die-sem Knochengewebe und neuer medullärer Knochen wird gebildet, während die Os-teoklasten-Aktivität im kortikalen Knochen ansteigt. Prozentual nimmt der medulläre Anteil am Skelett also zu, weil kortikaler Knochen abgebaut wird, um die Eischalen-bildung aufrechtzuerhalten (DACKE et al. 1993). Ob das freiwerdende Ca2+ direkt in der Eischalendrüse bereitgestellt wird, oder ob das Ca2+ erst im medullären Knochen gespeichert wird, um hieraus resorbiert zu werden, ist ungeklärt.

Ca wird im Knochen als Calciumphosphat in Form von Hydroxyapatit-Kristallen ge-speichert, die sich in einer kollagenen Matrix befinden (WHITEHEAD u. FLEMING 2000). Bei einer Resorption von Knochengewebe, wird somit neben Ca2+ auch Pi frei.

Im medullären Knochen sind die Kollagenfasern wahllos angeordnet und der Mine-ralgehalt entspricht etwa dem von spongiösem Knochen (WHITEHEAD u. FLEMING 2000). Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass medullärer Knochen keine Stützfunktion hat, beschreiben WHITEHEAD u. FLEMING (2000), dass spongiöser Knochen bei Osteoporose durch medullären Knochen zusammengehalten wird. Ver-antwortlich dafür ist, dass medullärer Knochen zum einen mit nadelartigen Fortsät-zen (spicules) die Knochenmarkshöhle ausfüllt und zum anderen sich als dünne Schicht um strukturelle Knochenanteile legt und diese dadurch stärkt, wodurch das Frakturrisiko gemindert werden kann.

Medullärer Knochen gilt als ein großes Ca2+-Reservoir und kann durch die hohe An-zahl an Osteoklasten 10 – 15 mal schneller resorbiert werden als kortikales Kno-chengewebe (HURWITZ 1965). Neben dem hohen Mineralgehalt zeichnet sich der medulläre Knochen durch eine feinmaschige Struktur aus, wodurch eine große

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kularisierte und somit resorbierbare Oberfläche entsteht. Charakteristisch für dieses Knochengewebe ist, dass sich bei einer Mobilisierung nicht das Volumen verändert, sondern lediglich der Mineralgehalt (DACKE et al. 1993; BAR 2008). Es findet also ein Umbau statt, indem der Anteil von Osteoid zu- und der Grad der Kalzifizierung abnimmt (ZALLONE u. MUELLER 1969). Dies steht im Gegensatz zum kortikalen Knochengewebe, bei dem es durch eine Mobilisierung zu einem Volumenverlust kommt. Da medulläres Knochengewebe aber als primäre Ca-Quelle dient (KIM et al.

2012), kommt es erst bei einer starken und andauernden Ca-Reduktion im Futter zu einer Mobilisierung aus kortikalem Gewebe.

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2.7 Unterschiede zwischen Braun- und Weißlegern

Legehybride, die weiße oder braune Eier legen, unterscheiden sich phylogenetisch deutlich voneinander. Obwohl beides Hochleistungslinien sind, haben sie einen un-terschiedlichen züchterischen Ursprung, der es nicht erlaubt, allgemeine Aussagen über die Charaktereigenschaften, die Produktionsleistung und -qualität oder den Er-haltungsbedarf der Tiere zu machen (DE HAAS et al. 2013, LIEBOLT et al. 2015, SZENTIRMAI et al. 2013).

Weiße Legehybride stammen zu einem großen Anteil von der Rasse White Leghorn ab (GRANEVITZE et al. 2009) und werden dem nordwest-europäischen Genpool zugeordnet (LYIMO et al. 2014). Braune Legehybride hingegen stammen von der Kreuzungsrasse Rhode Island Red ab (GRANEVITZE et al. 2009; LYIMO et al.

2014) und gehören dem afrikanisch-südost-europäischen Genpool an (LYIMO et al.

2014). Weltweit werden nur ca. 50 % des Ei-Konsums durch Leghorn-Hybriden ab-gedeckt, obwohl Weißleger in vielerlei Hinsicht geeigneter für den industriellen Pro-zess sind als Braunleger (SZENTIRMAI et al. 2013). Zum einen haben weiße Eier nicht nur eine höhere Trockensubstanz, sondern auch einen höheren Fettgehalt (SZENTIRMAI et al. 2013). Zudem haben Weißleger ein geringeres Körpergewicht (DE HAAS et al. 2013; SZENTIRMAI et al. 2013; LIEBOLDT et al. 2015), das wiede-rum mit einer geringeren Futteraufnahme einhergeht (LIEBOLDT et al. 2015).

PREISINGER (2000) gibt an, dass genetisch schwerere Hennen einen höheren Er-haltungsbedarf haben, unabhängig von der Leistung, wodurch höhere Futterkosten entstehen. Braunleger zeigen außerdem eine höhere Tendenz zur Gruppenbildung und einer daraus folgenden Erdrückung von Tieren, was Ursache für eine nachweis-bar höhere Mortalitätsrate sein könnte (DE HAAS et al. 2013). Dem entgegen steht die signifikant höhere Produktionsleistung der Braunleger (SZENTIRMAI et al. 2013), sowie die weniger ausgeprägte Ängstlichkeit gegenüber Menschen und eine geringe-re Neigung zum Federpicken (RODENBURG u. TURNER 2012; DE HAAS et al.

2013). Hinzu kommt, dass zwar die Schalendicke von braunen Eiern geringer, die Bruchfestigkeit aber höher ist. Dünne Eischalen sind also nicht zwangsläufig als schlechter zu betrachten (POTTS u. WASHBURN 1974).

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2.8 Unterschiede zwischen Hoch- und Minderleistungslinien

Die in kommerziellen Betrieben vorzufindenden Legehennen sind auf hohe Leis-tungseffizienz gezüchtet. Die kommerzielle, hochleistende Legehenne ist eine Kreu-zungs-Zucht aus verschiedenen Rassen, welche die optimale Kombination aus ver-schiedenen Genotypen vereint. Das genaue Zuchtprogramm der Firmen ist unbe-kannt, es handelt sich aber immer um die vierte Generation einer Zucht, die alle posi-tiven Merkmale exprimiert (s. Abbildung 6).

Abbildung 6: Kreuzungsschema der kommerziellen Legehybride aus SITZENSTOCK et al. (2013)

In verschiedenen Studien (HOCKING et al. 2003; LIEBOLDT et al. 2015) wurde ge-zeigt, dass die Hochleistungslinien 4 bis 5 Wochen früher die Legereife erreichen als robustere Rassen. Die intensive Selektion auf Leistungseffizienz hat nämlich gleich-zeitig auch eine frühgleich-zeitige Geschlechtsreife zur Folge (WRIGHT et al. 2012), sodass die Phase der Aufzucht verkürzt wird und der Halter früher von der Produktionsleis-tung profitieren kann. JENSEN et al. (2005) merken jedoch an, dass eine frühzeitige Geschlechtsreife mit dem Vorkommen von Federpicken korreliert ist.

Die Eiproduktion innerhalb eines Legejahres ist bei den Hochleistungstieren signifi-kant höher (ca. 310 - 325 Eier) als bei den Minderleistungstieren (ca. 200 - 205 Eier) (LIEBOLDT et al. 2015). Hinzu kommt eine höhere Produktion an Eimasse pro Tag und ein geringeres Futter/Eimasse-Verhältnis. Hochleistungstiere haben also eine bessere Futterverwertung.

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Obwohl sich das Eigewicht kaum zwischen einer braunlegenden reinen Rassen und einer braunen Hybridlinie unterschiedet (RIZZI u. CHIERICATO 2005), lassen sich Unterschiede in der Zusammensetzung feststellen. Die altersbedingte Erhöhung des Eigewichts geht bei der Hybridlinie mit einer Erhöhung des Eiweißanteils einher, während bei der reinen Rasse die Lipidfraktion zunimmt (SUK u. PARK 2001;

HOCKING et al. 2003). HOCKING et al. (2003) konnten außerdem zeigen, dass bei den kommerziellen Linien das Eigewicht und das Körpergewicht zu jedem gemesse-nen Zeitpunkt signifikant höher waren als im Vergleich zu reigemesse-nen Rassen. Hierfür wurde allerdings jeweils ein Mittelwert von 12 kommerziellen Linien und 13 reinen Rassen berechnet, ungeachtet der Phylogenie.

Bezüglich verschiedener Knochenparameter konnten HOCKING et al. (2003) nach-weisen, dass sich die Knochen von reinen Rassen und kommerziellen Linien im Alter 30 LW nicht unterscheiden, im Alter von 55 LW sind jedoch die der reinen Rassen stärker, steifer und radiodenser und enthalten mehr kortikalen Knochen.

Bei kommerziellen Linien kommt es zu einer Häufung von Burstbeinfrakturen. Mögli-che UrsaMögli-chen können die frühzeitige Legereife und die anhaltende hohe Legerate sein. Aufgrund des erhöhten Ca-Bedarfs bei diesen Tieren wird vermehrt struktureller Knochen resorbiert, wodurch das Frakturrisiko steigt (s. Kapitel 2.6). Der Gehalt des medullären Knochens ist zwischen den Rassen und Linien ähnlich und bietet somit keine Erklärung für das erhöhte Frakturrisiko bei Hochleistungstieren.

39 2.9 Resource Allocation Theory

Im Laufe der Evolution haben sich Tiere und auch die verschiedenen Rassen der Spezies an die ihnen gebotenen Umweltbedingungen angepasst. Um robuste, aber gleichzeitig auch leistungsstärkere Legehennen zu züchten, wie sie in kleinen und ländlichen Betriebe gehalten werden, bedarf es unterschiedlicher und facettenreicher Genotypen, die an die entsprechende Umwelt adaptiert sind (MIRKENA et al. 2010).

Großbetriebe hingegen fokussieren sich bei der Zucht hauptsächlich auf die Leis-tungseffizienz, da sie die Umwelt künstlich dem Tier anpassen können (VAN DER WAAIJ 2004; MIRKENA et al. 2010). Diese Anpassung ist allerdings limitiert und kostspielig, außerdem entsteht eine Abhängigkeit von der Population an die spezifi-sche Umwelt (RAUW et al. 1998).

Die Ressourcen, die einem Tier in einer bestimmten Umwelt zur Verfügung stehen, werden optimal für die Reproduktion und Produktion eingeteilt (BEILHARZ et al.

1993). Die verfügbare Energie und Nährstoffe müssen aber auch für die Erhaltung bereitstehen, also für essentielle Körperfunktionen und Körperstrukturen, sodass ein Ungleichgewicht der Ressourcen-Verteilung zu Wachstumsstörungen von Gewebe und Zellen führen kann (HUBER 2017). Wird die Produktionsleistung durch Selektion verbessert, ohne dass die Ressourcen-Kapazität zunimmt, müssen andere Merkmale aufgrund einer Umverteilung abnehmen (GRASTEAU et al. 2005). So wird eine ne-gative Korrelation zwischen Produktion und Fitness-Merkmalen (z.B. Fertilität, Ge-sundheit) beobachtet (RAUW et al. 1998; MIRKENA et al. 2010). Wenn die Tiere durch genetische Selektion einen großen Anteil der Ressourcen für das selektierte Merkmal Produktion nutzen, nehmen die Gesundheit, Fertilität und verfügbare Ener-gie für die Erhaltung ab, was sich auf die Reproduktions- und vermutlich auch auf die Überlebensrate auswirkt (RAUW et al. 1998; VAN DER WAAIJ 2004).

Zahlreiche Studien konnten negative Effekte der genetischen Selektion auf die Im-munologie, Physiologie und auf das Verhalten der Tiere zeigen. Beispielweise zeigen Broiler, die auf schnelle Gewichtzunahme gezüchtet wurden, eine niedrigere Antikör-perantwort bei Kontakt mit Schaf-Erythrozyten (MILLER et al. 1992) und weisen

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grund von Infektionen und Herz-/Kreislaufstörungen eine höhere Mortalitätsrate auf (LEENSTRA 1993). Außerdem ist eine hohe Gewichtszunahme negativ mit dem Zeitpunkt des Legebeginns korreliert (LIU et al. 1995), was wiederum die Reproduk-tionsleistung negativ beeinflusst.

Zudem wird bei Legehennen häufig das Problem des fatty liver haemorrhagic syn-drome (FLHS) beobachtet. Laut HUBER (2017) verhindert die frühe und intensive Eiproduktion die vollständige Entwicklung des Lebergewebes und deren Kapsel, da durch den frühzeitigen Legebeginn nicht ausreichend Energie für die Entwicklung der Körpergewebe aufgewendet werden kann. Durch die Eiproduktion steht die Leber metabolisch vor einer großen Herausforderung, die sie aufgrund der Unterentwick-lung nicht meistern kann. Es kommt zu einer Ablagerung von Fettvakuolen und schließlich zu einer Ruptur von Kapsel und Blutgefäßen. Diese Argumentation wird von LIEBOLDT et al. (2015) gestärkt, die aufgezeigt haben, dass die Hennen erst ab einem Alter von 30 LW ihr Endgewicht erreichen. Die Eiproduktion der Legehybride beginnt aber schon ab einem Alter von 16 LW und ist bereits mit 22 LW vollständig etabliert (FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION 2003; BAIN et al. 2016).

Zusätzlich nimmt bei Hochleistungstieren die Sensitivität gegenüber der Umwelt zu.

Infolgedessen haben sie Schwierigkeiten, sich an unerwartete Veränderungen in ih-rer Umwelt anzupassen, da keine Pufferkapazität vorhanden ist, um darauf adäquat reagieren zu können (RAUW et al. 1998; VAN DER WAAIJ 2004; GRASTEAU et al.

2005; MIRKENA et al. 2010). Diese Sensitivität entsteht laut VAN DER WAAIJ (2004) durch den metabolischen Stress, der durch die negative Korrelation zwischen der Leistung und den Fitness-Merkmalen hervorgerufen wird. Tiere mit der höchsten Leistung haben demnach die meisten Schwierigkeiten, sich an Veränderungen in ihrer Umwelt anzupassen. Minderleistende bzw. normalleistende Tiere können wechselnde Umweltbedingungen besser kompensieren.

41 3 Material und Methoden

3.1 Versuchsdesign

Das Aktenzeichen des im Folgenden beschriebenen Tierversuchs lautet 33.19-42502-04-15/1988. Um die Effekte einer restriktiven Fütterung auf die Ca-Homöostase von Legehennen aufzudecken, wurde eine Studie an 132 Hennen durchgeführt. Hierfür wurden vier verschiedene Linien (Gallus gallus domesticus) verwendet, die sich in ihrem phylogenetischen Ursprung und ihrem Legeleistungsni-veau unterschieden. Die Linien WLA und BLA entspringen dem Zuchtprogramm von Lohmann Tierzucht GmbH und zeichnen sich durch ein hohes Leistungsniveau mit ca. 320 Eiern pro Jahr aus. Die Linien R11 und L68 entstammen einer nicht-selektierten Ressourcenpopulation des Instituts für Nutztiergenetik, FLI, und werden mit einer Leistung von ca. 200 Eiern pro Jahr als Minderleistungstiere kategorisiert.

Phylogenetisch wurde zwischen Weißlegern und Braunlegern unterschieden, die verschiedenen Genpools angehören (LYIMO et al. 2014). Die Weißleger WLA und R11 stammen von der Rasse White Leghorn ab und sind näher miteinander ver-wandt, als mit den Braunlegern BLA (entstammt Rhode Island Red) und L68 (ent-stammt New Hampshire).

Alle Tiere sind am gleichen Tag geschlüpft und wurden unter denselben Bedingun-gen in Bodenhaltung aufgezoBedingun-gen. Am Tag des Schlupfes erhielten sie zur späteren Identifizierung eine Flügelmarke. In der 16. LW bezogen die Tiere verschiedene Ab-teile und wurden in Hinblick auf die spätere Versuchsphase in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die erste Ca-Restriktionsphase begann in der 31. Lebenswoche, die im Zeitraum des Legemaximums liegt, und die letzte endete in der 52. Lebenswoche.

Abbildung 7 stellt den Versuchsablauf graphisch dar. Für den Versuch wurden vier verschiedene Linien verwendet, von denen jeweils 11 Tiere das Kontrollfutter und 22 Tiere eine Ca-restriktive Fütterung erhielten. Während die Tiere in den Kontroll-gruppen ein Alleinfuttermittel mit einem Ca-Gehalt von 4,26 % erhielten, wurde den Tieren in den Versuchsgruppen das gleiche Futter, allerdings mit einem reduzierten Ca-Gehalt von 1,09 % gegeben. Damit sollte der Ca-Haushalt der Versuchsgruppen

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durch drei je dreiwöchige Ca-Restriktionsphasen wiederholt belastet werden. Zwi-schen den einzelnen Ca-Restriktionsphasen lagen sechswöchige Erholungsperio-den, am Ende der letzten Ca-Restriktionsphase wurden die Hennen zur Gewebeent-nahme getötet.

Es wurden insgesamt sechs Blutentnahmen vorgenommen, die vor jeder Futterum-stellung bzw. vor der Tötung stattfanden, um die Plasma-Gehalte von Cat, Ca2+, Pi, Gesamtprotein und 25-OH-D3 zu bestimmen. Zu den gleichen Zeitpunkten wurden Ultraschalluntersuchungen der Ovarien vorgenommen, um den Reproduktionsstatus der Tiere festzuhalten.

Für die Eiablage standen sogenannte Autonester zur Verfügung, die durch Trans-ponder erkannten, welches Tier das Nest betreten hat, und, ob ein Ei gelegt wurde.

Zudem verhinderten sie ein Eintreten weiterer Tiere. Nach der Eiablage rollte das Ei automatisch in eine Auffangstation ab, sodass ein Manipulieren des Eis durch die Hennen nicht möglich war. Auch Eier, die nicht ins Nest gelegt, sondern frei ins Abteil verlegt wurden, wurden eingesammelt. Durch tägliches Einsammeln der abgerollten und der im Abteil verlegten Eier konnte die Legeleistung der Linien bestimmt werden.

Die Untersuchung der Eier auf Eigewicht, Bruchfestigkeit, Schalengewicht und Scha-lendicke erfolgte in den letzten vier Tagen vor, während der gesamten Ca-Restriktionsphasen und bis zum zwölften Tag nach Abschluss der Ca-Restriktion täglich, in der restlichen Zeit wöchentlich.

Abbildung 7: Zeitstrahl des Versuchsablaufs

vertikale Pfeile = Blutentnahme, Ultraschallkontrolle; graue Balken = Untersuchung der Eischalen

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Nach der Tötung wurde Gewebe aus dem Duodenum und Ileum isoliert, um eine strukturelle Untersuchung der Ca2+-Absorption im Dünndarm vorzunehmen. Zusätz-lich wurde der Legedarm entnommen und Gewebe aus der Eischalendrüse isoliert, um die Strukturen zu untersuchen, die an der Ca2+-Sekretion in das Lumen beteiligt sind. Anhand von Nierengewebe wurde die Expression der Enzyme analysiert, von denen angenommen wurde, dass sie an dem Vitamin D-Metabolismus von Hühnern beteiligt sind. Es wurden auch die Tibiotarsi und Humeri der Tiere entnommen und auf Bruchfestigkeit und relativen Anteil des kortikalen Knochengewebes untersucht.

Die Daten zur Knochengesundheit und Follikeluntersuchung wurden durch das Insti-tut für Nutztiergenetik und das Institut für Tierschutz und Tierhaltung, FLI, erhoben und werden in dieser Dissertation nur teilweise vorgestellt, sofern diese Daten für die Interpretation der vorliegenden Ergebnisse von Bedeutung sind.