• Keine Ergebnisse gefunden

Vierzehntes Kapitel

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 196-200)

Von dem Herzen und den Blutgefässen.

§. 82.

Das Herz stellt anfangs einen spindelförmigen einfachen Ka­

nal dar, u n d dieser krümmt sich —• ausser bei dem A m p h i o x u s , bei dein er die F o r m einer Spindel für immer behält — so zusammen, dass er eine etwas spiralförmig g e w u n d e n e Schlinge bildet. B a l d aber erweitert er sich an einigen Stellen mehr, an andern weniger, u n d zwar im A l l g e m e i n e n s o , dass er nach einiger Zeit aus drei in einer Reihe hinter einander liegenden und verschiedentlich grossen K a m m e r n oder Zellen besteht, v o n denen j e zwei durch einen kur­

zen G a n g mit einander zusammenhängen. Späterhin verkürzen sich indess die beiden G ä n g e , v o n denen der hintere der Ohrkanal, Canalis auricularis, der vordere das Fretum Halleri genannt wer­

den , dermassen, dass v o n ihnen bei den Fischen nur eine kaum merkbare u n d bei den übrigen Wirbelthieren gar keine Spur übrig bleibt u n d dass in F o l g e davon die drei Zellen des Herzens dicht an einander herangezogen werden.

D i e aus dem hintersten Theil des Herzkanals entstandene Zelle, die ursprünglich alle V e n e n des E m b r y o durch einen einzi­

gen kurzen Stamm aufnimmt, weitet sich bei den Fischen anfangs ziemlich gleichmässig nach allen Richtungen aus, nimmt erst später bei den verschiedenen Species j e nach der allgemeinen F o r m ihres Rumpfes eine verschiedene Gestalt a n , bleibt aber im Innern ein­

fach, und entwickelt sich überhaupt zu dem einfachen A t r i u m des Herzens. Bei den übrigen Wirbelthieren aber, die Batrachier

viel-186

leicht ausgenommen, erhält sie zu der Zeit, da sie noch einen läng­

lichen Schlauch darstellt, zwei kleine einander gegenüber liegende seitliche Taschen. Diese nun behalten bei den V ö g e l n u n d Säuge­

thieren so ziemlich ihre Form bei, verändern hauptsächlich nur ihre Grösse u n d stellen die sogenannten H e r z o h r e n dar; der mittlere Theil aber weitet sich indessen n o c h bedeutender aus u n d theilt sich in die auch äusserlich v o n einander abgegrenzten Sinus der beiden V o r k a m m e r n , v o n denen alsdann die Herzohren immerfort als A n h ä n g e erscheinen. Bei den Schlangen hingegen, so wie auch wahrscheinlich bei den übrigen R e p t i l i e n , bleibt der mittlere Theil in seiner Entwickelung zurück, indess die beiden Taschen sich im­

mer mehr ausweiten, wird darauf zur Vergrösserung der rechten Tasche verwandt oder in sie h i n e i n g e z o g e n , u n d verschwindet zu­

letzt, w e n n auch nicht wirklich, so doch scheinbar, gänzlich. W a s man die V o r k a m m e r n der Schlangen zu nennen pflegt, sind also hauptsächlich den Herzohren höherer Thiere entsprechende Theile des Herzens. — D i e S c h e i d e w a n d , die sich bei allen über den Fi­

schen stehenden Thieren in der hintern Zelle des Herzens bildet u n d dieselbe in die beiden V o r k a m m e r n scheidet, nimmt ihre Ent­

stehung unter der Forin einer Falte oder vielmehr Leiste an der d e m Ohrkanal gegenüber liegenden Seite dieser hintern Zelle und links v o n der E i n m ü n d u n g des gemeinschaftlichen Stammes aller

"Venen, wächst v o n d a , nach zwei R i c h t u n g e n sich verlängernd, g e g e n den Ohrkanal und die mittlere Zelle des Herzens h i n , u n d erlangt bald die F o r m eines H a l b m o n d e s . Z u derselben Zeit ferner wächst bei den V ö g e l n u n d Säugethieren im Innern der mittleren Zelle aus deren nach unten gekehrter u n d schon am stärksten aus­

gebuchteter W a n d u n g eine Leiste hervor, die sich einerseits bis an den Ohrkanal, andrerseits bis an das Fretum verlängert, u n d diese Leiste wandelt sich, indem sie auch an H ö h e immer mehr zunimmt, zuletzt in eine ziemlich dicke Scheidewand u m , welche die mittlere Zelle in die beiden sogenannten Ventrikel oder Herzkammern scheidet. N a c h d e m dies geschehen ist, sendet die soeben erwähnte Scheidewand einen blattartigen dünnern Fortsatz durch den Ohr­

kanal, der sich inzwischen schon sehr verkürzt u n d erweitert hat, in die hintere Zelle des Herzens hinein. Dieser Fortsatz aber

ver-187 wächst demnächst mit den E n d e n (den H ö r n e r n ) der in der hintern Zelle entstandenen halbmondförmigen Falte u n d stellt nunmehr mit ihr zusammen eine sich durch die mittlere und hintere Zelle des Herzens hindurchziehende, j e d o c h in der letztern Zelle durchbro­

chene Scheidewand dar. N o c h etwas später sendet die Scheide­

w a n d der Ventrikel unter steter Vergrösserung auch einen zipfel-förmigen A n h a n g aus, durch den nach der Geburt die Oeffnung in dieser Scheidewand des Herzens verschlossen werden soll, u n d die­

ser A n h a n g ist die K l a p p e des eirunden L o c h e s . — Bei den Schlan­

gen, bei denen keine Scheidewand in der mittleren Zelle des H e r ­ zens entsteht, hat die K l a p p e des eirunden L o c h e s einen etwas an­

dern Ursprung. D e n n bei ihnen wächst sie aus einer im Innern des Ohrkanals entstandenen häutig muskulösen B r ü c k e hervor, mit der sich die H ö r n e r der ungefähr halbmondförmigen Scheidewand der Vorkammern vereinigt haben u n d die dadurch gebildet w o r d e n ist, dass sich in u n d unter dem Ohrkanal, nachdem sich dieser schon sehr verkürzt hatte, einander g e g e n ü b e r zwei kurze Leisten erho­

b e n , bald nachher in F o l g e ihres Wachsthums in die Breite zusam-mensticssen u n d dann schliesslich zusammenwuchsen.

D i e vordere Zelle des Herzens bleibt bei den Fischen einfach u n d entwickelt sich bei ihnen zu der sogenannten Herzzwiebel (Bulbus Aortae). B e i den Batrachiern verlängert sie sich u n d bil­

det den Stamm für sämmtlichc Arterien des K ö r p e r s . Dieser bleibt j e d o c h im Innern nicht so eben und einfach, wie an der Oberfläche, sondern es sendet die W a n d u n g der v o r d e m Zelle des Herzens, in­

dem sich dieselbe verlängert, nach innen zwei einander g e g e n ü b e r liegende Längsleistcn aus, w o d u r c h die H ö h l e des aus ihr entste­

henden Arterienstammes sehr unvollständig in zwei Seitenhälften getheilt wird. Derselbe Entwickelungsvorgang wird auch bei den V ö g e l n u n d Säugethieren bemerkt, bei ihnen aber werden die bei­

den Leisten höher, verwachsen dann nach ihrer ganzen L ä n g e u n d theilcn die H ö h l e der Zelle vollständig in zwei Seitenhälften. Ist dieses geschehen, so erfolgt durch eine Resorption mitten durch die W a n d u n g u n d die entstandene Scheidewand der v o r d e m Zelle des Herzens eine T h e i l u n g , u n d es zerfällt nunmehr dieselbe in zwei K a n ä l e , v o n denen der eine den A n f a n g der A o r t a , der andre den

188

A n f a n g der Art.pulmonalis darstellt. Bei den Schlangen u n d wahr­

scheinlich auch bei andern Reptilien entstehen im Innern der vor­

d e m Zelle des Herzens drei L e i s t e n , die endlich an ihren freien Rändern mit einander verwachsen, worauf dann diese Zelle in drei neben einander liegende Kanäle zerfällt, v o n denen der eine den A n f a n g der Lungenarterie, die beiden andern die A n f ä n g e der bei­

den Aortenwurzeln darstellen.

§• 83.

Seine L a g e hat das Herz anfänglich jedenfalls sehr weit nach vorne in nicht grosser Entfernung hinter der Mundöffnung. B e i den Grätenfischen u n d Stören, bei denen sich kein Hals entwickelt, behält es diese L a g e so ziemlich für immer b e i , indem es bei ihnen nur wenig nach hinten rückt. B e i denjenigen Wirbelthieren hin­

g e g e n , bei welchen sich ein Hals ausbildet, wächst dieser über das H e r z allmälig nach vorn hinaus, und es entfernt sich daher das­

selbe bei ihnen immer weiter v o n der Mundöffnung. Ausserdem aber wandert es bei ihnen auch wirklich mehr oder weniger weit nach hinten, so dass es überhaupt bis zu einem gewissen Zeitpunkt hin immer weiter nach hinten zu liegen kommt. A n f ä n g l i c h ferner ragt es weit nach unten v o r u n d liegt in einer bruchsackartigen u n d sehr dünnhäutigen A u s b u c h t u n g der Leibes w ä n d e , die ein Theil der untern Vereinigungshaut ist. W i e aber die sogenannten Bauch­

platten oder vielmehr die künftigen Seitenwände der R u m p f h ö h l e breiter w e r d e n , dagegen die untere "V ereinigungshaut immer mehr an Breite verliert, w i r d das H e r z v o n den erstem immer mehr um­

fasst und überhaupt in die R u m p f h ö h l e aufgenommen. Mit seiner A c h s e ist es übrigens zu der Z e i t , da es schon so ziemlich seine bleibende Gestalt erlangt hat, gerade v o n vorn nach hinten gerich­

tet, so dass es mit derselben gänzlich in der Mittelebene des K ö r ­ pers liegt. Diese Richtung behält es bei den meisten Wirbelthieren nachher auch immer bei. Bei d e m Menschen aber hat es eine solche nur v o n der sechsten bis ungefähr zur vierzehnten W o c h e des Fruchtlebens: denn nach dieser Zeit wendet es sich bei ihm mit seiner Spitze immer mehr links hin u n d nimmt in F o l g e dessen eine schräge L a g e an.

1 8 9

8- 81

-Bei allen Wirbelthieren geht in frühester Zeit der E n t w i c k e ­ lung die vorderste v o n den drei Zellen des Herzens in einen nach vorn gerichteten einfachen u n d meistens auch nur kurzen Gefäss­

stamm über. Dieser aber entsendet mehrere paarige, ganz einfache, massig lange u n d bogenförmig etwas gekrümmte Aeste oder Gefäss­

b o g e n , die nach oben aufsteigend durch eben so viele S c h l u n d b o ­ gen hindurchlaufen u n d sich endlich dicht unter der R ü c k e n w a n d des Leibes in einiger Entfernung hinter dem K o p f e wieder zu einem gemeinschaftlichen S t a m m e , nämlich zu der Aorta so vereinigen, dass sie für diese gleichsam zwei auf beide Seitenhälften des K ö r ­ pers vertheiltc W u r z e l n darstellen. Ihre Zahl ist wenigstens gleich der Zahl der S c h l u n d b o g e n ; bei vielen Thieren k o m m t n o c h cüi Paar mehr, dicht hinter dem letzten Paar der Schlundspalten, v o r . Es ist also ihre Zahl j e nach den verschiedenen Thierarten sehr verschieden. A b e r auch bei einem u n d demselben Individuum kommen nicht alle diese G e f ä s s b o g e n , w e l c h e sich seiner A r t g e ­ mäss bei ihm ausbilden k ö n n e n , gleichzeitig v o r ; vielmehr verge­

hen die zwei v o r d e m Paare, welche in den für den Unterkiefer u n d das Z u n g e n b e i n oder die v o r d e m Z u n g e n b c i n h ö r n c r bestimm­

ten S c h l u n d b o g e n ihre L a g e h a b e n , schon w i e d e r , während die hintersten erst entstehen. So findet man bei den höhern W i r b e l ­ thieren nie mehr als drei Paar, obgleich bei ihnen sich im Ganzen fünf Paar bilden. — Bei den Fischen nun werden diejenigen v o n diesen G e f ä s s b o g e n , welche durch die zu den K i e m e n sich ent­

wickelnden S c h l u n d b o g c n v e r l a u f e n , in die Kiemengefässe umge­

wandelt. W i e dies geschieht, hat n o c h nicht genau verfolgt wer­

den können. Wahrscheinlich aber theilt sich ein j e d e r v o n den an­

geführten Gefässbogen ungefähr in seiner M i t t e , nachdem seine untere Hälfte nach oben und seine obere Hälfte nach unten einen A s t abgesendet hat, auch j e d e v o n beiden Hälften u n d der aus ihr hervorgewachsene A s t kleine Seitenzweige an die einzelnen im E n t ­ stehen begriffenen Kiemenbläschen ausgesendet haben. Jedenfalls kommen später an j e d e r K i e m e zwei neben einander verlaufende Gefässc vor, eine Arterie, die v o m H e r z e n der K i e m e Blut zuführt

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 196-200)