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Sechstes Kapitel

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 124-130)

Vom Gehörorgan.

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Schon frühe und ehe sich aus dem Mcdullarrohr verschiedene

Schichten gebildet h a b e n , bemerkt man jederseits oberhalb des /weiten Schlundbogens neben dem Nachhirn ein kleines und fast linsenförmiges hautartiges B l ä s c h e n , das in der übrigen Bildungs­

masse des K o p f e s seine L a g e hat, u n d aus dem sich nachher die häutigen Theile des Gehörlabyrinthcs nebst dem Gehörnerven ent­

wickeln. Seine Entstehung ist verschieden angegeben w o r d e n ; VON B A E R , B I S C H O F F und ich nehmen an, dass dasselbe in ähnli­

cher W e i s e , wie das A u g e nebst dem Sehnerven durch eine seitliche A u s b u c h t u n g u n d Ausstülpung aus dem Medullarröhre gebildet werde. D a g e g e n wollen HITSCHKE und später auch B I S C H O F F , des­

gleichen R E I S S N E R und R E M A K bemerkt haben, dass es unabhängig v o n dem Gehirn entstehe, sehr bald aber durch einen kegelförmi­

gen Zapfen, der aus ihm hervorwächst u n d sich später zu dem G e ­ hörnerven ausbildet, mit dem Gehirn in V e r b i n d u n g gesetzt wird.

Näher a n g e g e b e n , wird das Ohrbläschen, nach Untersuchungen,

die darüber v o n H U S C H K E , R E I S S N E R u n d ; R B M A K an d e m H ü h n ­

chen angestellt worden s i n d , dadurch g e b i l d e t , dass an der Ober­

fläche des Körpers jederseits über dem zweiten S c h l u n d b o g e n eine rundliche Grube entsteht, die dann immer tiefer wird u n d sich nachher an ihrem Eingang immer mehr verengert, bis dieser end­

lich ganz geschlossen wird. D e r j e n i g e Theil der in der E n t w i c k e ­ lung begriffenen H a u t b e d e c k u n g , welcher die G r a b e auskleidet

Ilathke, Vorlesungen. g

(nach R E M A K das sogenannte Hornblatt), wird dabei an deren Ein­

gange allmälig eingeschnürt u n d e n d l i c h , w e n n der Eingang oder die M ü n d u n g der ( m i b e vollständig verwächst, v o n der allgemei­

nen Hautbcdeckung auch so abgeschnürt, dass er sich nunmehr als ein besondres u n d rings geschlossenes häutiges Bläschen darstellt.

Dieses Bläschen nun hat anfänglich eine sehr einfache F o r m , in­

dem es zunächst nach seiner Bildung als eine b i c o n v e x e Linse, bald darauf aber, wenn man es auf seiner nach aussen gekehrten flach gewölbten Seite besieht, als ein Dreieck mit abgerundeten W i n k e l n erscheint. K u r z e Zeit nachher bilden sich an der äussern Seite des­

selben, wie ich namentlich bei der Natter bemerkt h a b e , drei nach .aussen g e h e n d e Falten. In der Mitte j e d e r Falte rücken darauf die beiden Blätter derselben au ihrer Basis immer näher, verwachsen hier nach einiger Zeit u n d lösen s i c h , w o die V e r w a c h s u n g erfolgt ist, durch Resorption v o n dem Bläschen oder ihrem B o d e n los.

Das Endresultat dieses Vorganges ist das Auftreten der d r e i h a l b -z i r k e i f ö r m i g e n K a n ä l e , die sich nunmehr, indem sie an L ä n g e sehr zunehmen, mit ihrer Mitte v o n dem Bläschen, das jetzt den häutigen V o r h o f darstellt, immer weiter entfernen. A u f ähnliche W e i s e , wie die so eben angegebene, haben in neuerer Zeit G U E N T H E R u n d B I S C H O F F die halbzirkclförmigen Kanäle auch bei Säugethie­

ren u n d V ö g e l n entstehen gesehen. — Ungefähr zur selben Zeit, da j e n e Kanäle auftreten, sackt sich, wie ich bei dem Blennius vi-viparus, der Natter u n d der Sumpfschildkröte gesehen h a b e , auch später R E M A K bei d e m H ü h n c h e n bemerkt hat, die untere W a n d des Ohrbläschens an einer Stelle aus u n d bildet einen kleinen A n ­ hang desselben. B e i den Grätenfischen u n d den Stören schnürt sich dann dieser A n h a n g des bereits als Vorhofsäckchen erschei­

nenden Ohrbläschens, indem er an Umfang nicht unerheblich zu­

nimmt, v o n demselhen ab u n d entwickelt sich zu einem besondern häutigen Bläschen, das in einigen Fällen dicht an j e n e m verbleibt, in der R e g e l aber sich v o n ihm entfernt u n d einen dünnen K a n a l ausspinnt, durch den es, wie durch einen Stiel, mit ihm in V e r b i n ­ dung bleibt. G e w ö h n l i c h behält dieser K a n a l für immer seine H ö h l e ; bei manchen Fischen aber obliterirt er u n d stellt dann einen dichten Strang dar. A u c h bei den Schildkröten entwickelt sich der

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erwähnte A n h a n g des Vorhofsäckchcns zu einem häutigen Bläs­

chen, das mit demselben durch einen massig langen hohlen Stiel in V e r b i n d u n g bleibt. Bei den Schlangen aber nimmt er die F o r m eines an dem E n d e stumpf abgerundeten K e g e l s a n , der nur eine geringe L ä n g e , wie überhaupt nur eine geringe Grösse erhält, u n d giebt sich bei ihnen schon offenbar als eine A n d e u t u n g von den iiinern T h c i l c n einer Ohrschnecke zu erkennen. Gleichfalls nimmt er bei den K r o k o d i l e n und V ö g e l n die Form eines an dem E n d e stark abgestumpften K e g e l s an, wird aber im Verhältniss zu seiner D i c k e länger, wie im Verhältniss zu dem häutigen V o r h o f s ä c k c h c n viel grösser, und krümmt sich bogenförmig etwas zusammen.

W e l c h e Veränderungen aber an ihm bei den Schlangen, K r o k o d i ­ len und V ö g e l n weiter vor sich gehen, u n d zu welchen Theilen der

Ohrschnccke er sich bei ihnen ausbildet, ist noch nicht ermittelt worden. Z u vermuthen steht j e d o c h , dass er sich bei den genann­

ten Thieren v o n dem V o r h o f s ä c k c h c n , aus dein er hervorwuchs, allmälig ganz abschnürt und sich zu dem knorpligen Rahmen u n d den damit verbundenen häutigen Theilen entwickelt, die bei die­

sen Thieren nach vollendeter A u s b i l d u n g in der knöchernen Ohr­

schnecke l i e g e n , die H ö h l e derselben in zwei Treppen scheiden, einen völlig geschlossenen länglichen Schlauch zusammensetzen u n d einen B o d e n für die Ausbreitung eines Nereus Cochleae dar­

stellen. Bei den Säugethieren entsteht nach H U S C H K E ' S Untersu­

chungen ebenfalls durch den Prozess der Ausstülpung ein A n h a n g des V o r h o f s ä c k c h c n s . Derselbe aber gewinnt im V e r g l e i c h mit j e ­ nem Säckchen eine erhebliche L ä n g e , bildet einige Zeit nach seiner Entstehung ein blindes Rohr und krümmt sich bei seiner Verlänge­

rung spiralförmig zusammen. Anfangs steht dieses R o h r mit dem Vorhofsäckchen in einem H ö h l c n z u s a m m c n h a n g e , dann aber schnürt es sich von demselben ab und trennt sich v o n ihm. Bei diesem \ organge findet indess ausserdem n o c h , wie ich vermuthe, eine andere Einschnürung an dem Vorhofsäckchcn statt, a u f w e i c h e aber nur eine Verwachsung der eingeschnürten Stelle erfolgt, und wodurch das erwähnte Säckchen in einen Sacculus semiovalis und Sacculus semirotundus geschieden wird. Ferner nähern sich nach HUSCHKKS Wahrnehmungen die W ä n d e des angeführten Rohres,

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während es sich verlängert, einander in der Art, dass es sich mehr u n d mehr abplattet; demnächst aber verwachsen sie mit einander u n d es erscheint nunmehr an Stelle jenes Rohres eine schmale und lange Platte. Diese Platte ist die sogenannte Zona cartilaginea des Spiralblattes in der Ohrschnecke. W e n n das erwähnte R o h r n o c h die Form eines Cylinders hat, füllt es in der Knorpelinassc, welche sich um dasselbe bildet, nacliher verknöchert und als ein Theil des Felsenbeines den sogenannten Schneckenkanal (Canalis spiralis Cochleae) darstellt, die es enthaltende H ö h l e völlig aus. W ä h r e n d es sich aber immer mehr abplattet, um einen Theil des Spiralblat­

tes zu bilden, u n d sich der so eben angeführte Kanal erweitert, w o ­ bei gleichzeitig das in der E n t w i c k e l u n g begriffene Spiralblatt durch andere Theile n o c h vervollständigt w i r d , bilden sich die beiden Trepp'en der Schnecke. Diese andern Theile sind: erstens die Zona ossea des Spiralblattes, eine anfangs knorplige, nachher knöcherne schmale D o p p e l p l a t t e , die aus der S p i n d e l , einer Knorpelmasse, welche die W i n d u n g e n jenes sich spiralig zusammenkrümmenden Rohres allmälig ausfüllt, hervorwächst und zweitens eine seröse M e m b r a n , die sich an der innern Fläche des ganzen knorpligen und allmälig verknöchernden Labyrinthes, also auch d e s S c h n c c k e n -kanals bildet u n d v o n der W a n d u n g dieses Kanals auf das R o h r , welches zu der Zona cartilaginea des Spiralblattes w i r d , übergeht, um dasselbe u n d die Zona ossea des Spindelblattes zu bekleiden.

§. 50.

Bald nachdem das Ohrbläschen entstanden ist, bildet sich an der äussern Seite u n d zwar zunächst dem untern Rande desselben eine halbmondförmige Platte, die darauf an Grösse zunehmend in kurzer Zeit die F o r m eines Uhrglases erhält, das ganze Bläschen v o n aussen d e c k t , allmälig, d o c h früher, als irgend ein anderer Theil des E m b r y o , eine knorplige Beschaffenheit erhält u n d sich immer bestimmter als die A n l a g e für das Felsenbein ankündigt.

B e i vielen Grätenfischen erhält dieser Körpertheil nur die F o r m einer ziemlich tiefen Schale; bei den meisten' Wirbelthieren aber wächst er immer weiter über die verschiedenen häutigen Theile des Gehörlabyrinthes herüber u n d bildet nach einiger Zeit eine sie v ö l

-lig einschliessende K a p s e l , die j e d o c h g e g e n die Schädelhöhle für den D u r c h g a n g des Gehörnerven eine Oeffnung behält. Ferner wächst seine Substanz in der R e g e l nach innen bedeutend aus, so dass sie in alle Zwischenräume eindringt, welche die verschiedenen häutigen Theile des Labyrinthes zwischen sich gelassen haben. Ist dies g e s c h e h e n , so beginnt in der erwähnten Knorpelsubstanz, ab­

gesehen v o n den Knorpelfischen, auch eine Ablagerung v o n K a l k ­ e r d e , u n d es bilden sich in ihr dann mehrere K n o c h e n s t ü c k e . Diese aber wachsen bei den Säugethieren u n d V ö g e l n zu einem Ganzen, dem Felsenbein, zusammen, statt dass sie bei den Gräten­

fischen u n d mehreren A m p h i b i e n zeitlebens getrennt bleiben u n d mitunter, namentlich bei manchen A m p h i b i e n , mit benachbarten K n o c h e n derHirnschalc verschmelzen. — Das eirunde Fenster der mit Gehörknöchelchen versehenen Wirbelthiere und das runde Fenster der Säugethicre, V ö g e l und beschuppten A m p h i b i e n ent­

stehen durch Resorption der M a t e r i e , wenn das Felsenbein n o c h eine knorplige Beschaffenheit hat. — V o n der Entwickelung der Gehörknöchelchen und des Paukenbeins wird später die R e d e sein.

8- 51.

Bei den F r ö s c h e n , vielen K r ö t e n , den Schildkröten u n d den Sauriern verwächst die vorderste Schlundspalte nur in ihrem äus-sersten Theile oder dem Eingange, und aus der Substanz, die dazu verwandt ist, entwickelt sich das T r o m m e l f e l l ; der übrige Theil der Spalte aber nimmt mit dem W a c h s t h u m des K o p f e s bei den meisten v o n diesen Thieren bedeutend an W e i t e und Tiefe zu u n d bildet eine verhältnissmässig beträchtlich weite H ö h l e , welche die Trommelhöhle und Eustachische Trompete der höhern Thiere re-präsentirt. Bei den K r o k o d i l e n hingegen entwickelt sich aus ihm eine lange enge Eustachische T r o m p e t e u n d eine weite Trommel­

höhle. Bei den V ö g e l n u n d Säugethieren verwächst, die vorderste Schlundspalte ungefähr in der Mitte ihrer Tiefe, u n d es bildet sich darauf an dieser Stelle das Trommelfell. D i e äussere Hälfte der Spalte aber wird zum äussern G e h ö r g a n g e , die innere zu der Pau­

kenhöhle und Eustachischen Trompete. Bei den F i s c h e n , den

S c h l a n g e n , eleu schlangenartigeu Sauriern und mehreren Batra­

chiern verwächst j e n e Spalte gänzlich oder beinahe gänzlich.

Das äussere Ohr der Säugethicre tritt auf als ein v o n der Haut­

b e d e c k u n g gebildeter W u l s t an dem Eingange der ersten Schlund­

spalte, u n d dieser W u l s t nimmt d a n n , indem er grösser u n d zu einer Falte w i r d , bei den verschiedenen Säugethieren eine sehr verschiedene F o r m an. Immer aber bildet sich im Innern der Falte ein Knorpelblatt.

HUSCHKE, in Meckels Archiv. Jahrgang 1832. Seite 40.

R A T H K E , Entwickelungs-Ceschiehte der Natter.

D E S S E N Entwickclungs-Geschichte der Schildkröten.

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Dorpati 1 8 5 1 .

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 124-130)