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Drittes Kapitel

Im Dokument Caroli Ernesti a Baer (Seite 69-104)

Ueber die hauptsächlichsten Verschiedenheiten in der Entwickelung verschiedener Wirbelthiere.

§• 29.

"Von den meisten Fischen wird das Ei dem Wasser überge­

ben, u n d es bildet sich die Frucht erst ausserhalb des Mutterleibes.

D i e E n t w i c k e l u n g der Frucht aber geht um so rascher v o r sich, j e höher die Temperatur des Wassers ist, in w e l c h e m das Ei abgesetzt worden war. V o n mehreren solchen Fischen, namentlich v o n den­

j e n i g e n Grätenfischen, welche keinen Nabelsack zur Einhüllung ihres Dottersacks erhalten, wie z. B . den C y p r i n c n , kommt das Junge höchst unvollkommen entwickelt aus dem E i , besitzt dann nicht einmal Gliedmassen u n d zehrt n o c h lange v o n dem Dotter, den es aus dem Ei mitbrachte. Diejenigen aber, welche einen N a ­ belsack erhalten, verlassen, wie es scheint, erst dann das E i , wenn j e n e r Sack v e r s c h w u n d e n u n d der Dotter zum grössten Theil oder gänzlich aufgezehrt ist, und sind dann auch mit Gliedmassen aus­

gestattet.

A n d e r e Fische bringen lebendige Junge zur W e l t . Unter den Grätenfischen ist dies namentlich bei Blennius vieiparus u n d vie­

len Syngnathen der Fall. D e r erstere brütet die Eier in seinem Eierstock, die letzteren in einer besonderen H ö h l e , die in der vor­

deren Hälfte ihres Schwanzes vorkommt. I n diesen Organen durchbricht die Frucht zwar n o c h in einem sehr u n v o l l k o m m e n e n Zustande ihre E i h ü l l e , bleibt aber daselbst, indess die abgestreifte Eihaut aufgelöst w i r d , noch eine geraume Zeit zurück und

ent-59 wickelt sich weiter, theils auf K o s t e n ihres D o t t e r s , theils indem sie eine eiweisshaltige Flüssigkeit sich aneignet, die in dieser Zeit beim Blennius v o n dem Eierstock, bei den Syngnathen v o n der W a n d u n g der Bruthöhle ausgesondert wird. — Unter den K n o r ­ pelfischen gebären einige Flaifische u n d R o c h e n lebendige Junge, andere h i n g e g e n legen Eier. Gebrütet und weiter entwickelt wer­

den die Eier der ersteren in den Eierleitern. N a c h den verschie­

denen A r t e n dieser Knorpelfische aber ist das Verhalten des Eies u n d der Frucht während der Brütung sehr verschieden. B e i den Zitterrochen u n d etlichen Haifischen ( z . B . bei Squalus Acanthias) vergrössert sich das ganze E i , das ein sehr dünnhäutiges u n d ganz glattes Chorion besitzt, sehr bedeutend, indem ohne Zweifel durch diese Eihülle Stoffe, die v o n dem Eierleiter abgesondert werden, in das Ei hineindringen und der Frucht zu Gute kommen, obgleich bei ihnen das Ei der W a n d u n g des Eierleitcrs nur lose anliegt u n d mit derselben in keine organische V e r b i n d u n g gelangt. D i e Frucht aber verlässt allem Anschein nach, wann sie das Chorion gesprengt hat, sogleich den L e i b der Mutter. V o n andern Haifischen(Sjnnax niger, Scymnus lichid) vergehn die Eihäute schon im Mutterleibe, u n d der Fötus bleibt hierauf n o c h lange in dem Eierleiter zurück, ohne j e d o c h auf irgend eine W e i s e mit der W a n d u n g desselben in eine innige V e r b i n d u n g zu gelangen. Bei noch andern Haifisch­

arten (Mustelus laevis u n d der Gattung Prionodon), bei denen ebenfalls das Chorion schon früh v e r g e h t , falten sich der Nabel­

sack u n d Dottersack des F ö t u s , die beide sehr gefässreich werden u n d an einein sehr langen G a n g v o n dem Bauch herabhängen, sehr stark u n d vielfach, indem sie zwischen ihnen entsprechende Falten eingreifen, die während der Brütung v o n der Schleimhaut des Eier­

leiters gebildet u n d gleichfalls ungemein gefässreich werden. Mut­

ter u n d Frucht k o m m e n dadurch in eine ähnliche innige V e r b i n ­ d u n g , w i e bei den Säugethieren durch den Mutterkuchen. A u c h lässt sich nicht bezweifeln, dass die Frucht bei dieser innigen V e r ­ b i n d u n g v o n der Mutter aus ernährt wird.

A l l e Fische erhalten zwar einen Kiemenapparat, d o c h ist die Entwickelungswcise desselben nach den verschiedenen Familien sehr verschieden.

Bei den Grätenfischen entsteht auf der nach aussen gekehrten Seite des dritten Paars u n d aller folgenden Paare v o n B o g e n , die sich hinter dem M u n d e rechts u n d links gebildet haben (Schlund­

b o g e n ) , seltener nicht auf allen diesen Paaren, eine doppelte Reihe v o n warzenförmigen A u s w ü c h s e n , deren j e d e r sich in ein lanzet-förmiges Blatt u m w a n d e l t , das auf beiden Seiten mit einer Reihe blattartiger Querleisten besetzt ist. Diese Blättchen, die auch un­

gemein gefässreich werden, dienen nachher der A t h m u n g . Im In­

nern des B o g e n s aber entwickelt sich zur bessern Stützung u n d Spannung desselben ein aus etlichen an einander b e w e g l i c h e n Seg­

menten bestehender K n o r p e l b o g e n , der nachher allmälig verknö­

chert. D e r erste u n d zweite Schlundbogen j e d e r Seite verwachsen so vollständig, dass die zwischen ihnen befindliche Spalte ganz ver­

schwindet. N a c h geschehener Vereinigung aber beginnt in j e d e m v o n diesen Bogenpaaren sich ein Paar K n o r p e l b o g c n zu entwickeln, von denen die des vordersten Paares die Grundlagen des Unter­

kiefers darstellen, w o g e g e n die des zweiten Paares sich zu den Hörnern des Zungenbeins entwickeln. Gleichzeitig entfernen sich die A n l a g e n dieser verschiedenen Skeletstücke, wie überhaupt die beiden v o r d e m Paar Schlundbogen mehr oder weniger weit v o n der in der Entwickelung begriffenen Hirnschale, indem am obern E n d e der S c h l u n d b o g e n des vordersten Paars eine A b l a g e r u n g v o n Blastem erfolgt, die sehr bald jederseits einen v o n oben nach un­

ten gerichteten Streifen darstellt, in welchem sich das Quadratbein zu entwickeln beginnt. D u r c h diese beiden paarigen Streifen aber werden die zwei v o r d e m B o g e n p a a r e , die mit einander innig ver­

bunden b l e i b e n , von der Hirnschale gleichsam fortgeschoben.

W ä h r e n d die angegebenen Streifen sich verlängern, nehmen sie auch beträchtlich an Breite z u , indem ihr Bildungsstoff an ihrem hintern R a n d e gleichsam hervorwuchert. Dasselbe geschieht auch an dem hintern R a n d e des unter denselben liegenden hintern B o -genpaars, in welchem sich das Z u n g e n b e i n entwickeln will, das bei den Fischen nur zweihörnig wird. D a d u r c h aber wird jederseits eine einfache K l a p p e g e b i l d e t , die an Breite bedeutend zunimmt u n d in kurzer Zeit alle K i e m e n ihrer Seite verdeckt. I m Innern dieser K l a p p e bilden sich etliche Skeletstücke, indess ihre übrige

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Masse hautartig b l e i b t : und zwar entstehen in der obcrn Hälfte derselben eine bis drei K n o c h e n p l a t t e n , die mit dem Quadratbein zusammenhängen , in der untern eine Reihe g e w ö h n l i c h strahlen­

förmiger K n o c h e n s t ü c k c , die mit ihrem einen E n d e an das Z u n ­ genbeinhorn angrenzen. D i e obere Hälfte wird nämlich der K i e ­ m e n d e c k e l (Operculum), die untere aber die K i e m e n h a u t (Membrana branchiostega) mit ihren K i e m e n h a u t s t r a h l e n (Ttadii branchiostegi).

Bei den I'lagiostomen nehmen die vier hintern Paar Schlund­

bogen, die sich in wirkliche K i e m e n umwandeln sollen, bedeutend an Breite zu und stellen schon frühe ansehnlich breite u n d massig dicke Platten d a r , deren eine Fläche nach v o r n , die andere nach hinten gerichtet ist. In dem Innern R a n d einer j e d e n solchen Platte bildet sich als Stütze ein aus etlichen Segmenten bestehender K n o r ­ p e l b o g e n , in der Mitte eine Reihe strahlenförmiger u n d v o n j e n e m Bogen divergirend auslaufender Knorpelstreifen, selten statt der­

selben ein grösseres Knorpelblatt, und in dem äussern R a n d e mei­

stens zwei dünne Knorpelstreifen, von denen einer über dem an­

dern liegt. A n der v o r d e m u n d hintern Seite der Platte aber bil­

det sich eine Schleimhaut u n d aus dieser für die A t h m u n g eine Reihe v o n innen nach aussen divergirender blattartiger und gefäss-reicher Falten, v o n denen j e d e an ihren beiden Seiten eine M e n g e höchst zarter Querleisten erhält. Mehrere v o n j e n e n Falten, die sämmtlich die Kiemenblättchen der Grätenfische vertreten, wach­

sen weit über den H a l s , den die Plagiostomcn erhalten, nach aus­

sen hervor u n d bilden dadurch eben so viele aussen sichtbare ein­

fach bandartige Verlängerungen, die man Cilien genannt hat. E b e n solche Cilien wachsen bei denjenigen Plagiostomen, welche ein Paar Spritzlöcher besitzen, auch aus der W a n d u n g dieser L ö c h e r hervor. I n späterer Zeit des Fruchtlebcns aber verschwinden wie­

der alle Cilien durch Resorption. — Ein eigentlicher K i e m e n -d e c k e l un-d eine K i e m e n h a u t entstehen bei -den Plagiostomen nicht, sondern nur als A n d e u t u n g e n davon etliche an das Z u n g e n ­ beinhorn u n d den Quadratknorpel ihrer Seite befestigte K n o r p e l ­ streifen , die so klein b l e i b e n , dass sie nicht einmal die vorderste Kiemenspalte b e d e c k e n können. Dagegen wächst v o n der R ü c k e n

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seite u n d v o n der Bauchseite her die Hautbedeckung nebst einigen dünnen Muskelschichten immer weiter über die K i e m e n herüber, wobei sie mit dem äussern B a n d e der K i e m e n auch innig ver­

wächst. H i e d u r c h aber w e r d e n die K i e m e n immer mehr v e r d e c k t u n d die Kiemenspalten, die anfangs beinahe über die ganze Breite der rechten u n d linken Seite des Halses v o n oben nach unten her­

abliefen, zwar nicht absolut, j e d o c h im Verhältniss zu dem W a c h s ­ thum des Halses in die D i c k e sehr beträchtlich verkürzt.

D e r S c h w a n z , das hauptsächlichste B e w e g u n g s o r g a n für die meisten F i s c h e , erhält schon früh eine bedeutende Grösse, zu­

mal eine bedeutende Länge. Bei denjenigen F i s c h e n , welche eine R ü c k e n - und Afterflosse erhalten, scheinen diese Gliedmassen all­

gemein früher als andre Flossen zu entstehen. D o c h stellen sie eine geraume Zeit hindurch nur blosse Hautfalten dar. Demnächst entstehen die Brustflossen, nachher die Schwanzflosse und zuletzt die Bauchflossen.

Das G e h i r n und die Hirnschale sind im Verhältniss zu dem ganzen K ö r p e r in frühester Lebenszeit zwar grösser, als späterhin, d o c h lange nicht in dem Grade, wie bei den übrigen Wirbelthieren.

Das Gehirn füllt die H i r n s c h a l e , wann es sich in allen seinen Theilen ausgebildet hat, vollständig aus; nachher aber wird es be­

sonders bei den Grätenfischen, weil es weniger, als die Hirnschale, an U m f a n g zunimmt, im Verhältniss zu derselben immer kleiner, w o b e i sich in d e m Zwischenraum zwischen beiden ein weiches mit flüssigem Fett getränktes Zellgewebe anhäuft. D e r K o p f ist an­

fangs mehr oder weniger abwärts gebeugt u n d bildet mit dem N a c k e n eine K r ü m m u n g . D o c h ist dasselbe bei den übrigen W i r ­ belthieren, zumal den über den Batrachiern stehenden, in n o c h weit höherm Grade der Fall. A u c h ist der K o p f selbst anfänglich etwas zusammengekrümmt, w e n n g l e i c h nur w e n i g ; nach einiger Zeit aber streckt er sich allmälig gerade.

§. 30.

Alle Batrachier verlassen sehr u n v o l l k o m m e n ausgebildet das E i u n d besitzen in ihrem Embryonenzustande weder einen Dotter­

s a c k , n o c h ein A m n i o n , n o c h eine Allantois. Ihre Jungen nennt

63 man Larven (Cordyli). V o n den geschwänzten bringen die Sala­

mander lebendige J u n g e zur W e l t ; die M o l c h e aber legen Eier.

D i e M o l c h - L a r v e hat zu der Zeit, da sie das E i verlässt, noch keine B e i n e , w o h l aber zur F o r t b e w e g u n g i m Wasser einen recht gros­

sen Schwanz u n d einen dünnen Hautkamm auf demselben und dem K ü c k e n . D e r M u n d ist dann n o c h geschlossen u n d bricht erst einige Tage später durch. Hinter dem M u n d e befinden sich zwei paarige, c y l i n d r i s c h e , dünne u n d massig lange O r g a n e , deren ab­

gestutztes u n d mit einer Vertiefung versehenes E n d e zähen Schleim absondert. Diese Organe dienen zum Anheften an andere K ö r p e r u n d vergehen später, w e n n sich die Beine ausbilden. Jederseits befinden sich gleich hinter dem K o p f der L a r v e , w e n n sie aus dem E i hervortritt, vier Schlundspalten u n d drei S c h l u n d b o g e n . _ A u f j e d e m v o n diesen B o g e n aber steht eine fadenförmige K i e m e , die nachher unter zunehmender Verlängerung allmälig viele in zwei Reihen geordnete u n d abwärts gerichtete einfach fadenartige Sei­

tenzweige hervortreibt, w o d u r c h sie eine sehr zusammengesetzte F o r m u n d eine beträchtliche Grösse gewinnt. Uebrigens liegen alle K i e m e n stets frei zu T a g e . L u n g e n fehlen anfangs der Larve.

Sind sie bereits entstanden und in ihrer E n t w i c k e l u n g weit vorge­

schritten , so vergehen die K i e m e n durch Resorption; auch ver­

wachsen dann sämmtliche Kiemenspalten, ohne eine Spur v o n ih­

rem Dasein zurückzulassen. V o n den B e i n e r # e n t s t e h e n zunächst die v o r d e m , viel später die hintern. Jedes erscheint zu einer g e ­ wissen Zeit als ein stumpfer, dünner und ziemlich langer K e g e l , dann aber schwillt sein E n d e zu einem K n ö t c h e n a n , u n d aus die­

sem wachsen nachher die Z e h e n hervor, zuerst die innerste, zuletzt die äusserste. — D e r D a r m k a n a l ist anfangs sehr kurz, sehr weit u n d zu seinem grössten T h e i l mit Dotter angefüllt, v o n dem die L a r v e n o c h lange zehrt. — N i e r e n u n d H a r n b l a s e bilden sich erst in der L a r v e , u n d n o c h weit später als diese Organe die G e ­ schlechtswerkzeuge.

D i e ungeschwänzten Batrachier verlassen n o c h etwas unvoll­

kommener als die geschwänzten das E i . K o p f und R u m p f der j u n g e n Larve haben zusammengenommen, ungefähr die F o r m einer

O l i v e ; der R u m p f aber setzt sich in einen ungefähr eben so langen,

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massig breiten u n d am E n d e abgerundeten Schwanz fort. E i n A f ­ ter ist bereits v o r h a n d e n , eine Mundöffnung aber fehlt in den er­

sten T a g e n n o c h und ist an ihnen nur durch eine rautenförmige G r u b e angedeutet. Hinter dieser Grube befinden sich zwei ziem­

lich grosse und ovale paarige Saugnäpfe als Haftorgane, die einen klebrigen Schleim absondern u n d späterhin vergehen. V o n Beinen ist an der j u n g e n Larve noch keine A n d e u t u n g vorhanden. Hinter dem K o p f befinden sich jederseits vier Schlundspalten u n d drei Schlundbogen, v o n denen j e d e r an'seinem obern E n d e ein kleines, frei zu T a g e liegendes und einigermassen einem Hirschgeweihe ähnliches Kiemcnblättchen trägt. — D e r Darmkanal verhält sich wie bei sehr j u n g e n M o l c h e n , und n o c h lange zehrt die Larve v o n ihrem Dotter. — W e n n sich der M u n d geöffnet hat, bildet sich bald darauf am v o r d e m und hintern Rande desselben eine halb­

mondförmige scharfe hornige Scheide, w o d u r c h er in gleicher A r t , wie der M u n d der Schildkröten, bewaffnet u n d zum N a g e n g e ­ schickt gemacht wird. Hat die Larve eine solche Bekleidung des Mundes erhalten, so ist sie äusserst gefrässig g e w o r d e n und ernährt sich zunächst einige Zeit v o n C o n f e r v c n , später aber v o n g r o b e m Wasserpflanzen, ausnahmsweise selbst v o n thierischen Substanzen.

D e r Darmkanal erlangt indessen eine sehr bedeutende L ä n g e , rollt sich schneckenförmig in einer Spirale zusammen und ist immer mit Nahrungsmitteln und deren Uebcrresten vollgepfropft. Seine W e i t e ist nun allenthalben ziemlich gleich gross, und der M a g e n , ein ver-hältnissmässig sehr kurzer Abschnitt des langen Darmkanals, zeich­

net sich nur durch eine etwas grössere D i c k e seiner W a n d u n g aus.

Hauptsächlich w e g e n der starken Verlängerung des Dannkanals, wie auch w e g e n des bedeutenden Wachsthmns der K i e m e n , g e ­ w i n n e n R u m p f und K o p f sehr bald eine im Verhältniss zu ihrer L ä n g e so ansehnliche Breite und D i c k e , dass sie zusammengenom­

men fast die F o r m einer K u g e l erhalten. D a g e g e n nimmt der Schwanz besonders an L ä n g e zu, gewinnt dabei auch eine beträcht­

liche H ö h e , indem an ihn sich oben und unten ein breiter Haut­

kamm ausbildet, u n d ist lange Zeit das einzige Bewegungsorgan.

A n j e d e m K i e m e n b o g e n entwickelt sich unter dem hirschgeweih­

artigen Blättchen, v o n dem die Larve schon aus dem E i e eine A n

-'65 deutung mitbrachte, sehr bald eine Doppelreihe v o n kleinen strauchartig verzweigten Blättchen, worauf j e n e s erstere verschwin­

det. A u c h entwickelt sich eine solche Doppelreihe hinter der letz­

ten Kiemenspalte, so dass mithin die L a r v e vier Paar K i e m e n er­

hält. H a b e n die strauchartigen Blättchen sich zu bilden angefan­

gen, so werden sämmtliche K i e m e n verhüllt. D i e s geschieht, i n d e m in geringer Entfernung hinter dem künftigen Unterkiefer, nämlich von dem zweiten Paar der Schlundbogen aus, in denen sich zwei H ö r n e r des Zungenbeins b i l d e n , die H a u t b e d e c k u n g eine v o n der einen zur andern Seite gehende lange Falte schlägt, die in ähnli­

cher W e i s e , wie die K i e m e n d e c k e l der Grätenfische, über die K i e ­ men hinüber wächst. Etwas später schlägt die Haut auch hinter dem letzten Kiemenpaar eine s o l c h e , d o c h viel schmaler bleibende u n d nach vorn gerichtete Falte. Beide Falten aber erreichen ein­

ander u n d verwachsen auch mit einander. A n der rechten Seiten­

hälfte erfolgt bei den Fröschen u n d Kröten die V e r w a c h s u n g ganz vollständig; an der linken aber bleibt ein kleines, rundes L o c h ü b r i g , durch welches alles eingeathmete Wasser nach aussen ab-fliessen kann. — D i e V o r d e r b e i n e bilden sich ganz versteckt unter der K i e m e n d e c k e dicht hinter dem K o p f e , u n d ihre H a l b ­ gürtel oder Stützen hängen lange Zeit, wie bei den meisten Gräten­

fischen zeitlebens, mit dem H i n t e r k o p f zusammen. H a b e n sie schon Zehen erhalten u n d eine beträchtliche L ä n g e erreicht, so dringt das linke durch die Kiemenöffnung h e r v o r , das rechte aber reisst sich ein L o c h durch die K i e m e n d e c k e seiner Seite u n d dringt ebenfalls nach aussen hervor. D i e H i n t e r b e i n e entstehen etwas später, u n d zwar dicht vor dem After. A l l e Beine aber haben eine ähn­

liche Formentwickelung, wie bei den M o l c h e n . — W e n n die Beine schon eine ziemliche Grösse u n d Stärke erlangt h a b e n , so dass sie bereits zum K r i e c h e n dienen k ö n n e n , auch schon die L u n g e n , welche später als die K i e m e n entstanden, zum A t h m e n tauglich g e w o r d e n sind, geht bei der L a r v e in mehreren Körpertheilen eine bedeutende V e r ä n d e r u n g v o r sich. D e r in dem Schwanz liegende Theil des Rückenmarks welkt u n d verkleinert sich; darauf g e ­ schieht dasselbe auch mit dem hintern Theil der Rückensaite u n d überhaupt mit allen übrigen B e s t a n d t e i l e n des Schwanzes, bis

Rathke, Vorlesungen. c

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dieser endlich völlig verschwunden ist. D e r D a n n verkürzt sich beträchtlich u n d wird mit Ausnahme seines hintern Theils, der sich zu einem D i c k d a r m ausweitet, auch enger. D e r M a g e n aber nimmt nicht nur an W e i t e , sondern auch beträchtlich an L ä n g e zu. D i e Kiemenblättchen v e r s c h w i n d e n , die Kicmenspalten verwachsen, u n d die K i e m e n d e c k e n legen sich an die Ueberreste der K i e m e n -b o g e n an u n d ver-binden sich mit ihnen so innig, dass v o n den K i e ­ menhöhlen nichts übrig bleibt. D i e hornigen Scheiden der K i e l e r werden abgeworfen, u n d der bis dahin nur kleine M u n d reisst gleichsam weiter auf u n d wird zu einer ansehnlich langen Spalte.

W ä h r e n d an dein M u n d e u n d dem Darmkanal die angeführten

\ eränderungen v o r sich gehen, enthält sich die Larve eine geraume Zeit hindurch aller N a h r u n g : sind sie aber beendigt, so nimmt das j u n g e G e s c h ö p f nun allein thierischc Nahrung zu sich. Uebrigens sind diese letzteren Veränderungen und diejenigen der Athinen-werkzeuge früher beendigt als die des Schwanzes. H a b e n aber alle angeführten Veränderungen ihr E n d e erreicht, so ist das j u n g e Thier um ein nicht Geringes kleiner u n d leichter, als einige Zeit vorher, zeigt also in dieser H i n s i c h t , was n o c h niemals bei andern YVirbelthieren bemerkt worden ist, ein ähnliches Verhalten wie die Insekten mit vollständiger Metamorphose.

D i e Nieren, die Harnblase und die Geschlechtswerkzeuge ent­

stehen bei den ungeschwänzten Batrachiern erst viel später, als die L a r v e das Ei verlässt. D i e W o L F F s c h e n K ö r p e r aber bringt sie aus dem Ei schon mit.

§• 31.

N u r w e n i g e Ophidier u n d Saurier gebären lebendige J u n g e , z. B . die V i p e r n , Blindschleichen, Coluber laevis u n d Lucerta cro-cea; mitunter aber kommt der E m b r y o derselben Thierc n o c h in den Eihäuten eingeschlossen zur W e l t u n d zerrcisst sie erst einige Stunden oder T a g e später. D i e meisten legen hartschalige Eier.

D o c h hat in den Eiern mancher, z. B . der Nattern u n d der meisten Eidechsenarten, die E n t w i c k e l u n g eines E m b r y o schon einige Zeit vorher ihren A n f a n g genommen. Z u m Ausbrüten der Eier g e n ü g t die Temperatur der Luft und des Erdbodens. Ausserdem aber

ver-67 langen s i e , besonders die Schlangeneier, eine ziemlich grosse M e n g e Feuchtigkeit. D i e E n t w i c k e l u n g geht ziemlich langsam v o r sich u n d währt zwei bis drei Monate.

V o n den Schlangen u n d schlangenartigen Sauriern nimmt der E m b r y o schon frühe eine bedeutende L ä n g e an, u n d rollt sich spi­

ralig, indem er sich an der Bauchseite einkrümmt, so zusammen, dass er schon frühe einen K e g e l darstellt, dessen Basis v o n dem K o p f e u n d H a l s e , dessen Spitze v o n dem E n d e des Schwanzes g e ­ bildet wird. N a c h der Mitte des Fruchtlebens giebt er zwar diese K e g e l f o r m wieder auf, d o c h bleibt e r , bis er das Ei verlässt, noch immer sehr stark zusammengerollt. V o n den eigentlichen Eidech­

sen nimmt hauptsächlich nur der Schwanz schon frühe eine an­

sehnliche L ä n g e an und rollt sich stark zusammen. D i e Beine der Eidechsen treten schon frühe auf u n d nehmen rasch an Grösse zu.

Anfangs bildet ein j e d e s eine schaufeiförmige Platte; nach einiger Zeit aber erscheinen an dem breiten und dünnen E n d e dieser Platte die Z e h e n als streifenförmige u n d strahlcnartig auseinander fah­

rende V e r d i c k u n g e n , worauf alsdann die dünner bleibenden Theile, die zwischen den Zehen l i e g e n , das Aussehn einer vollständigen Schwimmhaut gewähren. Späterhin j e d o c h , und zwar schon in der letztern Hälfte des Fruchtlebens, verschwindet die hautartige V e r ­ bindung der Z e h e n , theils indem sie resorbirt w i r d , theils indem die Zehen sich über sie hinaus verlängern. — Bei den männlichen I n d i v i d u e n der Schlangen und Eidechsen bilden sich an den Sei­

ten des Afters, der schon frühe eine Querspaltc darstellt, zwei ein­

ander gleiche männliche Glieder v o n ziemlich beträchtlicher f Jrösse, die so lange äusserlich ganz frei am Leibe daliegen, bis der E m b r y o die Eihüllen durchbricht und abstreift; dann aber werden sie durch ein Paar für sie besonders bestimmte M u s k e l n , die zum k l e i n e m Theile in diesen Gliedern selbst, zum grössern Theile in dem Schwänze liegen, wie Handschuhfinger eingestülpt u n d in die W u r z e l des Schwanzes hineingezogen. — Z ä h n e k o m m e n an den E m b r y o n e n der Saurier u n d Ophidier zwar schon v o r , w e n n sich dieselben enthüllen wollen , d o c h haben sie dann nur eine geringe Grösse. M a n c h e v o n diesen Thieren aber haben dann ausserdem ganz vorn am Zwischenkiefer auch eine grössere zahnartige Platte,

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die zum Oeffnen der Eischale durch N a g e n an derselben zu dienen scheint u n d kurze Zeit nach der Enthüllung verloren geht.

§• 32.

D i e Schildkröten legen hartschalige E i e r , u n d zwar am lieb­

sten im Sande an sonnigen Stellen. V o n einem E m b r y o ist, w e n n das Ei gelegt w o r d e n , in diesem n o c h keine Spur vorhanden. D i e E n t w i c k e l u n g des Eies geht ziemlich langsam v o r sich, dauert näm­

lich einige Monate. D e r E m b r y o hat in früherer Zeit, selbst nach­

dem an ihm die Beine hervorgesprossen sind, eine grosse A e h n -lichkeit mit dem der E i d e c h s e n , nur bleibt der Schwanz viel kür­

zer. Namentlich aber hat der R u m p f einige Zeit eine ähnliche F o r m , wie der R u m p f der E i d e c h s e n ; auch liegen dann die Beine völlig frei an der äussern Seite desselben. D i e so merkwürdige A b ­ plattung des R u m p f e s der Schildkröten beginnt erst g e g e n die Mitte des Fruchtlebens u n d erfolgt viel früher, als s i c h , mit A u s ­ nahme der R ü c k e n w i r b e l u n d der R i p p e n , die K n o c h e n s t ü c k e des R ü c k e n - u n d Bauchschildes zu bilden angefangen haben. W ä h r e n d aber die Abplattung vor sich geht, verdicken sich die Hautbedeck­

ung u n d das Unterhaut B i n d g e w e b e des Rumpfes an der R ü c k e n -und Bauchseite in einem so hohen G r a d e , dass sie vorläufig für sich allein ein R ü c k e n - und Bauchschild bilden.

§. 33.

D i e Ophidier, Saurier u n d Chelonier, also überhaupt die R e p ­ tilien oder höhern A m p h i b i e n , besitzen zwar in frühester Zeit des Fruchtlebens Kiemenspalten u n d K i e m e n b o g e n , d o c h bilden sich auf den letztern keine Kiemenblättchen aus. A u c h erhalten sie säinmtlich einen D o t t e r s a c k , ein A m n i o n u n d eine Allantois. D e r Dottersack ist g e g e n das E n d e des Fruchtlebens schon stark ver­

kleinert , und sein mit Dotter prall angefüllter Ueberrest wandert eine kurze Zeit v o r A b l a u f des Fruchtlebens durch den Nabel in

kleinert , und sein mit Dotter prall angefüllter Ueberrest wandert eine kurze Zeit v o r A b l a u f des Fruchtlebens durch den Nabel in

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