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Fünftes Kapitel

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 119-124)

Von den Augen.

§. 47.

Nach HUSCHKES Untersuchungen am Hühnchen soll die erste

A n l a g e für beide A u g e n in einer einfachen A u s b u c h t u n g des N e r ­ venrohres , und zwar des untern v o r d e m Theils der v o r d e m H i r n ­ blase (oder Hirnkammer) bestehen; dann soll sich dieselbe in eine Blase u m w a n d e l n , diese aber sich durch Einschnürung mehr u n d mehr v o n der v o r d e m Hirnblase abgrenzen u n d sich zugleich durch eine Einfaltung ihrer W a n d u n g v o n vorne her in zwei Seitenhälf­

ten theilen, die sich nun weiter zu den beiden A u g e n entwickeln.

N a c h den W a h r n e h m u n g e n aber, die V O N B A E R u n d R E M A K an dem H ü h n c h e n gemacht h a b e n , treten die A u g e n gleich doppelt auf u n d bilden sich durch Ausstülpung aus dem B o d e n der v o r d e m Hirnblase. — K u r z e Zeit nach ihrer Entstehung erscheinen sie als zwei v o n dem B o d e n des Zwischenhirns neben einander abgehende h o h l e , d ü n n w a n d i g e , ungefähr birnförmige und mit einer klaren wässrigen Flüssigkeit gefüllte A n h ä n g e des G e h i r n s , die mit ihren dickern E n d e n nach aussen u n d oben gerichtet sind u n d mit diesen E n d e n die das H i r n u m g e b e n d e Bildungsmasse des K o p f e s durch­

drangen haben, deren H ö h l e n aber an den dünnern E n d e n in die H ö h l e des Zwischenhirns übergehen. Darauf nimmt die äussere oder dickere Hälfte eines j e d e n v o n diesen blasenförmigen A n h ä n ­ gen des Gehirns überwiegend an Umfang zu u n d entwickelt sich zu dem A u g a p f e l ; seine andere Hälfte aber g e w i n n t v i e l weniger

an Dicke und entwickelt sich zu dem Sehnerven. In histologischer

H i n s i c h t geht an ihnen dabei ein ähnlicher Prozess v o r sich, wie an dem für H i r n u n d R ü c k e n m a r k bestimmten R o h r e . W i e näm­

lich an diesem die ursprünglich indifferente Masse sich zu differen-ten Schichdifferen-ten ausbildet, v o n denen j e d e einen besondern Ent-wickelungsgang einschlägt, so auch an den künftigen Sehorganen.

Näher a n g e g e b e n : es bildet sich in dem A u g a p f e l als unmittelbare Fortsetzung der Arachnoidea die Lamina fusca, als Fortsetzung der Gefässhaut des Hirns die Choroidea u n d Iris, und als Fort­

setzung der Nervensubstanz des Hirns das M a r k des Sehnerven und die Netzhaut.) I n dem Sehnerven aber werden die Gefäss- u n d Spinnwebenhaut durch die überwiegende A u s b i l d u n g des Markes in ihrer E n t w i c k e l u n g gehemmt u n d unterdrückt. D i e Scheide des S e h n e r v e n , die Sclerotica u n d die Cornea bilden sich als eine un­

mittelbare Fortsetzung der harten Hirnhaut. D e r Sehnerv bleibt übrigens ziemlich lange h o h l , mit der Zeit aber wird seine H ö h ­ lung ganz ausgefüllt.

§• 48.

W e n n sich der Sehnerv u n d das A u g e an ihrer Gestalt schon v o n einander unterscheiden lassen, ist das letztere anfangs v o n aussen und innen sehr abgeplattet, u n d es geht der Sehnerv dann in den untern R a n d desselben über. Allmälig aber rundet sich j e ­ ner immer mehr zu, u n d dieser rückt an ihm scheinbar immer wei­

ter hinauf.

Sclerotica u n d Cornea sind einige Zeit gleich durchsichtig u n d überhaupt v o n gleicher Beschaffenheit. E i n Unterschied zwischen ihnen beginnt bei dem Menschen schon in der sechsten W o c h e des Frachtlebens bemerkbar zu werden. A u c h beginnt alsdann die Cornea sich stärker zu wölben u n d ist in der zwölften W o c h e sogar stärker gewölbt, als jemals nachher.

V o n der Choroidea bilden sich die Gefäss- u n d die Substanz­

lage früher, als das Pigment. F ü r das letztere entstehen Zellen, die meistens fünf- oder sechsseitig g e g e n einander abgeplattet u n d anfänglich ganz farblos sind, bald aber sich mit einem dunkelbrau­

nen oder schwärzlichen FarbestofF anfüllen. A m schnellsten färbt

sich die A d e r h a u t in ihrem v o r d e m R a n d e ; denn wenn dieselbe hier schon einen schwarzen R i n g wahrnehmen lässt, ist sie in ih­

rem übrigen Theil erst schwach grau, gefärbt. Das Corpus ciliare bildet sich durch eine allmälige Faltung des vordersten u n d an­

fangs ebenfalls ganz glatten Theiles der Aderhaut. Bei dem M e n ­ schen sind einzelne Falten desselben schon in der sechsten W o c h e des F m c h t l e b e n s bemerkbar. B e i vielen Fischen aber bleibt die Aderhaut vorn ganz glatt. — W o h l bei allen Wirbelthieren kommt zu der Z e i t , da in der Aderhaut bereits die A b l a g e r a n g v o n P i g ­ ment b e g o n n e n hat, ein farbloser Streifen v o r , der sich an der un­

tern W a n d u n g des A u g e s v o n dem Sehnerven bis zu der H o r n h a u t erstreckt u n d den Schein gewährt, als sei die Aderhaut daselbst gespalten. Bei den V ö g e l n u n d den Sauriern erhebt sich die be­

zeichnete Stelle nachher zu einer Falte, u n d diese bildet sich zu dem sogenannten K a m m oder Fächer des A u g e s (Vecten) aus. E i n e eben solche Falte habe ich auch bei Fischen, Schlangen und Schild­

kröten g e s e h e n , bei welchen letztern sie aber mit der Zeit wieder verschwindet, w o g e g e n bei manchen Fischen ein Rest v o n ihr übrig bleibt u n d sich zu dem sogenannten Processus falciformis u n d der Campanula entwickelt. Bei den Säugethieren soll nach VON BAERS A n g a b e niemals eine solche Falte v o r k o m m e n , welche A n g a b e ich j e d o c h nicht für richtig halten kann. Bei allen Wirbelthieren färbt

sich übrigens auch die bezeichnete Stelle späterhin schwarz. D i e Iris entsteht viel später als die A d e r h a u t , stellt sich als eine Fort­

setzung derselben d a r , bildet gleich anfangs einen geschlossenen R i n g , der nachher immer breiter w i r d , u n d färbt sich auch sehr bald. E i n e Pupillarmembran kommt nur allein bei den Säugethie­

ren vor. Bei dem Menschen ist sie schon g e g e n das E n d e des drit­

ten Schwangerschafts-Monats vorhanden; im siebenten Monat aber beginnen bei ihm in der R e g e l ihre Gefässe wieder zu schwinden, u n d einige Zeit v o r der Geburt pflegt sie völlig resorbirt zu sein.

D i e Netzhaut ist verhältnissmässig um so dicker, j e j ü n g e r der E m b r y o ist, u n d reicht einige Zeit deutlich bis an den R a n d der Linsenkapsel. B e i der Natter erschien sie mir in einer frühen Zeit als ein völlig geschlossenes S ä c k c h e n , dessen eine W a n d u n g v o n der Linsenkapsel in den übrigen Theil eingestülpt u n d übrigens

111 sehr dünn war, nachher aber ganz verschwand. Eine ähnliche Bil­

dung der Netzhaut hat H U S C H K E bei dem H ü h n c h e n bemerkt;

nach ihm aber soll sich bei diesem der eingestülpte Theil der ange­

führten H a u t , indem er grösser wird u n d tiefer eindringt, an den ihn umfassenden übrigen Theil derselben a n l e g e n , mit ihm ver-M'achsen und sich zu den innern Schichten der Netzhaut ent­

w i c k e l n , indess j e n e r andere oder äussere Theil sich zu der Stäb­

chenschicht entwickelt. W o in der Aderhaut zu einer gewissen Zeit der pigmentlose Streifen v o r k o m m t , schlägt die Netzhaut wahrscheinlich bei allen Wirbelthieren eine g e g e n die H ö h l e des A u g e s gekehrte Falte, die von der Eintrittsstelle des Sehnerven ausgeht u n d in den Glaskörper einschneidet. Bildet sich an j e n e r Stelle der Aderhaut eine F a l t e , so legt sich diese in die Falte der Netzhaut hinein. B e i den V ö g e l n u n d Sauriern durchbricht darauf die erstere die letztere, so dass demnach bei ihnen in der Netzhaut eine Spalte entsteht. Dasselbe ist wahrscheinlich auch bei denjeni­

gen Fischen der F a l l , in deren A u g e n ein Processus falciformis vorkommt. Bei den Säugethiercn aber und bei fast allen A m p h i ­ bien verschwindet wiederum die Falte der Netzhaut, ohne jemals durchbrochen zu werden. — W a s die Linse u n d deren Kapsel an­

b e l a n g t , so entsteht, wie H U S C H K E bei dem H ü h n c h e n entdeckt hat, sehr frühe in der Hornhaut eine Oeffnung, durch die sich die nachherige C o n j u n c t i v a , oder vielmehr, wie R E M A K angiebt, das von ihm angenommene Hornblatt des E m b r y o in das Innere des A u g e s einstülpt und sich darin zu einem Säckchen ausbildet, das bald nachher, indem sich die Oeffnung der Hornhaut verkleinert u n d endlich schliesst, dadurch an seinem Eingange immer mehr zusammengeschnürt wird, bis es zuletzt in ein besondres rundliches u n d völlig geschlossenes Bläschen umgewandelt ist. N a c h H U S C H K E soll dieses Bläschen die Linsenkapsel sein und in demselben die l i n s e entstehen. R E M A K hingegen hat dasselbe für die A n l a g e der Linse ausgegeben, deren ursprüngliche H ö h l e in F o l g e von einer V e r d i c k u n g der W a n d u n g allmälig v e r g e h e n , und um die auf eine n o c h unbekannte W e i s e sich gleichzeitig die Linsenkapsel bilden soll. F ü r H U S C H K E ' S Ansicht spricht j e d o c h der Umstand, dass ich bei sehr j u n g e n E m b r y o n e n von Reptilien und V ö g e l n , bei denen

Linse und Linsenkapsel schon entstanden waren, die letztere einige Zeit in einem so innigen Zusammenhange mit der Hornhaut gefun­

den habe, dass sie davon nicht ohne Zerreissung getrennt werden konnte. — D e r Glaskörper erscheint anfangs als eine kleine Schüs­

sel, die auch in ihrer Mitte eine nur geringe D i c k e hat. Allmälig aber nimmt er an D i c k e bedeutend zu, u n d zwar besonders bei den Säugethieren. Derjenige A s t der Arteria centralis rotinae, welcher bei erwachsenen Thieren durch den Glaskörper mitten hindurch­

g e h t , in einem besondern Kanal der Membrana hyaloidea einge­

schlossen ist, sich zu der Linsenkapsel begiebt und deshalb d i e ^ r ^ . capsularis genannt w i r d , Hegt anfangs an der äussern Seite des Glaskörpers auf der vorhin erwähnten Falte der Netzhaut; nach­

her aber löst er sich v o n dieser ab, schneidet, wie das A u g e an U m ­ fang zunimmt, immer tiefer in den Glaskörper ein u n d bildet da­

durch eine Falte der Membrana hyaloidea, deren beide Blätter spä­

ter mit einander grösstentheils verwachsen u n d den vorhin erwähn­

ten K a n a l bilden.

H U S C H K E , Ueber die erste E n t w i c k e l u n g des A u g e s u n d die damit zusammenhängende C y c l o p i e . In M e c k e l s A r c h i v . Jahrgang

1 8 3 2 .

R E M A K , Untersuchungen über die Entwickelung der W i r b e l ­ thiere. Erste Lieferung. Berlin 1 8 5 0 .

A M M O N , die Entwickelungs-Geschichte des menschlichen A u ­ ges in G R A E F E ' S A r c h i v für Ophthalmologie. B d . I V . A b t h . 1. Ber­

lin 1 8 5 8 .

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