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Verwandte Begriffe: Pattern, Muster, Valenz

In der Literatur werden einige alternative Begriffe diskutiert, die in ihrer jeweiligen Definition den Konstruktionen im Sinne der Konstruktionsgrammatik mehr oder weniger

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Communication(8.3.2017)

gut entsprechen. Im Abschnitt 2.2 wurde bereits der von Langacker (1987: 58, 2000: 4) verwendete Begriff „unit“ genannt.

Wray (2008: 12) definiert etwa „Morpheme Equivalent Unit“ als „a word or word string, whether incomplete or including gaps for inserted variable items, that is proces-sed like a morpheme, that is, without recourse to any form-meaning matching of any sub-parts it may have“ – hier werden also die Flexibilität auf der Formseite sowie die ho-listische Verarbeitung betont, über die Bedeutung oder Funktion macht Wray an dieser Stelle jedoch keine Aussagen. Sie diskutiert allerdings die Verwandtschaft ihres Ansatzes zur Konstruktionsgrammatik (vgl. Wray, 2008: 84ff.).

Steyer (2013: 23) definiert „usuelle Wortverbindungen“ als „polylexikalische, habituali-sierte sprachliche Zeichen“ und hebt dadurch zwar die Gebrauchsbasiertheit sprachlicher Strukturen hervor, schließt jedoch sowohl komplett abstrakte Formen als auch „Monole-xeme“ (syntaktische Einzelwörter, unabhängig von ihrer internen Komplexität) aus (vgl.

Steyer, 2013: 24). Sie erfasst also einen Teilbereich dessen, was unter Konstruktionen zu verstehen ist, und grenzt ihren Ansatz ausdrücklich von konstruktionsgrammatischen Arbeiten ab (vgl. Steyer, 2013: 37f.). Bubenhofer et al. (2014: 34) setzen zwar ihren Begriff des „Syntagmas“ mit dem der Konstruktion in konstruktionsgrammatischen An-sätzen gleich, gemeint ist aber offensichtlich ebenfalls die Formseite. Sowohl bei Steyer (2013) als auch bei Bubenhofer et al. (2014) dienen die Begriffe jeweils der korpuslinguis-tischen Operationalisierung ihrer Fragestellungen, sie haben somit einen spezifischeren Zweck als Konstruktionen im Sinne von Abschnitt 2.2.

Für die vorliegende Arbeit relevant sind insbesondere drei Begriffe, die im Folgenden kurz diskutiert werden: Pattern, Muster und Valenz.

Hunston/Francis (1999) definieren „pattern“ im Rahmen ihres lexikalisch basierten

„Pattern Grammar“-Ansatzes folgendermaßen: „The patterns of a word can be defined as all the word and structures which are regularly associated with the word and contribu-te to its meaning“ (Hunston/Francis, 1999: 37). Mit „all the words and structures“ kann im Prinzip – wie mit Konstruktionen – das gesamte Kontinuum von spezifischen bis kom-plett abstrakten Formen erfasst werden, de facto untersuchen Hunston/Francis (1999) aber ebenfalls ausschließlich syntagmatische Strukturen im Englischen (vgl. Hunston/

Francis, 1999: 3). Patterns sind „regularly associated“ mit einem Wort oder allgemeiner mit einem sprachlichen Bezugselement – gemeint ist die gegenseitige Assoziation durch häufigen gemeinsamen Gebrauch von Bezugselement und seiner syntagmatischen Um-gebung, die anhand von Korpusdaten empirisch untersucht wird. In dieser Hinsicht ist auch der Pattern-Grammar-Ansatz ein gebrauchsbasierter Ansatz der Sprachbeschrei-bung. Allerdings merken Stefanowitsch/Gries (2009: 938) methodisch an, dass erstens dieser Gebrauchszusammenhang nicht quantitativ erfasst wird und zweitens die Pattern-Analyse nicht immer systematisch angewandt wird. Insofern kann die in Abschnitt 2.3.1 vorgestellte Kollostruktionsanalyse als eine methodische Weiterentwicklung des Pattern-Grammar-Ansatzes angesehen werden (vgl. Stefanowitsch/Gries, 2009: 940).

Im Unterschied zu Konstruktionen enthalten Patterns keine systematische Beschrei-bung der Bedeutung oder Funktion von sprachlichen Elementen. Patterns sind aber so definiert, dass sie zur Bedeutung des jeweiligen Bezugselements beitragen („contribute to its meaning“, Hunston/Francis, 1999: 37). Diese Formulierung kann als Kriterium zur

formalen Identifikation von Konstruktionen dienen, so können Patterns als eine Mög-lichkeit der Beschreibung der Formseite von Konstruktionen gesehen werden, auch dies allerdings ausschließlich oberhalb der Wortebene. Im Korpus gefundene Patterns sind demnach prinzipielle Kandidaten für Konstruktionen, allerdings stellen Hunston/Fran-cis (1999: 256f.) fest, dass nicht immer eine exakte Eins-zu-eins-Beziehung zwischen formalem Pattern und Bedeutung existiert. Am Beispiel des englischen Verbsdock zei-gen sie, dass zwei unterschiedliche Bedeutungsvarianten („a ship coming into a dock“

und „money or points being deducted“, Hunston/Francis, 1999: 256) jeweils mit zwei Patterns assoziiert sind, die sich teilweise überlappen. Diese Beobachtung ist vergleich-bar mit den in Abschnitt 2.3.2 vorgestellten Ergebnissen von Hare et al. (2003), nach denen Bedeutungsvarianten von Verben quantitativ erfassbare Präferenzen für jeweils unterschiedliche phrasale Strukturen – Patterns im Sinne von Hunston/Francis (1999) – aufweisen. Der Pattern-Ansatz ähnelt also nicht nur theoretisch einer konstruktions-grammatischen Perspektive, sondern bringt auch vergleichbare Ergebnisse hervor. Dar-über hinaus erhebt der Pattern-Grammar-Ansatz ausdrücklich auch einen didaktischen Anspruch (vgl. Hunston/Francis, 1999: 262).

Patterns sind insofern relevant für die vorliegende Untersuchung, als dass sie von Hunston/Francis (1999) immer in Bezug zu einer lexikalischen Basis beschrieben werden, in der Regel einem Verb. Die Struktur [Xmacht Y AP] kann als ein mögliches Pattern des Verbsmachen beschrieben werden; die vorliegende Arbeit fokussiert nun weitergehende Gebrauchstendenzen innerhalb eines solchen Patterns.

Fehrmann/Möller (2012: 13) übernehmen den Pattern-Begriff von Hunston/Francis (1999) und übersetzen ihn mit „Muster“. Entsprechend des didaktischen Anspruchs des Pattern-Grammar-Ansatzes beschreiben sie sowohl Gebrauchsregularitäten in Korpora (vgl. Fehrmann/Möller, 2012: 14ff., für eine ausführliche Darstellung s. u., Abschnitt 3.4) als auch Konsequenzen für eine darauf aufbauende „musterbezogene“ Vermittlungsstra-tegie (vgl. Fehrmann/Möller, 2012: 16).

Der Begriff „Muster“ wird jedoch in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet, in vielen Fällen in einem vortheoretischen Sinn. Bubenhofer (2009: 23) entscheidet sich nach einer ausführlichen Diskussion möglicher Alternativen für einen anderen Musterbegriff:

„Ein (sprachliches) Muster [. . . ] ist [. . . ] ein Zeichenkomplex, [. . . ] der als Vorlage für die Produktion weiterer Zeichenkomplexe dient, [. . . ] dabei aber von gleicher Materialität ist wie die daraus entstehenden Zeichenkomplexe“ (Bubenhofer, 2009: 23). Bubenho-fers Musterbegriff unterscheidet sich also in einem wesentlichen Punkt sowohl von dem Pattern-Begriff von Hunston/Francis (1999) als auch von dem der Konstruktion, wie er in Abschnitt 2.2 vorgestellt wurde: Muster nach Bubenhofer (2009) sind immer kon-krete sprachliche Formen; mit Ausnahme der Möglichkeit variabler Füllungen einzelner Slots (vgl. Bubenhofer, 2009: 24) werden keine Abstraktionsebenen angenommen. Eine Differenzierung zwischen Type und Token findet an dieser Stelle bewusst nicht statt. Au-ßerdem stehen nicht Form-Funktions-Zuordnungen innerhalb eines sprachlichen Systems im Fokus, sondern die Tatsache, dass erst der wiederholte Gebrauch durch individuelle Sprechende eine sprachliche Sequenz zum Muster macht (vgl. Bubenhofer, 2009: 23).

Dies ergibt sich allerdings generell aus einer gebrauchsbasierten Perspektive (vgl. Ab-schnitt 2.1): Auch Prozesse wie „Entrenchment“ (vgl. Langacker, 1987: 59) und

Konven-tionalisierung (vgl. Langacker, 1987: 62) setzen den wiederholten Gebrauch sprachlicher Strukturen voraus.

Bubenhofer verweist auch auf die etymologische Bedeutung von Muster als „Pro-bestück“ im Sinne eines „Demonstrationsobjekts“ (Bubenhofer, 2009: 18) – dadurch wird sein Musterbegriff für die Didaktik interessant: Ein konkretes Beispiel dient als Handlungsvorbild (vgl. Bubenhofer, 2009: 18). In dieser Funktion ähneln Muster den von Handwerker (2008a: 52) vorgestellten, für die sukzessive grammatische Analyse im Spracherwerb zu nutzenden „Chunks“, die ebenfalls eine zu reproduzierende Zielform vorgeben. Insgesamt erfasst der Begriff des Musters ebenfalls nur einen Teilbereich des-sen, was unter Konstruktionen zu verstehen ist, möglicherweise allerdings einen Aus-schnitt, der für Zwecke der Didaktik genutzt werden kann.

Der letzte hier zu diskutierende Begriff ist der Begriff der Valenz, der auch in manchen konstruktionsgrammatischen Arbeiten verwendet wird, allerdings ohne ihn näher zu be-stimmen (vgl. z. B. Fillmore, 1988: 43, Boas, 2010: 70). Das Verhältnis von Valenz im Sinne der Valenztheorie und Argumentstruktur-Konstruktion im Sinne der Konstrukti-onsgrammatik ist bereits mehrfach in der Literatur thematisiert worden (vgl. ausführlich u. a. Jacobs, 2009, Welke, 2009, Herbst, 2010, Welke, 2015), Konstruktionen auf ande-ren formalen Ebenen als der syntaktischen werden dabei allerdings häufig nicht beachtet (eine Ausnahme bildet Herbst, 2010). Valenz und (Argumentstruktur-)Konstruktion wer-den dabei trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte übereinstimmend als konvergierende Phänomene betrachtet: „Valenz und Konstruktion bedingen sich wechselseitig“ (Welke, 2015: 55).

Obwohl die Valenztheorie im Gegensatz zu konstruktionsgrammatischen Ansätzen ge-rade Spracherwerbsprozesse nicht gut modellieren kann (vgl. Behrens, 2009: 439), wird sie beispielsweise von Welke (2009: 81) ausdrücklich als gebrauchsbasiert bezeichnet.

Herbst (2010: 225f.) hebt die deskriptive Relevanz des Valenzbegriffs für den fremd-sprachendidaktischen Kontext hervor und begründet dies mit den für Lernende unvor-hersehbaren idiosynkratischen Valenzbeziehungen von Verben. Valenz beschreibt er als korpuslinguistisch operationalisierbare Gebrauchstendenz: „[. . . ] valency is about the co-occurrence of a lexical item with a particular grammatical construction“ (Herbst, 2010: 226) – genau diese Kookkurrenz von lexikalischen Elementen und grammatischen Strukturen wird durch die in Abschnitt 2.3.1 vorgestellte Kollostruktionsanalyse (vgl.

Stefanowitsch/Gries, 2003) quantifiziert. Aus der Perspektive der individuellen Sprach-verwendung formuliert Welke (2009: 96) denselben Gedanken:

„Sprecher konstruieren Sätze in Hinsicht auf bestimmte Verben und wählen Verben in Hinsicht auf bestimmte Konstruktionen. Hörer bauen mit jedem Wort des Satzes Erwartungen über die wahrscheinliche Konstruktion auf und schließen aus der Konstruktion auf mögliche Verben.“ (Welke, 2009: 96)

Hier wird deutlich, dass Welke (2009) Konstruktionen ausschließlich im Sinne von Argumentstruktur-Konstruktionen auf der syntaktischen Ebene versteht.

Herbst (2010: 231) führt den spezifischeren Begriff „valency construction“ ein, die er zwar als Konstruktion im Sinne der Konstruktionsgrammatik definiert (vgl. Herbst,

2010: 232), aber aufgrund der item-spezifischen lexikalischen Fundierung ausdrücklich von komplett abstrakten Argumentstruktur-Konstruktionen abgrenzt (vgl. Herbst, 2010:

247, Endnote 11):

„If we take valency patterns as a term for purely formal categories, the term valency construction lends itself to indicating the combination of valency patterns and the semantic contribution of the complements and the valency carrier contained in a valency pattern.“ (Herbst, 2010: 231)

Die in diesem Zitat erwähnten „valency patterns“ sind vergleichbar mit den „patterns“

von Hunston/Francis (1999), die ebenfalls rein formale Kategorien sind. „Valency con-structions“ sind die mit diesen formalen Kategorien korrespondierenden Form-Funktions-Zuordnungen: „Valency constructions can then be seen as item-specific constructions which in the formation of sentences combine with other constructions such as particular clause structure types“ (Herbst, 2010: 232). Allerdings schränkt er ein, dass zwischen

„valency pattern“ und „valency construction“ nicht zwingend eine Eins-zu-eins-Relation bestehen muss, sondern dass dasselbe Pattern auch verschiedene Konstruktionen re-präsentieren kann (vgl. Herbst, 2010: 232). Die Patterns können daher zunächst als Kandidaten für Konstruktionen gelten: „[V]alency phenomena are clear candidates for constructions [. . . ]“ (Herbst, 2010: 241). Aus diesen „valency constructions“ können dann auf einer höheren Abstraktionsebene Argumentstruktur-Konstruktionen abstrahiert wer-den (vgl. Herbst, 2010: 242) – diese Darstellung ist kompatibel mit der Beschreibung eines Netzwerks von Konstruktionen auf unterschiedlichen Ebenen in Boas (2010: 68ff., vgl. den Überblick in Abschnitt 2.4.3).

Nach dieser Sichtweise beschreibt der Begriff der Valenz also ebenfalls einen Teil des-sen, was mit dem Begriff Konstruktion erfasst wird – bzw. umgekehrt ist der Begriff der Konstruktion der umfassendere (vgl. Behrens, 2009: 439, Herbst, 2010: 246, Welke, 2015: 55). Die in dieser Arbeit untersuchten Strukturen können aber aufgrund ihrer lexi-kalischen Verankerung am Verbmachen auch als „valency constructions“ im Sinne von Herbst (2010) beschrieben werden.